Wie alles begann

 

 

 

Ich kann mich noch genau erinnern, wann ich Robin das erste mal im Fernsehen gesehen habe. Es ist eine von diesen kleinen, nebensächlichen Erinnerungen, die äusserlich betrachtet unwichtig erscheinen, die aber eine prägende Spur für die Zukunft hinterlassen und deren tiefere Bedeutung erst viel später zur Kenntnis genommen wird. Sogar das schwarze, mit pinkfarbenem "Punk is not dead" Slogan beschriftete Sweatshirt, das ich an diesem Abend trug, habe ich immer noch vor meinen geistigen Augen, obwohl ich es längst nicht mehr besitze. Mein schulterlanges Haar war wiedermal frisch pechschwarz gefärbt, trotz meiner guten Vorsätze, es nicht mehr zu tun. Eigentlich wollte ich es mit blond versuchen, doch meine Freundin Anja hat mich wie immer davon abgehalten. Ich sei nicht der Typ dafür, sagte sie kritisch. Anja war auch diejenige, die mich zu der Geburtstagsparty ihres älteren Bruders Leon eingeladen hat, um sich für ihre Eltern ein Alibi zu verschaffen. Wir waren nämlich die einzige Minderjährigen auf dieser Studentenparty, die mich von Anfang an langweilte. Ich kam nur Anja zuliebe mit, quasi als Anstandsdame um ihre misstrauische Eltern zu beruhigen. In dieser ausgelassenen, angeheiterten Runde fühlte ich mich sofort fehl am Platz. Damals trank ich noch kein Alkohol und Leons Freunde, hauptsächlich Jurastudenten, interessierten mich auch nicht sonderlich. Zusammengekauert in einem Sessel in der Ecke des Wohnzimmers betrachtete ich aus sicherer Entfernung das bunte Treiben um mich herum und wünschte mir, nach Hause gehen zu können.

Obwohl ich mit meinen Sechzehn Jahren die jüngste von allen war, kam ich mir furchtbar alt vor. Ich fühlte mich noch nicht fähig, fröhlich und entspannt mitzufeiern. Dafür war der Schmerz in mir, den ich mit meiner Nullbock Attitude zu verstecken versuchte, einfach zu stark. Ich steckte noch zu tief in meiner einsamen Trauer, die ich vor der Aussenwelt sorgsam verheimlichte und verleugnete, als ob sie eine peinliche, ansteckende Krankheit wäre, über die man einfach nicht spricht.

Irgendwann verließ ich unbemerkt das Wohnzimmer, das zur wilden Tanzfläche wurde und suchte Zuflucht in Leons menschenleerem Zimmer. Anja tanzte gerade eng umschlungen mit einem gestylten Typen im Sakko, der ein wenig George Michael ähnelte und kümmerte sich sowie so nicht länger um mich. Ich machte mir den kleinen Fernseher neben dem Bett an und schaute nur halbinteressiert der amerikanischen Musiksendung zu, um die verbliebene Zeit totzuschlagen. Der Moderator sagte irgendwann Robins Band an, mit einer Ballade, die gerade erfolgreich die US-Charts eroberte. Die mir noch unbekannte Band fand ich anfangs nur mittelmäßig gut. Pop-Rock dieser Art war nicht ganz mein Geschmack, er war mir etwas zu kommerziell und zu oberflächlich im Vergleich zu der Musik, die ich cool fand. Ich hörte ja hauptsächlich Klassik, oder alternative, Independant Rockbands. Doch ziemlich schnell fiel mir Robins melodische Stimme auf, die meinen Ohren mit einer unverwechselbaren, ganz individuellen Farbe schmeichelte und mich auf besondere Art berührte. Aufgewacht aus meiner Lethargie richtete ich mich im Bett auf und schaute mir aufmerksam den Rest des Videos an.

Robins damaliges Image fand ich unmöglich, jedoch attraktiv zugleich. Toupiertes, platinblondes Haar, starkes Make-up, Tuch um die Stirn, glänzende Leggings und zerfetztes Netzhemd waren so was von übertrieben, dass sogar der beste Typ darin verweiblicht und karikiert aussehen musste. So war halt die Mode damals und Robin bildete mit seinem Stil keine Ausnahme. Jedoch hatte er das gewisse Etwas, was mich gleich verzauberte. Unter dem langen Haar, das ihm über die Nase fiel und ihm die meiste Zeit die blauen Augen verdeckte, erahnte ich ein interessantes Gesicht, das mehr als nur hübsch war. Sein intensiver Gesichtsausdruck beim Singen verzauberte mich allmählich und ich nahm mehr instinktiv als bewusst seine charismatische, sehr erotische Ausstrahlung wahr. Aufmerksam verfolgte ich jeden seiner tänzelnden Schritte, mit denen er sich auf der Bühne geschickt hin und her bewegte und entzückt bewunderte ich seine vollen Lippen, die während des Singens sinnlich das Mikrofon liebkosten. Als er am Ende des Videos durchnässt vom künstlichen Regen melancholisch und sehnsüchtig in die Ferne schaute, begann ich an ohne richtigen Grund zu lächeln.

Dieses Lächeln begleitete mich den ganzen restlichen Abend und am Ende tanzte ich sogar gut gelaunt mit Leon, der mir dafür ein Kompliment machte. Er meinte, wenn ich öfter so lächeln würde, könnte er sich in mich noch verlieben, hübsch wie ich war. Es war bestimmt nicht sein Ernst, aber seine Worte taten mir gut. Damals lächelte ich viel zu selten und mit meiner verbissen ernsten Miene wirkte ich unzulänglich oder sogar arrogant, was mich hinter meiner Maske wiederum noch unsicherer und einsamer machte.

Seit diesem Abend lächelte ich wieder öfter und es wäre übertrieben zu sagen, dass dies an meiner neuen Leidenschaft für Robin lag. Viel mehr war es die innere Entscheidung, sich endlich dem Leben mit Zuversicht zuzuwenden und einen Schritt nach vorne zu wagen, die ich an diesem Abend traf. Aber in gewisser Weise verdankte ich diesen Sinneswandel doch Robin. Er und seine Musik erfüllten mich mit einer inspirierenden, positiven und beglückenden Sehnsucht, die weit tiefgründiger als gewöhnliche spätpubertäre Mädchenschwärmerei für ein Rockidol war. Robin erschien mir wie ein rettender, tröstender Hoffnungsbote, der mir einen Stück verloren gegangener Unbeschwertheit und Sorglosigkeit schenkte, als ich sie am meisten brauchte.

 

 

Einige Jahre vergingen. Robin tourte erfolgreich mit der Band um die Welt und als Frontmann sorgte er auch außerhalb der Bühne regelmäßig für Aufsehen, sei es mit seinen unzähligen Affären mit schönen Frauen oder mit Alkoholexzessen. Das wilde Leben eines Rockstars, dass er in vollen Zügen genoss, sorgte bei ihm bald für eine Krise. Als er bei einem Konzert völlig zugedröhnt zusammenbrach und die Tournee vorzeitig beendet werden musste, sah er sich gezwungen, sich von der Bühne zurückzuziehen um sich eine kreative Pause zu gönnen, wie der Manager es anschließend diplomatisch verkündete. Man munkelte sogar von einem Drogenentzug und die Band stand kurz vor der Auflösung. Doch Robin überraschte alle, die ihn schon abgeschrieben hatten. Nach über einem Jahr Ruhe kehrte er strahlend und voll Energie triumphierend zurück und präsentierte zusammen mit der Band die neue Platte. Das Album bestand zur Hälfte aus wunderschönen, sehr emotionalen Balladen, die teilweise noch heute auf so mancher Kuschelrock - CD zu hören sind.

Die Texte, die Robin immer selbst schrieb, wurden erwachsener und nachdenklicher und zeigten deutlich, wie sehr er im letzten Jahr sein Leben verändert hatte.

Als ich ihn das erste Mal nach der langen Pause in einem neuen Video sah, blieb mir der Atem weg - Robin sah einfach umwerfend aus! Sein ausdrucksstarkes Gesicht mit femininen Zügen kam durch etwas kürzeres, natürlich blondes Haar endlich zur Geltung und seine meeresblauen Augen, die sonst immer unter der langen Mähne versteckt blieben, strahlten in einem intensiven, feurigen und zugleich eiskalten Glanz. Robin sah nicht mehr wie ein ewig adoleszenter, geschmacklos gestylter Möchtegern- Macho aus, sondern wie ein erwachsener, intelligenter junger Mann, der seine emotionale Reife als eine neue Kraftquelle für sein Charisma entdeckte. Immer noch trug er körperbetonte Kleidung, aber sein Stil wurde schlichter. Er benutzte das Make-up nur noch dezent und bewusst wählte er schwarz als seine neue Lieblingsfarbe. Trotzdem bevorzugten ihn die Fotographen halb nackt, mit entblößtem Oberkörper oder im völlig aufgeknöpften Hemd und verstärkten dadurch noch sein nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Schwulen beliebtes Image als Sexsymbol. Ja, ich gebe es zu, ich sammelte diese sinnlich erotische Fotos besonders gerne und meinen Kleiderschrank beklebte ich auf den Innenseiten mit Robins textilarmen Bildern.

Ich traute mich nicht, die Poster an die Wände zu kleben, schließlich war ich kein Teenager mehr, sondern eine ernsthafte Musikstudentin und angehende Pianistin und Sopranistin. Meine Freundinnen, die diese Leidenschaft für Robin nicht immer nachvollziehen konnten, machten sich oft über mich lustig. Auch mein damaliger fester Freund, Daniel, war leicht genervt wegen meiner Schwärmerei für Robin, aber eigentlich hätte er sich bei ihm bedanken sollen. Unser Sexleben war durch Robin viel prickelnder und intensiver, als es sonst der Fall gewesen wäre. In meinen Gedanken ging ich regelmäßig fremd und mit Robin lebte ich meine wildesten Fantasien aus, ohne auch nur die geringsten Schuldgefühle zu haben. Schließlich wusste ich ziemlich schnell, dass Daniel kein Potential für die große Liebe hatte, sondern nur ein durchschnittlicher Liebhaber mit begrenztem Haltbarkeitsdatum war. Und was meine anderen Liebschaften betraf - Robin blieb einfach meine Nummer Eins, kein Mann aus Fleisch und Blut schaffte es, ihn in die Vergessenheit zu verdrängen. In meinen Augen war er einfach der Traummann, der Vollkommenste seines Geschlechtes, ein Halbgott, der sich auf der Erde inkarnierte, um meine Träume zu verschönern.

Wieso gerade er mein Männerideal so perfekt verkörperte, konnte ich mir nie erklären. Robin war zwar ein gut aussehender junger Mann, aber kein klassischer, glatter Schönling wie so viele aus der Welt der Popmusik. Sein elegisches, ziemlich androgynes Gesicht weckte in mir eine unergründbare Sehnsucht. Wie der Anblick auf ein Lieblingsgemälde, das einen aus der Realität entführt und beim Betrachten die Welt um sich vergessen lässt und das man immer wieder aufs Neue bewundert, ohne sich jemals seiner zeitlosen, unirdischen Schönheit satt gesehen zu sehen.

Was mich an ihm aber am meisten faszinierte, war sein breites, sonniges Lächeln. Wenn Robin lächelte, hatte er eine enorme Aussagekraft. Das lag nicht an seinen weißen Zähnen und dem sinnlichen, vollen Kussmund. Nein, während er lächelte, erzählte seine Körpersprache:

"Schaut mich an, ich bin ein Glückskind! Ich bin mir bewusst, dass ich alles erreichen kann, wovon ich geträumt habe! Ich kann die ganze Welt umarmen! Ich liebe euch alle, aber ich weiß, dass ihr mich noch mehr liebt! Ich bin ein Sieger und dafür danke ich Gott!"

Obwohl er von Selbstbewusstsein nur so strahlte, wirkte er nie arrogant oder selbstverliebt. Ganz im Gegenteil- öfter erahnte ich in seinem tiefen Blick in die Kamera eine fast scheue Verwunderung, als ob er seinen überraschenden Erfolg noch nicht gänzlich begriffen hätte. Das machte ihn für mich nur noch sympathischer und anziehender. Ich verfolgte weiter seine Karriere und das Wenige, was er von seinem Privatleben preisgab. Man wusste nur, dass er seine hochschwangere Freundin heiratete und mit ihr einen Sohn bekam.

Auf einmal wurde er ein ernster Familienvater, nicht ganz passend zu seinem Ruf als ungezähmter Rocker, der mit seinen Aussagen und Benehmen gerne die Öffentlichkeit schockierte. Viele Kritiker und auch Fans zweifelten an der Glaubwürdigkeit seiner neuen Rolle und prophezeiten dieser Ehe nur eine kurze Dauer. Aber Robin meinte es scheinbar ernst mit der drastischen Veränderung seines Lebensstils und es wurde immer stiller um ihn.

 

Auch mein Leben änderte sich. Ich entschied mich, meine Heimat für eine Weile zu verlassen, um im Ausland Operngesang zu studieren. Ein starker innerer Drang nach Veränderung und nach Herausforderung brachte mich dazu, doch der endgültige Abschied fiel mir schwerer als ich dachte. Ich befand mich auf der Suche und gleichzeitig auf der Flucht. Aber wo ich ankommen würde, wo ich mich finden wurde, wusste ich noch nicht, ich vertraute einfach dem Gefühl in meinem Bauch, wie immer, wenn es um große Entscheidungen ging. Meine Freunde und mein Land vermisste ich in den ersten Wochen mehr als ich erwartete. In dieser großen Stadt, die mir anfangs Angst und selbstzweifel weckte, fühlte ich mich noch fremd und musste mich erst und ich musste mich erst einleben. Nachdem ich die erste Berührungsängste und Komplexe abgelegt hatte, fand ich die Musikhochschule großartig. Sowohl die Studenten wie auch die Dozenten nahmen mich sehr freundlich an, aber trotzdem hatte ich am Anfang starke Minderwertigkeitsgefühle. Ich kam aus einem kleinen Land, sprach die Sprache nur passiv und hatte als Künstlerin keine bedeutende Laufbahn vorzuweisen. Die Tatsache, dass ich die knallharten Zulassungsprüfungen bestand und mich unter Hunderten von Kandidaten bewies, ermutigte mich nur langsam. Erst mit der Zeit wurde mir bewusst, dass ich eine talentierte Sopranistin bin und an einer hervorragenden Musikhochschule studieren darf. Das fühlte sich gut an und mein Selbstvertrauen wuchs allmählich. Schließlich entspannte ich mich und genoss mein Studium in vollen Zügen.

Robin blieb ich weiter treu, auch wenn meine Leidenschaft für ihn nicht mehr so stark brannte. Als Musikstudentin vertiefte ich mich in die klassische Musik und ich lebte ein intensives und befriedigendes Leben zwischen Musik, Büchern und Studentenpartys. Ich betrachtete mich als Künstlerin und ich arbeitete an meiner zukünftigen Karriere. So blieb mir nicht viel Zeit zum Träumen und Robin war ja nichts weiter als ein wunderschöner Traum. Er bestand daraus, was ich von ihm aus Medien erfuhr und den Rest bildete meine überschwängliche Fantasie.

Damals hörte ich seine Musik nur noch selten. In irgendeiner Weise übernahm er still die nostalgische Rolle der ersten Liebe, die man nie vergisst und die niemals ganz verblassen wird. Obwohl er nicht real war, sondern viel mehr eine verlockende Illusion, eine zauberhafte Allegorie, die mein Verlangen nach dem idealen Mann so wunderbar verkörperte, prägte er sich tief in mich ein. Als ich etwas länger als einen Jahr in der Stadt lebte, bot sich mir die Chance, sein Konzert zu besuchen. Die Band befand sich wieder einmal auf Europatour und sie trat in der großen Sporthalle unweit von meiner Wohnung auf. Ich spielte mit dem Gedanken, mir eine Karte zu besorgen, aber ich tat es doch nicht. Meine Angst war zu groß... Natürlich besaß ich alle seine Konzertvideos, die ich mir im Fanclub regelmäßig bestellte, und seit mehreren Jahren wünschte ich, wenigstens einmal dabei gewesen zu sein, um diese unglaubliche Energie, die von Robin ausging, live zu erleben. Aber ich wusste auch, dass ich dabei Gefahr lief, meine langjährige, sorgsam aufgebaute Illusion von ihm zu zerstören. Robin wäre plötzlich echt und greifbar, wenn auch nur aus der Entfernung. Er wäre nicht mehr der unerreichbare Halbgott, der perfekt und makellos ist, sondern ein Mensch, ein ganz normaler Mann, ein Sterblicher wie alle anderen.

Aber das wäre nicht das Schlimmste - was ich am meisten befürchtete, war die Konfrontation mit all seinen glühendsten Verehrerinnen, die in den vordersten Reihen nach ihm lechzten, nach ihm schrien und ihm Unterwäsche auf die Bühne warfen. In meiner Traumwelt gehörte Robin nur mir. Ich musste ihn mit keiner anderen teilen, nicht einmal mit seiner Ehefrau. Wenn ich aber zu seinem Konzert gehen würde, wäre ich nur eine von vielen gewesen, die sich nach ihm verzehren und ihn heiß begehren, die auf ihre T-Shirts oder ihre Dekolletes dreist "Robin fuck me!" schreiben und die alles für eine Nacht mit ihm geben würden. Schon den Gedanken daran konnte ich nicht ertragen und so beschloss ich am Ende, doch kein Ticket zu kaufen. An dem Tag, als sie in die Stadt kamen, weinte ich trostlos, als ich anfing meine Entscheidung zu bereuen. Es trennten mich nur wenige Kilometer von ihm, aber er war noch nie so weit entfernt von mir wie damals. Endlich verstand ich, dass ich erwachsen werden musste. Diese kindische Schwärmerei für ihn tat mir nur weh und sie war lächerlich. Langsam wurde ich sauer und wütend auf mich, weil ich mich so dumm verhalten habe. Wenn ich ein Ticket hätte, und in der Konzerthalle wäre, würde ich einen unvergesslichen Abend genießen können - ich würde abrocken und eine tolle Band live erleben, ich hätte Spaß, ich wäre high und benommen von der elektrisierenden Stimmung, die in dem Raum herrschte und ich wäre glücklich. Vielleicht würde ich einen interessanten jungen Mann kennenlernen, der mich freundlicherweise auf seine Schultern nehmen würde und mit dem ich Bier und später wahrscheinlich noch das Bett teilen würde. Mit etwas Glück könnte ich nach dem Konzert vor dem Tourbus sogar Robin erblicken und vielleicht ein Foto und einige Worte von ihm bekommen. Stattdessen lag ich aber alleine und ganz depressiv unter meiner Bettdecke und weinte hilflos aus Frust, weil ich mich wie ein unreifes Schulmädchen benahm und einem Hirngespinst nachgelaufen war. Statt zu leben, träumte ich lieber. Ich war eine erwachsene Frau, aber mein Verhalten war das einer Vierzehnjährigen. So verpasste ich die Chance, Robin live zu erleben und das konnte ich mir lange nicht verzeihen.

An diesem Abend schloss ich das Kapitel "Robin" ab. Er blieb für mich "The sexiest man alive" und ich mochte seine Musik immer noch, aber ich hörte auf, ihn anzuhimmeln und mich nach ihm zu verzehren. Ich war Anfang Zwanzig und endlich erwachsen.

Einige Monate später verliebte ich mich in einen Pianisten aus meiner Hochschule mit dem ich schon öfter musiziert hatte und wir wurden ein Paar. Robin jedoch blieb mein gut gehütetes Geheimnis, von dem ich niemandem erzählte. Was aber nicht heißt, dass ich ihm gegenüber gleichgültig wurde. Immer, wenn ich ihn in einer Musiksendung erblickte oder zufällig einen Artikel über seine Band in einer Zeitschrift entdeckte, schlug mein Herz aufgeregt höher und ich wusste, dass im Verborgenen meine einstige Leidenschaft für ihn immer noch glomm. Auch bescherte mir Robin hin und wieder so manchen heißen Traum, aber ich war nicht mehr wie verrückt nach ihm. Zunehmend wurde er nur noch ein schöner, unvergesslicher Teil meiner Vergangenheit und Gedanken an ihn regten mich nicht mehr auf. Bis zu jenem schicksalhaften Abend...