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Red Bear fuhr den BMW am Adlerschild vorbei ins Lager. Leons TransAm war weg; Leon war in der Stadt auf der Suche nach Terri Tait. Red Bear ging zu seinem Tempel hinüber und lauschte eine Weile. Von drinnen war nichts zu hören. Er holte seine Pakete aus dem Kofferraum und ging in seine Hütte.

Er nahm eine ausgiebige heiße Dusche und verbrachte viel Zeit damit, sich die Haare zu trocknen.

Anschließend sah er sich, immer noch nackt, den Inhalt seiner Päckchen an, die er allesamt übers Internet an eine Postfachadresse bestellt hatte. Als Erstes machte er ein mittelgroßes Paket auf. Darin befand sich eine hölzerne Kiste, nur Kiefer, aber gut geschreinert, mit sauber eingepassten Messingscharnieren, die einwandfrei funktionierten. Er hob den Deckel, und zum Vorschein kam eine Metzgersäge der Marke Northern Industrial auf einem Seidenfutter. Die Klinge war aus High-Carbon-Stahl und maß volle dreißig Zentimeter; der Rosenholzgriff schmiegte sich wie eine Maßanfertigung in seine Hand.

Aus einem anderen Päckchen zog er einen Satz Brennan-Metzgermesser in ergonomischem Design, um, wie die beigefügte Beschreibung versprach, »Ermüdung und Handgelenkverspannungen in der Fleischabteilung zu reduzieren. Dank dem senkrechten Griff haben SIE die Kontrolle über die Klinge.«

Dann kam das handelsübliche zwölf Zentimeter lange Ausbeinmesser, Fabrikat Forschner, mit der berühmten Forschner-Klinge – rostfreier High-Carbon-Stahl, handpoliertes Schweizer Fabrikat. Der Rosenholzgriff war ein Plus.

Als Nächstes ein zwölf Zentimeter langes Lamm-Messer mit einem billig aussehenden Kunststoffgriff, der ihm überhaupt nicht gefiel. Und ein fünfzehn Zentimeter langes Microban-Abhäutemesser, das seine Zustimmung fand. Er nahm das zwölf Zentimeter lange, biegsame Schinkenmesser heraus, ein siebzehn Zentimeter langes Filetiermesser mit einem von diesen widerwärtigen Fibrox-Griffen sowie ein Stechmesser, Marke Swibo, mit stehender Klinge. Für Letzteres schwebten ihm mehrere Einsatzmöglichkeiten vor.

In einem separaten Karton fand er das Henkel International id="kal0003602" Classic Fleischerbeil. Schwer, wie es sich für ein Fleischerbeil gehörte, »damit nicht Sie die ganze Arbeit haben«. Die Stahllegierung war von minderer Qualität als bei den Spitzenprodukten, doch der Griff war speziell für kleine Hände wie Red Bears geformt.

Er legte seine neuen Klingen neben seiner von führenden Küchenchefs empfohlenen dreistufigen, hochleistungsfähigen Diamant-Messerschärfmaschine zurecht. Das Gerät gab im Leerlauf ein angenehmes Summen von sich und machte ein beruhigendes Mahlgeräusch, wenn man ein Messer einlegte. Er liebte es, wie die Scheiben sich genau an die Klingen anpassten, und zwar jeweils exakt im richtigen Winkel, bei geraden, gebogenen oder gezahnten Messern.

Danach knipste er die Lichter aus. Im linken oberen Winkel seines Fensters bildete der letzte Rest des alten Mondes eine matt orangefarbene Sichel. Vor ihrer unteren Spitze trieben Wolkenfetzen. Morgen Nacht war Neumond. Von da an würden viele Nächte den nganga speisen. Er würde den mächtigsten Geist seiner Zaubererkarriere anrufen.

Das Mondlicht schimmerte auf seinen nackten Armen und Beinen. Er nahm das Stechmesser mit seiner dünnen, nadelartigen Spitze und wog es in der linken Hand. Mit der Rechten packte er das Forschner. Vor dem großen Spiegel warf er sich in Posen. Er begann zu tanzen. Die Klingen blitzten im Mondlicht, seine Muskeln wölbten sich. In seiner Vorstellung flossen die Farben ineinander, Scharlach- und Karmesinrot und, die satteste Farbe von allen, die Farbe von Blut im blei-chen Licht des Mondes – Pechschwarz.