Bewegungserfahrungen
Nachdem wir uns zunächst auf das Innere des Flugzeugs konzentriert haben, ist es nun Zeit für einen weiteren Blick aus dem Fenster. Alles, was in der Nähe ist – eine Wolke beispielsweise –, scheint mit hoher Geschwindigkeit vorbeizufliegen, während sich Dinge in großer Entfernung kaum zu bewegen scheinen. Was geschieht da?
Experiment – Spielen mit der Parallaxe
Schauen Sie aus dem Flugzeugfenster und halten Sie im Abstand von etwa 30 Zentimetern einen Finger vor Ihrem Gesicht hoch. Schließen Sie das rechte Auge und schauen Sie den Finger mit dem linken Auge an. Achten Sie dabei darauf, wo sich Ihr Finger befindet. Machen Sie nun dasselbe mit dem anderen Auge: Schließen Sie das linke Auge und betrachten Sie den Finger mit dem rechten. Wechseln Sie ein paar Mal zwischen den Augen. Dabei werden Sie feststellen, dass der Finger im Verhältnis zum Fenster und zur Außenwelt hin und her springt. Natürlich bewegt sich Ihr Finger nicht hin und her, aber der Wechsel des Blickwinkels verschiebt seine scheinbare Position. Ihre Augen stehen an unterschiedlichen Punkten, daher sieht jedes Auge den Finger etwas anders.
Dieser Effekt wird als Parallaxe bezeichnet, und er kann noch verwirrendere Resultate erzeugen. Wenn Sie Wolken oder markante Punkte am Boden sehen können, sollten Sie Ihre Augen auf die Mitte der Distanz fixieren. Blicken Sie eine Weile darauf, während die Maschine weiterfliegt. Wie bewegt sich eine weiter entfernte Wolke oder die Stelle am Boden in Relation zu dem Punkt, auf den Sie schauen? Und was passiert mit einem näheren Objekt? Das weiter entfernte Objekt scheint sich während des Flugs im Verhältnis zu der fixierten Stelle vorwärts zu bewegen, während der nähere Punkt eine Rückwärtsbewegung macht.
Da Ihre Augen die Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln sehen – was Voraussetzung für das räumliche Sehen ist –, liefert uns ein Wechsel zwischen den Augen zwei verschiedene Blickwinkel. Je weiter entfernt ein Gegenstand ist, desto weniger bewegt er sich, wenn wir den Winkel verändern, daher scheint sich Ihr Finger vor dem Hintergrund zu verschieben. Ziehen Sie in Gedanken eine Linie von Ihrem linken Auge zu einem weit entfernten Objekt. Und stellen Sie sich nun vor, wie sich diese Linie bewegt, wenn Sie sie zu Ihrem rechten Auge verschieben. In der Nähe Ihrer Augen überstreicht die Linie dabei eine größere Fläche als in der Ferne. Bei den näheren Wolken ist das ähnlich. Sie durchlaufen in derselben Zeit einen viel größeren Winkel, daher schießen sie anscheinend vorbei, während die weiter entfernten sich kaum bewegen.
Nehmen Sie dasselbe Bild von einer Linie zwischen Ihnen und einem weit entfernten Punkt und führen Sie die Linie auf die mittlere Distanz, auf die Sie sich im zweiten Teil des Experiments fixiert haben. Wenn Sie nun den Blickwinkel vom linken auf das rechte Auge verlagern, erscheint das entfernte Objekt vor ihrer Linie. Im Verhältnis zur mittleren Distanz bewegt es sich scheinbar vorwärts, obwohl es im Verhältnis zum Flugzeug nach wie vor rückwärts wandert. Objekte, die näher als die mittlere Distanz liegen, sind hinter der Linie zu sehen – sie bewegen sich im Verhältnis zur Mitte nach hinten. In Wahrheit bewegen sich diese Objekte außerhalb des Flugzeugs nicht gegeneinander. Allein Ihr wechselnder Blickwinkel lässt sie das scheinbar tun.