KAPITEL 5
Als ich langsam wieder zu Bewusstsein kam, standen Ryus polierte Gucci-Stiefeletten zu beiden Seiten meiner Taille, während er mich mit seinen Schilden abschirmte. Explosion um Explosion der magischen Kräfte traf uns, doch er hielt uns die Flammen vom Leib. Er bellte Befehle in sein Handy und schien alles unter Kontrolle zu haben. Aber bei jedem erneuten Angriff dieser tödlichen Kombination aus Feuer und roher Kraft wurde er heftig erschüttert.
Ich streckte meine Hand aus – die, die sich nicht um mein Armband klammerte – und berührte ihn durch das Hosenbein hindurch an der Wade. Noch völlig benommen vom Schmerz suchte ich Hautkontakt, also schob ich meine Hand unter den Saum seiner Hose, damit ich meine Finger um seinen Knöchel legen konnte. Nicht um zu fummeln; nicht einmal ich bin so unersättlich. Ich wusste, dass die Schilde auf die Dauer an Ryus Kräften zehrten. Also verband ich meine Kraft mit seiner, visualisierte die Energie, die durch meinen Arm strömte, aus meiner Handfläche und in seinen Körper.
In dem Moment, als meine Kraft auf ihn überging, zuckte er zusammen. Ich war an das Element Wasser gebunden; er als Baobhan Sith an Elixier, das elementlos war. Also konnte er meine Kräfte nicht »absorbieren«, um sich selbst zu stärken, aber er konnte die Energie direkt in sein Schild fließen lassen. Blitzschnell hatte er seine Abwehr verstärkt, bis sie stabiler war als jeder Panzer. Ryu blickte zu mir hinunter und warf mir ein schnelles, dankbares Lächeln zu. Ich nickte und pumpte weiter Kraft durch die Energiebahn, die uns verband.
Mein kleines bisschen beigesteuerte Kraft erlaubte es Ryu, in die Offensive zu gehen. Aus der Deckung durch die Kraftfelder heraus fing er an, eine Reihe von kleinen, blauen Energiekugeln in die Dunkelheit hinauszufeuern, in die Richtung, aus der das Feuer zu kommen schien. Sie waren nicht dazu gedacht, tatsächlichen Schaden anzurichten, sondern eher zu sondieren. Ryu versuchte herauszufinden, wo genau sich unser Angreifer befand.
Er bellte noch immer in sein Handy, aber als ich eine Spur des Triumphes in seiner Stimme hörte, wusste ich, dass er sein Ziel gefunden hatte. Sofort brüllte er Richtungsangaben, und diesmal sandte er stärkere Energiestöße aus, die rot gefärbt waren. Und diesmal waren sie sehr wohl dazu gedacht, Schaden anzurichten.
Plötzlich rannten Füße auf der Brücke an uns vorbei, und ich hörte Geschrei und dumpfe Schläge, die wie aus weiter Ferne zu uns drangen. Rufe gellten zu uns herüber, aber ich blendete sie aus und konzentrierte mich ganz darauf, meine kleinen Kraftranken an Ryu hinaufwachsen zu lassen.
Ich hörte erst damit auf, als er sich bückte und meine Hand von seinem Knöchel löste. Er beugte sich über mich und ließ seine Hände tastend über meinen Körper wandern.
»Jane, bist du okay? Wo tut es weh?«
Ich war völlig erschöpft, denn ich hatte ihm, magisch gesehen, alles gegeben, was ich in mir hatte. In meiner Verwirrung und meinem Schmerz hatte ich nicht kontrolliert, wie viel Energie ich abgab.
»…Rücken…«, nuschelte ich und versuchte mich aufzurappeln.
Ryu hielt mich zurück und rief nach jemandem mit Namen Julian.
Ein großer, junger Mann mit einer Drahtbügelbrille kniete sich neben mich. Er sah nett und sehr jung aus.
»Sie hat sich total verausgabt. Sie braucht sofort einen Energieschub«, rief Ryu.
»Wasser, oder?«, fragte der Junge.
»Ja. Schnell.«
Julian legte mir seine kühle Hand auf die Stirn, und plötzlich strömte Kraft in mich hinein. Es war nicht nur einfach Energie, sondern genau meine Energie – die Kraft des Meeres toste durch meinen Körper, als würde ich gerade im Old-Sow-Strudel durchgespült werden, anstatt hier auf dem schmutzigen Betonboden eines Fußwegs in einem öffentlichen Park herumzuliegen.
Julians Energieschub hatte meine Erschöpfung verscheucht, und dadurch bemerkte ich erst, wie sehr mir der Rücken tatsächlich wehtat. Ich stöhnte, die Farbe wich mir aus dem Gesicht. Ryu drückte meine Hand fester.
»Caleb!«, bellte er.
Der Junge mit dem freundlichen Gesicht trat zurück und warf mir noch ein nettes, schiefes Lächeln zu. Ich kniff die Augen zusammen, als die Schmerzen sich noch intensivierten, und als ich sie wieder öffnete, erblickte ich ein paar riesige Hufe.
Meine Augen wanderten nach oben über kräftige, zottelige Ziegenbeine, vorbei an etwas, das man nur als »imposantes Gemächt« beschreiben konnte, zu einem kräftigen Rumpf und schließlich einem hübschen, markanten Gesicht voll zerzaustem, blondem Haar und einem Paar Widderhörnern.
Die Ziegenbeine kauerten sich zu mir herunter, wodurch mir die Lenden des Ziegenmannes bedrohlich nah kamen. Der Satyr – denn es konnte sich nur um einen solchen handeln – schob seine Hand behutsam unter mein Genick. Ich spürte heilende Wärme durch mich hindurchströmen und schloss die Augen. Nicht nur, um Calebs baumelndes Gemächt auszublenden, sondern auch, weil die Heilung schrecklich wehtat. Ich spürte Knochen und Muskeln wieder zusammenwachsen und biss angesichts der Schmerzen fest die Zähne zusammen.
Ich spürte Ryus warme Lippen auf meinen Händen, als er meine Fingerknöchel küsste und mir tröstende Worte zuflüsterte.
Die kräftigen Hände an meinem Hals drehten mich behutsam auf den Bauch. Ryu legte sich neben mich und schob seine Hand wie ein kleines Kissen unter meine Wange, um mein Gesicht vor dem schmutzigen Asphalt zu schützen. Der Satyr kümmerte sich weiter um meinen Rücken und fing an, mein korsagenartiges Oberteil zu öffnen, so dass er besser an meine Wirbelsäule herankam. Aber diesmal tat die Heilung überhaupt nicht weh. Ich spürte bloß Linderung und pure Entspannung.
»Ein paar Rippen waren angeknackst, ein Wirbel gesplittert und ein paar Muskeln angerissen.« Die sanfte, tiefe Stimme des Satyrs hallte durch die Hände auf meinem Rücken in meinem Körper nach. »Aber jetzt ist alles wieder okay. Allerdings braucht sie noch etwas Nachsorge, damit sie morgen keine Schmerzen mehr hat. Aber nur ein paar ganz einfache Anwendungen, nichts, was du nicht selbst schaffen könntest, Chef.«
Der Satyr richtete meine Kleider, und Ryu half mir, mich umzudrehen und aufzusetzen, bevor er mich in den Arm nahm. Seine Augen suchten mein Gesicht ab, während er mit zitternden Fingern meine Lippen nachfuhr.
Ich wollte ihn fragen, was passiert war, jetzt da ich die Gelegenheit dazu hatte, aber als ich meinen Mund öffnete, legte mich die Erschöpfung lahm. Ryu sah meinen Blick und nickte.
»Ich erkläre dir alles, wenn wir wieder zu Hause sind, versprochen. Ruh dich jetzt aus«, flüsterte er und küsste zärtlich meine Stirn, bevor er sich dem kleinen Grüppchen von Leuten zuwandte, das sich plötzlich neben uns versammelt hatte. Wenn ich ehrlich war, wollte ich jetzt Antworten, nicht später, aber ich fühlte mich noch immer, als würde ich jeden Moment das Bewusstsein verlieren. Also hatte ich kaum eine andere Wahl, als Ryus Rat anzunehmen und einfach zuzuhören, während ich meinen Kopf an seine Brust lehnte.
»Was zum Teufel war hier los?«, wollte ein schwarzhaariger Mann von dunkler Schönheit wissen, der sich durch die Menge nach vorne schob.
»Conleth ist zurück«, erwiderte Ryu finster. »Er hat uns überrascht.«
»Verdammt. Woher weißt du, dass es Con war?«
Ryu blickte auf, sein Blick war hart. »Feuer, Daoud. Jede Menge verdammtes Feuer.«
Der gut aussehende Mann nickte kleinlaut. »Ah, klar. Natürlich.«
»Wir hätten wissen müssen, dass es nicht so leicht erledigt sein würde«, sagte der Satyr traurig, als sich unsere Blicke trafen. Seine hellgrünen Augen waren wunderschön. »Noch Schmerzen?«, fragte er mich leise. Ich schüttelte den Kopf und blickte ihm dabei fest in die Augen, damit ich bloß nicht seine Blöße anstarrte.
»Wie hat er dich und deine Bettgenossin denn gefunden? «, erkundigte sich der dunkle Schöne.
Bei dem Wort »Bettgenossin« verzog ich den Mund. Ich war schon einmal so genannt worden, von einem von Ryus Freunden am Hof der Alfar. Ich hasste dieses Wort.
Ryus Mundwinkel zuckten amüsiert, als er meine Reaktion bemerkte, doch das Lächeln erreichte nicht seine Augen. »Ich habe keine Ahnung. Aber jetzt herrscht wieder höchste Alarmstufe. Er scheint noch stärker geworden zu sein als beim letzten Mal.«
In diesem Moment trat eine schlanke, elegante Frau im Zwanziger-Jahre-Look mit hellroten Haaren, die zu einem strengen Bob geschnitten waren, neben den großen, schlaksigen Jungen. Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, bevor sie sich an Ryu wandte.
»Geht es deiner Bettgenossin gut?«, erkundigte sich die Frau höflich. Diesmal verzog ich meinen Schmollmund erkennbar angewidert.
»Ihr Name ist Jane und, ja, ich denke, sie ist okay«, sagte Ryu und zog mich dichter an sich, um aufstehen zu können.
Als er sich aufgerichtet hatte, spähte ich in die Runde, die sich um uns herum versammelt hatte und die mich neugierig anstarrte. In dem Moment wünschte ich mir, nicht wie ein Püppchen gestützt zu werden, aber ich war mir nicht sicher, ob meine Beine mich tragen würden, wenn Ryu mich absetzte. Ich zitterte, obwohl mir nicht kalt war.
»Hi«, sagte ich und biss die Zähne zusammen, um sie am Klappern zu hindern. »Ich bin Jane.«
Einer nach dem anderen stellten sie sich vor. Der große Junge war Julian, dessen schiefes Lächeln sich nun von nett zu absolut bezaubernd wandelte. Neben ihm stand der dunkle Schöne, der sich mir als Daoud präsentierte und mir ein Lächeln schenkte, das einem Mädchen aus fünf Meter Entfernung das Höschen hätte ausziehen können. Der Nächste war Caleb, der Satyr, imposantes Gemächt und so. Ich war ihm sehr dankbar dafür, dass er mich geheilt hatte, aber seine … Körperlichkeit … war mir im Moment zu viel. Ich nehme an, die Ziegenbeine machten es ihm praktisch unmöglich, Hosen zu tragen, aber genau deshalb hatte Gott doch so etwas wie Ponchos erfunden. Dann stellte sich die elegante Dame vor, die Camille hieß. Sie betrachtete mich aufmerksam, als hätte ich eine Antwort, auf die sie schon lange wartete. Ryu erklärte mir, dass dies seine persönlichen Mitarbeiter seien. Schließlich war da noch ein großer, korpulenter Mann mit einem kurzen, blonden Bürstenschnitt, der ein ziemlich militärisches Gebaren an den Tag legte. Sein Name war Stefan, und Ryu meinte, er sei so etwas wie ihr Polizeichef. Es liefen auch noch andere Wesen herum, aber die schienen nur die übernatürlichen Versionen von kleinen Streifenpolizisten zu sein. Von Zeit zu Zeit richtete einer eine Frage an Stefan.
Apropos Fragen, ich hatte bestimmt eine Million Fragen. Aber bei der ganzen Unruhe konnte ich Ryus Aufmerksamkeit nicht auf mich lenken.
»Caleb, Daoud, ihr bringt uns nach Hause«, sagte er. »Camille, mein Auto steht beim Prudential Tower. Kannst du es bitte für mich holen? Und der Rest – schließt den Einsatz hier ab, und wir sprechen uns dann morgen. Ich möchte Berichte sehen und zwar pronto. Stefan, der Tatort gehört dir.« Der blonde Mann wandte sich seinen Leuten zu, deutete vorher aber noch eine Verbeugung an.
Camille und Julian neigten zum Abschied leicht ihre Köpfe. Julian winkte mir freundlich zu, und ich erwiderte seinen Gruß mit einem erschöpften Lächeln. Camille machte auf dem Absatz kehrt und entfernte sich zielstrebig. Julian folgte ihr lässigen Schrittes.
Wir gingen mit Daoud und Caleb zu einem Geländewagen, der direkt vor dem Park stand. Ryu verfrachtete mich auf den Rücksitz, Caleb setzte sich auf den Fahrersitz. Er passte kaum hinein, und ich bemerkte, dass seine Hörner die Deckenverkleidung schon etwas ramponiert hatten. Plötzlich lehnte sich Daoud vom Beifahrersitz aus zu mir nach hinten. Mit einem Augenzwinkern reichte er mir einen Lolli, den er, das hätte ich schwören können, direkt aus seinem Hosenstall gezogen hatte.
»Ich hoffe, dir geht’s bald wieder gut.« Er grinste und zwinkerte mir noch einmal zu, als Ryu ihm einen stechenden Blick zuwarf. Ich schnallte mich an, während Ryu die Tür auf meiner Seite schloss und dann auf der anderen zu mir einstieg. Als ich mich zurücklehnte, spürte ich, dass mein unterer Rücken noch immer wehtat.
Wenn wir erst zu Hause wären und ich noch die Energie aufbrächte, zu reden, würde Ryu mir eine Menge zu erklären haben.
Ich wachte erst auf, als die Stimmen sich vor Ryus Haustür verabschiedeten und er mich wieder auf dem Arm hineintrug. Ich musste schon wieder eingeschlafen sein.
»Ich mache eigentlich nie ein Nickerchen«, informierte ich Caleb und Daoud müde. Daoud schaute verwirrt, und Caleb lächelte mich verständnisvoll an, bevor die beiden davongingen.
»Zwei Nickerchen an einem Tag«, murmelte ich verwundert, als Ryu mich nach oben ins Schlafzimmer trug. Sein Gesicht war grimmig, und ich bekam einen flüchtigen Eindruck von dem Ryu, den die anderen Leute »Chef« nannten.
»Tut mir leid, dass unser romantisches Wochenende geplatzt ist«, sagte ich, als wir in Ryus Schlafzimmer angekommen waren. Aus irgendeinem Grund war ich wegen der Feuerattacke gar nicht völlig durchgedreht. Damit keine Missverständnisse aufkommen, ich wusste, dass es mich irgendwann noch packen würde. Aber im Moment, nach dem Schock und dem Nickerchen, war ich seltsam gefasst.
Ryu schüttelte nur schweigend den Kopf.
Er setzte mich auf dem Bett ab, bevor er sich die Stiefel auszog. Dann kniete er sich hin, um auch mir meine schwarzen Piraten-Overknee-Sex-Stiefel – natürlich ein Geschenk von Iris – abzunehmen. Ich mochte diese Stiefel fast noch lieber als meine Chucks, nicht zuletzt, weil ich mich mit ihnen wie ein verruchtes Luder fühlte. Als es ihm endlich gelungen war, sie mir auszuziehen, hob Ryu mich vom Bett hoch, um mich auch noch aus meinen engen Stretchhosen herauszupellen. Mein schwarzes Spitzenhöschen folgte. Schließlich setzte er mich wieder zurück aufs Bett und zog mir das rote korsagenartige Oberteil aus und den trägerlosen Spitzen-BH, den ich darunter trug. Er hatte noch immer kein Wort mit mir gesprochen, und sein Blick war hart, obwohl seine Hände ganz sanft vorgingen.
Als ich nackt war, schob Ryu uns beide in die Bettmitte, seine Arme umfingen sanft meinen Körper und meine immer noch schmerzenden Rippen.
Dann legte er sich, noch immer voll angezogen, auf mich und drückte seine raue Wange an meine. Ich schmiegte mich an seinen Hals und versuchte, seinen warmen Balsamduft einzuatmen. Aber er war so schwer, dass ich kaum Luft bekam, doch Ryu brauchte das jetzt, was immer »das« auch war, also hielt ich still. Nach einer Weile spürte ich, wie seine Lippen von meinem Ohrläppchen über die Wange hinunter zu meinem Hals wanderten. Dann stützte er sich auf, setzte sich rittlings auf meine Oberschenkel und sprach endlich.
»Dreh dich um. Auf den Bauch«, befahl er.
Ich sah ihm einen Moment in die Augen, bevor ich mit der Hand seine Wange berührte. Er drehte sein Gesicht leicht, so dass er mit geschlossenen Augen meine Handfläche küssen konnte. Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich den Schmerz in seinem Gesicht: all die Angst, den Zorn und die Schuldgefühle, die er wegen mir empfunden hatte, wurden plötzlich sichtbar, in einem heftigen, weißglühenden Anfall von Pein. Ich streichelte mit den Fingern über sein Kinn und befolgte dann seine Anweisung.
Nachdem ich mich auf den Bauch gedreht hatte, fuhr Ryu mit den Händen meine Wirbelsäule entlang nach unten, wobei er eine heilende Wärme verströmte, der er mit den Lippen folgte. Sorgfältig strich er mir auch seitlich am Körper entlang und über die Rippen, bevor er mir zu verstehen gab, dass ich mich wieder umdrehen solle. Als ich auf dem Rücken lag, fuhr er mit seiner heilenden Behandlung fort, wobei er sich vor allem auf meine Körperseiten und die Rippen konzentrierte. Ich berührte seine Hände mit meinen, versuchte, durch seine Schuldgefühle und seine Wut zu ihm durchzudringen, um meinen Ryu unter dieser ernsten Maske wiederzufinden. Auf meine Berührung antwortete er mit seinen Lippen, küsste erst meinen Mund und dann meine Brüste.
Ich fing an sein Hemd aufzuknöpfen, denn plötzlich hatte ich das Bedürfnis, ihn fest an mich gedrückt zu spüren, wie noch ein paar Minuten zuvor. Ryu widmete sich noch immer meinen Rippen, aber er löste für einen Moment seine Hände von mir, als ich ihm das Hemd auszog.
Ich öffnete seine Gürtelschnalle und die Hose und versuchte, sie ihm über die Hüften zu ziehen, bis ich merkte, dass mir das nicht gelingen würde, solange er auf mir saß. Als ich sanft sein Knie berührte, rutschte er etwas tiefer und schob seine Oberschenkel zwischen meine Beine. Ich zerrte seine Hose hinunter, öffnete mich ihm und schlang meine Beine um seine Hüften, um ihn aufnehmen zu können. Ryu hörte nicht auf, seine heilende Kraft in mich strömen zu lassen, als er leidenschaftlich in mich eindrang.
Ich hob ihm meine Hüften entgegen, indem ich mit den Beinen seinen Körper umschlang. Ich wollte, dass Ryu mich so spürte, wie ich mich gerade fühlte: wild und noch ein bisschen verängstigt, aber im Großen und Ganzen froh, noch heil und gesund zu sein, und glücklich, die warme Haut meines Geliebten auf meiner zu spüren. Ryu entsprach meinen wenig subtilen Forderungen, und seine Hände krallten sich ins Laken, als mir seine Leidenschaft seine eigenen, vom Adrenalin aufgepeitschten Gefühle verriet. Alle Sanftheit war von ihm gewichen, als seine Hüften unerbittlich auf meine trafen. Er hatte sich aufgestützt und starrte mir ins Gesicht. Es fühlte sich an, als würde er mich mit seinem durchdringenden Blick zeichnen, und ich streckte beide Hände aus, um mit den Fingerspitzen seinen harten Mund zu berühren.
Als löse der Kontakt mit meiner Haut eine Blockade, fing Ryu an zu sprechen. »Jag mir nie wieder so eine Angst ein«, sagte er mit heiserer, gebrochener Stimme.
Es kam nicht oft vor, dass Ryu sich gehen ließ und mir zeigte, wie viel er wirklich für mich empfand. Ich wusste, ich bedeutete ihm etwas, aber er war immer so tough, so überzeugt von sich selbst, dass es mir manchmal schwerfiel, herauszufiltern, was wirklich er selbst und was nur seine öffentliche Fassade war. Ihn so zu sehen, ließ mein Herz gleichzeitig schwer werden und erfüllte es, und ich wollte ihm sagen, dass auch ich Angst gehabt hatte. Dass er mir heute Nacht das Leben gerettet hatte und dass ich ihm für so vieles dankbar war. Aber er wusste genau, wie er diese Stelle tief in mir berühren musste, wie er meinen Körper erregen und gleichzeitig mein Gehirn außer Betrieb setzen konnte. Also kam mir nur ein kehliges Wimmern über die Lippen.
Das schnell zu einem Stöhnen anschwoll, als er das Tempo noch erhöhte. Wir waren beide dem Höhepunkt nahe, getrieben von Leidenschaft und Angst und unserem gierigen Verlangen, uns selbst zu beweisen, dass wir noch am Leben waren und uns noch spüren konnten, und als ich fühlte, dass der stetige Rhythmus seiner Hüften unberechenbar wurde, schob ich meine Finger zwischen uns, spannte meine inneren Muskeln an und löste damit meinen eigenen überwältigenden Orgasmus aus.
Ich schrie meine Lust heraus, aber das Crescendo des Blutes, das in meinen Ohren pulsierte, war so laut, dass es beinahe alle anderen Geräusche übertönte.
Doch ich hörte Ryu immer wieder sagen: »Ich will dich nicht verlieren, Jane … niemals«, bis er seine Fänge in meinen Hals grub und ihn sein eigener Orgasmus übermannte.
Danach lagen wir eine Weile schweigend da. Ohne Murren trug ich sein Gewicht. Ich wusste, wir brauchten diese Nähe jetzt beide.
An meinen Hals geschmiegt, stellte er die Frage, die ich kaum beantworten konnte.
»Bist du okay?«
Ich dachte darüber nach. Eigentlich hätte ich vollkommen die Fassung verlieren müssen, aber es war alles so schnell gegangen. Es kam mir so vor, als hätten wir uns in dem einen Moment noch harmlos auf der Brücke unterhalten und im nächsten heilte mich Caleb auch schon. Die Behandlung hatte wehgetan, genauso wie mein Zusammenstoß mit der Laterne, aber nun fühlte ich mich wieder wie neu. Körperlich und seelisch war ich also okay … Nur mein Gehirn raste mit hundertsechzig Stundenkilometern, als ich versuchte, mir über die Tragweite des Angriffs auf uns klarzuwerden.
»Mir geht’s gut, aber ich muss wissen, was passiert ist. Wer ist dieser Conleth? Er war so stark. Er ist ein Alfar, oder?«
Ich nahm an, dass der Angriff auf uns von Jarl in Auftrag gegeben und von einem seiner Untergebenen ausgeführt worden war. Wer auch immer Conleth war, er war unglaublich stark, also musste es sich um einen Alfar handeln. Und die Alfar hielten zusammen, weshalb, sofern ich mir nicht ohne mein Wissen einen anderen Feind gemacht hatte, unser Angreifer mit Jarl im Bunde sein musste.
Und wenn Jarl dich und Ryu willkürlich attackiert, dann wirst du allein in Rockabill nie mehr sicher sein … Diese schreckliche Warnung meines Gehirns erfüllte mich mit Angst, und ich ballte krampfartig die Hände zu Fäusten, um einen Anflug von Panik zu bekämpfen.
Ryu wälzte sich zur Seite und blieb schweigend neben mir liegen, offensichtlich überdachte er seine Antwort. Als er schließlich zu sprechen anfing, klang seine Stimme tief und ernst.
»Conleth ist kein Alfar, Jane«, sagte Ryu und strich mir das Haar aus dem Gesicht, bevor er fortfuhr.
»Er ist ein Halbling. Wie du.«