Lytaxin
Erobs Clanhaus

 

 

Der Befehl war direkt aus dem Mund des Captains gekommen, und so verließ Nelirikk die bunkerartige Krankenstation unter Erobs Haus am Morgen des sechsten Tages nach der Schlacht um den Flugplatz und atmete wieder frische Luft.

Er marschierte mit stetigem Schritt und aß einen der wunderbaren Kuchen, die die Hausköche in das Zimmer des Captains gebracht hatten. Er trug einen Lieutenant-Streifen und die Abzeichen eines Adjutanten des Captains sowie einen grünen Schal an seiner linken Schulter – das Truppenzeichen der Partisanen – und Korvals Baum-und-Drache, den der Captain ihm fast ohne Hilfe hatte anstecken können.

Die Befehle. Befehle. Er war so erfreut, dass sie wieder in der Lage war, Befehle zu geben, dass er jeden Gipfel dieses Planeten für sie erklommen hätte.

»Raus hier!«, hatte sie geröchelt, bleich im Vergleich zu den bleichen Kissen, die sie stützten. »Das ist ein Befehl. Essen Sie einen zusätzlichen Nachtisch oder zwei. Das ist ein Befehl. Wenn Sie etwas tun müssen, gehen Sie runter zum Flughafen und schauen sich um. Ich möchte Sie vor morgen nicht in diesem Raum sehen, es sei denn, sie haben dafür einen wirklich guten Grund.«

Ihre Wunden waren wie die eines Piloten. Während jener langen Stunden des Kummers und des Wartens, als man dachte, beide erhielten den Lohn für ihre Pflichterfüllung, hatte ihm der Heiler, der ein Raumschiffkommandant und ein Soldat war, von den Zauberern und dem Band zwischen Lebenspartnern erzählt. Doch hätte er nicht mit eigenen Augen die sehr echten Verbrennungen durch die Hüftfessel, die blauen Augen und die aufgrund hoher Beschleunigung gereizte Haut gesehen … Sehr seltsam waren die Leben jener, die Jelas Baum bewachten.

Die ganze Welt war jetzt seltsam: Soldaten patrouillierten in perfekter Ordnung, und wenn ihn auch einige suspekt anschauten, stellte sich ihm niemand in den Weg. Die Luft war gut, die Sonne ein Vergnügen, und er hatte sich entschlossen zu laufen, da die Absicht des Captains sicher gewesen war, seinen Wert für die Truppe zu erhalten und seine Gesundheit zu erhalten, während sie die ihre zurückerlangte.

Den Weg, den er erwählt hatte, führte ihn zu einem Abhang, und der Blick erinnerte ihn an seinen nicht so weit in der Vergangenheit liegenden Aufenthalt im Kommandomodul des 14. Eroberungscorps, als ein mutiger und alberner Flieger mit ehrenhafter Absicht gegen das Corps geflogen war und das Raumschiff des Scouts Jelas Herausforderung in den Himmel geschickt hatte.

Das Tal war nun voller Flugzeuge und Schiffe verschiedener Arten, denn die Söldner wollten dem 15ten keine Chance geben, den Angriff zu beenden, den das 14te begonnen hatte. Da waren Raketeneinheiten, Jagdflugzeuge und ein seltsames, kleines Schiff, das er für das Kurierboot oder Privatschiff eines Commanders hielt.

Der Krater, der einmal das Schiff des Scouts gewesen war, war bereits weise als Fundament eines neuen Gebäudes recycelt worden.

War es Einbildung oder war das nicht ein Scoutschiff, das im Tal herunterging?

Sein Herz kroch fast vor Bewunderung in seinen Hals, als er die Linien des Schiffes betrachtete. Eines Tages vielleicht würde ihm sein Captain gestatten, ein solches Gefährt zu betreten.

Er aß den letzten Bissen seines Kuchens, sah, wie das Scoutschiff ordentlich am Rande des Feldes aufsetzte. Dann begann er zu rennen.

 

Drei von ihnen standen vor dem Schiff, gekleidet in Arbeitsuniformen: eine Frau und zwei Männer, alle Liaden, alle Piloten, wie man aus ihrer Haltung entnehmen konnte, und sie sprachen mit einem sanften Erob-Vertreter. Der Erob wies auf die Baumwipfel und Nelirikk hörte: »Jagdflieger … einzige Verteidigung …«, als er sich langsam der Gruppe näherte.

Die beiden Männer waren ohne Zweifel erfahrene Piloten. Einer trug einen Gehstock, der andere einen grauen Schnurrbart im Gesicht, als ob er ein Terraner wäre. Beide hatten etwas grau in den Haaren. Beide weinten offen, als die Frau mit ernstem Gesicht neben ihnen stand und sich aufmerksam umblickte.

Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn erblickte, und sie bewegte eine Hand, sanft und zielsicher. Die Männer wandten sich ihm zu, sofort aufmerksam.

Nelirikk salutierte.

Der Liaden mit dem Schnurrbart – sicher der erste, den Nelirikk je gesehen hatte – stand da, als ob er sich kaum beherrschen könne, sein Gesicht feucht von Tränen. Der andere Mann war sowohl gelassener als auch gefährlicher: Seine Augen berührten die Abzeichen des Lieutenants, den Schal, Baum-und-Drache, dann Nelirikks Gesicht.

Für einen Moment fühlte sich Nelirikk wie zu jenem Zeitpunkt, als der Captain das erste Mal um ihn herumgelaufen war. Dieser hier konnte sein Leben sofort nehmen, wenn es ihm gefiel. Dieser hier, bei Jela …

»Nelirikk Explorer, Lieutenant der Lytaxin-Partisanen«, erklärte er auf Hochliaden. »Kann ich Ihnen helfen, Scouts?«

Die drei sahen sich wechselseitig an, und wie eine Person verbeugten sie sich vor einem Gleichrangigen, wie Nelirikk es gelernt hatte. Der Erob-Vertreter nahm dies als ein gutes Zeichen und verschwand schnell von der Szene.

»Shadia Ne'Zame, Scout Lieutenant«, sagte die Frau und legte eine Hand auf ihr Herz. »Clonak ter'Meulen, Scout Commander«, sagte der Mann mit den meisten Tränen. »Vergeben Sie mir mein Auftreten, Lieutenant. Ich habe gerade erfahren, dass meine Tochter hier gestorben ist.«

Der Dritte sah ihn sorgfältig an, und zog seine Hand aus einer Innentasche, auf der ein einzelner, silberner Ring schimmerte. Er öffnete die Hand und zeigte eine Anstecknadel, die ein Zwilling jenes Zeichens war, dass Miri Nelirikk gerade angesteckt hatte.

»Auch ich diene Baum und Drache, Nelirikk Erkunder, und ich kann mich nicht an Ihren Namen auf unseren Listen erinnern.«

Nelirikk stand stocksteif, als er den Scout ansah, den Scout, der …

»Ich wurde erst vor Kurzem rekrutiert, Sir. Ich bin der persönliche Assistent von Captain Miri Robertson, Lytaxin-Partisanen, der Lebenspartnerin von Val Con yos'Phelium, Clan Korval. Ich diene der Familie yos'Phelium.«

Der Scout Lieutenant seufzte sanft. Der Mann mit dem Schnurrbart schüttelte den Kopf auf terranische Art und schaute den Mann mit dem Abzeichen in der Hand scharf an.

»Ein Clan zieht immer seinesgleichen an, mein Freund. Also haben wir hier einen wahren Soldaten, und wenn das Schiff dort drüben kein Juntavas-Kurier ist – ein Piratenschiff, klar gesagt –, fresse ich mein Koordinatenbuch.«

Die Worte seines Gefährten ignorierend, verbeugte sich der namenlose Scout tief.

»Sir«, sagte er zu Nelirikk. »Ich begebe mich in Ihre Hände und bitte um die Gnade, dem Captain vorgestellt zu werden, die die Lebenspartnerin von Val Con yos'Phelium ist, denn auch ich diene dieser Familie. Wo kann ich sie finden?«

»Sir, sie liegt im Hospital und erholt sich von den Verletzungen, die sie in der kürzlichen ruhmreichen Schlacht erhalten hat.«

»Kann sie mit mir sprechen? Oder vielleicht ihr Lebenspartner?«

»Der Captain darf nun Besucher empfangen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass sie mit Scouts sprechen wird, obgleich ich es nicht garantieren kann. Ihr Lebenspartner …«

Er machte eine Pause, erinnerte sich daran, was aus dem Flugzeug geborgen worden war.

Da war eine plötzliche Ruhe in der Luft, und das Gesicht, in das er blickte, ähnelte sehr demjenigen, das er so gut kannte.

»Ihr Lebenspartner, Sir, liegt in einem versiegelten Autodoc. Die Medizintechniker meinen, dass er vielleicht in der kommenden Woche wieder sprechen kann, und in einem Monat vielleicht wieder gehen.«

Die Luft erwärmte sich, das Gesicht vor ihm lächelte beinahe.

»Dann bringt mich bitte mit aller Eile zu seiner Lady.« Und dann wechselte er abrupt die Sprache, von Hochliaden in die Sprache der Yxtrang.

»Soldat, erfüllen Sie Ihre Pflicht gut, denn die Mission ist schwer.« Er verbeugte sich, und die Sprache war wieder Liaden, in dem Tonfall, von dem ihm der Bruder des Scouts gelehrt hatte, dass er »Kamerad« bedeutete.

»Ich bin sehr erfreut, Sie zu treffen, Nelirikk Erkunder. Mein Name ist Daav yos'Phelium.«

 

Flucht nach Lytaxin: Ein LIADEN-Roman
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