28
An den Tagen nach der Besetzung der Mine konzentrierte sich Talitha nur auf ihre Aufgaben als Kriegerin. Sie brauchte das, es tat ihr gut, den Körper zu beschäftigen, damit ihr Geist nicht abschweifte, auf Wege, die sie vermeiden wollte. Zudem war dies auch der einzige Grund, weshalb sie sich den Femtiten angeschlossen hatte, und so war es nur recht, dass sie alle Kräfte und Sinne auf den Krieg lenkte. Alles, was darüber hinausging, war flüchtig und im Grunde bedeutungslos, wie sie gerade am eigenen Leib erfahren hatte. Nur das Schwert war etwas Sicheres, Wahres, und sie brauchte es nur zur Hand zu nehmen, um sich lebendig zu fühlen und ganz bei sich zu sein.
Im Kampf fühlte sie sich unbesiegbar, auch wenn der Preis, den sie dafür bezahlte, in teilweise unerträglichen Schmerzen bestand. Aber so war das eben, ihr Schwert hatte seine eigenen Gesetze, und die galten auch für sie. Es verlangte viel von ihr, schenkte ihr aber noch mehr. In der Welt der Talariten, so sagte sich Talitha beim Gedanken an Melkise, stellte jeder seine Regeln nach Gutdünken häufig zum eigenen Vorteil auf.
Ihre Gefühle für ihn, zuvor ein süßer Gegenpol zu ihrem harten Kriegerleben, hatten sich in heftigen Groll verwandelt. Es waren die Erkenntnis, dass sie ihn nicht haben konnte, und das schmachtende Verlangen, das unbefriedigt blieb. Und das tat weh.
In einem Anfall heftiger Wut hatte sie, um sich von allem zu trennen, was einmal war, zu ihrem Dolch gegriffen und sich die Haare abgeschnitten. Kein Rebell trug sein Haar so kurz, wie sie es nun tat, aber Talitha bereitete es ein bitteres Vergnügen, sich von allen anderen zu unterscheiden. Sie war ohne Rasse und gehörte nirgendwo dazu.
Der Gefühlssturm, der sie nicht zur Ruhe kommen ließ, war von Tag zu Tag heftiger geworden. Einige Male hätte ihr Kampfpartner im Training ihre Wut fast mit dem Leben bezahlt. Eshar hatte eingreifen und sie aufhalten müssen, bevor sie dem am Boden Liegenden den Gnadenstoß versetzte.
»Was ist denn in dich gefahren?«, hatte er gefragt, während er sie zu beruhigen versuchte.
»Gar nichts«, antwortete sie und keuchte. Doch sie schien wie von einem Dämon besessen.
»Du warst ja schon immer ein Hitzkopf, aber jetzt verlierst du jedes Maß. Deine Kampfpartner haben Angst vor dir, und bald will im Training niemand mehr gegen dich antreten. Aber es sind deine Kameraden, Talitha. Verstehst du? Wenn du eine solche Wut in dir spürst, solltest du sie auf ein passendes Ziel lenken, sonst wird es gefährlich … Was macht dich denn so zornig?«
»Aber wenn ich sie auf das richtige Ziel lenke, ist meine Wut doch von Vorteil, oder?«
»Ja, aber wenn es so weit kommt, dass du einen Kameraden töten willst, stimmt da etwas nicht«, antwortete Eshar streng.
»Gut, ich verspreche dir, dass ich im Training von nun an vorsichtiger sein werde. Aber auf dem Schlachtfeld kenne ich keine Gnade mehr.«
In diesen Tagen ging Talitha Melkise beharrlich aus dem Weg. Wenn es zufällig dazu kam, dass sie sich im Training gegenüberstanden, brachte sie es so schnell wie möglich hinter sich und hielt sich auch während der Mahlzeiten immer von ihm fern. Zudem zog sie sich stets lange vor oder nach ihm auf ihr Lager zurück.
Eine Weile ließ der frühere Kopfgeldjäger den Dingen ihren Lauf, aber irgendwann stellte er sie in einem der Minengänge zur Rede: »Ich habe dich nur gebeten, dir einen eigenen Platz zum Schlafen zu suchen. Kein Wort, dass du mich vollkommen ignorieren sollst. Ich mache mir Sorgen um dich, Talitha. Anscheinend geht es dir nicht gut.«
»Doch, mir geht’s wunderbar, aber auch wenn es anders wäre, ginge dich das gar nichts an. Von meinem Vater habe ich mich losgesagt, und einen neuen Vater brauche ich nicht.«
»Du verhältst dich aber wie ein Kind«, sagte Melkise und seufzte.
»Wer bist du, dass du glaubst, mir Vorhaltungen machen zu können?«, antwortete Talitha und wandte sich von ihm ab.
»Ich bin ein Mann, der dich gern hat und es nicht mit ansehen kann, wie du dir selbst wehtust.«
Talitha fuhr herum und bedachte ihn mit einem höhnischen Lächeln. »Kümmere du dich darum, dass du in Form bleibst. Ich kann mich um mich selbst kümmern.«
Alle Versuche Melkises, sie zur Vernunft zu bringen, waren umsonst. Talitha ließ ihn stehen und sprach weiterhin tagelang kein Wort mit ihm.
Bald aber mussten sie sich um andere Probleme kümmern.
Nach fünf Tagen in den Minen – Danorath Luja, »Freie Stadt«, hatten sie ihr neues Hauptquartier getauft – wurden die Rebellen zusammengerufen, um über die Pläne für die nächste große Aktion unterrichtet zu werden. Sie versammelten sich in der Eishalle, einer Höhle, die größer als die anderen war und im Zentrum der Mine lag. An einem Ende der Halle hatten sich Gerner, Eshar und andere Kommandanten aufgebaut.
»Die Ereignisse überschlagen sich«, begann Gerner, als sich alle Rebellen, mit Ausnahme der ringsum postierten Wachen, versammelt hatten. »Die Hälfte der Minen im Reich des Winters ist bereits in unserer Hand. Der Abbau ist lahmgelegt. Auch im Osten geht die Befreiung der Sklaven, die sich im Eisgebirge zu Tode schuften, mit großen Schritten voran, und im Westen sind wir noch weiter: Viele Städte haben sich erhoben, und ganz besonders in einer versuchen die Sklaven verzweifelt, die Macht an sich zu reißen. Viele haben den Versuch bereits mit dem Leben bezahlt. Es handelt sich um Oltero, die Stadt ist auf unsere Hilfe angewiesen.«
Talithas horchte auf. Dort war sie mit Saiph gewesen, als sie noch gemeinsam den Spuren des Ketzers gefolgt waren, und sie erinnerte sich an einen traurigen heruntergekommenen Ort, im Schatten eines kränklichen Talareths.
»Die Stadt kann nur Haus für Haus erobert werden«, fuhr Gerner fort. »Jetzt geht es nicht mehr nur darum, unsere Brüder zu befreien. Nein, wir wollen uns auch das zurückholen, was uns einst genommen wurde. Daher leisten die Talariten umso erbitterter Widerstand. Denn sie merken, dass sie nicht nur um ihren Machterhalt kämpfen, sondern um ihr Leben. Und sie haben Recht: Wir kennen keine Gnade. Es ist ein Krieg, ein offener Krieg, wie jener, durch den wir vor Jahrhunderten versklavt wurden. Aber ich weiß, dass wir es schaffen und siegen werden, denn anders als die Talariten haben wir nichts zu verlieren, aber unendlich viel zu gewinnen: nämlich die Freiheit für uns und unsere Nachfahren. Morgen setzen wir uns in Marsch.«
Ein Schrei wie aus einer Kehle hallte durch den Raum, und begeistert stimmte Talitha in diesen Chor ein. »Offener Krieg«, hatte Gerner gesagt. Das war genau das, was sie brauchte.
Den Weg zur Front legte sie mit einigen Kameraden in einem Transportkorb zurück. Melkise ebenso, aber in einem Korb unter einem anderen Drachen. Es war unwahrscheinlich, dass sie wieder Seite an Seite kämpfen würden, und wehmütig erinnerte sich Talitha an ihre letzte Schlacht. Immer mehr traurige Erinnerungen belasteten sie: Nichts schien es mehr zu geben, weder in jüngster noch in entfernter Vergangenheit, was ihr im Rückblick keine Schmerzen bereitete. Also war es Zeit, in die Zukunft zu schauen. Sie hatte sich im Schwertkampf noch weiter verbessert, sie war stark und würde auch ohne Melkise zurechtkommen.
Dieser, in dem anderen Transportkorb im Konvoi, blickte immer wieder zu ihr. Er hatte Saiph ein Versprechen gegeben und würde es keinesfalls brechen.
Früher als erwartet, kam die Stadt in Sicht. Die Schlacht, die hier geschlagen werden musste, würde ganz anders als die bei dem Minengelände sein. Dort hatten die Rebellen ihren Einsatz in aller Ruhe planen und vorbereiten können. Dieses Mal mussten sie gleich in Aktion treten. Schon aus der Ferne sahen sie die Feuer, die aus den Häusern unter dem Talareth schlugen. So wirkten sie noch baufälliger, als Talitha sie in Erinnerung hatte. Es waren einfachste Steinhäuser, die sich längs eines Netzes kreisförmig angeordneter Gässchen aneinanderreihten. Talitha erkannte, halb verborgen unter den Talarethästen, das Wirtshaus wieder, wo sie mit Saiph Essen erbettelt hatte. Talitha sah die Stadt wieder genau so vor sich, wie sie sich ihnen Monate zuvor präsentiert hatte, und sie meinte, Saiphs Gegenwart zu spüren. Doch als sie herumfuhr, saß da nur irgendeiner der anderen Rebellen hinter ihr, während sich Melkise in dem Korb neben ihr bereits zum Kampf gerüstet hatte.
»Es geht los!«, rief der Femtit, der den Drachen ritt.
Kaum hatten sie den Boden berührt, sprang Talitha aus dem Korb und zückte das Schwert.
Sie nahm den Schal mit dem Aritella-Gelee vom Gesicht und atmete tief die Gerüche des Krieges ein. Überall war Rauch, der schmerzhaft in die Lungen eindrang. Herzzerreißende Schreie hallten durch die Luft, stiegen hinter dem grauen Vorhang auf, der sich vor die brennenden Häuser geschoben hatte. Mit einem Mal tauchte aus dem Rauch undeutlich eine Gestalt auf. Talitha nahm nur das Funkeln einer Klinge wahr und riss das Schwert hoch, aber zu spät: Mit einem Schrei, den bluttriefenden Dolch fest in der Hand, die Miene verzerrt von einer Mischung aus Hass und Furcht, warf sich ein Talarit auf sie. Doch sein Lauf endete, bevor seine Klinge Talithas Brust auch nur streifen konnte. Er verdrehte die Augen, und eine Klingenspitze trat eine Handbreit aus seinem Bauch aus. Dann sackte der Mann in sich zusammen. Hinter ihm stand Melkise.
»Beweg dich, oder willst du dich abschlachten lassen?«, schrie er ihr zu und fuhr sofort wieder herum, um sich einem weiteren Gegner entgegenzustellen, und noch einem, und wieder einem. Es hatte etwas Ergreifendes für Talitha, wie er vor ihr hin und her sprang und sich breit machte, um sie zu beschützen.
Da schob sie alle Gefühle zur Seite und stürzte sich auf zwei Gardisten und durchbohrte sie, fast ohne Gegenwehr und mit dem vertrauten Schmerz im Arm. Es waren Soldaten einer anderen Einheit als in der letzten Schlacht: Dort bei den Minen hatten sie gegen Männer gekämpft, die für den Krieg ausgebildet waren, während ihnen hier in Oltero städtische Gardisten gegenüberstanden, die bisher nur mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung befasst und auf die offene Feldschlacht nicht vorbereitet waren.
Wohin Talithas auch sah, überall flohen Zivilisten zu Dutzenden. Die Augen vor Schreck geweitet, die Kleidung zerrissen und blutbesudelt, bei diesem Anblick fiel es Talitha schwer, sie als Feinde zu betrachten. In ihren Gesichtern war keine Spur mehr jener Herren, die Saiph an einem warmen Abend in einem früheren Leben vor den Priesterinnen und Novizinnen fast zu Tode geprügelt hatten, und auch den gleichgültigen Blick ihres Vaters erkannte sie nicht, als er damals einen jungen Sklaven wegen vermeintlichen Diebstahls hatte hinrichten lassen. Was sie allerdings in diesen Gesichtern wiedererkannte, war die Panik der Sklaven, wenn der Stock auf sie niederfuhr, das Entsetzen der in den Minen des Eisgebirges zu Tode gebrachten Femtiten, das Antlitz aller Opfer Talarias. Ihr Zorn verrauchte, der Wunsch zu kämpfen schmolz wie der Schnee in Sesshas Enar, an dem Tag, als es dort geregnet hatte.
Ein weiterer Gardist stellte sich ihr entgegen, und Talitha ließ Verbas Schwert rasend schnell durch die Luft wirbeln und streckte ihn nieder. Je mehr Feinde sie tötete, desto stärker wurde sie, und jeder Schlag traf.
Da vernahm sie hinter sich einen Schrei, der höher als die anderen klang. Sie fuhr herum und sah ein junges Mädchen, fast noch ein Kind, das vielleicht gerade einmal dreizehn Jahre alt war und ein von Blut und Schlamm verdrecktes Nachthemd trug. Einen Dolch in der Hand, stürmte sie mit verzweifelter Miene, wie jemand, der nichts mehr zu verlieren hat, auf Talitha zu. Die wich ihrem Stoß aus, doch schon holte das Mädchen wieder aus und wollte erneut zustechen, zornig und wahllos, die Augen voller Tränen. Talitha packte ihr Handgelenk und drehte es um, sodass der Dolch zu Boden fiel.
»Warum, warum, warum …!?«, schrie das Mädchen und zappelte wie von Sinnen. »Warum tut ihr uns das an?«
Entgeistert stand Talitha da und wusste nicht, was sie antworten sollte.
Da tauchte ein Rebell aus dem Rauch auf, und als er sah, was dort geschah, hob er das Schwert und rief Talitha zu: »Halt sie gut fest, ich haue ihr den Kopf ab.«
»Lass sie, sie ist doch noch ein Kind«, hielt sie ihn auf, wobei sie ihr Schwert hochzog und seines blockierte.
»Unsinn! Sie ist eine verdammte Talaritin«, schrie der Femtit. »Wenn sie alt genug zum Kämpfen ist, ist sie auch alt genug zum Sterben«, setzte er hinzu, während er ein wenig in die Knie ging und mit leicht bebenden Händen zum tödlichen Schlag ausholte.
»Lass sie, habe ich gesagt!«, herrschte Talitha ihn an. »Wenn du nicht gleich verschwindest, bin ich es, die dir den Kopf abschlägt!«
Erschrocken wich der Mann zurück, zögerte einen Moment, spuckte dann einmal kurz verächtlich vor Talitha aus und stürzte sich wieder ins Getümmel.
Das Mädchen kniete am Boden und ließ den Tränen freien Lauf. Im Eingang des Hauses, aus dem sie aufgetaucht war, sah Talitha eine Frau am Boden liegen, die Brust von einem Schwerthieb aufgerissen. Die Ähnlichkeit mit dem Mädchen war beeindruckend. Ein heftiger Schauer durchfuhr Talithas Glieder, und sie kniete bei dem Mädchen nieder und nahm die junge Talaritin in den Arm. »Ganz ruhig, ganz ruhig …«, murmelte sie und merkte, dass sie mehr sich selbst beruhigen wollte, denn das Herz raste ihr in der Brust. Dann ließ sie den Arm sinken und sah dem Mädchen in die Augen. »Lauf weg und versteck dich irgendwo, in einem Schrank, einer Truhe, egal wo, aber man darf dich nicht finden. Und wenn es dann dunkel ist, verlässt du den Ort. Verstanden? Das ist deine einzige Chance.«
Das Mädchen nickte, sprang auf und rannte davon. Schon nach wenigen Schritten hatte der Rauch sie verschluckt.
Zur sechsten Stunde nach Sonnenaufgang war alles vorüber.
In den Gassen türmten sich die Leichen, und die wenigen überlebenden Talariten, die nicht hatten fliehen können, waren auf dem Hauptplatz zusammengetrieben worden, während die gefangenen Gardisten gefesselt am Boden lagen und auf den Tod durch das Schwert oder durch Hunger und Durst warteten.
Inmitten dieses Todesszenariums feierten die Femtiten. Überall hörte Talitha Jubelschreie, sah strahlende Gesichter. Flaschen mit Purpursaft kreisten. Sie hatten gesiegt, hatten die Ketten einer jahrhundertelangen Sklaverei abgeworfen.
Es war richtig, dass sie feierten, dachte Talitha. Und gern hätte sie sich ihrem Jubel angeschlossen, aber es gelang ihr nicht. Der Blick des Mädchens verfolgte sie, er war tief in ihren Geist eingedrungen.
Die Rebellen hatten alle Häuser durchkämmt, und viele tanzten in den Kleidern der Toten herum und führten pantomimisch Szenen auf, in denen ihre früheren Herren und deren Hochmut verhöhnt wurden. Talitha fragte sich, was das für Leute waren, denen diese Kleider einmal gehört hatten, welche Geschichten sich hinter den Dingen verbargen, über die sich die Femtiten hermachten, dem Essen, das sie mit beiden Händen in sich hineinstopften.
»Willst du einen Schluck?«
Talitha schrak aus ihren Gedanken auf. Melkise stand mit einer halbleeren Flasche in der Hand neben ihr.
Talitha hatte nicht die Kraft abzulehnen und nickte langsam. Während ihr der Saft die Kehle hinunterlief, hatte sie das Gefühl, er schmecke nach Blut, aber als er sich dann warm in ihrem Inneren ausbreitete, tat er ihr doch gut.
»Alles in Ordnung«, fragte Melkise und setzte sich.
»Ja, ich bin nur erschöpft.«
Er schwieg einige Augenblicke und sah sie aufmerksam an. Kein Zweifel, sie war nicht erschöpft, sondern erschüttert.
»So ist der Krieg, Talitha. Er ist nie anders gewesen. Oder hast du das etwa erwartet?«
Sie wusste nicht, was sie antworten sollte. Ihre Gedanken waren wieder bei dem jungen Mädchen, und sie fragte sich, wo sie stecken mochte. Die Leiche ihrer Mutter war mit den anderen toten Talariten auf einem großen Scheiterhaufen verbrannt worden.
»Krieg bedeutet Tod, Blut, Leid … hin und wieder unterbrochen vom Jubel nach einer gewonnenen Schlacht. Aber der ist immer von kurzer Dauer«, erklärte Melkise und betrachtete die feiernden Rebellen.
»Die Talariten haben entsetzliche Grausamkeiten verübt. Haben sie nicht verdient, was jetzt mit ihnen geschieht?«, murmelte Talitha.
»Schon, aber die Femtiten werden vielleicht bald noch schlimmer wüten, du wirst sehen«, erwiderte Melkise und nahm noch einen weiteren Schluck.
»Und warum bist du dann hier und kämpfst mit uns, wenn du so denkst?«
»Seit ich damals beschlossenen habe, Grif in Sicherheit zu bringen, habe ich keine andere Wahl mehr. So ist das nun mal. Aber die wichtigere Frage ist doch: Bist du immer noch der Ansicht, dass dies ein gerechter Krieg ist?«
»Die Femtiten haben ein Recht auf Freiheit.«
»Egal um welchen Preis?«
Talitha schwieg.
Melkise nahm noch einen Schluck und reichte ihr die Flasche.
Sie nahm sie und hoffte, dass der Alkohol jeden Zweifel, jeden Schmerz betäuben würde. So ist eben der Krieg, sagte sie sich – wieder einmal.
Dieser Satz hallte mit einem düsteren Echo in ihr nach.