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»Lord Isak, auf Euer Wohl!« Lordprotektor Saroc, der in Seide und feinstem Linnen völlig anders aussah, hob seinen Becher, auf dass die anderen Gäste es ihm nachtaten. Eine bronzene Brosche mit seinem Kelchemblem prangte an seiner linken Schulter, und nun trug er den Ohrschmuck, der seinem Rang anstand. Die drei Ringe in seinem linken Ohr bestanden jedoch nicht wie bei Graf Vesna oder Lordprotektor Torl aus reinem Gold. Sie waren kunstvoll verziert und mit Splittern schwarzen Bernsteins besetzt. Isak war ausgesprochen erstaunt gewesen, dass sich der in tiefes Schwarz gekleidete, tiefgläubige Saroc bei der Ankunft in seinem Anwesen in einen regelrechten Pfau verwandelt hatte.
Die Männer sprachen dem Lordprotektor nach, die Damen, allesamt in eng anliegende Kleider gehüllt und mit Federn im Haar, summten ihre Zustimmung. Dies war das erste Mal, dass Isak einen formellen Trinkspruch der Farlan erlebte, aber Tila hatte im Vorfeld Zeit gefunden, ihm zu erläutern, was von ihm erwartet wurde. Es lief zusammengenommen darauf hinaus, dass er seinen Kelch leeren musste, wann immer sein Name erwähnt wurde. Er verstand aber noch immer nicht, warum nur waffentragende Männer lauter als murmelnd sprechen durften. Einige trugen nur aus diesem Grund zeremonielle Schwerter.
Den Krug zu leeren, dazu war Isak im Namen der Etikette nur zu gern bereit – und er tat es schwungvoll. Dann nickte er jedem Edelmann an der Tafel huldvoll zu und stellte den Kelch ab, auf dass er neu gefüllt werde. Doch irgendwie hatte er sich verschätzt und von der Erschütterung, als das Gefäß auf den Tisch traf, wurde eine Schale Reis in die Luft gehoben und kippte um. Er blickte stirnrunzelnd auf den Tisch hinab. Er wirkte näher als erwartet. Isak hob den Blick wieder und bemerkte, dass ihm verwunderte Gesichter zugewandt waren. Das war wohl recht laut gewesen, was ihn daran erinnerte, dass seine Gestalt für diesen eher zierlichen Speisesaal einfach zu groß war.
Hitze stieg in seinem Nacken auf, als er die Blicke der Anwesenden auf sich spürte. Über die Maßen vorsichtig löste er seine Finger von dem Kelch und hob die Hand, um sich bei dem Lordprotektor zu entschuldigen, der lächelte und huldvoll nickte, während die übrigen Gäste peinlich berührt beiseiteschauten. O verdammt, ich bin doch der Ehrengast, dachte Isak. Ich sollte mich nicht entschuldigen. Sagte Tila nicht, dass ich bei einem Mahl zu meinen Ehren nichts falsch machen kann?
»Er wird schon wieder.« Die sanfte Stimme in seinem Ohr wurde von einem Hauch Parfüm begleitet. Um sie herum fingen die Gespräche langsam wieder an und die Gäste widmeten sich erneut dem Essen.
Isak wandte sich zu Tila um und nickte mürrisch. Zumindest in diesem Punkt waren sich die Ärzte einig gewesen, wenn es auch der einzige war. Ein Mönch in mittlerem Alter mit kaltem Blick war zusammen mit drei Novizen aus einem nahen Kloster gekommen, um bei der Versorgung der Verwundeten zu helfen. Er war dem Lordprotektor freundlich und Lord Isak höflich entgegengetreten, aber als er eine Frau dabei beobachtet hatte, die sich ebenfalls um die Verwundeten kümmerte, hatte sein Gesichtsausdruck seine wahren Gefühle offenbart. Ihr kurzes Haar hatte den Blick auf Narben und Hautbilder an ihrem Hals offenbart, die sie als Hexe auswiesen. Niemand hatte etwas gesagt, aber sogar die erfahrenen Soldaten hatten sich ihrer Meinung unterworfen.
»Ich weiß, dass er das wird«, sagte Isak und stocherte mit dem Messer in dem Stück Schweinefleisch auf seinem Teller herum. »Aber ich muss beständig an den Geruch verbrannten Fleisches denken.«
Er blickte auf die rund vierzig Gesichter in dem Saal, von denen ihn einige noch immer mit leichter Sorge betrachteten. Die Gräfin Saroc war jemand, der wenig Zeit für Alkohol hatte und wenig Geduld mit Betrunkenen. Isak ignorierte ihren stechenden Blick, der aus einem langen, schmalen Gesicht funkelte. Seine natürliche Ausstrahlung hatte bei Gegenständen mehr Erfolg als bei der Gräfin, aber ihre Höflichkeit war makellos und ihr Mitgefühl für die Verletzten ohne Beispiel. Da war es nur ein kleines Übel, dass sie ihn nicht mochte.
»Er ist zu alt, um Männer in die Schlacht zu führen«, fuhr Isak fort und stocherte weiter im Essen. Es war zu reichhaltig und ließ seinen Magen grummeln. Abgesehen vom Wein hatte er nur Reis und eine Schale eingelegter Tomaten zu sich genommen. Er warf sich eine weitere in den Mund, leckte das Öl von den Fingern und seufzte. »Ich hätte es nicht von ihm verlangen sollen.«
»Ihr habt recht, er ist zu alt«, stimmte Tila ihm zu, legte die Hand auf seinen Unterarm. »Aber Euch trifft keine Schuld. Der alte Falke weiß seine Kräfte genauer einzuschätzen als Ihr – und Ihr könnt kaum behaupten, die Gefahren des Kampfes besser zu kennen als er. Er trifft seine eigenen Entscheidungen.«
Auf Isaks grünbordigem Aufschlag wirkte ihre Hand wie die eines Kindes. Sie hatten in letzter Zeit wenig Gelegenheit, als Freunde beieinanderzusitzen und sich zu unterhalten. Isak neidete Tila und Graf Vesna die Liebe nicht, die sich zwischen ihnen entsponnen hatte, denn er hatte sie beide sehr gern, aber in seinen ersten Wochen im Palast von Tirah hatten Tila und er jede freie Minute miteinander verbracht.
Auf Tilas roten Lippen lag ein freundliches Lächeln. »Und natürlich sollte ein Freund zur Stelle sein, um einem den Arm abzuschneiden, wenn man die falsche Entscheidung trifft.«
Isak widerstand dem Drang, sie zu umarmen, denn er war sich der Blicke unangenehm bewusst, die auf ihnen ruhten. Stattdessen streckte er ihr die Zunge heraus, was eine unterdrückte Erheiterung auslöste, und machte sich auf die Suche nach mehr Wein.
»Mein Lord.« Lordprotektor Saroc sprach, während Isak seinen Kelch aus einem Krug füllte, der ihm von Mihn vorgesetzt worden war, damit nicht ständig ein Diener um ihn herumschlawenzelte. Die Geschichte vom Kampf in Narkang hatte im Haushalt des Lordprotektors ihre Runde gemacht, und jeder der Bediensteten versuchte einen Blick auf Isaks linke Hand zu erhaschen, die dabei so weiß wie das Gewand geworden war, das er trug. Isak wandte sich dem Lordprotektor zu und fühlte sich dabei schwer und behäbig.
»Kann ich Euch überreden, hier einige Wochen Rast zu machen, bevor Ihr nach Tirah zurückkehrt? Wir haben hier in Saroc selten Gelegenheit, unseren Lord zu beherbergen. Eure Anwesenheit wäre für uns alle ein Segen.«
»Eine gute Idee«, sagte Isak lächelnd. »Ich denke, Lesarl kann noch einige Wochen auf mich verzichten.« Hinter dem Lordprotektor verfinsterten sich Vesnas Züge. Der Graf lauschte einem Ritter neben sich, aber seine Aufmerksamkeit ruhte auf Isak und dem Lordprotektor. Alte Glucke, dachte Isak. Er macht sich wegen allem Sorgen, wenn ich es nicht vorher mit ihm besprochen habe.
»Wir bleiben zwei Wochen«, fuhr er fort. »Ich bezweifle, dass Carel dann schon wieder reisen kann, aber ich möchte so lange bleiben, bis er wieder zu Kräften gekommen ist. Und es gibt einige Dinge, um die ich mich vor meiner Rückkehr noch kümmern möchte.«
»Ihr habt Pläne, mein Lord?« Die Neugier des Lordprotektors war geweckt, vor allem, als er Tilas Verwunderung bemerkte.
»Die habe ich, Lordprotektor«, bestätigte Isak mit breitem Lächeln. »Der Stamm wird von seinen Herzögen und Lordprotektoren geführt, und wenn ich herrschen soll, dann sollte ich sie kennenlernen. Die Hälfte von denen, die ich kannte, ist in der Schlacht gefallen, und ich habe vor, Herzog Certinse vor den Augen einer Menschenmenge zu hängen. Lordprotektor, ich möchte, dass Ihr Boten versammelt, die eine Proklamation verbreiten sollen. Meine Beraterin wird sie in ein bis zwei Tagen fertig haben.« Isak wies auf Tila und ließ sich von ihrer Unwissenheit über seine Pläne nicht aus dem Tritt bringen. »Ich möchte, dass sich alle Lordprotektoren und Herzöge im Palast von Tirah versammeln und mir gegenüber bei der Krönungszeremonie den Lehnsschwur ablegen.«
Einige schnappten erstaunt nach Luft und alle Gespräche verstummten endgültig. Isak nahm einen weiteren Schluck Wein und fuhr fort: »Es gab in den letzten Jahren zu viel Verrat, zu viele Ränke. Ich will, dass jeder meiner mächtigen Adligen mir den Treueschwur ablegt. Wenn sie ablehnen, weiß ich, auf welcher Seite sie stehen. Wenn sie mir ins Gesicht lügen, werde ich sie in der Mitte durchbrechen und an die Schweine verfüttern.«
Isak sprach so leidenschaftlich, dass zahlreiche Leute am Tisch zurückwichen. Neben Tila räusperte sich Lordprotektor Torl und brach damit das Schweigen.
»Das wird ein schwieriges Unterfangen, mein Lord«, sagte Torl. »Einige von ihnen sind alt und gebrechlich. Viele haben einen langen Weg.«
Isak machte eine wegwerfende Geste. »Wenn sie nicht kommen wollen, wird mein Haushofmeister entscheiden, wessen Entschuldigung glaubhaft ist … und wen sie den Titel kosten wird.«
Isak lächelte böse. »Ich denke die jüngsten Geschehnisse haben bewiesen, dass es noch verschiedene Lager gibt, aber das darf nicht so weitergehen. Wir machen ein Fest daraus. Man wird Geschäfte miteinander machen und sich zusammentun, da bin ich sicher. Die meisten Lordprotektoren werden mir zweifellos ihre Anliegen vortragen wollen und ich werde sie anhören, aber wer die Reise als Zeitverschwendung ansieht, an den werde ich den Titel als verschwendet erachten. Die Chetse wurden besiegt, die Fysthrall sind zurückgekehrt – und wer weiß, wie viele neue Feinde sich bis zum Ende des Jahres noch offenbaren werden.«
Tila spannte sich bei diesen Worten an. Verdammt, dachte er, ihn meinte ich gar nicht. Aber du hast trotzdem recht. Wie lange mag es dauern, bis die Elfen erfahren, dass ihr König wiedergeboren wurde? Lang genug, hoffe ich, denn ich will nicht an zu vielen Fronten kämpfen.
Isak sah sich um und blickte in besorgte Gesichter. Die Männer sahen zu Boden, als Isaks funkelnder Blick über die Tische wanderte. Eine Handvoll nickte zustimmend, aber die meisten wirkten erschrocken. Das war verständlich, überlegte Isak. Lord Bahl hatte beinahe zweihundert Jahre geherrscht und auch wenn er manchmal unberechenbar gewesen war, hatte er seine Adligen doch weitgehend in Frieden gelassen. Jetzt war da dieser arrogante Welpe, der schlechte Neuigkeiten wie einen Mantel mit sich trug, und verkündete, dass zweihundert Jahre der Tradition verändert werden sollten. Vielleicht hatten sie jedes Recht, nervös zu sein. Er war immerhin ein Weißauge, und wo er sich hinwandte, folgten ihm Scherereien.
Isak erhob sich und bedeutete den anderen, sich wieder zu setzen, als sie sich mit ihm gemeinsam erhoben. Er nahm den halbleeren Krug mit zwei Fingern auf und empfahl sich dem Lordprotektor und seiner Gräfin. Er wusste, dass dies unhöflich war, aber er wollte das Thema heute nicht vertiefen. Seine schlechte Stimmung und zu viel Wein hätten ihn sonst noch zu Worten verleiten können, die er nicht sagen wollte. Jetzt wollte er erst einmal erfahren, was seine Berater dazu zu sagen hatten, bevor er weiter über die Angelegenheit sprach.
Isak verließ den Saal und folgte dem Gang bis zur Terrasse, von der aus man den gepflegten Garten des Lordprotektors sehen konnte. Er war offenbar im Tor-Milist-Stil angelegt. Mihn folgte ihm wie üblich auf dem Fuße. Er überquerte die Terrasse, bis er das satte taufeuchte Gras unter seinen Schuhen spürte und den Duft der Abendblumen roch.
Der Lordprotektor war stolz auf seinen Garten, und auch wenn dieser Gedanke Isak, der von so etwas nichts verstand, fremd war, musste er zugeben, dass der Anblick wunderschön war. Der Garten lag im angenehmen Zwielicht und wurde stellenweise von einzelnen Papierlaternen erhellt. Niedrige Eibenhecken unterteilten die lange Anlage und umgaben einen jeweils anderen Stil. Dünne, gewundene Blumenbeete schnitten durch das Gras und strahlten in sommerlichen Farben, am meisten aber genoss Isak die Stille.
Ein winziger Apfelbaum, der Isak nur bis zur Brust reichte, stand in der Mitte eines Rasenstücks, zwischen zwei zierlichen Vogelbädern. Isak stellte den Krug auf einem ab und suchte in seiner Tasche nach Carels Tabakbeutel. Die Gräfin hatte dem alten Kämpen das Rauchen verboten. Bald trieb der starke Geruch von Pfeifentabak durch die dünnen Äste des Apfelbaumes und verlor sich im dunkler werdenden Himmel. Isak inspizierte seine schneeweiße Hand. Sie hatte sich seit dem Kampf in Narkang, wo Blitze die Farbe ausgebrannt hatten, nicht im Geringsten verändert. Nicht einmal das wochenlange Reiten, bei dem sie ständig in der Sonne gewesen war, hatte sie dunkler werden lassen.
»Hattet Ihr das geplant?«, fragte Mihn leise, nachdem er sich vergewissert hatte, dass niemand sie belauschte.
»Natürlich.«
»Warum haben Tila und der Graf dann so überrascht ausgesehen?«
Isak seufzte: »Weil ich nicht vorhatte, es auf diese Weise zu verkünden. Klang es wie das Toben eines Betrunkenen?«
Mihn schüttelte den Kopf. »Nein, es war ein wenig sprachgewandter. Es wird jedoch erheblichen Widerstand geben, sogar von Euren Befürwortern.«
»Gut, darum geht es ja.« Isak wies mit der Pfeife zum Dach des Hauses. »Die meisten Legionen der Farlan werden von fetten, zufriedenen alten Männern geführt. Wenn sie keine Reise nach Tirah unternehmen wollen, nützen sie unserem Feldzug auch nichts. Sie müssen wachgerüttelt werden, Mihn, unsere Klingen sind stumpf geworden.«
»Für welche Gefahr sollen sie bereit sein?« Mihn gab sich unbeteiligt, aber Isak erkannte die Sorge des Mannes daran, dass sie überhaupt darüber redeten. Er sprach manchmal tagelang nicht mit Isak. Wenn Mihn also eine Unterhaltung für nötig hielt, dann sollte Isak verdammt gut zuhören.
»Such es dir aus. Es kann bisher noch nicht bewiesen werden, aber Lord Bahl wurde nicht versehentlich umgebracht. Wenn man Morghien und König Emin glauben darf, so ist das alles eine Intrige Azaers. Vielleicht will aber auch Lord Styrax ein Imperium errichten. Und wir dürfen dem Weißen Zirkel keine Zeit lassen, sich erneut zu gruppieren. Das alles vereint sich zu einer Erkenntnis: Wir müssen uns auf einen Krieg vorbereiten.«
»Ihr habt vor, den Weißen Zirkel zu bestrafen?«
Isak zuckte die Achseln. »Sie haben den Kampf zu uns getragen. Was bleibt mir anderes übrig, als zurückzuschlagen?«
»Es gibt Möglichkeiten für einen Gegenangriff, ohne Scree und Helrect dem Erdboden gleichzumachen.«
»Machst du dir darüber Sorgen? Mein mangelndes Gespür für das rechte Maß?« Isak nippte am Wein und verzog das Gesicht. Der Wein passte nicht zum bitteren Soldatentabak, den Carel bevorzugte. Er wandte sich Mihn zu und sah ihm in die Augen. Die Zurückhaltung des Nordmannes war verschwunden und er erwiderte Isaks Blick, ohne zu blinzeln oder sich abzuwenden, wie er es normalerweise tat.
»Chaos an unseren Grenzen heraufzubeschwören wird Euch nicht zum Vorteil gereichen, wenn es das Chaos ist, was Eure Feinde anstreben. Versprecht Ihr mir, einen anderen Weg, sofern es ihn gibt, ins Auge zu fassen, wie mit dem Weißen Zirkel zu verfahren ist?«
Isak war überrascht. »Das ist das erste Mal, dass du mich um etwas bittest.«
»Ich bitte nur darum, dass Ihr den Krieg nicht beginnt, dass Ihr Euch nicht dazu verleiten lasst, an der falschen Front zu kämpfen.«
Nach einem Augenblick hielt Isak Mihn den Arm hin, der ihn ergriff. »Du bittest mich nur darum, vernünftig zu handeln. Das ist eine ausgesprochen gerechtfertigte Bitte.«
Der kleinere Mann nahm seine Worte mit einem Nicken zur Kenntnis und versank dann wieder in seiner üblichen Verschlossenheit.
Isak hielt inne, die Hand noch immer um Mihns Unterarm gelegt, und sah Mihn in die Augen. Neugier flackerte in dessen Blick auf, aber er besaß so viel Geduld, dass sogar ein Gletscher voreilig erscheinen mochte. Isak blickte kurz zur Seite, strich sich dann mit der Hand durchs Gesicht, als wolle er nüchterner werden.
»Die andere Entscheidung, die ich getroffen habe, gefällt dir vermutlich nicht so gut.« Er konnte die Stille der Nacht beinahe fühlen und spähte in die Schatten, wollte aber nicht fortfahren, bis er ganz sicher war, dass sie nicht bespitzelt wurden. Er spürte nichts, also lag es wohl nur an seinem benebelten Kopf und seiner angeborenen Vorsicht.
»Ich möchte, dass ihr, Morghien und du, Xeliath abholt und sie nach Tirah bringt. Nur allzu bald wird jemand ihren Anteil an den Geschehnissen herausfinden, und wenn das geschieht, ist ihr ein baldiger Tod sicher. Sie kennt Morghien und – wie ich vermute – sprichst du Yeetatchen. Ich kann niemanden sonst darum bitten.«
Mihn schwieg eine Weile, dann senkte er den Kopf. »Wenn sie Euch so wichtig ist, werde ich es tun.«
»Ich weiß noch nicht, wie wichtig sie mir ist«, sagte Isak aufrichtig. »Ich habe erst einige Male mit ihr gesprochen. Ich weiß nur, dass sie zu einem weiteren Opfer meines Daseins, meiner verdrehten Bestimmung wird, wenn ich sie ihrem Schicksal überlasse. Das Blut einer weiteren Unschuldigen an meinen Händen.«
Er zog an der Pfeife, doch sie war ausgegangen. Er fuhr mit dem Daumen in den Pfeifenkopf und zischte auf, weil die Glut heißer war, als er erwartet hatte. Er wischte den Daumen an seinem Hemd ab und hinterließ einen Rußstreifen auf dem weißen Stoff. »Da wir gerade von Blut an meinen Händen sprechen … es wird Zeit, nach Carel zu sehen.«