Kapitel 1

Der große Kastanienbraune schnaubte und rollte mit den Augen. »Halt ihn gut fest, Paul«, warnte Colby ihren Bruder rasch. Das Pferd wich nervös zur Seite aus, warf den Kopf zurück und machte die Beine steif.

»Kann ich nicht!«, schrie Paul, als das Pferd in einem plötzlichen Temperamentsausbruch stürmisch herumfuhr und den zaghaften Griff des Jungen abschüttelte. Paul brachte sich schleunigst in Sicherheit, die Augen ängstlich auf die schlanke Gestalt seiner Schwester gerichtet.

Der Braune tänzelte unruhig, wirbelte herum und warf sich mit einem lauten Krachen, das die Pfosten und den Erdboden beben ließ, an den Zaun. Paul zuckte zusammen, und seine oliv getönte Haut erblasste unter der Sonnenbräune. Colby wurde noch zwei Mal an den Zaun geschmettert, bevor sie auf den Boden fiel und sich unter den Zaunlatten hindurch aus der Umzäunung rollte.

»Alles in Ordnung, Colby?«, fragte Paul beunruhigt und kniete sich neben seine Schwester in den Staub.

Colby rollte sich stöhnend auf den Bücken und starrte in den Abendhimmel. Ein schwaches Lächeln verzog ihren weichen Mund. »Was für eine schwachsinnige Art, seinen Lebensunterhalt zu verdienen«, bemerkte sie geistesabwesend. »Wie oft hat mich dieser elende Gaul schon abgeworfen ?« Sie setzte sich auf und strich sich ein paar feuchte Haarsträhnen, die sich aus ihrem dicken, rotblonden Zopf gelöst hatten, aus dem Gesicht. Ihr Handrücken hinterließ einen schmalen Schmutzstreifen auf ihrer Stirn.

»Heute oder insgesamt?«, scherzte Paul, ließ aber hastig das Grinsen von seinem Gesicht verschwinden, als Colby die volle Kraft ihrer Augen auf ihn richtete. »Sechs Mal«, antwortete er feierlich.

Sie stand vorsichtig auf und wischte eine Staubschicht von ihren verwaschenen Jeans. Bekümmert musterte sie ihr zerrissenes Hemd. »Wem gehört dieses Vieh eigentlich? Wer es auch ist, es sollte lieber jemand sein, den ich mag.«

Paul, der gerade sorgfältig den Staub von Colbys Hut klopfte, wich ihrem Blick aus. Wenn es nicht um ein Pferd ging, das für Rodeos zugeritten wurde, überließ Colby Paul alle geschäftlichen Details. Pech gehabt. »De La Cruz«, murmelte er leise. Mit seinen sechzehn Jahren war er größer als seine Schwester, dazu schlank, gebräunt, mit den Muskeln eines Reiters und ungewöhnlich stark für sein Alter. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck von Reife, der seiner Jugend nicht entsprach. Er hielt seiner Schwester den verwitterten breitkrempigen Hut wie ein Friedensangebot hin.

Einen Moment lang herrschte Schweigen. Selbst der Wind schien den Atem anzuhalten, und auch der Braune hörte auf, zu schnauben und mit den Hufen zu scharren. Colby starrte ihren Bruder entgeistert an. »Reden wir etwa von dem De La Cruz, der auf diese Ranch gekommen ist, um mich zu beleidigen? Der verlangt hat, dass wir unsere Siebensachen packen und die Ranch unseres Vaters verlassen, weil ich eine Frau bin und du noch zu jung bist? Der De La Cruz? Der De La Cruz, der mir befohlen hat, Ginny und dich der Familie Chevez zu überlassen, und mir noch dazu mit seinem unverschämten, abstoßenden Macho-Gehabe mörderische Kopfschmerzen beschert hat?« Colbys leise Stimme war samtweich und die zarte Perfektion ihrer Gesichtszüge völlig unbewegt. Nur ihre großen Augen verrieten ihre Stimmung. »Sag mir, dass wir nicht über den De La Cruz sprechen, Paul. Lüg mir was vor, damit ich keinen Mord begehe.« Ihre strahlenden Augen sprühten förmlich Funken.

»Na ja«, antwortete er ausweichend, »es war Juan Chevez, der die Pferde gebracht hat, sechzehn Stück. Wir mussten sie nehmen, Colby. Er zahlt Spitzenpreise, und wir brauchen das Geld. Du hast selbst gesagt, dass Clinton Daniels dir wegen der Hypothek im Nacken sitzt.«

»Nicht ihr Geld«, brauste Colby auf. »Niemals ihr Geld! Damit wollen sie doch nur ihr schlechtes Gewissen beschwichtigen. Wir finden schon andere Möglichkeiten, um die Hypothek zu bezahlen.« Sie schüttelte den Kopf, um sich von dem Zorn zu befreien, der völlig unerwartet in ihr aufstieg. Während sie ihren Hut heftig auf ihren Oberschenkel knallte, stieß sie halblaut ein paar äußerst undamenhafte Flüche aus. »Juan Chevez hatte kein Recht, dir die Pferde hinter meinem Rücken anzubieten.« Als sie einen Blick auf das bedrückte Gesicht ihres Bruders warf, verrauchte ihr Zorn so schnell, als wäre er nie da gewesen.

Sie streckte eine Hand aus und fuhr ihm liebevoll durch sein tiefschwarzes Haar. »Es ist nicht deine Schuld. Ich hätte etwas in der Art erwarten und dich vorwarnen müssen. Seit die Familie hier aufgetaucht ist, macht dieser De La Cruz nichts als Ärger. Ich habe den Brief in Dads Auftrag vor fast drei Jahren an die Chevez' geschrieben. Ist doch ein verdammtes Wunder, dass sie sich endlich zu einer Antwort aufraffen, was?« Colby drehte sich um und musterte den Braunen argwöhnisch. »Dieses Pferd ist wahrscheinlich ein Versuch, mich loszuwerden, damit sie dich bekommen. Wenn ich aus dem Weg bin, haben sie eventuell eine Chance, dich und Ginny in ihr Höllenloch in Südamerika zu entführen. Und – wenn sie schon einmal dabei sind – euch euer Erbe zu nehmen.«

Colby war klein und zierlich mit weichen, vollen Kurven, großen, tiefgrünen Augen, die von dichten, dunklen Wimpern umrahmt wurden, und einer Fülle langer, seidiger Haare. Ihre schlanken Arme verbargen kräftige Muskeln, und die weißen Narben, die sich deutlich von ihren sonnengebräunten Armen und Händen abhoben, zeugten von den Jahren schwerer Arbeit. Paul, der das Grübchen in ihrem Mundwinkel verblassen sah, spürte, wie ihn Stolz auf seine Schwester erfüllte. Er wusste, wie sehr sie ihre Narben und ihre Hände hasste, aber sie waren einfach ein Teil von ihr. Unorthodox, freiheitsliebend und unbezähmbar – es gab keine Zweite wie Colby.

»Sie leben auf einer Millionen-Dollar-Ranch«, erinnerte Paul sie. »Purer Luxus. Wahrscheinlich ein Swimmingpool und keine Arbeit. Schöne Frauen. Klingt für mich, als wäre es ein echt schweres Leben. Vielleicht ist das Ganze eine Verschwörung, und ich bin dabei.«

»Soll das heißen, dass du bestechlich bist?«

Er zuckte seine sehnigen Schultern und zwinkerte ihr mit einem durchtriebenen kleinen Lächeln zu. »Man kann nie wissen. Wenn der Preis stimmt...« Er versuchte, mit den Augenbrauen zu wackeln, und scheiterte. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Colby«, erklärte Paul plötzlich. »Ich glaube nicht, dass Mr. De La Cruz wusste, dass Juan die Pferde zu uns bringen wollte. Wie auch immer« – wieder zuckte er die Schultern – »Geld ist Geld.«

»So ist es, mein Junge.« Colby seufzte.

Mit siebzehn hatte Colby ganz allein die Verantwortung für die Ranch, ihren elfjährigen Bruder und ihre sechsjährige Schwester übernommen, nachdem ihre Mutter bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen war und Armando aufgrund seiner schweren Verletzung gelähmt blieb, und zwar ohne jemals zu murren. Zwei Jahre nach dem Unfall hatte ihr Stiefvater Colby gebeten, an seine Familie in Brasilien zu schreiben und sie zu bitten, so schnell wie möglich zu kommen. Er hatte gewusst, dass er bald sterben würde, und seinen Stolz hinuntergeschluckt, um für seine Kinder um Hilfe zu bitten. Niemand hatte geantwortet, und ihr geliebter Vater war im Kreis seiner Kinder, aber ohne seine Geschwister gestorben. Jetzt, mit sechzehn, konnte Paul beurteilen, was diese vergangenen fünf Jahre Colby gekostet hatten. Er gab sich Mühe, ihr einen Teil der Last abzunehmen, und wusste zum ersten Mal in seinem Leben, wie es war, sich um jemand anders wirklich Sorgen zu machen. Jedes Mal, wenn Colby von einem Pferd abgeworfen wurde, bekam er rasendes Herzklopfen.

Colby beklagte sich nie, aber die ständige Belastung und die Müdigkeit waren ihr immer deutlicher anzusehen. »Willst du nicht eine Pause machen? Die Sonne geht bald unter«, schlug er hoffnungsvoll vor. Colby war zweifellos von Kopf bis Fuß mit blauen Flecken übersät, und seinen scharfen Augen entging nicht, dass sie sich den linken Arm hielt.

»Tut mir leid, Schatz.« Colby schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich kann nicht zulassen, dass der Gaul sich einbildet, er wäre hier der Boss. Auf ein Neues!« Ohne ein Anzeichen von Furcht betrat sie die Koppel und fing die Zügel des gewaltigen Tieres ein.

Paul sah ihr zu, wie er es schon unzählige Male getan hatte, und betrachtete ihre zierliche, kleine Gestalt, die neben dem halbwilden Pferd so zerbrechlich und doch völlig selbstbewusst wirkte. Sie hatte sich als Trainerin einen so guten Ruf aufgebaut, dass viele der besten Rodeo-Reiter von überall in den Vereinigten Staaten ihre neuesten Erwerbungen zu Colby brachten. Normalerweise verbrachte sie Wochen bis Monate geduldig damit, die Tiere gefügiger zu machen. Sie hatte eine besondere Affinität zu Tieren, vor allem zu Pferden. Colbys Methoden waren für sie selbst meistens strapaziöser als für die Pferde. Wenn sie ein Tier schnell unterwerfen musste, wie zum Beispiel jetzt, dann machte Paul sich am meisten Sorgen.

Ihre Ranch war nicht groß und wurde hauptsächlich dafür genutzt, Pferde zu halten. Die wenigen Rinder und Felder waren für den Eigenbedarf bestimmt. Es war ein hartes, aber gutes Leben. Ihr Vater, Armando Chevez, war in dieses Land gekommen, als er Pferde für seine reiche Familie in Brasilien gekauft hatte und auf der Suche nach neuen Blutlinien für die riesigen Besitzungen in Südamerika gewesen war. Damals hatte er Virginia Jansen, Colbys Mutter, kennengelernt und geheiratet. Seine Familie nahm ihre Eheschließung nicht gut auf, und Armando wurde tatsächlich enterbt. Colby hatte ihrem Vater nie gesagt, dass sie den Brief von dem Patriarchen der Familie Chevez gefunden hatte, in dem Armando aufgefordert wurde »das geldgierige amerikanische Flittchen mitsamt seinem Bastard« sofort zu verlassen und nach Hause zurückzukehren. Andernfalls wäre er für die gesamte Familie buchstäblich gestorben. Colby hatte keine Ahnung, wer ihr leiblicher Vater war, und es interessierte sie auch nicht. Für sie war Armando Chevez ihr wahrer Vater. Er hatte sie geliebt und beschützt, als wäre sie sein eigen Fleisch und Blut. Jetzt waren Paul und Ginny ihre Familie, und sie wachte mit Argusaugen über die beiden. Sie war fest entschlossen, dass ihre Geschwister die Ranch bekommen sollten, wenn sie großjährig wurden, genauso wie Armando Chevez es beabsichtigt hatte. Es war das Mindeste, was Colby für ihn tun konnte.

Es war ein langer Nachmittag gewesen und schien ein noch längerer Abend zu werden. Paul biss die Zähne zusammen und fluchte leise, als der große Braune immer wieder bockte und Colby entweder auf dem Boden landete oder mit voller Wucht in den Zaun krachte.

Ginny kam und stellte einen Picknickkorb mit einer Thermosflasche Limonade und kaltem Brathuhn auf den Boden, bevor sie sich außerhalb der Koppel hinsetzte und geduldig wartete, eine Faust in den Mund gesteckt und die großen, braunen Augen angstvoll auf ihre Schwester gerichtet.

Colby, deren zarte Gesichtszüge sich vor Entschlossenheit anspannten, packte die Zügel fester, und senkte den Kopf, um sich mit dem Ärmel den dünnen Streifen Blut an ihrem Mundwinkel abzuwischen. Unter ihren Schenkeln konnte sie spüren, wie sich die kräftigen Muskeln des Pferdes wölbten und dann versteiften. Paul trat einen Schritt vor und hielt den Zügel so fest umklammert, dass seine Handknöchel weiß hervortraten. Der gewaltige Kopf des Tieres versuchte, sich nach unten zu neigen, aber Colby hinderte ihn gekonnt daran. Wieder einmal bewunderte Paul das Können seiner Schwester. Dann riss sich das Pferd erneut los, warf sich heftig hin und her, stieg auf die Hinterbeine, bäumte sich auf, fuhr herum und tänzelte nervös hin und her.

Ginny sprang auf und klammerte sich an den Zaun, während sie ehrfürchtig zusah, mit welcher Meisterschaft Colby jede Bewegung des Pferdes voraussah. Zwei Mal war Paul überzeugt, dass der Braune sich wieder aufbäumen würde, aber Colby setzte ihre ganze Willenskraft ein und behielt schließlich die Oberhand.

Rafael De La Cruz parkte seinen Wagen am Rand einer Klippe, von der man über das ganze Tal blickte. Hinter ihm erstreckten sich dicht mit Tannen und Föhren bewachsene, hohe Bergzüge. Die Frau, die sich an ihn kuschelte, tippte ihm mit einem scharlachrot lackierten Fingernagel, der stark an eine blutige Kralle erinnerte, an die Brust. Rafael starrte sie einen Moment lang an, beugte sich dann unvermittelt und völlig leidenschaftslos über sie und strich ihr das Haar von der Pulsader, die an ihrem Hals heftig pochte. Er versuchte, sich an den Namen der Frau zu erinnern. Sie war jemand, der in der kleinen Welt, in der er sich zurzeit aufhielt, etwas galt; für ihn aber war sie kaum von Interesse. Alles, was für ihn zählte, war das stetige Klopfen ihres Herzschlags, der nach ihm rief.

Sie war Beute, wie all die anderen. Gesund und kräftig. Eine Frau, die mit einem Mann schlafen wollte, der reich und mächtig war. Es gab so viele von ihrer Sorte, Frauen, die sich von den De La Cruz-Brüdern angezogen fühlten wie Motten vom Licht. Sie wandte ihren Kopf in seine Richtung, und er fing sofort ihren Blick ein, um sie in seinen Bann zu schlagen. Es schien den Aufwand kaum zu lohnen.

Rafael schlug seine Fänge tief in ihren Hals und nährte sich von ihr; er trank ihr Blut, während er gleichzeitig das wilde Tier in seinem Inneren bekämpfte, das sich zu erheben drohte und den Tod dieser Frau forderte, das von der höchsten Macht sprach, von dem Rausch, wieder zu fühlen. Ein einziges Mal Empfindungen zu haben, sei es auch nur für den Bruchteil einer Sekunde, wäre vielleicht den Aufwand wert. Die Frau bedeutete ihm nichts. Sie war für ihn nicht mehr als ein Beutestück, leicht zu beherrschen, leicht zu töten. Sie sank an seine Brust, und die Bewegung reichte aus, Rafael aus dem Bann seines Dämons zu reißen. Er verschloss die winzigen Bisswunden an ihrem Hals, indem er kurz mit seiner Zunge darüberfuhr, und starrte sie eine Weile an, bevor er sie angewidert von sich schob, sodass sie auf dem Beifahrersitz in sich zusammensackte. Sie war wie alle anderen bereit, sich an den Höchstbietenden zu verkaufen. Wegen seines Reichtums und seiner Macht mit einem Wildfremden zu schlafen. Bekleidet mit einem tief ausgeschnittenen Kleid, das darauf abzielte, die Blicke der Männer auf sich zu ziehen. Sie hatte ein Raubtier angelockt und sich dabei eingebildet, sie wäre die Verführerin, die ihn in ihr Netz gelockt hatte. Rafael stieg aus und schlenderte am Rand der Klippe entlang, seine sinnlichen Züge geprägt von einer harten und rücksichtslosen Selbstsicherheit. Er war es gewohnt, sofortigen Gehorsam zu finden und seine menschliche Beute geistig zu manipulieren.

Rafael und Nicolas wollten nach Hause, nach Südamerika, in den Regenwald am Amazonas. Zurück in ihre Welt, zurück auf ihre Ranch, wo sie herrschten und ihr Wort Gesetz war. Zurück in den Urwald, wo sie ihre Gestalt wechseln konnten, wann immer sie wollten, und ohne befürchten zu müssen, gesehen zu werden. Dorthin zurück, wo das Leben unkompliziert war. Aber sie hatten noch eine Kleinigkeit zu erledigen, bevor sie zurückkehren konnten. Sie mussten eine Frau dazu bringen, das zu tun, was die Chevez-Familie wollte.

Rafael und Nicolas hatten sich vor Hunderten von Jahren auf Geheiß ihres Prinzen nach Südamerika aufgemacht, um dort Vampire zu jagen. Es war wenig genug, was sie für ihr vom Aussterben bedrohtes Volk tun konnten. Jetzt wollten sie in das Land zurück, das seit vielen Hundert Jahren ihre Heimat war. Aber die Familie Chevez, die den De La Cruz seit Jahrhunderten treu diente, brauchte ihre Hilfe, und für ihn und seinen Bruder war es eine Sache der Ehre, ihnen diese Hilfe zu gewähren. Das Problem war eine junge Frau.

Nicolas war zu ihr gegangen und hatte ihr befohlen nachzugeben, indem er mit einem starken Befehl an ihr Bewusstsein gerührt hatte, aber zu seiner Überraschung und seinem Ärger hatte es nicht funktioniert. Sie war sogar noch hartnäckiger geworden und hatte sich geweigert, auch nur mit einem Mitglied der Familie Chevez zu sprechen. So etwas war in all den Jahrhunderten ihres Daseins noch nicht vorgekommen. Alle Menschen konnten kontrolliert und manipuliert werden. Jetzt war es Rafaels Aufgabe, auch wenn es bedeutete, dass er ihr Blut nehmen musste, um sie zum Nachgeben zu zwingen. Wenn die Brüder etwas wollten, egal, was es war, bekamen sie es auch. Diese Frau würde ihnen nicht im Weg stehen. Einen Moment lang zuckte ein Muskel in seiner Wange. So oder so, sie würden kriegen, was sie wollten.

Er seufzte und blickte zu den Sternen hinauf. Es gab nichts, was ihm die endlosen, qualvollen Nächte erleichtert hätte. Rafael nahm Nahrung zu sich. Er existierte. Er durchlief die tägliche Routine, aber er fühlte nichts als Hunger, unersättlichen Hunger. Das Wispern nach der Macht des Tötens. In der Lage zu sein, wieder etwas zu fühlen. Wie es wäre, seine Zähne tief in menschliches Fleisch zu schlagen und seine Beute auszusaugen, um ein paar Augenblicke etwas zu fühlen, irgendetwas. Er warf einen Blick auf die Frau im Wagen. Die Versuchung war eindeutig vorhanden ...

Rafael! Nicolas' Stimme war scharf. Soll ich zu dir kommen?

Rafael schüttelte den Kopf, als könnte er so die allgegenwärtige Verlockung leugnen. Heute Nacht werde ich nicht schwach werden.

Er ließ seinen Blick über den abendlichen Himmel schweifen und bemerkte die Fledermäuse, die ihren abendlichen Tanz vorführten. Der Wind brachte unausgesprochene Informationen mit. Rafael war verunsichert. Seine Sinne sagten ihm, dass ein Vampir in der Nähe sein könnte, aber er war nicht imstande, den Untoten aufzuspüren, falls er überhaupt in der Gegend war. Wahrscheinlich hatte er sich in dem Moment, als Nicolas und Rafael aufgetaucht waren, in die Erde zurückgezogen und wartete, bis sie wieder fort waren, ehe er sich erhob.

Jetzt trug der Wind das Geräusch ferner Stimmen zu ihm. Beunruhigt. Leise. Eine schöne Sprachmelodie, die etwas tief in seinem Inneren berührte. Er hörte die Stimme, eine klangvolle Stimme, konnte aber die Worte nicht verstehen. Deshalb trat er näher an die Felskante. Etwas erregte seine Aufmerksamkeit, und er betrachtete die Szene unten im Tal, seinen sengenden Blick auf Pferd und Reiterin geheftet. Benommen starrte er die zierliche Frau auf dem großen Pferd an. Es war beinahe siebzehnhundert Jahre her, seit Rafael Farben gesehen oder Gefühle empfunden hatte. Als er jetzt das Schauspiel auf der kleinen Koppel beobachtete, wo Pferd und Reiterin sich einen Kampf zu liefern schienen, wurde schlagartig alles anders.

Er sah ihr helles Haar, rot und golden wie eine lodernde Flamme. Er sah das verwaschene Blau ihrer Jeans und das blasse Rosa ihres Hemdes. Er sah das Pferd, das wie mattes Kupfer schimmerte. Es wirbelte herum und bockte. Alles schien wie in Zeitlupe abzulaufen, sodass sich jedes Detail tief in Rafaels Gedächtnis einprägte. Der silbrige Hauch auf den Blättern an den Bäumen, die Farben von Erde und Heu. Er sah die Silberschattierungen des Wassers, das in der Ferne in einem Teich schimmerte. Das alles zu sehen verschlug ihm den Atem, und er stand ganz still, wie ein Teil des Berges, auf dem er stand. Zum ersten Mal in seinem Leben war er wie erstarrt.

Hinter ihm rührte sich die Frau im Wagen, aber sie zählte nicht. Sie kam zu sich, schlaftrunken und in der Überzeugung, dass sie miteinander geschlafen hätten und sie von seiner Leidenschaft überwältigt worden wäre. Auch der halbwüchsige Junge und das Mädchen in der Nähe der Koppel zählten nicht. Seine Brüder, die zu Hause auf ihrer Ranch in Brasilien geblieben waren, Nicolas, der irgendwo in der Nähe wartete, die Familie Chevez – keiner von ihnen zählte. Nur die Reiterin.

Colby Jansen. Er wusste instinktiv, dass die Reiterin Colby war. Die junge Frau, die ihnen trotzte. Feuer und Eis wie die Berge, in denen sie lebte und die sie so leidenschaftlich liebte. Er beobachtete sie aus hungrigen Augen. Eine Weile bewegte er sich nicht. In seinem Inneren herrschte Chaos, und Gefühle stürmten schnell und heftig auf ihn ein. Gefühle, die sich Hunderte von Jahren in ihm angestaut hatten, strömten durch ihn wie heiße Lava und zwangen ihn, sich in atemberaubendem Tempo mit ihnen auseinanderzusetzen.

Er hatte vier Brüder, und sie alle konnten jederzeit telepathisch miteinander kommunizieren. Rafael griff auf den gemeinsamen geistigen Pfad zurück, den er und seine Brüder benutzten, um Nicolas diese Farbenpracht und den ungewohnten Gefühlsausbruch in seinem Inneren, die steigende Welle von Hunger mitzuteilen.

Nicolas hatte so etwas noch nie erlebt. Sie muss deine Gefährtin des Lebens sein, antwortete er.

Sie ist ein Mensch, keine Karpatianerin.

Es heißt, manche von ihnen können umgewandelt werden. Riordans Gefährtin war keine Karpatianerin.

Die Woge von Empfindungen und sexuellem Verlangen, die in ihm aufstieg, war überwältigend, ein Feuerball, der durch sein Inneres raste, sein Blut in Brand setzte und seine Sinne erregte. Rafael streckte sich wie eine große Raubkatze. Unter der dünnen Seide seines Hemdes strafften sich kräftige Muskeln. Colby Jansen gehörte ihm und keinem anderen. Er würde niemanden in ihrer Nähe dulden, weder die Chevez-Familie noch Nicolas, der sie als Erster gesehen hatte. Er spürte, wie sich das wilde Tier in seinem Inneren bei dem Gedanken an ein anderes männliches Wesen, ob sterblich oder unsterblich, in Colbys Nähe wild aufbäumte. Rafael stand regungslos da und zwang sich, seine Beherrschung zurückzu-erlangen. Er war zu jeder Zeit gefährlich, aber ihm war klar, dass er es in seiner jetzigen Verfassung umso mehr sein würde. Das ist ziemlich unangenehm, Nicolas. Ich bezweifle, ob ich es ertragen kann, wenn andere Männer in ihrer Nähe sind. Noch nie habe ich solche Eifersucht oder Furcht erlebt.

Es war eine Warnung, und beide Brüder erkannten es als solche. Einen Moment lang herrschte Schweigen.

Ich verschwinde von hier, Rafael, und ziehe mich in die hohen Berge im Osten zurück, um so lange zu warten, bis du das hier in den Griff bekommen hast. Wie immer war Nicolas beherrscht und gelassen und strahlte jene zuversichtliche Ruhe aus, die andere in die Richtung lenkte, die er vorgab. Nicolas äußerte seine Meinung nicht besonders oft, aber wenn er es tat, hörten seine Brüder auf ihn. Er war ein dunkler, gefährlicher Kämpfer und hatte es unzählige Male bewiesen. Alle Brüder waren über die Jahrhunderte hinweg eng miteinander verbunden geblieben und stützten sich auf die Erinnerungen, die ihren Ehrenkodex aufrechterhielten. Stützten sich darauf, einander dabei zu helfen, die heimlichen Einflüsterungen nach der Macht des Tötens in Schach zu halten. Obrigado.

Während Rafael das Schauspiel unten auf der Ranch beobachtete, ballten sich seine Hände zu so Fäusten, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Diese Frau, die so klein und zerbrechlich – und ein Mensch – war, ging einer sehr gefährlichen Arbeit nach. Es gab Grenzen für die Geduld eines Mannes, wenn seine Gefühle im Spiel waren, und Rafael musste feststellen, dass er es nicht ertragen konnte, sie auf dem Rücken des bockenden Pferdes zu sehen.

Wieder krachte sie auf den Boden, ihre zarte Gestalt nur wenige Zentimeter von den donnernden Hufen des gewaltigen Braunen entfernt. Rafael stockte der Atem, und sein Herz setzte einen Schlag aus. Colby rollte sich aus dem Gefahrenbereich und rief ihrem Bruder etwas zu, der das Pferd am Zügel einfing. Schon saß sie wieder im Sattel. Rafael hatte genug gesehen.

Es war Ginny, der die Besucher auffielen, als sie mit ihrem schnittigen, neuen und auf Hochglanz polierten Truck über die Straße jagten. Der Fahrer parkte auf der grasbewachsenen Anhöhe ein paar Meter von den Koppeln entfernt. Die beiden Leute im Wagen starrten aus dem Fenster und verfolgten den Kampf zwischen Pferd und Reiterin.

Ginnys leiser Schreckensschrei ließ Paul herumfahren. Alle Farbe wich aus seinem Gesicht, und er sah sehr blass und erschrocken aus. Instinktiv kletterte er über den Zaun, stellte sich vor seine kleine Schwester und nahm sie schützend an die Hand.

Der Fahrer stieg aus und schlenderte über den Schotterweg, wobei er sich mit einer Mischung aus Geschmeidigkeit und Kraft bewegte, fast wie eine große Raubkatze. Der Fremde, groß und breitschultrig und mit straffen Muskeln, die sich unter seinem dünnen Seidenhemd abzeichneten, wirkte hart, kalt und gefährlich. Er hatte lange, schwarze Haare, die im Nacken zusammengebunden waren. Markante Gesichtszüge, unbeugsam und sehr sinnlich. Er wirkte weltläufig und bedrohlich zugleich. Das musste Rafael De La Cruz sein. Nicolas hatten sie bereits kennengelernt, und er war beängstigend genug gewesen, doch dieser Mann schien aus jeder Pore Gefahr zu verströmen.

Rafael setzte geschmeidig wie eine Raubkatze über den Zaun, packte das schnaubende, bockende Pferd am Zügel, zog seinen Kopf herum und forderte mit einer Autorität, die selbst das Tier zu erkennen schien, Gehorsam.

Paul starrte den Mann entgeistert an. Gott allein mochte wissen, wie Colby reagieren würde. Er hatte das entmutigende Gefühl, dass sie mit den Fäusten auf den Fremden losgehen würde, und Paul konnte sich einfach nicht vorstellen, einen Kampf gegen den Mann zu gewinnen, falls er gezwungen sein sollte, seine Schwester zu verteidigen. Ihm war klar, dass der Fremde genau der Typ Mann war, bei dem Colby rotsah.

Der Braune war jetzt lammfromm, und als Rafael zurücktrat, um ihr Platz zu machen, saß Colby auf und führte das Pferd gekonnt durch alle Gangarten. Bevor sie mehr tun konnte, legte Rafael mit unbewegter Miene einen Arm um Colbys Taille, hob sie mühelos aus dem Sattel und stellte sie energisch auf den Boden.

Ginny, die sich an Paul klammerte, schnappte laut nach Luft. Wie konnte der Mann so etwas nur wagen! Entsetzt blickte sie zu der Frau, die vom Wagen aus mit leicht verdrossener Miene und gespielter Langeweile zusah. Colby so zu demütigen !

In dem Moment, als sich der Arm des Fremden um ihre Taille legte, spürte Colby eine unerwartete Verbindung zu ihm. Hitze ging von ihm aus, floss durch die Poren ihrer Haut und breitete sich in ihren Adern aus. Leichte Röte stieg Colby ins Gesicht, als sie sich aus seinem Griff wand. Ihr Kinn schob sich vor, und ihre smaragdgrünen Augen funkelten gefährlich. »Danke, Mr. ... ?« Ihre Stimme war übertrieben geduldig und seidenweich. Sie wusste ganz genau, dass er der andere dieser fürchterlichen De La Cruz-Brüder sein musste. Wer sonst? Das hatte ihr heute Abend gerade noch gefehlt – noch mehr Aufregungen !

Er verbeugte sich leicht, eine Geste, die seltsam ritterlich wirkte. »De La Cruz. Rafael De La Cruz, zu Ihren Diensten. Ich glaube, Sie haben meinen Bruder Nicolas und natürlich Juan und Julio Chevez bereits kennengelernt. Sie sind zweifellos Colby Jansen.«

Colby nahm den Hut, den Paul ihr reichte, und schlug ihn an ihren Schenkel, um den Staub abzuklopfen. Ihr Blick glitt einmal über Rafaels imposante Erscheinung und kehrte zu seinen breiten Schultern zurück, bevor sie ihn scheinbar als uninteressant abtat. »Welchem Umstand verdanken wir die Ehre Ihres Besuchs?« Selbst Paul zuckte angesichts ihres zuckersüßen Tonfalls innerlich zusammen. »Ich dachte, Ihr Bruder und ich hätten alles Nötige bei unserem letzten freundlichen Gespräch geklärt.«

Seine eiskalten, schwarzen Augen wanderten nachdenklich über ihr Gesicht und verharrten auf ihrem üppigen Mund und der dünnen Blutspur in ihrem Mundwinkel. Hitze stieg in seinem Inneren auf, und einen Moment lang schimmerte Verlangen in seinen Augen. »Haben Sie gedacht, wir würden uns so leicht geschlagen geben?« Seine Stimme strich leise und beinahe hypnotisch über ihre Haut. Obwohl seine Hände an seinen Seiten lagen, konnte Colby geradezu fühlen, wie er sie berührte, wie seine Fingerspitzen über ihre Haut glitten, sodass kleine Flammen durch ihren Körper zu tanzen schienen.

Sie schüttelte die Wirkung seiner Stimme ab und heftete ihren Blick auf die Frau im Wagen. »Fehlt Ihrer Bekannten etwas?«

Bei diesen Worten hob die Frau den Kopf und starrte Colby böse an. Dann stieß sie die Tür auf und drehte sich sorgfältig auf dem Sitz um, um ihre langen Beine mit den hochhackigen Schuhen ins Blickfeld zu rücken. Sie war eine große, gertenschlanke Blondine mit heller Haut und perfektem Make-up und wirkte in ihrem kühlen, lavendelblauen Kleid wie ein Model. Sie machte sich nicht die Mühe, ihre Verachtung zu verbergen, als sie näher kam und ihren Blick über Colby wandern ließ, wobei sie ihre verwaschenen und zerrissenen Jeans, ihr verschmutztes Gesicht und den zerzausten Zopf begutachtete.

Colby, die sich ihrer Erscheinung genauso bewusst war wie der Narben an ihren Händen und Armen, die von Bissen und bösartigen Huftritten herrührten, legte eine Hand an ihr wirres Haar. Bevor sie dazu kam, es glatt zu streichen, packte Rafael sie am Handgelenk und zog mit grimmiger Miene ihren Arm nach unten. Elektrische Funken schlugen einen Bogen von seiner zu ihrer Haut und sprangen hin und her. Das Brennen in ihrem Inneren war wieder da und erhitzte ihr Blut. Einen Moment lang trafen ihre Blicke aufeinander, und ein überwältigend starkes körperliches Verlangen wurde wach. Colbys Kinn reckte sich in der herausfordernden Art, die ihre Geschwister so gut an ihr kannten. Hastig entzog sie ihm ihre Hand. Es gefiel ihr gar nicht, dass ihr Körper in Rafael De La Cruz' Nähe ein Eigenleben zu entwickeln schien.

»Louise Everett«, stellte die Frau sich vor und legte besitzergreifend eine Hand auf Rafaels Arm. »Sie kennen meinen Bruder Sean und seine Frau Joclyn. Die Brüder De La Cruz, ihre Dienerschaft und ich sind zu Besuch auf Seans Ranch.« Sie ließ es so klingen, als wäre sie mit der De La Cruz-Familie eingetroffen. »Als Sean und Joclyn hörten, dass Rafael und ich auf einen Sprung zu Ihnen fahren wollten, baten Sie mich, Ihnen etwas auszurichten.« Sie starrte einen Moment lang geringschätzig auf einen Schmutzfleck auf Colbys Stirn. »Joclyn würde ihrer Tochter gern Reitstunden geben lassen.« Sie überprüfte, ob ihre langen Fingernägel keinen Schaden genommen hatten. »Obwohl es für mich so aussieht, als hätte dieses Pferd Sie mehr als ein Mal abgeworfen. Ich möchte, dass meine bedauerlich verkrüppelte kleine Nichte bei jemandem lernt, der qualifiziert und kompetent ist.«

Pauls Japsen war deutlich zu hören. Colby war ein Profi. Die Beste. Ihr Ruf im Trainieren von Pferden war überall in den Staaten bekannt. Er wünschte, diese Snobs würden verschwinden, bevor er die Beherrschung verlor und eine Dummheit beging. Er trat aggressiv einen Schritt vor und ballte seine Hände zu Fäusten. Egal, ob dieser De La Cruz gefährlich war und ihn zu Brei schlagen konnte – niemand würde Colby so behandeln und damit durchkommen, nicht solange er, Paul, in der Nähe war. Und diese Bemerkung über die Dienerschaft der De La Cruz' – die Frau meinte die Chevez-Brüder. Paul war ein Chevez und Ginny auch. Bedeutete das, dass sie Dienstboten und keine Ranchbesitzer sein würden, wenn es der Familie gelang, sie nach Brasilien mitzunehmen? Aus dem Augenwinkel erhaschte er einen Blick auf Ginny. Sie machte ein genauso böses Gesicht wie er.

»Hier liegt wohl ein Irrtum vor.« Colbys Stimme war trügerisch sanft. Sie ging zu der Thermosflasche mit Limonade, eher, wie Paul vermutete, um nicht auf De La Cruz loszugehen, als um ihren Durst zu stillen. In ihren Augen lag dieser gewisse Ausdruck, den Paul nur zu gut kannte. »Ich gebe keine Reitstunden, Ms. Everett. Für so etwas habe ich keine Zeit.« Ihre grünen Augen streiften Rafaels harte Züge. »Anscheinend hat Mr. De La Cruz so viele Dienstboten, die seine Ranch für ihn führen, dass er vergessen hat, was harte Arbeit tatsächlich bedeutet.« Verkrüppelte kleine Nichte. Die Worte hallten in ihrem Kopf wider, sodass sie sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte, um das Geräusch ebenso auszulöschen, wie das Bild des armen, von der Tante offensichtlich ungeliebten Mädchens.

Rafaels eisige, schwarze Augen schienen zu schwelen, aber seine markanten Gesichtszüge blieben reglos. Dann bewegte er sich, nein, er glitt dahin, ein kaum wahrnehmbares Spiel von Muskeln und Sehnen, mehr nicht. Sie blinzelte, und schon war er bei ihr, ganz nah, und beugte sich vor, um die dünne Blutspur in ihrem Mundwinkel mit seinem Daumen wegzuwischen. Ihr Herz machte bei der Berührung einen Satz, und ihr Körper verlangte geradezu schmerzhaft nach ihm. Es war zum Verrücktwerden, und Colby wollte, dass es aufhörte. Ihr war klar, dass er in sexueller Hinsicht dominant sein würde. Es war ihm ebenso angeboren wie anerzogen und in Fleisch und Blut übergegangen. Er würde alles von einer Frau verlangen, sie in Besitz nehmen und vereinnahmen, bis es kein Zurück mehr gab – nie mehr. Und sie hasste es, dass sie so stark auf seine dunkle Sinnlichkeit reagierte, obwohl sie sonst immer so stolz auf ihre Unabhängigkeit war.

»Louise hat die Nachricht missverstanden«, sagte er leise. Sein Blick ruhte unverwandt auf Colbys Gesicht. Brennend. Verzehrend. Hungrig. Er schien ihr direkt in die Seele zu schauen. Sie hatte sogar das unbehagliche Gefühl, dass er ihre Gedanken lesen konnte. Wie gebannt beobachtete sie, wie er seine Hand an den Mund führte und seinen Daumen an seine Zunge hielt, fast als wollte er ihren Geschmack kosten.

Ihr ganzer Körper verkrampfte sich, und sie ertappte sich dabei, ihn beinahe hilflos anzustarren. Die Vorstellung hätte sie abstoßen sollen, doch er war verboten sexy, und sie war fasziniert von ihm, von der Art, wie er sich bewegte, und von dem Hunger in seinen Augen, wenn sie über ihr Gesicht glitten. Er konnte einer Frau das Gefühl geben, die Einzige auf der Welt zu sein. Die Einzige, für die er Augen hatte. Außerdem gab er ihr das Gefühl, dass er sie packen und über die Schulter werfen würde, wenn sie sich ihm widersetzte. Es war beklemmend – und, Gott steh ihr bei, erregend.

»Colby.« Ginny, die plötzlich Angst um ihre Schwester hatte, langte nach ihrer Hand. Der Fremde sah Colby an, als wäre sie sein Eigentum, als wäre er ein böser Hexenmeister, der sie verzaubern wollte.

Colby schüttelte das Netz aus Sinnlichkeit ab, das Rafael um sie gewoben hatte. Dieser Mann war wirklich gefährlich. Er wollte eine Frau besitzen und aus ihr eine Sklavin machen, die nur daran dachte, ihm gefällig zu sein. Er war eine erotische Versuchung, der zu erliegen sich keine Frau leisten konnte. Den ersten Bruder hatten sie geschickt, damit er ihr befahl, die Ranch und die Kinder den Chevez' zu überlassen, und da das nicht funktioniert hatte, war jetzt offensichtlich der Herzensbrecher der Familie an der Reihe. Wieder hob sie trotzig ihr Kinn. »Welche Nachricht sollten Sie denn überbringen?«

»Joclyn würde sich freuen, Sie später am Abend im Saloon zu treffen.« Seine Stimme war so schön, dass sie sich danach sehnte, mehr zu hören. Sie zwang sich, die Hände herabhängen zu lassen, statt sich die Ohren zuzuhalten. »Ich glaube, Sie wollte Ihnen die Höflichkeit erweisen, persönlich mit Ihnen zu sprechen.«

Colby ertappte sich dabei, sich hilfesuchend an Ginnys Hand zu klammern. Rafael De La Cruz war imstande, andere zu verzaubern, ein dunkler Magier, der schwarze Magie beherrschte, und sie war dafür ausgesprochen empfänglich. Sie wollte, dass er ging, ehe sie in den Tiefen seiner nachtdunklen Augen unterging. Er stand so nahe bei ihr, dass sie seinen männlichen Duft wahrnehmen konnte. Frisch. Sexy. Sehr maskulin. »Es scheint ihr sehr wichtig zu sein.«

»Ich habe zu dieser Jahreszeit viel zu tun«, wandte Colby leicht verzweifelt ein. Sie konnte nicht den Blick von ihm wenden, nicht einen Moment. Seine Augen waren so hungrig und fordernd. Und zum Teufel mit ihm, ihr Körper verlangte sehr eindringlich nach ihm! Verkrüppelte kleine Nichte. Das Bild ließ sie nicht los.

»Dann muss ich wohl bleiben, um Sie zu überzeugen«, sagte er, wobei sein fremdländischer Akzent stark auffiel. Alles in ihm, jede Zelle, sein Herz, seine Seele, sein Gehirn, sogar der Dämon in seinem Inneren, alles schrie danach, sie an sich zu binden. Er konnte sie einfach nehmen. Niemand wäre in der Lage, ihn aufzuhalten. Rafael war es gewohnt, dass sich nichts und niemand seinem Willen widersetzte. Schon gar nicht eine halbe Portion wie diese Frau. Eine menschliche Frau.

»Dann also um acht Uhr«, sagte sie ungeduldig und bemühte sich, nicht so verängstigt auszusehen, wie sie sich fühlte. Noch nie hatte jemand sie so reizbar gemacht und verwirrt wie er. In seinen Augen lag ein besitzergreifender Ausdruck, die Forderung, sie für sich zu beanspruchen. Vorher hatte sie sich noch niemals wirklich vor jemandem gefürchtet. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich muss mich wieder an die Arbeit machen.« Er war der Feind. Eng verbunden mit einer Familie, die ihre Mutter abgelehnt hatte. Jemand, für den ihre Geschwister Dienstboten waren, und zwar in einem Land, von dem sie nichts wussten. Das musste sie sich in Erinnerung rufen. Sie musste sich daran erinnern, wie hart ihr Vater gekämpft hatte, um seinen Kindern etwas hinterlassen zu können. Rafael De La Cruz hatte diesen Latino-Charme, von dem sie viel gehört, den sie aber noch nie erlebt hatte. Der Mann war Gift. Colby schaute bewusst Louise an. Die Frau war offensichtlich schläfrig und schnurrte wie eine Hauskatze. Sie sah ganz danach aus, als hätten die beiden gerade Sex gehabt. Louise streichelte Rafaels Arm und starrte ihn mit einem so verzückten Gesichtsausdruck an, dass sich Colby der Magen umdrehte.

Rafael zeigte herrisch auf den Pick-up, und Louise, deren Gesicht vor Freude aufleuchtete, schenkte ihm ein Lächeln und ging gehorsam zum Wagen. Bei Rafaels Geste knirschte Colby innerlich mit den Zähnen. Warum hast du nicht einfach mit den Fingern geschnippt? Die De La Cruz-Brüder benahmen sich, als wären Frauen ihnen unterlegen, und das machte sie rasend. Nein, das stimmte nicht ganz. Sie vermittelten eher den Eindruck, als wäre ihnen jeder Mann und jede Frau unterlegen, jedes menschliche Wesen auf der Erde.

Rafael wandte den Kopf und schaute sie an, als könnte er tatsächlich ihre Gedanken lesen. Einen Moment lang erstarrte sie und hatte beinahe Angst, sich zu bewegen. Noch nie hatte sie Augen gesehen, die so hart und so kalt waren. Wenn seine Augen der Spiegel seiner Seele waren, musste dieser Mann ein Monster sein. Er machte keine Anstalten, Louise zu folgen, sondern ließ stattdessen seinen Blick über Colbys zierliche Gestalt gleiten. Seine harten Gesichtszüge blieben völlig ausdruckslos. »Warum machen Sie diesen Unsinn? Das ist Männerarbeit und nichts für jemanden wie Sie. Es ist nicht zu übersehen, dass Sie den Großteil des Nachmittags auf dem Boden verbracht haben.«

»Das geht Sie nichts an, Mr. De La Cruz.« Colbys Vorsatz, höflich zu bleiben, war dahin. Sie hatte keine Ahnung, warum sie sich so bedroht fühlte, aber sie hatte den Eindruck, ins Fadenkreuz eines starken Mikroskops geraten zu sein.

»Ich glaube, es ist eines unserer Pferde, das Sie zureiten.

Wie sind Sie daran gekommen?« Er fragte es leise, als wäre es ihm nicht der Mühe wert, sich über ihre Erwiderung zu ärgern.

»Ich habe mich wie ein Dieb in der Nacht auf Ihre Koppeln geschlichen und einige Pferde mitgehen lassen«, gab sie sarkastisch zurück. »Versuchen Sie bitte, nicht noch unangenehmer als unbedingt nötig zu sein. Juan Chevez hat uns sechzehn Tiere geschickt. Muss wohl eine Sache des Gewissens sein.«

»Die Familie Chevez hat unter diesem Missverständnis sehr gelitten«, antwortete er geduldig. »Sie wünschen sich nichts mehr, als den Bruch innerhalb ihrer Familie zu heilen. Da ich die Chevez' als Teil meiner Familie betrachte und sie unter meinem Schutz stehen, ist es mir genauso wichtig.« Er blinzelte nicht ein einziges Mal, als er seine schwarzen Augen auf ihre grünen richtete. Colby fühlte sich gejagt. Mehr als einmal hatte sie Pumas aufspüren müssen, die hinter ihren Pferden her gewesen waren, und sie hatten sie mit demselben unverwandten Blick angestarrt.

»Gehen Sie zurück nach Brasilien, Mr. De La Cruz, und nehmen Sie Ihre Familie mit. Das dürfte stark dazu beitragen, den Bruch zu kitten.«

Seine Zähne blitzten weiß auf, sehr weiß, als er seine Lippen zu einem wölfischen Lächeln verzog. Unerklärlicherweise lief es Colby kalt über den Bücken. Sie trat ein Stück zurück, um Luft zum Atmen zu haben, aber er bewegte sich mit ihr wie eine Dschungelkatze, die ihre Beute verfolgt. Seine Hand legte sich auf ihren Nacken. Seine Finger waren beinahe sanft, doch sie spürte seine ungeheure Kraft und wusste, dass sie seinen Griff nicht abschütteln konnte. Er könnte ihr im Handumdrehen das Genick brechen, wenn er wollte. Wieder überlief sie ein Schauer. Sie erstarrte unter seiner Berührung, und ihr Blick flog zu seinem Gesicht. In seinen Augen lag wieder dieser Ausdruck von Hunger, einem dunklen, überwältigenden Hunger, der ihr den Atem nahm, während er fasziniert auf ihre Pulsader starrte.

Wie hatte sie seine Augen für ausdruckslos, hart und eiskalt halten können? Jetzt brannten sie vor innerer Glut, lebten vor Hunger und Verlangen und einer Intensität, die sie bis in die Seele traf.

Du wirst mir nicht entkommen, pequena. Ganz gleich, wie weit du läufst, ganz gleich, wie sehr du dagegen ankämpfst. Nichts davon zählt.

Die Worte schienen in ihrem Bewusstsein zu schweben und zwischen ihnen beiden zu stehen. Colby hatte keine Ahnung, ob sie tatsächlich ausgesprochen worden waren. Rafael De La Cruz hatte nichts gesagt, sondern sah sie nur aus seinen schwelenden, schwarzen Augen an.

Sie erblasste sichtlich und hatte auf einmal sehr, sehr große Angst. Vor sich selbst, vor ihm und vor der dunklen Verheißung von Leidenschaft in seinen beredten Augen.

»Sie sind hier unerwünscht, De La Cruz«, platzte Paul heraus, dessen Gesicht unter der Sonnenbräune hell errötet war. Er trat einen Schritt auf den Mann zu und ballte die Fäuste, aber Ginny packte ihn am Arm und hielt ihn fest. »Lassen Sie meine Schwester sofort los!«

Rafael riss seinen Blick widerstrebend von Colby los und wandte langsam den Kopf, um Paul anzuschauen. Der Junge bemerkte, dass Rafaels schwarze Augen nicht blinzelten. Nicht ein einziges Mal. Einen Moment lang konnte Paul weder denken noch sich bewegen. Wie festgefroren stand er mit laut klopfendem Herzen da. Schließlich lächelte Rafael ihn an, ein Lächeln, das keine Freude verriet, sondern nur ein kurzes Aufblitzen weißer Zähne war, und schlenderte zu seinem Wagen.

Wie gebannt von der Geschmeidigkeit seiner Bewegungen, starrten die drei ihm nach. Keiner von ihnen sprach, bis der Wagen in einer Staubwolke verschwand.

Paul warf sich ins Gras. »Ich muss den Verstand verloren haben! Warum habt ihr mich nicht gefesselt und geknebelt? Er hätte mich mit seinem kleinen Finger umbringen können.«

Ginny lachte nervös. »Ein Glück, dass ich dich zurückgehalten und dir so das Leben gerettet habe.«

»Wofür ich dir von ganzem Herzen danke«, sagte Paul und starrte auf den dunkler werdenden Abendhimmel.

Colby ließ sich neben ihrem Bruder auf der Erde nieder und zog Ginny mit sich. Leicht hysterisch vor Erleichterung rückten sie dicht zusammen und lachten über ihre Tollkühnheit. Colby war die Erste, die wieder ernst wurde. »Diesmal wird uns unser Stolz einen Haufen Geld kosten. Und das ist ein schlimmer Bückschlag, da Daniels uns wegen der Bückzahlung der Hypothek im Nacken sitzt. Mir bleiben nur zwei Monate Zeit, um das Geld aufzutreiben, und er hat mir unmissverständlich klargemacht, dass er mir keinen Aufschub mehr geben wird.«

»Er hat nicht gesagt, dass wir die Pferde zurückgeben müssen«, legte Ginny vernünftig dar. »Behalte sie einfach und stell ihm die Arbeit in Rechnung.«

»Wir verklagen ihn, wenn er nicht zahlt«, platzte Paul empört heraus. »Du hast hart mit diesen Pferden gearbeitet, und sie haben unsere Vorräte aufgefuttert. De La Cruz könnte hier in den Staaten niemand Besseren als dich finden, und in Brasilien auch nicht, nebenbei gesagt. Er kann nicht erwarten, deine Leistung gratis zu bekommen.«

»Auf die Tour werden solche Leute wahrscheinlich überhaupt reich«, bemerkte Colby scharf. Im nächsten Moment schämte sie sich. Dankbar nahm sie von der praktischen Ginny ein Stück Brathuhn an. »Zum Teufel mit dem Kerl! Warum musste er auch herkommen? Aber um ganz ehrlich zu sein, ich hätte die Pferde nie aufgenommen, wenn ich gewusst hätte, dass sie ihm und seinem Bruder gehören.«

Paul grinste sie ohne jede Reue an. »Deshalb habe ich es dir auch nicht freiwillig gesagt.«

Colby richtete die volle Kraft ihrer smaragdgrünen Augen auf ihren Bruder. »So etwas solltest du mir gegenüber lieber nicht zugeben. Rafael De La Cruz ist noch schlimmer als sein Bruder, auch wenn ich das nie für möglich gehalten hätte.« Sie berührte ihren Nacken an der Stelle, wo immer noch die Wärme seiner Berührung zu spüren war.

»Ich wünschte, sie würden alle verschwinden«, erklärte Gin-ny unumwunden. Sie schaute Colby ängstlich an. »Können sie mich wirklich mitnehmen, weg von dir, und in ein anderes Land bringen? Ich will das nicht.« Sie klang sehr jung und verängs-tigt.

Colby legte sofort einen Arm um Ginnys Schultern. »Warum fragst du so etwas, Ginny?« Sie blickte Paul mit leicht gerunzelter Stirn an. »Wo hast du das her?«

»Nicht von mir«, verteidigte der Junge sich. »Es war Clinton Daniels. Wir haben ihn im Lebensmittelladen getroffen, und er hat Ginny erzählt, dass die Chevez-Familie uns beide mit nach Brasilien nehmen würde und du nichts dagegen unternehmen könntest. Er hat gesagt, du würdest vor Gericht nie und nimmer einen Streit um das Sorgerecht gewinnen, weil die Familie De La Cruz zu viel politischen Einfluss und Geld hat. Solange die De La Cruz-Brüder die Che-vez' unterstützten, hättest du nicht die leiseste Chance, uns zu behalten.«

Colby zählte innerlich bis zehn und lauschte dabei ihrem heftigen, unregelmäßigen Herzschlag. Einen Moment lang konnte sie kaum atmen oder einen klaren Gedanken fassen. Wenn sie ihre Geschwister verlor, hatte sie nichts mehr. Nichts und niemanden.

Pequena ? Das Wort erklang in ihrem Kopf wie eine leise Frage, wie ein sanfter Trost. Sie konnte es klar und deutlich hören, als wäre Rafael De La Cruz hier neben ihr, sein Mund an ihrem Ohr. Schlimmer noch, sie konnte fühlen, wie seine Finger über ihr Gesicht strichen und ihre Haut und ihr Inneres berührten, bis ihr Körper auf eine sehr sinnliche Art und Weise reagierte.

Es schockierte und erschreckte Colby, wie vertraut und richtig seine Stimme klang ... und sehr intim. Wie ihr Körper darauf ansprach, indem er sich anspannte und erhitzte. Es gelang ihr, Ginny beruhigend anzulächeln, während sie gleichzeitig versuchte, sich mit einer geistigen Barriere vor Rafael zu schützen. »Clinton Daniels hat anscheinend immer Zeit, den neuesten Klatsch in Umlauf zu bringen. Ich finde, der Mann braucht einen Vollzeitjob, damit er beschäftigt ist.« Sie zog Ginny an sich. »Du bist ein rechtmäßiger Staatsbürger dieses Landes, Liebes. Die Gerichte werden dich nicht einfach ir-gendjemandem überlassen, den du nicht einmal kennst. Dazu wird es nie kommen. Daniels wollte dich bloß ärgern. Irgendwann fahren diese Leute nach Brasilien zurück, und alles ist wieder beim Alten.« Sie mussten nach Brasilien zurückkehren, und Rafael musste sie begleiten. Bald. Sofort.

»Genau«, stimmte Paul zu und pikste seine kleine Schwester in die Rippen, »Und das heißt harte Arbeit und noch mehr harte Arbeit. Schuften von früh bis spät. Mitten in der Nacht aufstehen und weiterarbeiten.«

»Tja, wir wünschen uns alle, du würdest das machen«, neckte Colby ihn. »Im Ernst, ihr zwei, vergesst diese Sache mit den De La Cruz-Brüdern. Sie mögen mich genauso wenig, wie ich sie mag. Diese Männer sind total archaisch. Ich sehe sie als eine Art Kerkermeister im vierzehnten Jahrhundert, wo Frauen noch ihren Vätern und Ehemännern gehörten.«

»Wirklich?« Ginny sah einen Moment lang richtig verträumt aus. »Ich sehe sie eher als Könige in einem Schloss oder große Fürsten oder so etwas. Sie sehen sehr gut aus.«

Colby rümpfte die Nase. »Findest du? Ist mir gar nicht aufgefallen.« Sie schaffte es, ganze drei Sekunden ernst zu bleiben, bevor sie zusammen mit ihrer jüngeren Schwester in schallendes Gelächter ausbrach. Paul betrachtete die beiden mit angewiderter Miene. Mädchen!