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In dem staubigen Erdloch drangen die hallenden Rufe der Männer, die ihn jagten, an sein Ohr, und er bemühte sich, jeden Einzelnen in die Grenzen des Vergessens zu verweisen. Stimmen, rauh wie verkohlter Ginster. Der Junge lag zusammengekauert auf der Seite, den Körper z-förmig in die Kuhle gezwängt, sodass er sich kaum rühren konnte. Die Arme um die Knie geschlungen oder als Kissen unter den Kopf geschoben, eine winzige Nische für den Proviantsack. Mit Strauchwerk, Zweigresten vom Baumschnitt und zwei robusten Ästen, die gleichzeitig als Träger dienten, hatte er das Loch abgedeckt. Er reckte den Hals und hielt den Kopf in der Schwebe, um deutlicher hören zu können, spitzte mit zusammengekniffenen Augen die Ohren auf der Suche nach der Stimme, die ihn zur Flucht gezwungen hatte. Er fand sie nicht, auch kein Bellen, und war erleichtert, da er wusste, dass nur ein gut abgerichteter Köter sein Versteck aufspüren konnte, ein Retriever oder ein erfahrener Trüffelhund. Vielleicht noch ein englischer Bluthund, eines dieser Viecher mit kurzen, wolligen Beinen und Schlappohren, wie er sie einmal in einer der Zeitungen aus der Hauptstadt gesehen hatte.
Doch zu seinem Glück taugte die karge Ebene nicht für Exotik. Hier gab es nur Windhunde. Mageres Fleisch auf langen Knochen. Rätselhafte Tiere, die in vollem Tempo hinter Kaninchen herjagten und sich nicht erst mit Wittern aufhielten, allein dafür bestimmt zu hetzen und zu reißen. Mit roten Striemen als Erinnerung an die Peitschenhiebe ihrer Herren. Die gleichen, die in der kargen Heimat auch Frauen und Kinder zeichneten. Und nun hockte er in seinem kleinen staubigen Erdloch. Verloren zwischen Hunderten von Gerüchen, die die Tiefe gewöhnlich den Würmern und Toten vorbehält. Gerüche, denen er nicht ausgesetzt sein sollte, die er gesucht hatte. Gerüche, die ihn von der Mutter entfernten.
Sobald der Junge Windhunde sah oder an sie dachte, kam ihm ein Mann aus dem Dorf in den Sinn. Ein Krüppel, der auf einem dreirädrigen Gefährt durch die Gassen holperte, vorne eine Kurbel, an der er gebeugt wie ein Leierkastenspieler drehte. Am späten Nachmittag ließ dieser stets die Häuser hinter sich und fuhr die gestampften Lehmwege ab, die einzigen, die er mit seinem Rollstuhl bewältigen konnte. Die Hunde begleiteten ihn, an ausgefranste Hanfseile geleint, die ihnen um die Hälse gebunden waren. Es war ein erbärmlicher Anblick, wenn der Mann in seinem unbeholfenen Gefährt durch die Gegend streifte, und er hatte sich immer gefragt, warum er seinen Karren nicht von den Tieren ziehen ließ. In der Schule erzählte man sich, sobald der Krüppel eines seiner Viecher leid sei, knüpfe er es an einem Olivenbaum auf. In seinem kurzen Leben hatte der Junge bereits Dutzende von gehenkten Hunden gesehen, die an fernen Bäumen auslüfteten. Mit verrenkten Knochen gefüllte Fellsäcke, wie riesige Kokons.
Er spürte die Nähe der Männer und machte sich bereit, keinen Laut von sich zu geben. Schon hörte er seinen Namen vielfältig zwischen den Bäumen schallen wie ein Echo. In seinem Versteck kauernd dachte er, darin bestünde vielleicht sein ganzer Trost: zu hören, wie sie bei Tagesanbruch zwischen den Olivenbäumen ein ums andere Mal nach ihm riefen. Er erkannte die Stimmen des Schankwirts und eines der Maultiertreiber, die den Sommer im Dorf verbrachten. Obwohl er die Stimmen nicht unterscheiden konnte, vermutete er, dass auch der Briefträger und der Korbmacher dabei waren. Unverhofft erfüllte ihn ein warmes Wohlbehagen. Eine dumpfe, kindliche Aufwallung, die ihm Gänsehaut bereitete. Er fragte sich, ob sie genauso eifrig nach seinem Bruder suchen würden, ob es diesem auch gelänge, so viele Männer auf den Plan zu rufen. Angesichts dieses vielstimmigen Chors spürte er, dass er uralte Gemeinschaftsbande entstaubt hatte, und für einen Moment verzog sich sein Groll gegen die Häscher. Er hatte es geschafft, die Männer des Dorfes um sich zu scharen, all die kräftigen, sonnengegerbten Arme, die den Pflug in der Erde versenkten und das Korn in die Tenne füllten. Er hatte ein Ereignis ausgelöst. Die Notwendigkeit, sich zusammenraufen zu müssen, hatte alte Feinde womöglich gezwungen, gemeinsam die Ärmel hochzukrempeln. Er fragte sich, ob in ein paar Wochen oder Jahren noch etwas von diesem Ereignis bliebe. Ob man nach der Messe oder in der Schenke darüber redete. Er dachte auch an seinen Vater, stellte sich vor, wie er dem einen oder anderen Dorfbewohner den Vorfall erklärte. Sah ihn, wie üblich, Untröstlichkeit heucheln. Wie er allen erzählte, sein Junge sei auf Rebhuhnjagd gegangen und sicher in einen Brunnenschacht gestürzt. Das Unheil habe es wieder einmal auf seine Familie abgesehen und Gott ihm nun auch noch sein Fleisch und Blut genommen. Der Junge wiegte den Kopf zwischen den Knien, als könnte er diese Gedanken abschütteln. Doch das Bild des Vaters, beflissen und kriecherisch, holte ihn erneut ein, in Begleitung des Polizeiwachtmeisters. Eine Erinnerung, die wie keine andere im Inneren seines Körpers für Aufruhr sorgte. Angestrengt spitzte er die Ohren, ohne die Stimme des Polizeiwachtmeisters ausmachen zu können, doch selbst ihr Fehlen bereitete ihm Panik. Er stellte sich vor, wie er bei der Olivenernte, die Zigarre im Mundwinkel, hinter dem Trupp von Erntehelfern herstapfte, der die Oliven von den Bäumen klopfte. Wie er Erdklumpen zertrat oder sich bückte, um eine Olive aufzuklauben, die vom letzten Klopfdurchgang liegengeblieben war. Die Uhrkette unter dem Jackett hervorschauend. Der braune Filzhut, die Krawatte, der einschnürende Kragen, der Schnurrbart, penibel mit Zuckerwasser hochgezwirbelt.
Eine Männerstimme, nur wenige Meter vor seinem Loch, riss ihn aus seinen Gedanken. Es war der Lehrer. Er redete mit jemandem, der etwas weiter entfernt lief. Der Junge fühlte, wie sein Herz zu rasen begann und das aufwallende Blut heftig in seinen Adern pochte. Die Schmerzen vom stundenlangen Kauern trieben ihn nach draußen, er zog sogar in Betracht, die ganze Sache sofort aufzugeben. Immerhin hatte er nicht gemordet, niemanden bestohlen oder Gott gelästert. Er war schon drauf und dran, die Zweige, die das Loch verdeckten, beiseitezuschieben, um die Männer in seiner unmittelbaren Nähe auf sich aufmerksam zu machen. Sie würden einander auffordern, still zu sein, den Kopf umwenden und in die Richtung lauschen, aus der das Geräusch gekommen war. Sie würden Blicke austauschen und sich lautlos an den Haufen von Geäst heranschleichen, gespannt, ob sie dort ein Kaninchen entdeckten oder den verlorenen Jungen. Dann würden sie die Äste entfernen und ihn gekrümmt am Boden hocken sehen. Er würde eine Ohnmacht vortäuschen, was mit den Lehmresten, der feuchten Kleidung und dem verdreckten Haar das Bild seines kurzen Triumphs perfekt machen würde. So wäre ihm wenigstens ein Moment der Genugtuung vergönnt. Auf die Rufe der Männer würden die anderen herbeieilen. Unter ihnen, keuchend, der Vater, zunächst freudestrahlend und frohgemut. Sie würden sich aufgeregt um das Loch drängen, bis ihm kaum noch Luft zum Atmen bliebe. Ein Streichholz im Augenblick des Zündens, mächtig auflodernd, aber ohne jede Spur der honigsämigen Flamme, die das Holz schließlich verzehrt. Unter Freudengeheul würden sie ihn ausgraben, und die rüden männlichen Umarmungen würden kleine Staubwolken von seinen Schultern aufwirbeln. Schließlich Heimkehr ins Dorf auf einer Tragbahre, begleitet von Ernteliedern und lauwarmem Wein aus Lederflaschen, die rauhe Hand des Vaters auf seiner schmächtigen olivbraunen Brust. Vergnüglicher Auftakt eines Dramas, in dem zunächst alle in der Schenke landeten, bevor jeder zu sich heimkehrte. Am Ende die dicken steinernen Hauswände, die das Dach stützten und die Zimmer kühl hielten, als einzige Zeugen. Vorspiel für den abgewetzten Gürtel des Vaters. Die Kupferschnalle, die die ranzige Küchenluft zerschlitzt, blitzschnell und doch nicht imstande, je wieder Glanz zu erzeugen. Die Szene seiner geheuchelten Erschöpfung am Boden des Schachts würde sich am Ende gegen ihn kehren.
Er erkannte den Lehrer, als dieser sich schon fast über ihm die Nase schneuzte. Ein schleimhäutiges Getöse, das das trockene Taschentuch erzittern ließ, bei dem die Kinder in der Schule jedes Mal Blut und Wasser schwitzten, um nicht loslachen zu müssen. Der Schatten des hageren Körpers huschte über sein Blätterdach. Er schloss die Augen und presste die Lippen zusammen, während der Mann auf den Haufen aufgeschichteter Zweige pinkelte.
Der Junge ließ noch viel Zeit verstreichen, nachdem er die letzte Stimme fern von seinem Fleckchen Erde hatte verklingen hören. Er wollte sichergehen, dass er niemanden mehr antreffen würde, wenn er die Äste entfernte. Er war bereit, so lange auszuharren wie nötig. Weder die Stunden unter der Erde noch der Urin seines Lehrers, der ihm das Haar verklebte, oder der Hunger, der ihn hinaustrieb, waren ihm Grund genug, sein Vorhaben aufzugeben. Denn noch nagte in seinem Magen der schwarze Schatten der Familie. Er nickte ein.
Als er erwachte, stand die Sonne hoch am Himmel. Die grellen Strahlen, die durch das Dach aus Strauchwerk einbrachen, zeichneten schwache Lichtnadeln, in denen Staubkörner schwebten, auf sein Knie. Kaum hatte er die Augen aufgeschlagen, spürte er seine tauben Muskeln. Seiner Schätzung nach hockte er seit sieben oder acht Stunden in diesem Loch, und er beschloss, endlich hinauszuklettern. Behutsam hob er den Kopf, bis er mit dem Haarschopf an die Abdeckung stieß. Der Hals wie ein eingerostetes Scharnier. Langsam und steif richtete er sich auf und schob ein paar Zweige beiseite, um Ausschau zu halten und sich davon zu überzeugen, dass sich wirklich niemand mehr in der Nähe befand. Er könnte hinausklettern und in nördliche Richtung losmarschieren, da er von einer Wasserquelle wusste, einer Tränke, zu der die Maultiertreiber ihre Tiere führten. Dort könnte er sich im Schilfgras verstecken und einen Moment der Unachtsamkeit abwarten, um sich auf den Wagen von einem der fahrenden Händler zwischen Pfannen und Kniehosen zu schmuggeln und erst viele Kilometer vom Dorf entfernt wieder hervorkriechen. Doch er machte sich nichts vor. Um zur Wasserstelle zu gelangen, müsste er am helllichten Tag offenes Gelände durchqueren, nur hier und da ein Steinhaufen als Deckung. Auf der weiten Ebene würde jeder Schäfer oder Jäger in seiner schmächtigen Gestalt sofort die des vermissten Jungen erkennen. Ihm blieb also nichts weiter übrig, als noch bis zur Abenddämmerung in seinem Schlupfloch auszuharren, bis zu dem Moment also, wenn seine drahtigen Gliedmaßen für trockenes Gestrüpp oder irgendeine vage Gestalt im orange schimmernden Gegenlicht der untergehenden Sonne gehalten werden konnten. Er rückte die Zweige wieder an ihren Platz zurück und kauerte sich nieder.
In seinem Gefängnis beobachtete er Käfer, Spinnen und vor allem Würmer. Er tastete sich zu der Nische vor, in die er den Proviant gestopft hatte. Zog den Leinensack auf und nahm ein Stück Räucherwurst heraus, in das er vorsichtig hineinbiss. Dann trank er lauwarmes Wasser aus dem Schlauch, der sich während des tagelangen Wartens vor der Flucht in seinem Versteck wie eine tote Katze aufgebläht hatte. Schon bald spürte er, wie sich seine Blase füllte. Die geduckte Haltung drückte schmerzlich, und schließlich entwichen ihm ein paar Tropfen. Als der Druck unerträglich wurde, versuchte er, sich die Hose herunterzustreifen. Mühselig machte er sich am Hosenstall und am Gürtel zu schaffen, eingeengt, kaum Platz, sich zu rühren. Er erwog, kurz aus dem Loch zu klettern, fürchtete aber, von weitem gesehen zu werden oder irgendeine noch so unbedeutende Spur für den Trupp zu hinterlassen, der sicherlich weiterhin nach ihm suchte. Nach einer Weile gelang es ihm, den Hosenbund gerade so weit herunterzuziehen, dass seine Pobacken frei wurden. Er schob sein Glied zwischen die Beine und versuchte, es möglichst vom Körper wegzuhalten, doch als er wegen der Enge seines Verstecks mit der Vorhaut an seine Waden stieß, konnte er nicht länger an sich halten und ließ sich gehen wie ein ins Rollen geratener Stein. Nach all den Stunden, die er dort am Boden des Erdlochs gekauert hatte, war die plattgedrückte Tonerde zu einem Becken geworden, in dem sich nun eine Urinpfütze bildete. Die phosphorhaltige Luft verwandelte seinen Unterschlupf in einen Giftherd. Er reckte sich und verrenkte den Kopf, um mit dem Mund einen Spalt in der siebartigen Abdeckung aus Zweigen zu finden, bemüht, Luft von draußen einzuatmen. Es trieb ihn geradezu an die Oberfläche, und es kostete ihn Mühe, das Dach nicht aufzubrechen und in dem Olivenhain aufzutauchen. Er schloss die Augen und krallte sich an die Wurzeln, die zum Sterben verurteilt ins Loch ragten. Nach endlosen Minuten unermesslicher Anspannung, die seine Haltung hervorrief, spürte er die Verkrampfung seiner Muskeln, und da befiel ihn plötzlich eine lähmende Erschöpfung, die ihn zwang loszulassen und sich wieder in die Form des Erdlochs einzupassen. Die feuchte Schwüle betäubte ihn, und die aufgeweichte Tonerde, auf der sein Kreuz ruhte, bereitete ihm ein dumpfes Unbehagen. Eine Benommenheit, die ihn eindämmern ließ.
Geweckt wurde er von einem Blätterrascheln, das von draußen kam, zu einer Tageszeit, als das durch die Abdeckung einsickernde Licht nahezu gänzlich an Kraft verloren hatte. Dem Geräusch nach vermutete er einen kleinen Nager, der am Boden herumschnüffelte. Er musste sich schleunigst entknoten, den Brustkorb strecken, sich den Lehm abschütteln, seine Hose auslüften, einfach raus aus dem Loch. Ihm blieb einzig, sich zu vergewissern, dass das Geräusch, das ihn geweckt hatte, keine Gefahr für ihn bedeutete. Er reckte den Oberkörper und hob die geschichteten Zweige ganz leicht mit dem Kopf an, sodass sich ein schmaler Spalt auftat, durch den er etwas sehen konnte. Wenige Zentimeter von seinem Unterschlupf entfernt durchstöberte eine Feldmaus mit der Schnauze die eingerollten Blätter der Olivenbäume. Zweig für Zweig baute der Junge sein kleines Dach ab, streckte den Kopf hinaus und ließ ihn wie ein Periskop in alle Richtungen kreisen, bis er den gesamten Olivenhain abgesucht hatte. Außer der Maus, die zwischen den aufgehäuften Resten vom Baumschnitt verschwand, konnte er keinen weiteren Hinweis auf Leben entdecken. Als er aus seinem Loch hinauskroch, hatte das fahle Licht eine staubig rötliche Textur angenommen. Keine Sonne mehr am Horizont, nur ein blassgelber Lichtschimmer, der von Westen schräg auf die Ebene fiel und die Schatten auf den Stoppelfeldern in die Länge zog. Der Junge streckte sich in jede erdenkliche Richtung. Wand sich, ging in die Hocke, erhob sich, stampfte mit den Füßen auf und vergaß für einen Moment, dass er sich auf der Flucht befand, weshalb er nicht auf die regelmäßigen Lehmmuster achtete, die sich von seinen Sohlen lösten. Seine Hose war nach wie vor feucht. Er spreizte die Beine und zog mit den Fingern an dem auf der Haut klebenden Stoff. Hätte er sich im Winter davongemacht, so dachte er, würde er jetzt erfrieren.
Schon vor Monaten hatte er sich diesen Platz gesucht, die dem Dorf nächstgelegene bewaldete Fläche. Damals hatte er weder gewusst, zu welcher nächtlichen Stunde er fortkommen, noch wie viel Zeit ihm zur Verfügung stehen würde, um sein Versteck zu erreichen. Wäre er in eine andere Richtung geflohen, hätten ihn seine Häscher noch aus Hunderten von Metern Entfernung erspäht. Hier boten ihm wenigstens die Olivenbäume einen gewissen Schutz. Innerhalb dieser Parzelle hatte er wiederum den nördlichen Rand gewählt, von dem aus sich ihm die umfassendste Sicht auf die gesamte Ebene bot, mit der er es würde aufnehmen müssen.
Er entkleidete sich und hängte seine Sachen über ein paar tieferliegende Äste, um sie auszulüften. Ihm fiel seine gedunsene Haut auf und dass er übel roch. Umherflatternde Ringeltauben suchten zwischen den Baumwipfeln nach einer Zuflucht für die Nacht. Nachdem er sich den Körper nach Art der Elefanten mit trockener Erde abgerieben hatte, fühlte er sich besser. Er zog den Proviantsack aus dem Erdloch hervor und schritt die Olivenbaumreihe ab, die unmittelbar an die weite Ebene grenzte, bis er eine Stelle gefunden hatte, die ihm zusagte. Dort setzte er sich nackt, wie er war, auf den Boden und lehnte den Rücken an einen knorrigen Baumstamm. Die kleinen Steinchen bohrten sich ihm in die Pobacken, und die Baumrinde stach ihn in den Rücken. Als er es sich einigermaßen bequem gemacht hatte, kramte er einen Brocken Hartkäse und einen Brotkanten aus seinem Proviantsack hervor. Während er den Käse verschlang, schaute er zu, wie die Nacht sich der Erde bemächtigte. Über seinem Kopf gurrten die Tauben in den Wipfeln der Olivenbäume. Mit seinen fettigen Fingern schälte er die Rinde ab und machte, als er fertig war, Anstalten, sie wegzuwerfen, hielt aber mitten im Schwung inne, gerade noch rechtzeitig, bevor das Stück durch die Luft flog. Er musste an die Männer denken, die am Morgen nach ihm gerufen hatten. Er drehte sich zum Olivenhain um und stellte sich die dunklen Gestalten seiner Verfolger vor und wie sie seinen Namen riefen. Dann wandte er sich wieder der kargen Ebene zu und verstaute den restlichen Proviant in seinem Leinensack. Da aber sein Hunger noch lange nicht gestillt war, durchwühlte er erneut seine Habseligkeiten, obwohl er wusste, wenn er jetzt den restlichen Käse verzehrte, bliebe ihm nur noch eine halbe Räucherwurst. Die packte er aus und hielt sie sich unter die Nase. Mit geschlossenen Augen sog er den aromatischen Duft von Pfeffer und Zimt ein. Leckte an der Fleischstange. Als er gerade hineinbeißen wollte, erschienen ihm erneut die Schatten seiner Häscher, und so blieb ihm nur, die Wurst für einen Moment noch größerer Not aufzuheben, der zweifellos nicht lange auf sich warten lassen würde.
Eine ganze Weile wischte er sich mit der Zunge über das Zahnfleisch, um den beißenden Nachgeschmack des Käses loszuwerden. Dann nagte er ein wenig am Brot, trank einen Schluck Wasser aus dem Lederschlauch und legte sich am Boden hin, den Kopf auf eine überstehende Wurzel des Olivenbaums gebettet. Der Himmel war in Schwarzblau getaucht. Die Sterne hoch oben wie Intarsien einer Glaskugel. Die Ebene vor ihm schüttelte gerade das Leid ab, das die Sonne ihr während des Tages zugefügt hatte, und verströmte den Geruch nach verbrannter Erde und verdorrter Wiese. Ein weißer Steinkauz huschte über seinen Kopf hinweg und verlor sich zwischen den Wipfeln der Bäume. Er dachte, es gebe keinen Ort, der dem Dorf, in dem er sein ganzes Leben zugebracht hatte, fremder sei.