6
Sobald ihr Verstand den Befehl verarbeitete, beeilte sich ihr Körper, ihm Folge zu leisten: Augenblicklich zog sich ihr Unterleib heftig zusammen, sodass sie gegen ihn sackte. Ihre Hand um seinen Gürtel war das Einzige, was sie noch davor bewahrte zu fallen. Wie er vorausgesehen hatte.
Als diese Glückseligkeit schließlich endete und sie wieder zu Atem kam, hob sie das Gesicht und ihr Mund öffnete sich, um darum zu bitten …
»Noch einmal.«
Sie stöhnte, unfähig, ihren Griff um seinen Gürtel zu lösen, während sie auf ihren Knien schwankte und zuckte und sich ihre Brüste wie wild an seinen Beinen rieben. »Hör auf damit, bitte …« Sie drückte ihr Gesicht gegen seinen gewaltigen Schaft – sie brauchte ihn, damit ihr Körper sich um etwas anderes herum zusammenziehen konnte als um bloße Leere. Noch während sie ihn anflehte aufzuhören, fuhr sie mit dem Mund über seinen Schaft. Auch wenn sie ihm wehgetan haben mochte, er erholte sich auf der Stelle unter der Berührung ihrer Lippen.
»Komm stärker.«
Voller Scham tat sie es. Sie wölbte den Rücken und schrie, öffnete die Knie und ließ die Hüften kreisen – eine Aufforderung an ihn, endlich diese Leere zu füllen.
Als die Wellen der Lust langsam nachließen, bekam sie vage mit, dass er sie auf die Arme nahm, in denen sie matt und ungläubig lag, auch wenn jeder einzelne Nerv in ihr zu brennen schien. Es folgte Dunkelheit, ein Gefühl des Schwindels, und dann war sie an einem anderen Ort, in einem mit dunklem Holz getäfelten Arbeitszimmer.
Er stellte sie auf die Füße, aber nach seinen Befehlen und durch die … Translokation schienen ihre Knie aus Gummi zu bestehen.
»Wo bin ich?«, fragte sie mit zitternder Stimme.
Er hielt sie fest, bis sie wieder sicher stehen konnte, und durchquerte den Raum bis zu einem kleinen Wandsafe. Dort hinein warf er die Kette und schloss die Tür. »Du bist in Blachmount, meinem Besitz in Estland. Dies, Myst, ist dein neues Heim.«
Sie öffnete schockiert den Mund. »Du kannst mich doch nicht einfach hierbe…«
»Offensichtlich kann ich alles tun, was ich will, soweit es dich betrifft. Dies ist der Ort, wo du von nun an bleiben wirst und wo ich dir dieselbe Gnade zuteilwerden lasse, die du mir gegenüber gezeigt hast.«
Ihre Augen wurden groß.
»Hör mir jetzt gut zu. Dieser Safe ist absolut einbruchsicher, und du wirst das Schloss nie, aber auch absolut niemals berühren. Du wirst nie versuchen, die Kombination herauszufinden oder sie mir zu entlocken. Verstehst du das? Antworte mir!«
»Ja.«
Er kam wieder zu ihr herüber, nahm ihren Arm und translozierte sich mit ihr in einen Raum, der nach Schlafzimmer aussah. Das Lager eines Vampirs. Mit dem Bett in einer Ecke auf dem Boden, so wie sie es bevorzugten. Sie erschauerte in dem Wissen, dass sie diesmal wirklich und wahrhaftig ein Problem hatte.
»Zieh dich aus«, befahl Nikolai von der Dusche aus.
Ihr Schock hatte rasch einem abgrundtiefen Hass Platz gemacht, und so warf sie ihm einen bitterbösen Blick zu, ehe sie gehorchte. Aber das war ihm gleichgültig. Ihr dabei zuzusehen, wie sie sich im von Dampf erfüllten Badezimmer die Kleider vom Leibe riss, war, als ob er dabei zusah, wie ein Geschenk ausgepackt wurde.
Er stand unter dem prasselnden Wasser und staunte über seinen Körper, der so schnell heilte, wie er es sich niemals hätte vorstellen können. Er hatte von ihr einen Hieb erhalten, der ihn früher tagelang außer Gefecht gesetzt hätte, und jetzt war er schon wieder hart für sie. In der Tat waren die Schmerzen der einzige Grund, wieso er sich in diesem Hinterhof nicht auf der Stelle auf sie gestürzt und in sie hineingestoßen hatte, als sie sich in ihrem Orgasmus vor ihm wand, die Augen vor Lust silberfarben. Doch jetzt gab es für sie kein Entrinnen mehr.
Als sie vollkommen nackt war, starrte er auf diese vollen Brüste, die ihm seit so langer Zeit im Kopf herumspukten, und beim Anblick des rotbraunen Buschs zwischen ihren Beinen lief ihm das Wasser im Mund zusammen. Was sollte er sie als Nächstes tun lassen? Die Möglichkeiten waren unendlich. Er könnte ihr befehlen, ihn in den Mund zu nehmen, und sehen, wie oft sie seinen Schwanz dazu bringen konnte, sich unter ihrer Zunge zu erheben. Er könnte sie zwingen, darum zu betteln, es zu tun, ihn anzubetteln, ihn ihr reinzuschieben. All die langen Jahren der Qual und jetzt ein solches Geschenk wie diese Kette …
Wenn Wroth Sinn für Humor gehabt hätte, hätte er möglicherweise gelacht.
Er verstand nicht, was für eine Macht die Kette über sie besaß, aber er wusste, dass sie absolut war. Und er war nicht der Typ, der dazu neigte, über den Ursprung dieser Macht nachzugrübeln. Wenn er seine Zeit damit verbracht hätte, über jede neue Entwicklung in seinem Leben im Laufe der letzten Jahrhunderte nachzudenken, wäre er inzwischen schon wahnsinnig geworden. Sie war ein Werkzeug, das er gebrauchen konnte. So einfach war das.
Er hatte entschieden, die Vergangenheit zu begraben, aber heute Nacht war ihm klar geworden, dass sie zu wild und zu boshaft war, um ihn zu akzeptieren. Sie hatte bewiesen, dass sie genauso war, wie seine Träume es ihm verraten hatten. Mithilfe dieser mysteriösen Kette konnte er aus ihr eine gehorsame Ehefrau machen, in seinem Leben – und in seinem Bett?
Als sie vorhin gekommen war, hatte er ihre Reaktion sehr bewusst wahrgenommen. Sie hatte ihr Gesicht an seinem Schwanz gerieben, sich nach ihm gesehnt. In dieser kleinen Gasse, vollständig bekleidet und nach dem Hieb in seine Männlichkeit war er nicht in der Lage gewesen, aus ihrem Verlangen seinen Nutzen zu ziehen, aber unter der Dusche …?
»Komm zu mir, Braut.«
Sie war gezwungen, ihm zu folgen, auch wenn ihre Miene deutlich ihren Abscheu zeigte. »Dauernd nennst du mich so, aber dazu hast du kein Recht. Ich habe dem niemals zugestimmt. Ich denke, der Ausdruck, den du benutzen solltest, ist Sklavin.«
Er kniff lediglich die Augen zusammen, umfasste ihre winzige Taille und zog sie zu sich unter das Wasser. »Nur eine Frage der Formulierung. Das Ergebnis ist dasselbe. Du vergisst, dass ich aus einer Zeit stamme, in der die Männer keinerlei Zustimmung brauchten, um sich zu nehmen, was sie wollten.«
»Und du vergisst, dass auch ich in diesen Zeiten gelebt habe und glücklich war, sie hinter mir zu haben. Ich hatte fast schon vergessen, wie es war, all die Blutsauger wie dich töten zu müssen, wenn ihre lästigen kleinen Herzen für mich zu schlagen begannen.« Sie warf ihm einen Blick reinsten Gifts zu. »Aber so langsam fällt es mir wieder ein.«
Als sie sich bückte, um sich die Knie abzuwaschen, setzte er sich auf die Marmorbank auf der anderen Seite der Duschkabine und beobachtete jede ihrer Bewegungen. »Wenn ich kein Vampir wäre und wir keine Vorgeschichte hätten, würde mein Körper dich erregen?«
Sie hatte sich soeben wieder aufgerichtet und hielt ihr Gesicht dem Wasserstrahl entgegen. Bei seinen Worten biss sie die Zähne aufeinander.
»Antworte mir.«
»Ja«, stieß sie mit heiserer Stimme hervor.
»Gut. Komm her. Näher.« Als sie schließlich vor ihm stand, befahl er: »Knie dich wieder hin.«
»Dazu kannst du mich nicht zwingen«, zischte sie, während sie gehorchte.
»Ich werde dich zu gar nichts zwingen. Ich werde dich niemals zwingen, mich zu berühren, oder mich dir aufdrängen«, erklärte er, während sie ihn mit ungläubiger Miene anstarrte. »Ganz gleich, wie schlecht du mich behandelt hast. Ganz im Gegenteil: Um es dir noch schwerer zu machen, werde ich dich niemals berühren oder küssen, es sei denn, du bittest mich darum. Es wird wesentlich mehr Spaß machen, wenn du die Hand ausstreckst, um meinen Schwanz zu berühren, oder mich anflehst, dich zu ficken.«
»Niemals.«
Er ignorierte ihren Protest. »Wenn du irgendwann, bei irgendeiner Aktivität, die wir ausführen, das Bedürfnis hast, diese Erfahrung zu vertiefen, beispielsweise indem du zu mir hier hochkommst und dich auf meinen Schoß setzt, so erteile ich dir hiermit die Erlaubnis dazu.«
»Hast du jetzt völlig den Verstand verloren?«, fuhr sie ihn an, aber er merkte, dass sie nervös war.
Sanft umfasste er mit beiden Händen ihr Gesicht und fuhr mit dem Daumen über ihre glänzende Unterlippe. »Berühre dich selbst.«
Sie keuchte auf, während ihre Hände schon auf ihre Haut zuflogen wie magnetisch angezogen. Sie streichelte sich zwischen den Brüsten.
»Tiefer«, befahl er. Ihre Finger schlängelten sich über ihren flachen Bauch hinab, obwohl sie seiner Order offensichtlich höchst ungern Folge leistete. »Tiefer.«
Offensichtlich kämpfte sie dagegen an, aber sie gehorchte, und ihre Finger wanderten zu ihrem Geschlecht.
»Spreize deine Knie, so weit es geht, und mach es dir selbst, als ob ich gar nicht da wäre.«
»Nicht«, flüsterte sie, während sie schon die Knie spreizte und ein zierlicher Finger über ihre sensibelste Stelle fuhr. Sein Schwanz pulsierte, und die Eichel wurde feucht. Nachdem er eine ganze Weile einfach nur fast ehrfurchtsvoll zugesehen hatte, wie sie zu zittern begann und ihre Augen sich silbern färbten, fragte er heiser: »Bist du nass?«
»Ja«, stöhnte sie.
Er spürte, dass sie in Wellen Elektrizität abstrahlte, die seine Haut zum Kribbeln brachte und ihm verriet, welche Lust sie verspürte. Sein eigenes Verlangen wurde noch weiter angefacht. »Steck dir einen Finger hinein«, brachte er mit Mühe heraus.
Als ihr Finger in ihr Geschlecht eintauchte, warf sie den Kopf zurück und schrie.
»Zwei Finger. Tiefer.« Er umklammerte mit beiden Händen die Kante der Bank, bis der Marmor unter seinem Griff Risse bekam. »Fester.«
Sie gehorchte. Diesmal sank ihr Kopf nach vorne, sodass sich ihr Haar wie ein Wasserfall über ihren Oberkörper ergoss. Sie stöhnte – direkt vor seinem Schwanz. Ihre Zunge schoss ein paarmal heraus, während er ihren keuchenden Atem spürte.
»Oh, tiefer. Schneller …«
Als sie diesmal stöhnte, spürte er es noch deutlicher, da sie inzwischen seine Eichel in den Mund genommen hatte. Mit der einen Hand bearbeitete sie nach wie vor ihren eigenen Körper, ließ die Finger unaufhörlich hinein- und hinausfahren, während ihre andere Hand mit ihm beschäftigt war, sich auf verruchte Art vortastete. Ihre Lippen waren so voll und feucht und hungrig, und es fühlte sich genauso an, wie er es sich immer vorgestellt hatte.
Seine Braut kniete vor ihm, ihre Finger auf seinen Befehl hin tief in ihrem eigenen Körper vergraben, und saugte an seinem Schwanz.
»Willst du, dass ich deine Brüste berühre?«, brachte er mit Mühe heraus.
Als sie eifrig nickte, fügte er mit rauer Stimme hinzu: »Du musst mich darum bitten.«
Ihre Finger wurden langsamer, und sie ließ ihn aus ihrem Mund gleiten, doch ihr Kopf war nach wie vor gesenkt. Er wollte nicht, dass sie aufhörte, wusste, dass er zu weit gegangen war.
»Ich wünsche es mir so sehr, Myst«, gab er zu. »Ich möchte meine Hände auf deine wunderschönen Brüste legen. Davon träume ich schon so lange.«
Sie zögerte. Ihr ganzer Körper zitterte. »Willst du sie berühren?«, hauchte sie, um gleich darauf mit ihren Zärtlichkeiten fortzufahren. Ihm entfuhr ein ersticktes Stöhnen, als sie seine Eichel mit ihrer feuchten Zunge bearbeitete, als ob sie ihm einen Zungenkuss gäbe. Sie verwöhnte ihn so hemmungslos und leidenschaftlich – er wusste, dass sie kurz vor dem Höhepunkt stand. Er streckte die Hände aus und legte sie auf ihre Brüste. Mit geschlossenen Augen genoss er das Gefühl, drückte zärtlich zu, fuhr mit den Daumen über ihre Brustknospen und zog sanft an ihnen.
In ihm baute sich immer mehr Druck auf. Sein Körper spannte sich an, seine Knie fielen auseinander, und er grub unwillkürlich die Fersen in den Boden, als er kurz vor dem Höhepunkt stand. Er fragte sich, wie er so lange ohne diese atemberaubenden Wonnen hatte leben können.
»Sieh zu, wie ich komme«, knurrte er.
Sie hob das Gesicht. Irgendwie wusste sie, dass er wollte, dass sie ihm in die Augen sah und nicht das eigentliche Vergießen seiner Saat beobachtete. Die silbrigen Augen unverwandt auf ihn gerichtet, bearbeitete ihre Faust unermüdlich seinen Schwanz, im Gleichtakt mit ihren Fingern, die in sie tauchten – als ob sie sich danach sehnte, ihn in sich zu spüren.
Diese Vorstellung gab ihm den Rest. Der unerträgliche Druck führte zur Explosion, und er ejakulierte, während er wie von Sinnen in ihre Hand hineinstieß und ihr Gesicht in beide Hände nahm. Beim Anblick seines Samenergusses riss sie zunächst die Augen auf, ehe sich ihre flatternden Lider wieder herabsenkten, sie aufschrie und heftig zuckend selber kam. Dann fiel sie kraftlos über seine Knie, immer noch erschauernd, und klammerte sich an sein Bein, so wie sie es in jener Nacht auf Burg Oblak getan hatte. Ehe sie ihn – blutend und unter Schmerzen – verlassen hatte. Das Verlangen ließ nach, der vertraute Groll loderte wieder auf.
Er schob sie beiseite, stand auf und wusch sich den Samen ab, ohne den Blick von diesem umwerfenden und zugleich zutiefst bösen Geschöpf abzuwenden, das immer noch mit gespreizten Knien dahockte, die Hände auf den Oberschenkeln, keuchend. Der Anblick ihres perfekten prallen Hinterns und der nassen Haare, die in wilden Strähnen an ihrem schmalen Rücken klebten, versetzte ihn gleich wieder in Erregung.
Aber sie atmete schwer, und er wusste, dass er ihr für ihre erste gemeinsame Nacht genug zugemutet hatte. »Erhebe dich und komm zu mir.«
Als sie ihn ansah, war ihr Blick starr, die Farbe ihrer Augen wechselte immerfort – ein Zeichen dafür, wie entsetzt und verständnislos sie war. Mit taumelnden Schritten ging sie auf ihn zu. Er verspürte einen Anflug von Gewissensbissen, rief sich jedoch all die schmerzvollen Tage in Erinnerung, die er damit verbracht hatte, sich in Agonie hin und her zu wälzen. Die Nächte hatte er schweißüberströmt durchwacht, während er die Laken fickte, in der Hoffnung, womöglich Erlösung zu finden. So weit hatte sie ihn getrieben!
Sie war argwöhnisch und näherte sich ihm nur langsam. Als sie nur noch um Armeslänge von ihm entfernt war, sagte er: »Schlaf!«, und fing sie auf, als ihr Körper augenblicklich erschlaffte. Er wusch sie und trocknete erst ihren, dann seinen eigenen Körper ab. Schließlich trug er sie zu seinem Bett.
Dies hätte ein triumphaler Moment sein sollen – bei Gott, er hatte eine lebende, atmende Walküre in seinem Bett, und sie war seine Braut –, aber davon spürte er nur wenig. Zwar hatte er sie vollkommen unter Kontrolle, doch er wünschte sich, das wäre nicht nötig.
Wie ein gebürtiger Vampir beugte er sich über sie und zog die Schöne in die Schatten, wo er sich zusammen mit ihr auf seinem Lager in der Ecke niederließ.
Steh auf.
Der Befehl drang wie durch Watte an Mysts Ohr, und sie dachte, dass sie noch träumte, denn ihre Haut berührte die Haut einer anderen Person, obwohl sie seit Urzeiten keine Nacht mit einem Liebhaber verbracht hatte. Sie runzelte die Stirn, verwirrt, weil sich ihr Körper so biegsam anfühlte. Jeder einzelne Muskel war von der Anspannung befreit, die sie sonst stets plagte. Aber wieso nur lag ihr Gesicht an der breiten nackten Brust eines Mannes? Sie war von seinem köstlichen Duft umhüllt, der sie glatt dahinschmelzen ließ. Sie kuschelte sich noch enger an ihn und legte ihr Bein über seines.
Als sie ein Grunzen männlicher Zufriedenheit vernahm, riss sie die Augen auf. Ihr Oberkörper schnellte in die Höhe, wobei sie sich ein Laken bis zum Hals hochzog. Furcht überkam sie, als sie sich an die Geschehnisse der vergangenen Nacht erinnerte. Sie befand sich im Bett eines Vampirs, war ihm ausgeliefert und dazu verdammt, ihm jeden Wunsch zu erfüllen. In anderen Worten: Sie war in der Hölle.
»Hast du von letzter Nacht geträumt?«
»Nein«, erwiderte sie aufrichtig. Sie hatte davon geträumt, jeden Quadratzentimeter des nackten Mannes neben ihr abzulecken.
»Wie fühlst du dich? Was denkst du über das, was wir getan haben?«
»Wir? Was du getan hast.«
»Ich habe dir lediglich befohlen, dich selbst zu befriedigen. In den Mund genommen hast du mich aus eigenem Entschluss.« Er hob eine Augenbraue. »Und das ziemlich gierig.«
Sie wandte sich abrupt um. »Dann fühle ich Scham.«
»Und?« Als sie ihm nur einen finsteren Blick zuwarf, entgegnete er mit seiner tiefen Stimme: »Es gibt wohl kaum eine Situation, bei der Gefühle nicht in Widerspruch zueinander geraten können. Was fühlst du noch, wenn du an letzte Nacht denkst?«
Sie erinnerte sich daran, dass sie vor Lust vollkommen den Verstand verloren hatte, wie es ihr noch nie zuvor passiert war. Wie sehr sie nach seinem Schaft gegiert hatte. Am liebsten hätte sie sich auf ihn gesetzt und ihn schön langsam in sich eingeführt. Bei dieser köstlichen Vorstellung begann sie zu zittern und musste dagegen ankämpfen, ihr Verlangen zuzugeben. »Erregung«, gab sie schließlich zu.
»Bist du jetzt auch erregt?«
Sie spürte, dass sie purpurrot anlief. Myst wurde niemals rot. »Ja.«
»Brauchst du einen Orgasmus?«
Oh Gott, nein! Wie konnte er sie das fragen, wo sie gerade in Gedanken die letzte Nacht noch einmal durchlebte? »Ja.« Sie wandte sich von ihm ab und zog die Knie an die Brust. »Aber ich werde dich nicht darum bitten.«
»Selbst wenn ich dir geben kann, was du brauchst?«
»Das Einzige, worum ich dich bitten werde, ist: Gib mir meine Kette zurück.«
»Du bekommst sie zurück, sobald ich restlos davon überzeugt bin, dass du bei mir bleibst«, sagte er. »Erkläre mir die Macht der Kette.« Als sie nicht antwortete, fuhr er sie rau an: »Antworte mir!«
»Man nennt sie das Brisingamen.«
»Warum trägst du es?«
»Zur Bestrafung und um es zu beschützen.«
»Bestrafung wofür?«
Sie stemmte sich eine Hand in die Taille und drehte sich mit spöttischen grünen Augen zu ihm um. »Als ich siebzehn war, wurde ich mit einem unbedeutenden Halbgott ohne Rang und Namen, dessen einziger Vorzug sein atemberaubendes Talent zu küssen war, in einer kompromittierenden Situation erwischt. Meine Familie war nicht erfreut.«
Ein Muskel zuckte in seiner Wange. Halbgott? Wroth war ein mit Narben bedeckter Vampir, der nicht einmal in der Lage war, je einen Spaziergang in der Sonne mit ihr zu unternehmen.
Sie sah ihn forschend an. »Eifersüchtig, Vampir? Oder wird dir endlich klar, dass ich für dich eine Nummer zu groß bin?«
Er ignorierte ihre Worte. »Dann hat deine Familie dich also durch eine Schwachstelle bestraft, die Männern die Herrschaft über deinen Körper gewährt? Wie viele haben sie schon ausgeübt, haben dir befohlen, sie zu ficken, als ob es um dein Leben ginge?« Als sie ihn nur böse anstarrte, sagte er ruhig: »Antworte. Ausführlich.«
»Es gab nie eine Schwachstelle. Die Kette ist noch nie gerissen. Ich wurde an ihr schon durch die Gegend geschleudert, daran festgehalten, einmal wurde ich sogar an ihr über eine Grube voller kochendem Teer gehalten. In den guten alten Tagen habe ich versucht, sie einschmelzen zu lassen, vor Kurzem hab ich’s mit Lasern versucht. Nie zuvor konnte irgendetwas dieser Kette etwas anhaben, ehe …«
»Ehe ich sie zerriss wie einen Bindfaden? Dann bin ich also der Erste.« Das gefiel ihm, und er atmete erleichtert aus, nur um gleich darauf die Stirn in Falten zu legen. »Meinst du nicht, dass es kein Zufall sein kann, dass von allen Frauen zu allen Zeiten und an allen Orten ausgerechnet du mir gegeben wurdest und dass ich dich von etwas befreit habe, das zu brechen kein Mann zuvor vermocht hat?«
Sie biss die Zähne aufeinander.
»Was denkst du über diese Tatsachen? Antworte ehrlich. Sofort.«
»Ich finde … es könnte sein, dass … es Schicksal ist«, brachte sie mit einiger Anstrengung über die Lippen.
»Es könnte sein, dass es unser Schicksal ist.« Daran hatte er allerdings schon vorher nicht den geringsten Zweifel gehabt. Denn er konnte nicht glauben, dass sein Herz für eine Frau schlagen würde, die ihn niemals zurücklieben würde. Aber sie hatte gesagt, es habe andere gegeben, die sie erweckt hätte – um sie dann umzubringen.
»Ja, aber nur weil uns ein Schicksal mit ziemlich krankem Humor auserwählt hat, bedeutet das noch lange nicht, dass sich meine Gefühle für dich ändern werden. Willst du mich für alle Ewigkeit gefangen halten?«
»Ehe ich dich gehen lasse, um mit deinen Halbgöttern rumzuschäkern? Aber sicher.«
Ihre zarten Schultern versteiften sich, und sie stand auf.
Er legte sich zurück und starrte den Hintern seiner Braut so unverhohlen wie stolz an, während sie durch das Zimmer schlenderte und ihre neue Umgebung musterte. Myst konnte nicht einfach nur gehen, wie er festgestellt hatte, nein, jeder ihrer Schritte war der Stoff, aus dem Träume gemacht sind, genauso wie jede ihrer Bewegungen. Vergangene Nacht war er nicht dazu gekommen, seinen Anspruch auf sie zu erheben, weil ihr feuchter Kuss ihn dermaßen gefesselt hatte, aber er war schon wieder hart und würde das schleunigst ändern.
»Also, welch wundersamer Akt der Ingenieurskunst hat diesen heruntergekommenen Ort mit modernen Sanitäranlagen ausgerüstet?«
Heruntergekommen? Er runzelte die Stirn und sah ihr dabei zu, wie sie mit der Hand über die alte Tapete an der Wand fuhr. Sie öffnete einen der rostigen Fensterläden und blickte durch das Fenster in die Nacht hinaus, wo, wie er nur zu gut wusste, die vernachlässigten und überwucherten Gärten ihr Auge beleidigen würden. Er spürte den plötzlichen Drang, eine Erklärung abzugeben, wieso sein Heim in einem solchen Zustand war.
»Du willst mich tatsächlich hier festhalten? Deine Folter ist wahrhaft teuflisch und unermesslich, Wroth.«
Er biss die Zähne zusammen. Dann sagte er: »Wie ich schon sagte, hier heißt Blachmount, und es war einmal ein sehr beeindruckender Besitz und wird es auch wieder sein, aber das Anwesen ist viele Jahre lang vernachlässigt worden. Während ich nach dir gesucht habe, habe ich in New Orleans gelebt und davor in Oblak. Ich komme nur gelegentlich hierher.« Wenn er seine Familie vermisste.
Sie seufzte und ging zu dem Kleiderhaufen aus schmutzigen und zerrissenen Stoffteilen, der auf dem Boden lag. Sie starrte erst darauf und dann ihn an. Offenbar fragte sie sich, was er wohl als Nächstes tun würde. Jetzt erst traf es ihn mit voller Gewalt, dass er, ganz gleich, wie seine Gefühle für sie sein mochten, dafür verantwortlich war, sich um sie zu kümmern. Seine atemberaubend schöne Frau mit ihrem wilden roten Haar und ihrer weichen, blassen Haut, die hier so vollkommen fehl am Platz zu sein schien, würde mit ihm unter diesem Dach leben. Also tat er gut daran, die alte Hütte wieder in den Zustand früherer Pracht und Herrlichkeit zu versetzen und ihr ein Heim zu schaffen, das ihr angemessen war.
Ihm war klar, sie würde Dinge brauchen, von denen er keine Ahnung hatte, da er – gelinde gesagt – weniger als nichts über die weiblichen Bedürfnisse wusste. Ob er es wagen sollte, sich mit ihr zu translozieren, damit sie ihre Sachen holen konnte?
Sobald er herausgefunden hatte, wo sie lebte, hatte er Oblak verlassen und Murdoch ein Haus weit weg vom Trubel von New Orleans kaufen lassen, in dem sie während der Suche wohnen konnten. Wroth hätte sich natürlich hin- und zurücktranslozieren können, aber der Zeitunterschied hatte zur Folge, dass Nacht für Nacht zu Hause in Oblak die Morgendämmerung auf ihn gewartet hätte. Außerdem war er schwach gewesen, und es war weniger anstrengend, sich über die kurze Entfernung zu der renovierten Zuckerrohrmühle am Rande von New Orleans zu translozieren.
Jetzt musste er zur Mühle zurückkehren wegen des großen Blutvorrats, den er dort gelassen hatte. Er war durstiger als sonst, und in diesem Zustand seinen Anspruch auf sie zu erheben, wäre nicht weise. Er versicherte sich selbst in Gedanken immer wieder, dass der Grund dafür nur sein wiedererwachter Appetit sei und es nicht daran liege, dass er den ganzen Tag über davon geträumt hatte, von ihren weißen Schenkeln zu trinken.
Er könnte kurz mit Murdoch reden, Kristoff in Kenntnis setzen, dass er seine Braut gefunden hatte, und trinken, um sich auf das erste Mal mit ihr vorzubereiten. Und wenn er schon in New Orleans war, konnte er doch auch gleich einen Abstecher in das Heim einer Walküre machen.
»Heute Nacht holen wir deine Sachen.«