In Galway sieht man immer mehr osteuropäische Familien, die mit verblüfftem Gesichtsausdruck durch die Straßen ziehen. Der Vater mit schwarzer Kunstlederjacke, die Mutter ein paar Schritte dahinter mit den alten Einkaufstüten von Dunne’s, und die Gören in gefälschten Designer-Sportklamotten. Adidas oder Nike falsch geschrieben. So eine Familie kam vorbei, und ich bat sie herein, sagte:
»Essen, essen.«
Auch zwei Penner, nur eine Handbreit vom heulenden Entzug entfernt, versammelte ich. Ich setzte sie hinter große Jamesons, und sie stopften sich die Taschen mit Klappstullen voll. Der Geschäftsführer schlug die Augen gen Himmel, starrte dann auf seine Uhr. Schien wenig Trost zu spenden. Die Tür wurde aufgestoßen, und, Zigarettenrauch hinter sich herflattern lassend, marschierte P. Malachy ein, ging an den Tresen, orderte einen großen Paddy. Ich war nie sicher gewesen, ob er meine Mutter mochte, aber er verbrachte unmäßig viel Zeit in ihrer Gesellschaft. Seines Abscheus mir gegenüber dagegen war ich mir todsicher. Margaret und ich beobachteten, wie er sich uns näherte. Er warf einen vernichtenden Blick auf die Meute, die vom Buffet fraß, sagte:
»Zweifellos Freunde von dir.«
Ich streckte ihm die Hand hin, aber er ignorierte sie, starrte Margaret an, fragte:
»Sind Sie ein Mädel aus Galway?«
Mädel!
Ihre Stimme nahm den jahrhundertealten Tonfall an, den irische Frauen angesichts der Klerisei draufhaben. Sie sagte:
»Ja, Herr Pfarrer.«
Er kippte den Whiskey, die Backen knallrot, fragte:
»Und was im Namen des Herrn fangen Sie dann mit dieser Landplage an?«
Bevor sie antworten konnte, sagte ich:
»Ich weiß die Hilfe zu schätzen, die Sie meiner Mutter haben zukommen lassen, aber passen Sie auf, was Sie sagen.«
Er fuhr zu mir herum, Spucke befleckte seine schwarzen Rockaufschläge, sagte:
»Deine Mutter, Gott gebe ihr die Ruhe, ist endlich deiner ledig.«
Einen Priester zu verhauen wird nie gesellschaftlich akzeptabel sein. Populär vielleicht, aber nicht offen geduldet. Ich zog es kurz in Erwägung, griff aber stattdessen nach meinem Portemonnaie, sagte:
»Sie werden Ihre Auslagen erstattet haben wollen.«
Ihm traten die Augen aus dem Kopf, und er war fast froh, dass ich ihm eine Vorlage gegeben hatte. Er sagte:
»Geld! Von deinesgleichen? Eher würde ich nach England gehen, als dass ich es so weit kommen lasse.«
»Ist das ein Nein?«
Ich hörte jemanden kommen, drehte mich um und sah Polizeimeister Keogh, in dunklem Anzug. Einer der wenigen Polizisten aus alter Zeit, die mich noch zur Kenntnis nahmen. Er sagte den klassischen Spruch irischen Mitgefühls:
»Tut mir leid, was Sie für Ärger hatten.«
Ich besorgte ihm ein Getränk, und wir stellten uns ans Ende des Tresens. Ich warf einen raschen Blick zurück und sah, wie Malachy Margaret eine Zigarette anbot, einen frischen Drink in der Faust. Keogh fragte:
»Ist sie leicht gegangen?«
Ich nahm mal an, dass er meine Mutter meinte, sagte:
»Leicht war nichts in ihrem Leben.«
Er nickte, dann:
»Sie wird Ihnen zweifellos fehlen.«
Er versuchte, nett zu sein, und ich beließ es dabei. Ich fragte:
»Haben Sie je was von den Pikenträgern gehört?«
Seine Augen brüllten: »Ja«, und er antwortete:
»Die Menschen haben es satt, wie die Dinge auf legale Art und Weise gehandhabt werden.«
Er lachte kurz, fügte hinzu:
»Oder sollte ich sagen: nicht gehandhabt werden.«
Ich wartete, und er überlegte, dann:
»Es sind nur wenige. Ohne ihren Anführer würden sie sich auflösen.«
Mrs Bailey und Janet waren in der Seelenmesse gewesen und hatten große Blumensträuße geschickt. Ich war froh, dass sie nicht hier waren, um diesen Trümmerhaufen von einem Empfang zu sehen.
Der Polizeimeister trank aus, sagte:
»Ich muss dann mal wieder los, Jack.«
»Danke fürs Kommen.«
Die Ausländerfamilie war weg, und das viele Essen war auch weg. Die Penner brachten sich in Form für eine Balgerei. Ich sagte:
»Zeit zu gehen, Jungs.«
Und ich steckte ihnen eine Flasche Irischen zu, einer fragte:
»War das eine Hochzeit?«
»Nein, eine Beerdigung.«
Plötzlich warf er die Arme um mich, sein Körpergeruch überwältigte mich fast, während er mich fast zerquetschte, sagte:
»Du sei jetzt stark, Großer.«
Als sie gingen, drehte er sich um, machte das Zeichen des Kreuzes, sagte:
»Gott segne hier alle.«