93.

5.40 Uhr

Lilly hatte die Frau kurz gesehen, als sie aus dem Fenster geschaut hatte. Sie wusste, dass die Frau sie ebenfalls gesehen hatte. Sie durfte keine Zeit verlieren. Lilly musste die Frau aufhalten, damit sie ihren Plan nicht durchkreuzte. Sie schaute auf die Blaupause. Es gab mehr als einen Weg aus diesem Zimmer. Lilly öffnete die Schranktür. Rechter Hand hingen zwei angelaufene Messinghaken. Lilly drückte den linken Haken nach unten und den rechten nach oben. Nichts tat sich. Vielleicht musste sie beide gleichzeitig drücken. Sie versuchte es erneut. Jetzt hörte sie, dass das Gegengewicht herunterfiel. Sie sah, dass eine rechteckige Bodenplatte zur Seite glitt. Dahinter befand sich eine schmale Wendeltreppe. Lilly zog die Schuhe aus und zwängte sich durch die schmale Öffnung.

Sie gelangte in eine Ecke des großen Zimmers. Klassische Musik erklang, und es brannten Hunderte Kerzen. Lilly wusste, dass das Risiko zu groß war, die Haupttreppe zu benutzen. Doch auf der Rückseite des Raumes gab es einen schmalen Gang, der um das Solarium herumführte. Lilly trat auf den Gang. Als sie sich der Rückseite des Hauses zuwandte, sah sie ihr Spiegelbild in einem großen Spiegel. Oder irrte sie sich? Es war ein wässriges, gewelltes Bild, als würde man durch einen Eisblock schauen. Plötzlich erkannte Lilly, dass sie von Spiegeln umschlossen war, die ihr Spiegelbild bis ins Unendliche vervielfältigten. Doch es gab keinen Zweifel, dass sie nicht nur ihr eigenes Spiegelbild sah.

Am Ende des Gangs stand eine Frau.