ACHTES KAPITEL

»Fahr irgendwo auf einen Parkplatz«, sagte Svenja. »Ich muss jetzt erst einmal ein paar Dinge überlegen.«

»Was machst du mit Onkel Tobruks Vater?«, fragte der Junge und hielt in einer Ausbuchtung der Fahrbahn an.

»Was soll ich denn mit ihm machen?«

»Irgendetwas. Auch wenn er tot ist. Ich meine, er hat doch seine Leute, und die wollen ihn wiederhaben. Das ist doch natürlich, das ist doch immer so. Und dann Onkel Tobruk: Wenn der erfährt, dass sein Vater tot ist, wird er toben.«

»Was soll ich deiner Meinung nach denn tun?«

»Na ja, die Familie anrufen, dass sie ihn holen, oder so.«

»Die Familie ist doch gar nicht mehr im Land. Und sein Sohn, Onkel Tobruk, ist ein Schwein. Das hast du mir gesagt.«

»Ja, ja«, murmelte der Junge. Er hatte die Grenzen dessen, was er verstehen und logisch einordnen konnte, längst überschritten.

Svenja überlegte, ob es nicht besser wäre, einen anderen Fahrer anzuheuern. Einen Mann mit mehr Erfahrung. Aber bei all den Möglichkeiten, die wahrscheinlich auf sie zukamen, war der Junge immer noch viel besser einzuschätzen als ein neuer, vollkommen unbekannter und unberechenbarer Fahrer. Der Junge würde das tun, was sie von ihm verlangte. Das war der ausschlaggebende Punkt.

»Kennst du dich am Flughafen aus?«, fragte sie.

»Nicht besonders«, antwortete er. »Warum?«

»Ich denke, du bist Taxifahrer.«

»Ja, schon. Aber erst seit mein Bruder verwundet wurde. Er hat den Wagen vorher gefahren.«

»Was ist mit deinem Bruder passiert?«

»Er hat ein Bein verloren. Sie haben ihn mit einer Granate erwischt. Er saß hinten auf einem Pick-up. Er hat es verloren, weil sie keinen freien Krankenhausplatz hatten. Und dann war es zu spät. Jedenfalls haben die Leute im Krankenhaus das gesagt.«

»Darf ich mal zusammenfassen?«, fragte Svenja. »Du hast gar keinen Führerschein, und du bist vor dem Krieg hier noch nie Taxi gefahren, und du warst als Taxifahrer auch niemals am Flughafen. Ist das alles richtig so?«

Der Junge wirkte betreten. »Aber meine Mutter hat gesagt, ich soll fahren, weil wir das Geld brauchen. Wenigstens am Tag, sagt sie. Wieso fragst du nach dem Flughafen?«

»Weil das Spiel dort weitergeht.«

»Das Spiel?«, fragte er irritiert.

»Ich erkläre es dir, okay? Der Mann, den ich suche, ist ein Freund, ein sehr guter Freund. Onkel Tobruk hat ihn geschnappt und erpresst mich jetzt. Er sagt: Ihr kriegt den Freund nur zurück, wenn ihr mir ein Flugzeug schickt, das mich aus Libyen nach Beirut ausfliegt. Hast du das verstanden? Gut. Wir waren eben in Tobruks Haus. Da ist niemand mehr, außer dem Vater. Und der ist tot. Und er hätte dich erschossen, das weißt du auch. Also muss ich wissen, wohin sie gegangen sind: Tobruk, seine Leute und mein guter Freund. Sie können nur am Flughafen sein. Denn dahin soll ich die Maschine schicken. Das ist logisch, verstehst du das?«

»Ja«, antwortete der Junge unsicher. »Deine Leute kommen mit einem Flugzeug, Onkel Tobruk und die anderen steigen ein. Aber das ist gefährlich, oder?«

»Ja, das ist es. Das kann blutig werden. Das ist Erpressung, und ich will unbedingt herausfinden, wo genau sie jetzt sind, um meinem Freund zu helfen. Ich muss ihn da rausholen, verstehst du? Und zwar jetzt, solange er noch in Libyen ist.«

»Und wer soll wissen, wo dein Freund jetzt ist?«

»Das weiß ich noch nicht«, antwortete sie. »Es muss jemanden geben, der diesen Flughafen genau kennt. Diese Person muss ich finden. Und zwar so schnell wie möglich. Onkel Tobruk ist nicht allein«, erklärte Svenja weiter, weil die Hilflosigkeit des Jungen sie rührte. »Er hat seine Leute bei sich. Wie viele das sind, wissen wir nicht. Vielleicht sechs, vielleicht zehn. Und sie sind alle schwer bewaffnet. Denn für jeden von ihnen geht es auch um Leben oder Tod. Hier in deinem Land könnten sie nicht weiterleben. Was glaubst du, was passiert, wenn sie hier auf dem Flughafen erwischt werden?«

»Sie werden erschossen«, sagte der Junge trocken. »Du kannst darauf wetten, dass sie sofort erschossen werden.«

»Du hast es kapiert«, sagte Svenja. »Und mitten unter ihnen ist mein Freund. Sie sind alle so nervös, dass sie bestimmt beim geringsten Anlass zu schießen beginnen. Und wenn es kritisch wird, nehmen sie auf meinen Freund keine Rücksicht, dann werden sie vielleicht auch auf ihn schießen, oder er wird von einer verirrten Kugel getroffen. Und der hat nichts, nicht einmal ein Taschenmesser. Er stirbt einfach. Es kommt noch etwas hinzu. Onkel Tobruk kann das Flugzeug nicht fliegen. Das kann nur ein Chefpilot zusammen mit dem Kopiloten. Und es ist die große Frage, ob ein Chefpilot so etwas freiwillig tut. Jeder, der an so einer Mission beteiligt ist, muss mit seinem Tod rechnen. Und natürlich muss der Flughafen in Beirut zustimmen, wenn dieser Flieger dort landen will. Es ist also möglich, dass der Pilot gar keine Landeerlaubnis bekommt. Aber wenn er sie tatsächlich erhält, ist immer noch nicht sicher, ob Onkel Tobruk heil in Beirut ankommt. Denn da stehen jede Menge Sicherheitsleute und warten auf ihn. Die sind bewaffnet und genauso nervös wie Onkel Tobruk und seine Leute. Es gibt also jede Menge Unsicherheiten. Ich denke, das kannst du verstehen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass so eine Aktion jemals ohne Tote abgelaufen ist.« Svenja seufzte tief. »Es ist so, dass ich meinen guten Freund so schnell wie möglich aus der Hand von Tobruk befreien muss. Ich will ihn lebend, verstehst du? Und ich will ihn noch heute Nacht wiederhaben.«

»Ja klar, das kann ich verstehen.« Er schaute Svenja einen Moment lang intensiv in die Augen, als ginge ihm langsam auf, wie riskant das ganze Unternehmen war.

Dann fragte er: »Ist dein Freund dein Mann?«

»Ja«, sagte Svenja.

»Dann verstehe ich das. Und wie geht es jetzt weiter? Ich meine, wir müssen ja irgendetwas tun.«

Svenja lachte kurz auf. Als er sie verwirrt ansah, erklärte sie: »Natürlich tun wir zwei etwas. Am besten wäre es, wenn wir genau in Erfahrung bringen könnten, wie das in den vergangenen Jahren war. Wie lief das auf diesem Flughafen ab, wenn Gaddafi irgendwo hinflog? Das müssten wir genau wissen.«

»Meine Mutter weiß so etwas«, antwortete er sofort.

»Woher weiß sie so etwas?«

»Sie liebt Gaddafi«, antwortete der Junge, »immer schon.«

»Dann wird sie uns nicht helfen«, stellte Svenja fest. »Und wir haben keine Zeit.«

»Sie wird uns helfen«, widersprach der Junge. »Sie liebt mich nämlich mehr als Gaddafi.«

»Wir haben keine Zeit, deine Mutter zu besuchen«, sagte Svenja. »Wir müssen gleich handeln, und du musst ständig bereit sein, mich zu fahren. Also bitte zum Flughafen.«

»Das kann schiefgehen«, sagte der Junge. »Gegen Morgen kommen NATO-Flieger von den Engländern und den Franzosen und bombardieren.«

»Aber nicht den Flughafen von Tripolis, den brauchen sie nämlich noch. Jede Partei braucht ihn. Die Leute von Gaddafi brauchen ihn, weil sie immer noch die Hoffnung haben, ausfliegen zu können. Seine Gegner brauchen ihn, weil die Hilfsflüge hierher lebensnotwendig sind, damit ihr genug zu essen habt und die Krankenhäuser versorgt werden können. Und die NATO braucht ihn, weil die Hilfsflüge organisiert werden müssen und weil dauernd Diplomaten ein- und ausfliegen. Und dazwischen, in all dem Durcheinander, wartet Onkel Tobruk irgendwo auf die Möglichkeit, in meinen Flieger einzusteigen und abzuhauen. Und ich will nicht, dass ihm das gelingt, damit ich meinen Mann wiederkriege. Und zwischen uns und Onkel Tobruk und seinen Leuten liegt die ganze Nacht.« Svenja lächelte den Jungen an. »Also, auf zum Flughafen.«

»Okay.«

Die Fahrt verlief stockend, weil die ganze Stadt auf den Beinen zu sein schien. Sie sprachen nicht miteinander. Erst als sie auf dem Zubringer zum Flughafen waren, entschied Svenja, einen Parkplatz anzufahren, denn auf den ersten Blick war zu sehen, dass die Rebellen das Kommando führten. Selbstverständlich hatten sie vor dem Haupteingang zwei Pick-ups mit jeweils einer Schnellfeuerkanone platziert, deren Besatzungen übermüdet schienen und wohl nicht wirklich mit einem dramatischen Zwischenfall rechneten.

»Wenn du willst, kannst du mitkommen«, sagte Svenja und zog sich einen dünnen Baumwollmantel über, den sie über dem Arm getragen hatte. »Wir suchen einen Mann, der uns Auskunft geben kann.«

Svenja wählte die rechte Schnellfeuerkanone. Sie schaute zu dem Schützen hoch und sagte: »Hallo, ich bin Shannon von CDIC, wir drehen hier und machen Reportagen. Gibt es im Flughafen einen Mann, der uns Auskunft geben kann, wie das alles hier im Krieg abläuft?«

»Ja, wir haben da einen«, antwortete der Mann unbeteiligt. »Das ist Galina, der macht das.«

»Und wo finde ich den?«

»Du gehst rein und dann nach links. Da ist eine große Treppe, und dann ist es, glaube ich, die zweite Türe links. Steht aber auch dran.«

Svenja dankte und ging durch eine der Pendeltüren.

»Wieso Reportagen? Und wieso drehen?«, fragte der Junge. Er war nicht misstrauisch, er wollte etwas lernen.

»Im Augenblick ist es so, dass die Medien die wichtigste Gruppe sind. Die Rebellen brauchen sie. Also bin ich Shannon und drehe fürs Fernsehen und schreibe Reportagen.«

»Aha«, sagte der Junge und ging neben ihr die Stufen hinauf.

Auf der zweiten Tür nach links war ein Pappschild angeheftet. Darauf stand »Mr. Jusuf Galina, Manager, Press Officer«.

Svenja klopfte.

Nach einer Weile öffnete sich die Tür ein wenig, und ein dickes, ungeheuer gutmütiges, rotes Gesicht fragte: »Wer will zu mir?«

»Mein Name ist Shannon Ota.« Svenja lächelte. »Shannon von CDIC. Wir berichten aus Ihrem Land. Wir drehen hier und recherchieren für unsere Reportagen. Mister Galina, würden Sie mir vielleicht helfen, Sir?«

»Ich helfe, wo ich kann«, sagte Galina freundlich in verständlichem Englisch. »Kommen Sie einfach rein.« Dann drehte er sich um und verschwand aus ihrem Blickfeld.

Svenja stieß die Tür auf, ließ den Jungen an sich vorbeigehen und schloss die Tür hinter sich.

»Wissen Sie, ich bin ziemlich hilflos«, schnatterte sie weiter. »So viele Eindrücke, so viele Fakten und so viel Geschwätz und Lüge.«

Galina hatte sich hinter seinem Schreibtisch verschanzt und wischte sich mit einem großen Taschentuch über das Gesicht. Er war vielleicht vierzig, wog garantiert mehr als zweieinhalb Zentner, und der Schweiß rann ihm unaufhörlich in breiten Bächen über die Stirn. Er saß an einem Schreibtisch, auf dessen Arbeitsplatte nicht das kleinste Blatt Papier lag. Im ganzen Zimmer gab es weder Akten noch Unterlagen, alles wirkte furchtbar trostlos.

»Wem sagen Sie das?«, bemerkte Galina trocken. »Ich habe täglich mit Vertretern Ihrer Branche zu tun, die, wie ich Ihnen vertraulich versichern kann, oft ausgesprochen dumme Fragen stellen und häufig keine Ahnung haben. Das kann das Leben schwierig machen. Also, was kann ich für Sie tun … äh …«

»Shannon, Sir, Shannon. Von CDIC

»Richtig, Shannon. Und wer ist der junge Mann?«

»Ali, mein Fahrer, er zeigt mir die Wege in dieser Stadt und passt auf mich auf. Er ist in Tripolis zu Hause.« Plötzlich wurde sie sich bewusst, dass sie den Namen des Jungen nicht kannte, und sie lächelte flüchtig. Warum nicht Ali?

»Also, was wollen Sie wissen?«, fragte Galina.

»Ich möchte wissen, ob Ihr ehemaliger Herrscher tatsächlich eine Boing 757 besessen hat.«

»Das hat er. Sie ist in Staatsbesitz, und der Staat war er. Sie steht unten im Hangar. Nächste Frage.«

»Und wenn er zu Staatsbesuchen aufbrach, hatte er doch immer eine Reihe von jungen Frauen in Uniform bei sich. Auf mich wirkten die immer so wie Krankenschwestern, wie getarnte Krankenschwestern, würde ich mal sagen. Das sah in den Ländern des heutigen Europa und überall, wohin er kam, etwas grotesk aus. Und dann ließ Mister Gaddafi ja auch immer ein Zelt aufschlagen, um zu signalisieren, dass er aus der Wüste kam. Und man sagt, die uniformierten Mädchen seien ihm zu Diensten gewesen. Also, in jeder Beziehung, meine ich. Können Sie das für mich aufklären, Sir?«

»Das habe ich auch gehört, natürlich. Es ist immer gesagt worden, sie könnten nicht nur schießen. Aber Genaues weiß ich nicht. Außerdem interessiert mich der Schwanz unseres früheren Führers nicht mehr. Der Mann ist Geschichte. Nächste Frage, bitte.« Er zog wieder das große Taschentuch aus der Jacke seines zerknitterten Anzuges aus hellem Leinen und fuhr sich damit über das Gesicht. Er atmete leicht keuchend.

»Wenn der Staatschef wegflog, wo genau ging er an Bord seines Flugzeugs?«

»Na ja, soweit ich weiß, unten, vor der Abflughalle.«

»Und wo war er vorher? Ich meine, wurde er hierhergebracht mit einer Limousine und stieg er dann ohne Unterbrechung sofort ins Flugzeug, oder gibt es eine Lounge, wo er sich aufhielt?«

»Natürlich gibt es eine Lounge, wo sich wichtige Leute vor dem Abflug versammelten. Die ist im Nebengebäude, hier auf der linken Seite. Es heißt B1. Dort wurden sie mit Mokka und anderen Getränken bedient, und selbstverständlich gab es Kleinigkeiten zu essen, Weißbrot mit Kaviar zum Beispiel. So konnten die Fluggäste warten, bis der Flieger bereit war.«

»Ist das sehr luxuriös?«, fragte Svenja weiter.

»O ja, sehr«, sagte Galina. »Normale Menschen konnte man da nicht finden. Es war der Service für die oberen Zehntausend. Wir einfachen Libyer konnten da nicht hinein.«

»Dürfte ich mir das wohl mal anschauen?«, fragte Svenja. »Wissen Sie, wir wollen unseren Zuschauern ja etwas bieten, wenn wir unsere Geschichten erzählen.«

»Das geht zurzeit leider nicht«, antwortete Galina mit einem Seufzer des Bedauerns. »Wir haben dort gerade einen Reinigungstrupp drin. Die müssen erst einmal alles ordentlich sauber machen. Und ich hatte enorme Schwierigkeiten, überhaupt Reinigungskräfte zu finden. Man hat es in diesem Land momentan ziemlich schwer.«

»Das verstehe ich nicht«, sagte Svenja mit mädchenhaftem Augenaufschlag.

»Wir müssen die Lounge in B1 in Ordnung bringen«, sagte Galina ungehalten. »Inzwischen kommen viele Maschinen mit Besuchern rein. Und einige von denen, also hohe Manager und Diplomaten und Regierende, wollen eben was Besonderes.«

»Ich verstehe es immer noch nicht«, beharrte Svenja. »Mich würden Besen und Staubsauger nicht stören, ich will es doch nur einmal sehen. Damit ich meinen Kameramännern sagen kann, was geht und was nicht.«

»Warten Sie zwei, drei Tage«, sagte Galina. »Heute ist da jedenfalls gar nichts mehr zu machen.«

»Das kann ich aber nicht«, beharrte Svenja. »Mein Boss sagt, er braucht Bilder. Helfen Sie mir doch, dann helfen wir Ihrem Land und erzählen positive Geschichten.«

»Melden Sie sich in drei, vier Tagen noch einmal, und ich werde Ihnen helfen. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«

»Gut«, sagte Svenja. »Haben Sie Dank für Ihre Mühe.« Sie stand auf und sprach jetzt wieder Arabisch. »Sie sind eine Enttäuschung, Mister Galina. Ich will hinzufügen, dass ich Sie für korrupt halte. Wie viel hat Ihnen Onkel Tobruk bezahlt?« Sie stand vor ihm mit der Glock in der Hand. »Verlassen Sie sich darauf, dass ich schießen werde, wenn Sie nicht tun, was ich sage.«

Galinas Stirn war wieder schweißnass. Sein Gesicht war plötzlich grau und ohne jede Hoffnung.

Svenja ging zur Tür und rief Ali.

Der Junge stand von seinem Stuhl auf und kam zu ihr.

Sie sagte leise: »Du gehst jetzt los und besorgst starke, dünne Stricke. Bei den Cargo-Leuten, die haben so etwas. Und mach schnell.«

»Ja«, sagte der Junge mit ängstlichem Blick und lief den Gang hinunter.

Svenja drehte sich wieder zu Galina um und sah, dass der hektisch von seinem Stuhl aufstehen wollte.

Sie schoss in das Fenster hinter ihm. Glassplitter fielen auf den hölzernen Boden.

»Ich habe Ihnen nicht erlaubt aufzustehen«, sagte sie. »Haben Sie eine Zigarette für mich?«

»Ich rauche nicht«, krächzte er.

»Sie sind wirklich eine traurige Figur«, seufzte sie.

»Ich wollte diesen Job nicht«, murmelte er. »Aber irgendjemand musste das ja machen.«

»Wie viel hat Ihnen der General bezahlt?«

»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«

»Verlassen Sie sich darauf, dass Sie das gleich wissen werden. Wann hört Ihr Arbeitstag denn auf?«

»Überhaupt nicht«, sagte er. »Ich bin Tag und Nacht hier. Alle sagen mir, das muss so sein.«

»Und wo schlafen Sie, wenn Sie schlafen dürfen?«

»Nebenan«, antwortete er. »Was wollen Sie eigentlich?«

»Ich will Onkel Tobruk. Und wenn Sie mir nicht sofort helfen, dann gehe ich raus zu den Jungs mit den Schnellfeuerkanonen und erzähle ihnen, dass Sie Geld von ihm genommen haben und dass Onkel Tobruk längst hier im Haus ist. Was meinen Sie, was die dann tun werden?«

Galina antwortete nicht, er kaute auf seiner Unterlippe herum und starrte auf die Dielenbretter vor seinen Schuhen.

»Das gibt ein Massaker«, stellte Svenja fest.

Schließlich fragte er: »Kann ich mal in meine Tasche greifen wegen des Taschentuchs? Ich schwitze so.«

»Das rieche ich bis hierher«, sagte sie verächtlich. »Haben Sie kein Deo? Sie dürfen.«

Galina rieb sich das Gesicht trocken, und Svenja sah, dass er fieberhaft überlegte.

»Sie brauchen gar nicht zu überlegen, ob die Jungs unten vor dem Eingang Ihnen helfen«, sagte sie kalt. »Das werden sie nicht tun, wenn ich ihnen sage, was der herausragende Flughafenmanager Galina mit der Privatlounge von Mister Gaddafi angestellt hat.«

»Ich habe nichts angestellt«, jammerte Galina. »Ich habe nur zugestimmt, dass sie die Lounge benutzen dürfen, bis die Maschine hier ist.«

»Sehr vernünftig«, sagte Svenja. »Was hat er Ihnen bezahlt?«

»Zehntausend Dollar«, antwortete Galina. »Aber das gebe ich natürlich in die Kassen unserer Freiwilligen.«

»Natürlich, Sie edler Ritter. Wie viele Leute sind es?«

»Es sind zehn«, antwortete Galina tonlos. »Also, Onkel Tobruk, ein Europäer und acht Leute von den Amis.«

»Von den Amis?«, fragte sie scharf.

»Ja klar, die haben diese Leute doch ins Land geschickt. Ich meine, die Amis haben dafür gesorgt, dass Onkel Tobruk die besten Leute zu seinem Schutz bekam. Wollte er auch so, hat er also gekriegt. Onkel Tobruk hat für die Amis gefoltert, das weiß doch jeder. Die Amis haben den ganzen Scheiß schließlich bezahlt, oder?«

»Voll bewaffnet?«

»Davon verstehe ich nichts.« Er sah den verächtlichen Ausdruck auf Svenjas Gesicht und setzte hinzu: »Natürlich haben sie Waffen.«

»Und wo genau in der Lounge sitzen die? Wie muss ich mir das vorstellen?«

»Das weiß ich doch nicht.«

»Doch! Sie wissen das!«

In diesem Augenblick klopfte jemand behutsam an die Tür.

»Herein!«, sagte Svenja automatisch, drehte sich aber nicht um.

»Das gibt’s doch nicht!«, sagte Dehner in der Tür. »Die Mutter aller Schwierigkeiten. Endlich haben wir sie gefunden.«

»Verdammt noch mal!«, tobte der Präsident. »Sie haben doch Ihren Willen gekriegt, der Erbsenzähler ist weg. Nun kommen Sie endlich wieder her, ich brauche Sie doch! Ich brauche Sie bei den Vorbereitungen zum Etat, ich brauche Sie für die Instruktionen im Terror-Abwehrzentrum, ich brauche Sie für die Sicherheitskonferenz in Washington. Der SPIEGEL will ein Interview. Ich brauche also Ihr Hirn!«

»Sobald die Geschichte aufgeklärt ist, bin ich wieder an meinem Platz. Vergessen Sie nicht, dass wir unterwandert sind. Das verlangt seriöse und rückhaltlose Aufklärung. Bis dahin bleibe ich dem Amt fern. Das muss ich sogar, um mir nicht den Vorwurf gefallen zu lassen, ich würde an der Sache drehen.«

»Sie – Sie sind ein Ignorant! Ein störrischer Querkopf! Sie sind irgendwie nie richtig erwachsen geworden.«

»Damit kann ich leben«, stellte Krause seelenruhig fest.

»Was machen wir denn nun im Fall Müller?«

»Wir schicken ein Flugzeug. Quelle Sechs wird nach Beirut ausgeflogen, dort kriegen wir den Müller wieder, und aus.«

»Geht das ohne Blut und Tränen über die Bühne?«

»Weiß ich nicht, das kann niemand beantworten. Wir hoffen natürlich darauf, aber das Geschäft ist verdammt riskant.«

Über einen der Lautsprecher schaltete sich Sowinski in das Gespräch. »Details von Quelle Sechs«, sagte er sachlich und laut.

»Ich rufe wieder an, wir haben Quelle Sechs am Apparat«, sagte Krause hastig. Dann wusste er nicht, welchen Knopf er drücken musste, stattdessen fragte er: »Was will er?«

»Kann ich ihn auf deinen Lautsprecher legen? Und wenn du das Gespräch mit dem Präsidenten beenden willst, drückst du in der stehenden Leitung, das ist links von dir die kleine Tastatur, auf den roten Knopf rechts oben.«

»Danke«, sagte Krause. »Her mit dem libyschen General.«

»Seien Sie mir herzlich gegrüßt, Sie Meister der Spionage«, sagte Quelle Sechs.

»Sie mich auch«, bemerkte Krause muffig. »Was wollen Sie?«

»Festlegen, wie wir verfahren können. Wir sind elf Leute.«

»Elf Leute?«, fragte Krause ungehalten. »Das kann nicht Ihr Ernst sein.«

»Es ist meine Leibgarde«, sagte Quelle Sechs. »Ohne die reise ich nicht. Es sind mein Vater, ich, Ihr Agent und acht Leute zu meiner Sicherheit.«

»Und was werden die Leute in Beirut davon halten?«, fragte Krause zurück. »Sie können nicht ernsthaft annehmen, dass Beirut es hinnimmt, einen voll bewaffneten Haufen aus einem Flieger steigen zu lassen. Die wollen auf Nummer sicher gehen und werden eine Landung unter diesen Umständen glatt ablehnen.«

»Das sehe ich nicht so, da passiert doch nichts, ist doch alles völlig harmlos«, sagte Quelle Sechs.

»Vergessen Sie das mal ganz schnell. Das können wir niemals durchsetzen, darauf gehen die Leute in Beirut nicht ein. Und schon gar nicht auf acht bewaffnete Libyer, die mit einer Knarre in der Hand zum letzten Gefecht antreten, weil sie befürchten müssen, ausgeliefert zu werden.«

»Es sind keine Libyer, sondern US-Amerikaner«, widersprach Quelle Sechs.

»Moment mal«, schnauzte Krause, »Sie wollen mir weismachen, dass Ihre Leibgarde aus Amerikanern besteht?«

»Genau das. Die Vereinigten Staaten von Amerika sahen in mir jahrelang einen engen Verbündeten, wie Sie wissen. Und die amerikanischen Jungs wollen heil nach Hause kommen.«

»Warum machen Sie es nicht so einfach wie möglich? Das bedeutet, dass Sie und unser Mann in die Maschine einsteigen und dass Sie sich in Beirut trennen.«

»Meine Jungs sind sehr pflichtbewusst. Die schützen mich, das steht so im Vertrag.«

»Das mag ja sein, aber Sie sollten es trotzdem ganz schnell vergessen. Darauf kann ich nicht eingehen. Und Beirut wird dem nicht zustimmen.«

»Dann stirbt Ihr Mann.«

»Wohl kaum«, sagte Krause scharf. »Das werden Sie, mein General, nicht riskieren, denn das wäre auch das Ende Ihres Lebens. Sie wollen raus aus Tripolis, damit bin ich einverstanden. Sie steigen mit meinem Mann in den Flieger ein, in Beirut wieder aus, und das war es dann. Und das Ganze ohne schießwütige Amis.«

»Aber ich sage Ihnen, dass …«

»Merken Sie sich eines: Sie können sagen, was Sie wollen, ich glaube Ihnen nicht. Sie haben einen schlechten Ruf, Ihre Zeit ist um, genauso wie die Ihres Staatschefs. Diese Situation ist neu, und Sie wissen das genau. Wir brauchen hier zwei Stunden, um das durchzugehen. Und wir müssen erneut mit Beirut sprechen. Bei uns ist es jetzt zweiundzwanzig Uhr. Wir melden uns, wenn wir so weit sind.«

»Warum soll das nicht gehen?«, fragte Quelle Sechs.

»Weil Sie weltweit bekannt sind. Weil ich nicht die geringste Lust habe, den Leuten im Libanon ein gigantisches Massaker zu liefern. Und was geschieht, wenn die Rebellen in Ihrem Land erfahren, dass Sie sich absetzen wollen und schon auf dem Flughafen sind? Dann stürmen die Ihren gottverdammten Flughafen. Und ich habe überhaupt keine Veranlassung, das Wohl und Wehe eines sehr fähigen Teams im Cockpit von der Gnade acht schwer bewaffneter Männer abhängig zu machen, abgesehen von meinem Agenten. Mag sein, dass Sie in Ihrem alten Staat tun und lassen konnten, was Sie wollten. Das gilt jetzt nicht mehr. Und die Leute, die in Beirut mit Ihnen zu tun bekommen, wollen keine Waffen. Over.« Krause sank aufseufzend in sein Sofa zurück und schnaubte: »Verdammt, der Kerl ist total verrückt, völlig übergeschnappt. Was machen wir jetzt?«

»Jetzt überlegen wir gründlich«, schlug Esser vor. »Du solltest mit Gregor von der CIA sprechen. Wir müssen diese Amerikaner unbedingt aus dem Deal heraushalten. Das geht schief, wenn die in die Maschine steigen und jemand die Nerven verliert. Beirut hat klar gesagt: Keine Waffen, nicht mal eine Nagelfeile! Nur unter dieser Bedingung sind sie überhaupt bereit, die Maschine landen zu lassen. Beirut hat in den letzten Jahren auf Frieden und Neustart gesetzt. Die werden das unter keinen Umständen leichtfertig aufgeben wollen.«

»Goldhändchen, hören Sie mit?«, blaffte Krause.

»Aber ja.«

»Holen Sie mir bitte Gregor in die Leitung. Können Sie den Apparat von Quelle Sechs kontrollieren?«

»Kann ich nicht, jedenfalls nicht jetzt. Aber ich weiß inzwischen, dass Quelle Sechs in Beirut von einem Empfangskomitee um Ben Abraham erwartet wird. Ben Abraham gilt als blutiger Krieger, und auf sein Wort ist keinerlei Verlass. Die Leute vom Beiruter Flughafen wollen den unter keinen Umständen auf dem Gelände haben. Abraham ist bekannt als ein Mann, dem schon mal die Waffe versehentlich losgeht. Im Moment ist nicht einmal klar, wen der Kerl gerade vertritt: die Christen oder die Schiiten oder eine dritte, vierte, fünfte Gruppe. Abraham ist jedenfalls kein akzeptabler Partner für den Flughafen Beirut. Das wird schwierig, Sir, sehr schwierig. Quelle Sechs hat auch in Beirut keinen guten Ruf. Es ist in all den Jahren immer wieder passiert, dass er sich nicht an Absprachen gehalten hat, und er ist, pardon, ein brutales Schwein. Anders kann ich das nicht formulieren. Da ist noch Thomas Dehner in der Rechnung. Der hat inzwischen Frau Takamoto getroffen und hockt zusammen mit ihr und Moshe Jugo vom Mossad auf dem Flughafen Tripolis. Sie haben Quelle Sechs samt Entourage in der Lounge für Besserverdienende geortet und …«

»Frau Takamoto soll sofort heimkommen!«, unterbrach ihn Krause scharf. »Sofort und ohne Diskussion.«

»Das weiß sie schon«, sagte Goldhändchen beruhigend. »Sie hat noch keinen Flug, aber sie ist klein wie ein Kirchenmäuschen, und sie hat ein Herz voller Reue.« Dazu lachte er ein klein wenig schäbig.

»Egal«, sagte Krause schroff. »Sie kommt sofort heim. Also, erst einmal Gregor in der CIA. Und wenn der nicht am Platz ist, dann seine private Nummer, er wohnt irgendwo am Rand von Washington.«

»Die private Nummer habe ich«, sagte Goldhändchen. »Ich rufe sofort an.«

»Ich lehne einen Flug nach Beirut unter den Bedingungen von Quelle Sechs strikt ab«, sagte Esser. »Das klingt mir nach einer Veranstaltung, die niemand kontrollieren kann. Das Risiko für Müller ist mir einfach zu hoch.«

»Da schließe ich mich an«, sagte Sowinski.

»Ja, ja, ich weiß!«, schnaubte Krause wütend.

Dann flog die Wohnzimmertür auf und knallte gegen die Bücherwand. Dieter fiel sehr langsam und erschreckend an allen Gliedern zuckend in den Raum und konnte sich nicht abfangen, er brachte die Arme nicht vor sein Gesicht. Er heulte vor Begeisterung, ja, es war eindeutig die reine Freude, denn er liebte Krause über alles, und Krause wusste das. Ein Lederhelm schützte den Kopf des Jungen, so gut es eben ging, aber er hatte einen langen, tiefen Kratzer hoch vom linken Jochbein quer über die Nase, der sich schnell mit Blut füllte.

Dahinter schrie Wally in höchster Aufregung: »Dieter!« Aber da war schon ihr Mann, umfasste den Gestürzten liebevoll und sagte ganz sanft: »Ach, Junge, du machst aber auch einen Scheiß!«

»Er wollte unbedingt zu dir, er hat dich sprechen gehört.«

»Ist ja schon gut«, sagte Krause und streichelte unbeholfen das Gesicht des Jungen. »Es ist doch nichts passiert. Hast du mal ein Papiertaschentuch, Wally?«

»Hier ist Gregor in der Leitung«, kam Goldhändchen etwas quakend über den Lautsprecher.

Krause hockte wie ein Häufchen Elend auf dem Boden neben dem Jungen und japste angestrengt nach Luft

»Lass mal los, Dieter, ich muss eben was erledigen«, sagte Krause schließlich und richtete sich leicht keuchend auf. Er bewegte sich zu seinem Ledersofa, setzte sich und sagte in unbestimmte Richtung: »Ich bin am Platz.«

»Hier ist Gregor.«

»Hallo, alter Freund«, sagte Krause. »Wir sind hier in einer beschissenen Situation. Mein bester Mann ist als Geisel bei Onkel Tobruk. Tobruk sitzt am Flughafen Tripolis und hat eine Crew zu seiner Bewachung bei sich. Es sind deine Leute. Und wir sollen ihn nach Beirut ausfliegen, samt deiner Leibgarde.«

Wally sagte drängend: »Steh auf, Dieter, steh auf!« Dieter gab einige undefinierbare Laute von sich. »Ich hab hier ein Stück Küchenrolle«, sagte Wally. »Lass mich mal das Blut wegmachen.«

»Ja, und? Glaubst du, ich lebe auf dem Mond?«, fragte der Amerikaner aggressiv. »Wir haben seit dem Mittagessen nichts anderes getan, als uns Gedanken darüber zu machen, wie wir das Ganze lösen können. Da gibt es nämlich zwei Probleme. Erstens: Diese Leute sind Angestellte einer privaten Sicherheitsfirma hier in den Staaten, wir haben also eigentlich nichts mit denen zu tun und müssen abwägen, wie weit unser Schutz im Notfall geht. Zweitens: Mister Tobruk hat eine beschissene Eigenschaft, er ist geizig. Er hat die Männer seit zwölf Tagen nicht mehr bezahlt. Er behauptet, er könne die fehlenden Gehälter in Beirut sofort bar auf den Tisch legen. Kein Mensch in meinem Amt glaubt das, weil das Schwein in Beirut gar keine Bankverbindung besitzt. Und Abraham, der ihn abholen will, hat kein Geld, ist pleite. Es kommt noch hinzu, dass die meisten Bargeldreserven, die die Familie hatte, beschlagnahmt worden sind. Das können wir aber nicht öffentlich sagen, denn das könnte die Leibgarde nervös machen und würde unter Umständen dazu führen, dass sie zu den Waffen greifen und Onkel Tobruk an die Wand nageln. Und wir hätten dann eine Untersuchung am Hals. Mit anderen Worten: Wir stehen in Tripolis genauso dumm da wie du. Wir wissen, dass sie sich auf dem Flughafen verschanzt haben, aber wir wissen nicht, wie wir das lösen können.«

Wally sagte: »So, mein Junge, jetzt ganz langsam. Halt dich da am Sofa fest.« Dieter gab ein paar hilflos klingende Töne von sich.

»Und jetzt nimmst du meinen Arm, das kannst du, das haben wir doch schon so oft geübt. Vorsicht, da läuft Blut in dein Auge.«

»Was kosten diese Leute denn?«, fragte Krause.

»Tausend Dollar, pro Mann und Tag«, antwortete Gregor und lachte dann. »Mein Gott, das hätte ich als junger Mann mal verdienen wollen. Damals konnte ich mir am Tag gerade mal den billigsten Burger leisten, mehr nicht. Sag mal, lebst du da auf einer Baustelle? Was ist das für ein Krach?«

»Ach, nichts weiter, da lärmt ein Hausmeister rum. Das heißt also, Tobruk schuldet ihnen sechsundneunzigtausend Dollar«, sagte Krause. »Ich will, dass sie aus dem Scheißspiel aussteigen, und zwar sofort. Sie sollen rauskommen aus dieser Flughafenlounge, sollen einfach aussteigen, und wir schicken sie dann nach Hause.«

»Jetzt durch die Tür!«, sagte Wally energisch. Dann schepperte irgendetwas, die Tür schlug wieder heftig gegen die Bücherwand. Dieter jaulte.

»Da gibt es aber noch eine Schwierigkeit«, bemerkte der Amerikaner. »Der Vater von Onkel Tobruk. Dieser Mann ist nicht mehr erreichbar, scheinbar spurlos verschwunden. Er sollte mit wichtigen Unterlagen nachkommen. Onkel Tobruk steht auf dem Standpunkt, dass irgendwer diesen Vater entführt hat, und er tobt herum, dass er ihn zurückhaben will. Er wittert eine dunkle Verschwörung. Ausgerechnet er.«

»Lieber Gott, nicht auch das noch«, seufzte Krause. »Ich will meinen Agenten retten, ich will ein Blutbad vermeiden, kapierst du das?«

»Ja, ja, das verstehe ich. Hast du Leute in Tripolis?«

»Ja, habe ich.«

»Dann gebe ich dir jetzt eine Telefonnummer, mit der du die Bodyguards erreichen kannst. Ich wünsche dir viel Glück, mein Freund, und gute Nerven. Und schreib mir bei Gelegenheit mal, dass wir ein netter Haufen sind. Ich dürste nach Anerkennung.«

»Ihr habt den Mann groß gemacht.«

»Ich weiß, ich weiß. Asche auf mein Haupt, obwohl ich damit nichts zu tun hatte. Aber du hast recht, es war ein Scheißspiel.«

»Ich habe die Nummer«, sagte Goldhändchen nach einigen Sekunden.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Sowinski.

»Ich suche die Lösung in Tripolis«, sagte Krause. »Wir haben gar keine andere Wahl, sonst verlieren wir Müller.«