KAPITEL 35
SPIEGELBILDER
Ben steckte sich den Bluetooth-Hörer ins Ohr, öffnete die Navigationsfunktion des iPhone und folgte der Route 1 nach Norden zur I-66. Er sah regelmäßig in die Rückspiegel, aber im Berufsverkehr des späten Nachmittags war es unmöglich, einen Beschatter zu entdecken. Larison konnte unbemerkt hinter oder neben ihm herfahren und so einen Blick in den Wagen werfen. Ben hatte allerdings nicht das Gefühl, dass es so war. Nein, an Larisons Stelle hätte er eine Route festgelegt, die durch zunehmend ruhigere Straßen und Wohngebiete mit zahlreichen Zugangsmöglichkeiten führte. Die Art von Route, die einen Verfolger aus dem Verkehr herauslöste und dazu zwang, sich ganz nahe dranzuhängen. Im Grunde war das ein Standardverfahren zur Identifizierung eines Beschatters. In diesem Fall wäre der einzige Unterschied, dass nicht der Fahrer einen Verfolger aufzuspüren versuchte, sondern jemand aus einer statischen Position heraus Gegenaufklärung betrieb.
Andererseits hatte er auch in Los Yoses geglaubt zu wissen, was Larison tun würde. Und hatte dabei völlig daneben gelegen.
Das iPhone summte. Ben nahm den Anruf über den Ohrhörer an. »Ja.«
»Fahren sie nördlich auf der Glebe Road. Dann westlich auf der Sixteenth Street North, bis sie am Krankenhaus vorbei sind. Anschließend biegen Sie rechts auf die George Mason ab.«
Ben gab die George Mason ins Handy ein. Eine Karte tauchte auf. Es war genau, wie er es erwartet hatte: Die Straße durchquerte ein Wohngebiet und bot Zufahrten zu einem halben Dutzend Hauptverkehrsadern. Wenn ihm jemand folgte, musste er sich dort zeigen. Wahrscheinlich war Larison in der Nähe in Stellung gegangen und beobachtete ihn.
»Ich biege jetzt auf die Glebe ab.«
»Fahren Sie weiter.«
Mehrere Autos nahmen die Ausfahrt hinter ihm. Er merkte sich die Marken und Farben, während er mehrere Blocks lang an Backstein- und Natursteinhäusern und gut gepflegten Rasenflächen vorbeifuhr. Rechts wurde das Krankenhaus sichtbar, eine Ansammlung von Gebäuden, die sich über einen ganzen Straßenblock erstreckten, umgeben von Parkplätzen. Er bog an der George Mason rechts ab und fuhr an der Westseite des Hospitals weiter. Zwei der Wagen, die ihm seit dem Highway gefolgt waren, blieben hinter ihm – ein schwarzer Cadillac und ein blauer Toyota. Das wollte nicht viel heißen – die Glebe und die George Mason waren viel befahrene Straßen, und es wäre überraschend gewesen, wenn außer ihm niemand von der I-66 darauf abbog. Was Larison anging, so konnte der ihn von irgendwoher aus dem Krankenhaus beobachten. Oder aus einem der Autos, die entlang der Straße geparkt standen. Oder hinter einem Baum versteckt. Unmöglich zu sagen.
»Okay, ich bin jetzt auf der George Mason.«
»Biegen Sie links auf die Twentieth Street ab. Dann fahren Sie im Zickzack rüber zur Nineteenth. Immer eine links, dann wieder rechts, links, rechts.«
»Wird gemacht.«
Der Cadillac fuhr geradeaus auf der George Mason weiter. Der Toyota blieb hinter ihm. Das sagte immer noch nichts – die Sonne im Westen spiegelte sich in den Fenstern des Toyota, und Ben konnte nicht hineinsehen. Jemand, der in dieser Gegend wohnte, konnte durchaus dieselbe Route fahren. Trotzdem war es verdächtig genug, um ein paar simple Maßnahmen zu rechtfertigen.
»Ich habe hier möglicherweise ein Problem«, meinte Ben. »Ich bin ihren Anweisungen entsprechend allein. Aber wenn das nicht Sie sind in dem blauen Toyota hinter mir, dann glaube ich, dass mir jemand folgt.«
»Ich bin es nicht.«
»Okay. Ich fahre um den Block. Mal sehen, was er macht.«
Ben bog nach rechts ab auf die Greenbrier, dann noch einmal rechts auf die Patrick Henry. Der Toyota blieb hinter ihm. Er konnte einen Fahrer und einen Beifahrer erkennen. Beide trugen Sonnenbrillen. Er bog abermals rechts ab und fuhr zurück auf die George Mason. Der Toyota blieb dran.
»Okay, jetzt ist es offiziell«, sagte er. »Der blaue Toyota ist ein Beschatter. Sieht aus, als wären zwei Männer im Wagen. Ich sage Ihnen das, um sie wissen zu lassen, dass ich nichts damit zu tun habe. Außerdem muss denen anhand der Route, die ich gewählt habe, inzwischen klar sein, dass ich sie bemerkt habe.«
»Wie konnten sie Ihnen folgen?«
Ben wünschte, er wüsste es. Er dachte wieder an Hort, aber das ergab einfach keinen Sinn. Also ein Sender am Wagen? Satellitenüberwachung? Und wer waren die Typen hinter ihm überhaupt? Blackwater? CIA?
»Ich habe keine Ahnung«, sagte er. »Ich bin nur der Kurier. Man sagte mir, ich solle Ihren Anweisungen folgen, und das tue ich.«
Es blieb kurz still. Larison fragte: »Ist Ihr Navigationssystem eingeschaltet?«
»Ja.«
»Fahren sie wieder nach Westen. Sehen Sie die Highschool an der Ecke Washington Boulevard und McKinley?«
Ben verschob den Touchscreen des Handys nach rechts. »Ich sehe sie.«
»Und den Parkplatz dahinter?«
»Ja.«
»Biegen sie von der Madison darauf ab und fahren Sie im Kreis herum.«
»Gut.«
Ben gehorchte, und der Toyota klebte weiter an ihm dran. Selbst wenn er gewusst hätte, um wen es sich handelte, und das tat er nicht, hätte ihm der Gedanke an den Parkplatz nicht gefallen. Man konnte unmöglich wissen, ob Larison dort irgendwo lauerte, und der Mann schien eine Vorliebe für großkalibrige, panzerbrechende Munition zu haben. Alles in allem hielt es Ben jedoch für unwahrscheinlich, dass Larison ihn mit einer Kugel empfangen würde. Erst musste er sich vergewissern, dass der Kurier die Diamanten tatsächlich dabei hatte. Danach konnten die Dinge unangenehm werden.
Was die Insassen des Toyota anbetraf, war das natürlich etwas schwerer zu beurteilen. Ben tastete nach der Glock im Schulterhalfter.
Er fuhr auf der Madison nach Süden und bog gemäß Larisons Instruktionen auf den Parkplatz ab. Er war rechteckig und von einem Maschendrahtzaun umgeben. Einfahrt und Ausfahrt lagen an den Schmalseiten. Es gab vier Parkreihen – je eine an den Längsseiten und zwei in der Mitte – auf denen insgesamt vielleicht fünfzig Autos Platz fanden. Doch im Moment stand nur ein halbes Dutzend da. Ben fuhr weiter. Die Glock lag jetzt in seiner Hand und er drehte den Kopf, um Larison zu erspähen. Der Toyota folgte ihm.
Er kam an einem weißen Pick-up vorbei, der rechts von ihm geparkt stand. Kein Anzeichen für einen Insassen. Er sah nach links. Rechts. Vorne. Nichts. Dann blickte er in den Rückspiegel …
Larison, in Jeans, Windjacke und Baseballmütze, sprang von der Ladefläche des Pick-up hoch wie ein Springteufel …
Scheiße, scheiße, scheiße …
Richtete mit beidhändigem Griff eine Pistole auf den Toyota …
Bens Kopf zuckte nach links und rechts, suchte nach einer Wendemöglichkeit, versuchte zu entscheiden, ob und wie er eingreifen sollte …
Bumm! Bumm!
Er sah in den Rückspiegel. Verdammt, er konnte nichts mehr tun, es war zu spät. Larison hatte zwei Schüsse durch die Windschutzscheibe des Toyota gejagt. Der Wagen schlenkerte nach rechts, durchbrach den Maschendrahtzaun und krachte gegen einen Baum. Larison sprang hinterher, die Waffe auf Kinnhöhe in Körpernähe haltend. Aus dem Wagen drang ein Schuss und blies das Fenster auf der Fahrerseite heraus. Der Typ musste über die Schulter gezielt haben, und die Kugel ging daneben. Larison feuerte wieder, kam immer näher, schoss noch zwei Mal.
Es war wie in Costa Rica. Jeder Reflex, jeder Funke Selbsterhaltungstrieb in Ben schrie: Raus aus dem Wagen! Angreifen! Er konnte es nicht. Larisons Totmann-Schalter beschützte ihn besser als eine kugelsichere Weste.
Ben wendete mit kreischenden Reifen am hinteren Ende des Parkplatzes und lenkte den Wagen wieder nach Norden auf Larison zu, wobei er dafür sorgte, dass immer eines der geparkten Autos zwischen ihnen blieb. Er langte nach rechts und öffnete die Beifahrertür. Sollte Larison versuchen, ihn zu umgehen und von hinten anzugreifen, wie Ben es ihn bereits bei so vielen Menschen hatte tun sehen, die anschließend nicht mehr lange zu leben gehabt hatten, wollte er sich zur Beifahrertür hinauswerfen und ihn in unter Feuer nehmen.
Larison tat nichts dergleichen. Die Waffe auf Ben gerichtet kam er gelassen auf ihn zu und ging um die Motorhaube herum. Ben behielt ihn mit der Glock im Visier, den Finger fest um den Abzug geschlossen, doch er drückte nicht ab.
Larison beugte sich vor und sah durch die offene Beifahrertür. Er trug eine HK, wie Ben registrierte. Die Mark 23. Kaliber 45, vielleicht dieselbe, die er in Costa Rica benutzt hatte. Aus der Nähe sah Ben die dunklen Ringe unter seinen Augen.
»Geben Sie mir Ihre Waffe«, befahl Larison und richtete die HK auf Ben.
Ben war in seiner beruflichen Laufbahn schon Männern begegnet, die von Natur aus Gefährlichkeit ausstrahlten. Es hatte nichts mit dem zu tun, was sie sagten oder taten, oberflächlich konnten sie ganz normal wirken. Man spürte einfach, dass sie erstklassige, kompetente Killer waren. Das hatte Taibbi gemeint, als er Larison als Engel des Todes bezeichnete. Ben hatte es damals ein wenig melodramatisch gefunden. Jetzt konnte er es jedoch nachvollziehen. Der Mann strahlte tatsächlich den Tod aus, die simple Bereitschaft, zu töten. Er hatte es hier mit einer äußerst Furcht einflößenden Persönlichkeit zu tun. Daher erforderte seine Antwort ein gewisses Maß an Disziplin und Entschlossenheit.
»Tut mir leid, aber das kommt nicht infrage.«
Larison antwortete nicht. Er sah Ben einfach nur mit Augen an, die so flach und emotionslos waren wie eine verspiegelte Sonnenbrille. Ben hatte sich noch nie so bedroht gefühlt, ohne der Gefahr entgegentreten zu dürfen. All seine Instinkte schrien: Schieß! Schieß! Er biss die Zähne zusammen, und seine Hand zitterte.
Larison kniff leicht die Augen zusammen. »Sie sind der aus Los Yoses, nicht wahr?«
Ben nickte.
»Warum haben Sie nicht geschossen?«
»Aus demselben Grund wie jetzt. Die Diamanten sind in dem Rucksack. Nehmen Sie sie einfach und gehen Sie.«
Larison betrachtete den Rucksack. Dann stieg er ein und zog die Tür zu. »Fahren Sie los.«
Ben dachte: Was zum Teufel soll das?
Sie saßen da wie Spiegelbilder. Jeder hielt die Pistole auf den anderen gerichtet.
Noch ein paar Sekunden, dann musste Ben den Kerl entweder erschießen oder sich aus dem Wagen werfen und Deckung suchen. Was er nicht mehr viel länger ertragen konnte, war die Anspannung, keines von beidem zu tun.
»Sie wollen, dass ich fahre?«, meinte er. »Dann stecken Sie die verdammte HK weg und setzen Sie sich auf Ihre Hände. Ganz fest.«
»Sie hören nicht richtig zu.«
»Nein, Sie hören nicht richtig zu«, sagte Ben und versuchte, den Schieß!-Schieß!- Alarm zu ignorieren, der in seinem Kopf schrillte. »Sie wissen, dass ich Sie nicht töten würde. Wenn ich das wollte, hätte ich es schon in Los Yoses getan. Oder vorhin. Aber es gibt nichts, was Sie an dem Versuch hindern könnte, mich zu beseitigen. Außer meiner Kanone hier. Und genau aus dem Grund werde ich sie auf Sie gerichtet lassen, während Sie Ihre wegstecken. Sonst bleiben wir einfach hier sitzen, bis die Polizei auftaucht und den Berichten über einen Schusswechsel nachgeht. Alternativ können Sie Ihre Diamanten nehmen und einfach gehen. Wie Sie wollen.«
Ein angespanntes Schweigen breitete sich aus. Larison drehte sich nach hinten und sah zum Rückfenster hinaus. Dann nach rechts. Anschließend schob er die HK unter seine Windjacke. Er musterte Ben, und Ben hätte schwören können, dass der Mann ein Lächeln unterdrückte.
»Fahren Sie«, meinte er.
Larison hatte sich nicht auf die Hände gesetzt, aber damit hatte Ben auch nicht ernsthaft gerechnet. Damit konnte er leben. Ehrlich gesagt, er war genauso wenig erpicht darauf wie Larison, hier noch länger herumzusitzen und auf die Polizei zu warten. Er nahm die Glock in die linke Hand und trat aufs Gas. Wenn Larison sich auf ihn stürzte, konnte er ihn mit der rechten Hand abwehren und mit der linken schießen.
»Wo soll es hingehen?«, fragte Ben.
»Fahren Sie auf den Lee Highway. Richtung Westen.«
Das klang logisch. Es war keine Wohnstraße, wo man auffallen konnte, aber auch keine Interstate, auf der man vermutlich nach einer Schießerei flüchten würde. Gerade genügend Verkehr, um darin unterzutauchen, während sie auf den Beltway zurollten, die große Ringstraße um Washington. Von dort aus konnten sie jede beliebige Richtung einschlagen.
»Sie können den Wagen haben, wenn Sie wollen«, meinte Ben. Er kontrollierte im Rückspiegel, ob ihnen auch gewiss niemand mehr folgte. »Brauchen Sie mich wirklich als Fahrer?«
»Ich brauche Sie, um zu bestätigen, dass Sie wirklich das bei sich haben, was Sie haben sollten.«
»Die Diamanten sind in dem Rucksack direkt zu Ihren Füßen. Sie können selbst nachsehen.«
»Das werden Sie erledigen.«
Ben verstand. Larison hatte Angst vor einem Nervengas oder einem Farbbeutel. Er wollte den Rucksack nicht persönlich öffnen. Clever. Ben sah auf sein Telefon und stellte fest, dass er kein Netz hatte. Larison musste einen Störsender bei sich tragen, der Handy, GPS und jedes andere Gerät blockierte, mit dem man dem Wagen vielleicht hätte folgen können. Abermals: clever.
Sie erreichten den Lee Highway und fuhren nach Westen. Ben widmete dem Fahren nur ein Minimum an Aufmerksamkeit. Der Großteil seiner Konzentration galt Larison, dessen Hände auf den Knien ruhten, seit Ben losgefahren war. Er wusste, welche Schlüsse Ben daraus ziehen würde, falls er seine Hände irgendwo anders hinbewegte oder überhaupt eine unvermittelte Bewegung machte. Der Vorteil davon war, dass Ben keine Zeit darauf verschwenden musste, seine Absichten zu interpretieren, wenn er sich wirklich bewegte. Doch leider hatte Ben auch gesehen, wie schnell der Mann war. Wenn er etwas unternahm, hatte Ben den Nachteil der verzögerten Reaktion. Und er würde mit links schießen müssen.
Ein Plus, drei Minus. Es wäre viel einfacher gewesen, den Kerl einfach abzuknallen und zum Teufel mit den Konsequenzen. Befehle konnten lästig sein.
Larison fragte: »Wie lange sind Sie schon dabei?«
Ben versuchte, mit einem Seitenblick einzuschätzen, ob das ein Ablenkungsmanöver sein sollte. Er beschloss, sich nicht weiter darum zu kümmern. Wenn er nicht mit dem Typen redete, würde er ihn erschießen. Irgendetwas musste er tun, sonst explodierte er noch vor Anspannung.
»Bei der Einheit?«
»Ja.«
»Sechs Jahre.«
»Gefällt es Ihnen?«
»Ja, es gefällt mir.«
»Warum?«
Ben zuckte die Achseln. »Ich bin gut.«
»Das sehe ich. Glauben Sie, das reicht?«
»Soweit schon.«
»Ja, genauso war es bei mir. Soweit schon.«
»Was ist passiert? Hort sagte, Sie sind der Beste.«
Larison lächelte leicht. »Hat er das?«
Es war erstaunlich. Nach allem, was geschehen war, hatte Hort immer noch diese Macht, selbst über Larison. »Ja. Das hat seinen Verdacht auf Sie gelenkt. Er sagte, niemand sonst hätte das durchziehen können – die Videos zu stehlen, seinen eigenen Tod vorzutäuschen, alles.«
Larisons Lächeln erlosch. Einen Augenblick lang wirkte er fast traurig. »Ich weiß nicht, ob ich der Beste bin. Aber irgendwo in den oberen Regionen.«
»Sie sind es noch, nach allem, was ich gesehen habe.«
»Danke.«
»Ich bin nicht sicher, ob das ein Kompliment ist, wenn man bedenkt, was Sie mit Ihren Fähigkeiten angestellt haben.«
»Sie sprechen von Los Yoses?«
»Ja.«
»Was glauben Sie denn, was die mit mir vorhatten?«
»Nun, Sie haben ihnen zumindest keine große Wahl gelassen.«
Larison sah nach links, nach rechts, nach hinten. »Menschen haben immer eine Wahl. Sie tun nur so, als hätten sie keine, um zu rechtfertigen, was sie ohnehin tun wollten.«
»Sie klingen wie Hort.«
»Hort hat das gesagt?«
»So ähnlich.«
»Nun, vielleicht lernt er langsam aus seinen Fehlern.«
»Was meinen Sie damit?«
»Nichts.«
»Wie haben Sie es eigentlich angestellt? Ich sah, wie Sie von einem Betäubungspfeil getroffen wurden.«
»Opioid-Antagonist.«
»Hübsch gemacht.« Das ließ sich nicht leugnen.
Larison nickte. »Sie wissen, wer die Leute waren?«
»Angeblich Blackwater.«
»Söldner? Meinetwegen? Wer hat sie geschickt?«
»Die CIA, soweit ich gehört habe.«
»Scheiße, ich hätte gedacht, die Sache wäre ihnen so wichtig, dass sie die Besten schicken.«
Ben lachte, und Larison stimmte mit ein. Es war bizarr. Da fuhren sie möglicherweise direkt in eine Schießerei hinein und lachten gerade heraus.
»Da waren noch zwei«, sagte Ben, als das Gelächter verklungen war. »Nachdem Sie fort waren.«
»Wer?«
»CIA-Spezialkräfte, heißt es. Aber ich glaube nicht, dass sie hinter Ihnen her waren. Sie hatten einen Mordauftrag – an einer FBI-Agentin, die in dieser Sache ermittelt, vielleicht auch an mir oder uns beiden. Ich hatte keine Zeit, die Details zu klären.«
»Ja, die Agency würde nicht wollen, das jemand außer ihr die Videos in die Finger bekommt. Sie haben Sie umgelegt?«
»Ja.«
»Gut für Sie.«
Sie fuhren eine Minute schweigend weiter, bevor Ben sagte: »Vermissen Sie es?«
»Die Einheit?«
»Ja.«
»Warum sollte ich es vermissen, belogen und benutzt und manipuliert zu werden? Und mich am Ende als Sündenbock abstempeln zu lassen und weggeworfen zu werden?«
»Dann vermissen Sie es also.«
Sie lachten wieder.
Ben fragte: »Warum haben Sie es getan?«
»Die Videos genommen?«
»Und alles andere.«
»Lange Geschichte.«
»Nun, wir fahren einfach nur vor uns hin. Quatschen so rum.«
Larison lachte leise. »Ich habe es kommen sehen, was sie mit mir vorhatten. Ich drehte nur rechtzeitig den Spieß um.«
»Taktisch klug.«
»Ich wünschte, es hätte einen anderen Weg gegeben. Aber sie ließen mir keine Wahl.«
»Sie sagten, der Mensch hätte immer die Wahl.«
Larison überprüfte wieder die Umgebung. Ben hatte gerade dasselbe getan. Normaler Verkehr, keine offenkundigen Verfolger.
»Ja. Na schön, vielleicht war es mein Fehler. Vielleicht war ich derjenige, der sich aller Wahlmöglichkeiten beraubte. Vielleicht war es dumm, mich in eine solche Lage zu manövrieren, mich so tief zu verstricken, sodass ich den Weg zurück nicht mehr fand. Nur noch rauskonnte.«
Ben hätte gern weitergefragt, doch bei dem Thema schien Larison sich ein wenig zu ereifern. Und Ben zog es vor, erwiesenermaßen tödliche Menschen, die mit einer HK auf dem Beifahrersitz neben ihm saßen, nicht unnötig auf die Palme zu bringen.
»Soll ich Ihnen etwas sagen?«, fuhr Larison fort. »Sie gefallen mir. Sie erinnern mich an mich selbst. Als ich noch jung und dumm war.«
»Ich weiß nicht, Mann. Sie sind derjenige, der sich die gesamte US-Regierung zum Feind gemacht hat. War das etwa klug?«
»Sie glauben, Uncle Sam wäre Ihr Freund, nicht wahr? Sie glauben, Ihre Loyalität würde erwidert.«
Ben dachte an Obsidian und das, was Hort getan hatte. »Nicht direkt, aber …«
»Sie wissen nicht einmal, worum es hier eigentlich geht, oder?«
»Was, die Videos?«
»Es geht darum, was auf den Videos zu sehen ist.«
»Sie meinen Verhöre. Folter.«
Larison schüttelte den Kopf. »Hort hat es Ihnen also nicht erzählt. Nein, natürlich nicht. Er lässt die Leute gern im Dunkeln tappen. ›Need-to-know‹ und all das.«
»Was hat er mir nicht erzählt?«
»Wollen Sie es wirklich wissen?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
»Nur ganz wenige Menschen auf der Welt wissen Bescheid. Und Sie haben ja gesehen, was sie zu tun bereit sind, damit nichts an die Öffentlichkeit dringt. Wollen Sie dieses Wissen tatsächlich besitzen? Wollen Sie, dass diese Leute den Verdacht haben, dass Sie darüber verfügen?«
Es war merkwürdig. Vor nicht allzu langer Zeit wäre es ihm ehrlich gleichgültig gewesen. Er hätte geglaubt, Larison wollte ihn mit irrelevanten Details ablenken.
Aber jetzt … er musste es wissen. Er wollte wissen, wofür all diese Menschen gestorben waren.
»Sagen Sie es mir«, bat er.
»Also gut. Aber eines müssen Sie mir noch verraten.«
»Wenn ich kann.«
»Wie haben Sie mich in Costa Rica aufgespürt?«
Ben zögerte. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Larison sich an Marcy rächen oder etwas tun würde, was seinem Sohn schadete.
»Über Ihre Frau. Oder Ex-Frau. Sie verdächtigte Sie, eine Affäre zu haben. Sie engagierte einen Privatdetektiv.«
Larison blieb für einen langen Augenblick stumm, bevor er sagte: »Ich werd‘ verrückt. Marcy … das hätte ich nie erwartet. Sie wissen ja, man hält überall nach Bedrohungen Ausschau, aber man übersieht die eine, die man direkt vor der Nase hat. Verdammt. Das war es also. Diese zwei Kerle in San José …«
»Sie arbeiteten für den Privatschnüffler.«
»Ich habe sie danach überprüft. Sie waren vorbestraft. Daher nahm ich an, es wäre um einen zufälligen Straßenraub gegangen.«
Ben nickte. »Das war logisch. Sie konnten es nicht wissen.«
»Nun, Sie sind dahintergekommen. Und wie? Haben Sie mit Marcy gesprochen?«
»Allerdings.«
»Und sie hat den Kontakt mit dem Privatdetektiv hergestellt …«
»Richtig.«
Sie blieben eine Weile still, und Ben wusste, dass Larison im Licht des Rückblicks die Ereignisse noch einmal analysierte, neu bewertete, das Puzzle zusammensetzte und Schritt für Schritt nachvollzog, wie Ben ihm auf die Spur gekommen war.
»Marcy«, meinte er kopfschüttelnd. »Das hätte ich kommen sehen müssen.«
Ben gefiel die Richtung nicht, die das Gespräch nahm. »Wenn man genau überlegt, war es eigentlich eine gute Sache.«
»Inwiefern?«
»Wenn die Regierung nicht etwas gegen Sie in der Hand gehabt hätte, hätten Sie das Lösegeld nie gesehen. Die hätten nicht locker gelassen, bis Sie sie erwischt hätten, bis Sie tot gewesen oder die Bänder veröffentlicht worden wären. Wie es jetzt aussieht: Seit sie von Ihrer … Verbindung in Costa Rica wissen, konnte Hort sie jedenfalls überzeugen. Er nannte es das Gleichgewicht des Schreckens.«
Eine Pause entstand. Dann sagte Larison: »Hort hat recht. Wie üblich.«
»Wollen Sie gar nicht wissen, wie es Ihrer Frau geht? Und Ihrem Sohn?«
»Er ist nicht mein Sohn.«
»Dann … Ihre Frau hat also …«
»Sie meinen, ob sie über mich Bescheid wusste?«
»Ja.«
»Ich weiß nicht. Ich hätte es verneint. Aber ich hätte auch nicht geglaubt, dass sie einen Privatdetektiv auf mich ansetzen würde.«
»Tut mir leid, Mann.«
»Muss es nicht. Ich kann Marcy keinen Vorwurf machen. Ich lebte eine Lüge, und sie bekam das schlechtere Ende davon ab. Letztlich sind wir alle nur Menschen.«
Ben nickte und revidierte im Geiste das, was er über Marcy gedacht hatte. »Also schön. Ich habe Ihre Frage beantwortet. Jetzt sind Sie dran. Worum geht es wirklich?«
Es gab eine lange Pause, bevor Larison sagte: »Die Caspers.«
»Caspers?«
»Fragen Sie Hort. Fragen Sie ihn nach Ecologia.«
»Und …?«
»Und wenn Hort es Ihnen nicht sagen will, fragen Sie David Ulrich.«
»Wen?«
»Den ehemaligen Stabschef des Vizepräsidenten. Laut U.S. News and World Report ›Der mächtigste Mann, von dem Sie noch nie gehört haben‹. Der New Yorker hat ihn ›Die Macht im Verborgenen‹ genannt. Jetzt ist er natürlich ein K-Street-Lobbyist. Er weiß noch mehr als Hort. Und hat nicht im Geringsten darunter gelitten. Ich wollte es ihm heimzahlen. Aber jetzt sind mir die Hände gebunden.«
»Die Caspers. Ecologia.«
»Ja. Darum geht es in Wirklichkeit. Deshalb machen sich alle so in die Hosen.«
»Ich weiß nicht, was diese zwei Dinge sein sollen. Sie sagen mir gar nichts.«
»Ich gebe Ihnen das Werkzeug in die Hand, es selbst herauszufinden. Was glauben Sie, für wen Sie in Wirklichkeit arbeiten? König und Vaterland. Oder nur für den König?«
»Was hat …«
»Sie müssen von jetzt an sehr vorsichtig sein. Was, glauben Sie, wird passieren, wenn man zu dem Schluss kommt, dass Sie inzwischen eine Bedrohung darstellen könnten?«
»Ich bin keine Bedrohung.«
»Vorher vielleicht nicht. Jetzt schon. Wegen dem, was ich Ihnen erzählt habe. Schon wenn Sie versuchen, es herauszufinden, wird man Sie als Bedrohung ansehen. Man wird Sie am langen Arm verhungern lassen, bevor man Sie aufhängt, und zwar buchstäblich. Ich habe es erlebt. Ich kenne Sie nicht, aber ich kann Ihnen genau schildern, was passieren wird. Wie man Ihnen die ganze Schuld in die Schuhe schieben und den Todesstoß versetzen wird.«
Ben hätte gerne geglaubt, dass Larison ihn nur verarschte, aber … irgendwie wirkte er sehr ernsthaft.
»Hm«, meinte Larison. »Soll ich Ihnen vielleicht erst sagen, was Hort Ihnen über mich erzählt hat? Ich sei ein Fall für den Psychiater, richtig? Probleme mit Aggressionsbewältigung. Kriegsneurose. Steroidmissbrauch. Hat er Ihnen auch gesagt, dass ich schwul bin?«
»Nein.«
»Dann hoffte er wohl, Sie würden selbst dahinterkommen. Schlussfolgerungen, die man selbst zieht, sind immer überzeugender. Hat man Ihnen das auf der Farm nicht beigebracht?«
»Ich glaube nicht, dass er davon wusste.«
»Doch, doch. Wenn er es Ihnen nicht erzählt hat, dann nur, weil er sicher war, Sie würden es ohnehin herausfinden.«
»Ich sehe nicht, was das mit der Sache zu tun haben sollte.«
»Nein? Sie wollen ehrlich sagen, dass mich das nicht verdächtig macht? Abartig? Zu einem Freak? All das ist Voraussetzung, wenn man zur Hetzjagd auf jemanden bläst. Hort hat nur das Rohmaterial geliefert. Wahrscheinlich käme er nicht einmal auf die Idee, es könnte sich um manipulative Täuschung handeln. Er gab Ihnen nur das nötige Werkzeug in die Hand, um den Job zu erledigen. Glauben Sie, wir hätten in unserem großen, ehrenhaften Krieg gegen den Terror jemals jemanden gefoltert, der weiß und christlichen Glaubens gewesen wäre? So funktioniert das nicht. Man kann den eigenen Leuten so etwas nicht antun. Sie müssen erst in die Anderen verwandelt werden. Entmenschlicht. Sie und ich … wir sind wie Gefangene, die von den Wärtern gegeneinander aufgehetzt werden. Wenn Sie das nicht begreifen, sind Sie selbst nichts als ein Werkzeug.«
Einen Monat zuvor hätte Ben über so etwas nur gelacht und es für das Geschwätz eines Irren gehalten. Doch inzwischen …
»Sie wollten mir erzählen, wie ich Ihrer Ansicht nach kaltgestellt werden soll …«
»Kein Problem. Sie waren in Ihrer Jugend in viele Schlägereien verwickelt, nicht wahr?«
Genau genommen war das eine Untertreibung. »Vielleicht. Na und?«
»Einerseits hat es nichts zu bedeuten. Jeder in der Einheit war als Jugendlicher in Schlägereien verwickelt. Es gibt eine Verbindung zwischen Kämpfen in der Kindheit und der späteren Gefechtsbereitschaft, das ist alles. Aber in den Augen der Öffentlichkeit? Da wird das zu einer ›langen Geschichte disziplinärer Probleme und Gewalttätigkeit‹.«
»Ich habe auch bei Prüfungen geschummelt. Hoffentlich nageln sie mich damit nicht fest.«
»Waren Sie in letzter Zeit in Schlägereien verwickelt? In Bars oder Kneipen, oder so ähnlich?«
Ben erwiderte nichts. Da Manila ihm noch frisch im Gedächtnis haftete, wusste er, dass sein Schweigen Antwort genug war.
»Ja, hatte ich mir gedacht. Jetzt haben Sie ›Probleme mit der Aggressionsbewältigung‹. ›Unfähigkeit, sein gewalttätiges Temperament zu zügeln‹. Ich vermute, Sie sind geschieden. Richtig?«
Wieder antwortete Ben nicht.
»Damit wären wir bei der ›Unfähigkeit, dauerhafte soziale Kontakte zu knüpfen‹ angelangt. Gleichermaßen, falls Sie sich Ihren eventuellen Kindern entfremdet haben sollten. Und wenn Sie je wirklich durchgedreht und mit der Polizei in Konflikt gekommen sein sollten, wird man Sie damit ans Kreuz nageln. Verhaftungen lieben sie. Wer muss schon verurteilt werden? Eine Verhaftung reicht völlig.«
Ben versuchte sich einzureden, dass das Ganze wie ein Wahrsagertrick war. Diese Dinge trafen auf jeden x-beliebigen Menschen zu, und Larison hätte mit jedem anderen dasselbe machen können. Aber irgendwie glaubte er nicht daran. Er dachte an Manila … an seine Tochter Ami, an das Gefängnis. Er hatte sich nie überlegt, wie ein Fremder diese unzusammenhängenden Ereignisse zu einer in sich geschlossenen Geschichte verknüpfen könnte. Und wäre diese Geschichte nicht sogar wahr?
»Schon mal Pornos heruntergeladen? ›Pervers‹. Irgendwelche Hobbys, die man allein ausübt? ›Einzelgänger‹. Mit einem Militärpsychologen gesprochen? ›Psychiatriepatient‹. Schauen Sie sich doch an, was die Lamettaträger nach Abu Ghraib aus Graner und den anderen gemacht haben. Sehen Sie sich an, was das FBI diesem Steven Hatfill angetan hat, oder Bruce Ivins, als sie der Öffentlichkeit unbedingt einen Anthrax-Attentäter präsentieren mussten. Glauben Sie, irgendeiner dieser Leute hätte im Traum daran gedacht, dass er angreifbar sein könnte? Wachen Sie auf, mein Freund. Sie müssen begreifen, wie das System funktioniert.«
»Bei Ihnen klingt das nach einer Art von Verschwörungstheorie.«
Larison lachte. »Verschwörung? Wie soll es denn eine Verschwörung geben, wenn alle daran beteiligt sind?«
Ben hätte Larisons Worte gerne als die Tirade eines Paranoikers abgetan. Ohne Frage konnte er das nicht mehr. Jedenfalls nicht, bevor er sich über die Caspers informiert hatte. Und über Ecologia.
»Also gut«, meinte Larison. Wir werden uns jetzt trennen. Suchen Sie sich einen Platz, wo Sie rechts ranfahren können.«
Es war clever, Ben die Wahl des Orts zu überlassen. Larison hatte die allgemeine Richtung bestimmt, um sicher zu sein, dass Ben ihn nicht in eine Falle lockte. Und er wusste, dass Ben aus denselben Gründen nervös geworden wäre, wenn er ihm einen spezifischen Ort zum Anhalten genannt hätte.
Ben fuhr noch ein paar Minuten weiter, bis er ein Schild sah, das den National-Memorial-Park-Friedhof ankündigte. Er bog in die Zufahrtstraße ab und passierte ein Tor in der Einfriedungsmauer. Die hügeligen, mit Baumgruppen bestandenen Rasenflächen hätten als normaler öffentlicher Park durchgehen können, wären da nicht die unzähligen Grabsteine gewesen. Er folgte einem gewundenen Weg und hielt dann im langen Schatten einiger Bäume an. Sie blieben sitzen und musterten sich gegenseitig.
»Zeit, aus dem Wagen zu steigen«, meinte Larison. »Wie wollen Sie es machen?«
So viel Respekt hätte Ben nicht erwartet. »Warum fragen Sie mich?«
»Sie werden mich nicht umbringen.«
»Das habe ich Ihnen schon gesagt.«
»Es spielt keine Rolle, was Sie mir gesagt haben. Jetzt weiß ich es.«
»Woher?«
»Ich weiß es einfach. Wie wollen Sie es abwickeln?«
»Ich steige zuerst aus.«
»Einverstanden.«
Ben löste vorsichtig den kleinen Finger vom Griff der Glock und öffnete damit die Tür. Er stieg aus, richtete sich auf und verlagerte die Waffe in die rechte Hand. Die Mündung blieb stets auf Larison gerichtet. Bis auf das Geräusch der Autos auf dem Highway war es still auf dem Friedhof.
Larison öffnete die Beifahrertür, stieg aus und nahm den Rucksack mit. Er warf ihn auf die Fahrerseite der Motorhaube, wo er mit einem dumpfen Laut landete. Sie sahen sich gegenseitig an.
Larison nickte zu dem Rucksack hin. »Machen Sie ihn auf.«
Ben öffnete den Reißverschluss. Er konnte der Versuchung nicht widerstehen, einen Blick hineinzuwerfen. Nur ein Haufen gelblich-weißer Steine. Schwer zu glauben, dass sie hundert Millionen wert sein sollten. Ganz zu schweigen von dem Preis, den sie sonst noch gekostet hatten.
Er drehte den Rucksack so, dass Larison hineinsehen konnte. »Okay?«
Larison nickte. »Ziehen Sie den Reißverschluss wieder zu.«
Ben gehorchte. Er ließ den Rucksack über den Lack zu Larison gleiten. Der nahm ihn und stellte ihn auf den Beifahrersitz.
»Sind wir jetzt fertig?«, fragte Ben.
Larison schloss die Tür. »Ja. Es sei denn, ich soll Sie irgendwo absetzen.«
»Nehmen Sie es nicht krumm, aber ich gehe lieber zu Fuß.«
Larison bewegte sich zur Vorderseite des Wagens. Ben trat einen Schritt zurück. Er glaubte nicht, dass Larison vorhatte, ihn zu entwaffnen, aber warum ein Risiko eingehen?
Larison trat an die offene Fahrertür. Er legte eine Sekunde Halt suchend die Hand darauf und schien zu schwanken.
»Alles in Ordnung?«, fragte Ben. »Sie wirken … müde.«
Larison blinzelte. »Ich schlafe nicht gut.«
Sie schwiegen einen Moment lang. Larison blickte den Weg entlang, in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Sie müssen sich keine Sorgen machen, dass sie Sie zu etwas verführen«, sagte er. »Sie bringen Sie dazu, sich selbst zu verführen.«
»Ich kann ihnen nicht ganz folgen.«
Larison streckte die Hand aus. »Hoffen wir, dass es so bleibt.«
Ben zögerte, dann verlagerte er die Glock in die Linke. Sie schüttelten sich die Hand.
Larison stieg ein. Er starrte in die Ferne auf etwas, das Ben nicht sehen konnte.
»Dieses Geräusch«, sagte er kopfschüttelnd. »Sie können es sich nicht vorstellen. Lassen Sie nicht zu, dass man Ihnen das antut.«
Er zwickte sich in die Nasenwurzel und seufzte. »Gott, wie ich mir wünschte, schlafen zu können.«
Er stieß einen langen Atemzug aus, legte den Gang ein und fuhr davon.
Ben blieb im Schatten der schwankenden Bäume zurück. Er dachte: Caspers.
Und dann: Ecologia.
Er schaltete das Handy ein und sah, dass er wieder Empfang hatte. Kein Zweifel, Larison hatte einen Störsender bei sich gehabt. Er rief eine Karte auf und fand eine Metro-Station – West Falls Church –, die keine drei Kilometer entfernt lag.
Er dachte: Ulrich.
Es war noch früh. Und die K Street war nicht weit.