Als das Flugzeug beschleunigte, spürte Laura ganz deutlich, wie ihr Körper mit der Maschine aufstieg, doch ein wesentlicher Teil ihrer selbst fehlte. Sie kauerte sich in ihrem Sitz zusammen und starrte aus dem Fenster. Das Flugzeug schwebte in einer weiten Kurve über das Arnotal, hatte schon die ersten Berge des Apennins erreicht. Dunst verdeckte bald darauf das Land. Die Maschine durchbrach die Wolkendecke und stieß zu einem klaren blauen Himmel auf. Weit unten verhüllte eine dichte Nebeldecke die Poebene.
Laura weinte. Ihr war, als strömte ihre Lebenskraft mit den Tränen unwiederbringlich davon. Neben ihr saß ein älterer Italiener. Nach einer Weile begann er, ihre Hand zu tätscheln.
«Das Leben geht weiter, Signora!», murmelte er. «Weinen Sie, weinen Sie, dann werden die Schmerzen leichter!»
Laura überließ ihm ihre rechte Hand, bis das Flugzeug zur Landung in München ansetzte. Dann versuchte sie vernünftig zu sein, schnäuzte sich, bürstete ihr Haar und schminkte verstohlen ihre Lippen. Kommissar Baumann erwartete sie. Er sollte nicht sehen, dass sie geweint hatte.
Der Herr neben ihr lächelte.
«Es hat keinen Sinn, Signora. Sie haben zu lange geweint. Jeder wird es sehen. Aber Sie sind trotzdem sehr schön.»
«Danke!», flüsterte Laura. «Sie sind sehr freundlich! Wissen Sie, ich bin irgendwie aus meinem Leben herausgefallen, und ich habe Angst, dass ich nicht mehr hineinwill!»
«Ach, Signora, das kommt ganz von selbst. Sie steigen aus dem Flugzeug, dann sind Sie wieder im Leben drin. Es liegt manchmal nur am Fliegen. Das ist ein völlig unnatürlicher Zustand.»
Die Maschine setzte hart auf, der alte Herr schloss die Augen und griff nach Lauras Hand. Erst als das Flugzeug zum Stehen kam, hob er vorsichtig seine Lider, lächelte und sagte:
«Sehen Sie, jetzt geht das Leben weiter.»