Ich weiß nicht, was das ist mit Beerdigungen und dem Wetter. Also irischen Beerdigungen. An Regen haben wir uns gewöhnt. Es ist der Westen Irlands; Regen können wir. Aber bei Beerdigungen, bei jeder einzelnen Beerdigung, pladdert es wie was Persönliches.
Die Beerdigung meiner Mutter war keine Ausnahme.
Goss pausenlos, wie Sau. Eine große Menschenmenge, meist Leute von ihrer Kirche. Am Grab ihr altes Faktotum, meine alte Nemesis, P. Malachy, märte sich aus über Staub zu Staub. Ich sah die Gesichter der versammelten Trauernden an. Sie waren angemessen traurig. ’türlich trug das Gegieße nicht zur Aufhellung der Gemüter bei. Als einziger Sohn war ich der Haupttrauertragende, aber es gelang allen, mich zu ignorieren. Wenn der Tod einen Geist der Versöhnung mit sich bringt, so hatte man vergessen, die Anwesenden einzuweihen. Schließlich war Malachy fertig und tröpfelte Weihwasser auf die Kiste. Die Totengräber begannen meine Mutter abzuseilen und bedeuteten mir, ich solle mitmachen. Sie wog nichts, überhaupt nichts. Er sah, nein, bleckte mich an. Ich griff mir eine Handvoll Erdreich, und er schüttelte den Kopf. Ich dachte: »Du mich schon lange«, und ließ es auf den Sarg fallen.
Als das vollbracht war, trat ich zurück, und Margaret nahm meine Hand. Malachy bemerkte es und runzelte die Stirn. Ich drückte kräftig ihre Finger. Wellewulst, uns gegenüber, bekreuzigte sich und ging weg.
Ich räusperte mich, sagte:
»Ämm, danke fürs Kommen. Ich habe was in Hollywood’s Bar reserviert, wegen … ämm … was zu essen, Erfrischungen … Sie sind alle eingeladen … Vielen Dank.«
Und kam mir vor wie der letzte Arsch.
Sie kamen nicht.
Nur Margaret, Wellewulst, und Tische voll Klappstullen, Thermoskannen mit Tee, Kaffee und fünf Zapf- und Servierkräfte. Irgendwann wurde der Geschäftsführer hibbelig und fragte:
»Erwarten Sie noch mehr … Gäste?«
Ich schüttelte den Kopf.
Margaret nahm eine Klappstulle. Dem Essensberg sah man das nicht an. Sie versuchte abzubeißen, sagte:
»Dein Freund, der, dem die Kneipe gehört?«
»Jeff, und seine Frau Cathy.«
Sie war nervös, tat ihr leid, dass sie sie erwähnt hatte, und ich sagte:
»Sind nicht gekommen.«
Ich gab keine Erklärung, weil ich keine hatte. Wellewulst, die an einem O-Saft herumspielte, sah fast hübsch aus. Ein dunkles Kostüm, mit modisch geschnittenem Rock, weiße Bluse mit einer Andeutung von Dekolleté. Aus der Nähe betrachtet, war das Ganze dann leider mieseste Verarbeitung; was sie auch sonst sein mochte, eine Schnäppchenjägerin war sie. Ich sagte:
»Schön sehen Sie aus.«
Nur wegen des traurigen Anlasses stand unsere Beziehung beileibe nicht davor, ins Intime abzukippen. Sie bedachte mich mit dem üblichen eisigen Blick, sagte:
»Es ist eine Beerdigung, wer sieht schon schön aus?«
Sie sagte, sie muss zum Dienst, und ich brachte sie an die Tür. Ich sagte:
»Danke, dass Sie gekommen sind.«
Nichts zu wollen. Sie sah mich an, fragte:
»Haben Sie ihn umbringen lassen?«
»Tim Coffey?«
Sie starrte mich an, und ich protestierte:
»Nein, natürlich nicht. Heiland, was soll das denn.«
Sie sah zu Margaret hinüber, sagte:
»Sie tut mir leid.«
Mir fiel nichts Diplomatisches mehr ein.
Sie fügte hinzu:
»Sie schmachten doch immer noch nach der frischgebackenen Witwe, Ann Coffey, oder heißt sie Henderson?«
Das fand ich etwas schäbig, passend zur schäbigen Garderobe, sagte:
»Das war ein bisschen happig. Ich mag Margaret.«
Sie ließ die Mundwinkel nach unten zucken, ein hässliches Stück Mimik, wandte sich zum Gehen, sagte:
»Mögen kann man viel.«