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Psychologische Gartenpflege: Die zarten KVT-Pflänzchen hegen
und pflegen
In
diesem Kapitel
Sich um die Früchte der harten Arbeit kümmern
Mögliche Rückfälle vermeiden und tatsächliche überwinden
Liebe (und Mitgefühl) säen
Die Hege und Pflege der erreichten positiven Veränderungen ist eine wichtige Voraussetzung dafür, emotional gesund zu bleiben. Sie können Ihre Überzeugungen und Verhaltensweisen jeden Tag pflegen. Stellen Sie sich vor, Sie haben Pflanzen vor sich, die Sie regelmäßig wässern müssen, damit sie wachsen und gedeihen. Je mehr Sie sich um sich selbst und Ihre Belange kümmern – indem Sie beispielsweise Ihre neuen Denk- und Verhaltensweisen ausüben –, desto eher können Sie verhindern, dass Ihre alten, problematischen Eigenarten wieder aufleben.
Dieses Kapitel hält Tipps und Ratschläge bereit, wie Sie Rückfälle vermeiden oder überwinden können, wenn es doch einmal dazu kommt.
Unkraut von Blumen
unterscheiden
Stellen Sie sich Ihr Leben als einen Garten vor. Ungesunde, starre Denkweisen und die sich daraus ergebenden Verhaltensweisen wie Vermeidung, Sicherheitsstrategien, Perfektionismus und übertriebene Versuche, anderen zu gefallen (um nur einige zu nennen), gehören hier in die Kategorie Unkraut. Zu den Blumen zählen gesundes, flexibles Denken wie Selbstakzeptanz und Akzeptanz anderer oder das Leben mit Unsicherheiten und der eigenen Fehlbarkeit sowie Ihre gesunden Verhaltensweisen wie Selbstbehauptung, Kommunikation, Problemlösung und Konfrontation (in den Kapiteln 4 und 11 finden Sie weitergehende Informationen über Konfrontation und Reaktionsprävention).
Unkraut gibt es in allen Gärten. Es reicht nicht aus, erwünschte Pflanzen in den Boden zu setzen. Sie müssen die Pflanzen regelmäßig wässern und düngen und das Unkraut jäten, damit Ihr Garten gesund bleibt. Machen Sie das regelmäßig, hat das Unkraut keine Chance, Wurzeln zu schlagen, weil Sie es bereits entfernen, wenn die ersten Spitzen aus dem Boden ragen. Je nachdem, wie kräftig Ihr Unkraut sich erweist, werden Sie vielleicht gelegentlich einen Unkrautvertilger in Form eines geeigneten Medikaments zu Hilfe nehmen müssen. Also, sehen Sie sich in Ihrem Garten gründlich um!
Wenn Sie Ihre ungesunden Verhaltens- und Denkweisen identifiziert und einige gesunde Alternativen gepflanzt haben, haben Sie das Unkraut besser im Blick und können sich um das Wohlergehen Ihrer Blumen kümmern.
Die folgenden Fragen können Ihnen helfen, Unkraut von Blumen zu unterscheiden:
An welchen Bereichen muss ich am meisten arbeiten, damit ich das erhalte, was ich durch die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) gewonnen habe? In den Bereichen, die Sie hier nennen, kann Unkraut am ehesten Fuß fassen.
Welche KVT-Strategien helfen mir bei der Überwindung meiner emotionalen Probleme am besten? Denken Sie an die neuen Haltungen, die Sie sich selbst, anderen Menschen und der Welt gegenüber erworben haben. Diese Bereiche sind Ihre zarten, neuen Pflanzen – ihre jungen Triebe müssen Sie im Auge behalten.
Welche Techniken haben sich bei der Überwindung meiner emotionalen Probleme als die hilfreichsten erwiesen? Denken Sie an die neuen Verhaltensweisen, die Sie übernommen haben (Lilien), und die alten Verhaltensweisen, die Sie abgelegt haben (Disteln). Halten Sie sich an Ihre neuen, gesunden Verhaltensweisen und achten Sie darauf, nicht in alte, ungesunde Verhaltensmuster zurückzufallen. Nutzen Sie die Möglichkeit des Aktivitätsplans, um Ihre positiven Routinen und Verhaltensweisen durchzuhalten (in Kapitel 10 erfahren Sie mehr über die Planung von Aktivitäten).
Schreiben Sie die Antworten auf diese Fragen auf, damit Sie sich immer vergegenwärtigen können, wo Sie die Hacke ansetzen müssen.
Unkraut
jäten
Dieser Abschnitt widmet sich allem, was mit dem Unkraut zu tun hat. Sie finden hier Vorschläge, wie Sie das Unkraut daran hindern, von Ihrem Garten Besitz zu ergreifen, wie Sie vorausahnen, wo Unkraut wachsen könnte, und wie Sie verhindern, dass es nachwächst.
Unkraut im Keim
ersticken
Sie sehen im Augenwinkel, wie ein Unkraut seinen heimtückischen kleinen Kopf ans Tageslicht reckt. Sie mögen versucht sein, das kleine Pflänzchen zu ignorieren. Vielleicht geht es auch wieder weg oder verwelkt und geht von selbst zugrunde. Aber leider erledigt sich Unkraut selten von allein. Gehen Sie also besser davon aus, dass jedes Unkraut, das Sie erblicken, vernichtet werden muss.
Ein verbreiteter Grund dafür, wiederauftretende Probleme zu ignorieren, ist Scham (lesen Sie dazu auch Kapitel 17). Wenn Sie sich schämen, dass Sie wieder mit Ihren Problemen zu kämpfen haben, werden Sie dazu neigen, die Probleme zu leugnen, und sich nicht die nötige Unterstützung eines professionellen Therapeuten oder Ihrer Freunde und Familie holen. Sie werden auch eher keine eigenen Anstrengungen unternehmen, Ihre Probleme in der gleichen Weise niederzuringen, wie Sie das schon einmal geschafft haben.
Rückfälle gehören zu einer normalen Entwicklung dazu. Menschen haben nun mal mit emotionalen und psychischen Problemen genauso zu kämpfen wie mit körperlichen Problemen. Sie müssen sich Ihrer psychischen Probleme genauso wenig schämen wie für eine Allergie oder eine Herzerkrankung.
Ein weiterer Grund dafür, dass Menschen das Wiederauftauchen psychischer Probleme ignorieren, ist das Katastrophisieren oder Schwarzsehen (mehr über diese Denkfehler können Sie in Kapitel 2 nachlesen). Viele Betroffene kommen voreilig zu dem Schluss, dass ein Rückfall bedeutet, dass sie wieder ganz von vorn anfangen müssen – das muss aber gar nicht der Fall sein. Sie können genauso gut davon ausgehen, dass ein Problem, das Sie schon einmal überwunden haben, beim zweiten Mal Ihnen gegenüber arg im Nachteil ist. Sie kennen den Feind schließlich schon sehr genau. Nutzen Sie Ihr Wissen dazu, Ihrem alten Denken und Verhalten das Handwerk zu legen und das Unkraut auszuzupfen, bevor es alles andere überwuchert.
Einige emotionale und psychische Störungen sind hartnäckiger als andere, etwa bipolare Störungen, Zwangsstörungen und Essstörungen. Nur weil ein Problem hartnäckig ist, heißt das aber nicht, dass es auch Ihr Leben bestimmen oder sich überhaupt nennenswert in Ihr Leben einmischen muss. Es ist aber zu erwarten, dass solche hartnäckigen Probleme wieder aufflackern. Halten Sie an Ihren Behandlungsstrategien fest, auch wenn Ihre ursprünglichen Probleme momentan nicht wahrnehmbar sind. Sie können damit Rückfälle vermeiden.
Wenn Sie beispielsweise unter Depressionen gelitten haben, werden Sie vielleicht unter folgenden Umständen das eine oder andere Unkraut durch die Erde wachsen sehen:
Sie denken im Hinblick auf die Zukunft und die Bewältigung Ihrer alltäglichen Schwierigkeiten pessimistisch.
Sie grübeln über die Fehler der Vergangenheit und Ihre schlechte Stimmung.
Sie verlieren das Interesse an Ihrer Familie und Ihren Freunden.
Sie haben Schwierigkeiten, morgens aus dem Bett zu kommen, und wollen tagsüber lieber schlafen als sich um die Hausarbeit zu kümmern und sich zu bewegen.
Wenn solche Brennnesseln in Ihr ansonsten blühendes Leben hineinzuwuchern beginnen, sollten Sie es mit einer der folgenden Techniken versuchen:
Fordern Sie Ihr pessimistisch gefärbtes Denken heraus und erinnern Sie sich daran, dass Ihre Gedanken nicht exakt der Realität entsprechen, sondern Symptome Ihrer Depressionen sind. (Mehr über Denkfehler erfahren Sie in Kapitel 2.)
Unterbrechen Sie Ihr Grübeln durch aufgabenzentriertes Denken und Achtsamkeitstechniken. (Die Einzelheiten dazu finden Sie in Kapitel 5.)
Halten Sie den Kontakt zur Familie und zu Freunden aufrecht, auch wenn Ihr Interesse daran nicht so groß ist. Sie werden sich dabei eher besser als schlechter fühlen.
Zwingen Sie sich aufzustehen und halten Sie sich an einen Aktivitätsplan. (Lesen Sie dazu Kapitel 10.)
Folgen Sie, unabhängig von Ihrem jeweiligen Problem, dem vorangegangenen Beispiel: Halten Sie Ihre Beschreibung des möglicherweise aufkeimenden Unkrauts und einige mögliche Unkrautvertilgungsmaßnahmen schriftlich fest, damit Sie sie im Bedarfsfall zur Hand haben.
Sie sollten erste Anzeichen dafür, dass Ihre Probleme neue Wurzeln zu schlagen versuchen, nicht ignorieren. Seien Sie wachsam. Vertrauen Sie aber auch auf Ihre Fähigkeiten, bereits erprobte Strategien bei Bedarf immer wieder erfolgreich anzuwenden.
Herausfinden, wo Unkraut wachsen
könnte
Um Rückfälle zu vermeiden, empfiehlt es sich, das Bewusstsein dafür zu schärfen, wo Unkraut am ehesten wachsen kann.
Die meisten Menschen stellen unabhängig von ihrem jeweiligen psychischen Problem fest, dass die Gefahr eines Rückfalls in Stresssituationen und dann am größten ist, wenn man ausgelaugt am Boden ist. Wenn man übermüdet ist und von außen unter großem Stress steht, der durch Termindruck, finanzielle Sorgen, Trauerfälle oder Beziehungsprobleme bedingt ist, ist man anfälliger für Krankheiten wie Erkältungen, grippale Infekte oder Hautekzeme. Bei psychischen Störungen ist das nicht wesentlich anders: Sie schlagen zu, wenn man erschöpft und am Boden ist.
Sie werden vielleicht feststellen, dass manche Störungen, etwa Zwangsstörungen, Ängste und Depressionen, deutlicher zutage treten, wenn Sie sich von einer körperlichen Erkrankung erholen. Machen Sie sich bewusst, dass dieses normale menschliche Phänomen Ihnen helfen kann, gegen mögliche Schamgefühle anzukämpfen. Katastrophisieren Sie nicht die Rückkehr Ihrer Symptome!
Stellen Sie eine Liste mit Situationen und Umweltfaktoren zusammen, die Ihrem Unkraut ermöglichen können, sich breitzumachen. Unter Umständen ermitteln Sie so Umweltfaktoren, die beispielsweise bei Ihnen Depressionen auslösen, wie die folgenden:
Jahreszeitenwechsel, insbesondere im Herbst, wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken
Schlafmangel bedingt durch Überarbeitung, kleine Kinder, Krankheiten oder andere Gründe
Mangelnde Bewegung und körperliche Aktivität
Plötzliche Anhäufung von Alltagsproblemen – die Heizung streikt, die Waschmaschine gibt den Geist auf und mit der Post kommen noch ein paar unerwartete Rechnungen
Wenig Gelegenheiten für den Austausch mit Freunden und der Familie
Sie können aber auch zwischenmenschliche Auslöser wie die folgenden finden:
Müder und reizbarer Partner
Meinungsverschiedenheiten mit den Kindern, den Eltern oder dem erweiterten Familienkreis
Ein kritischer und anspruchsvoller Vorgesetzter
Unangenehme Arbeitskollegen
Stellen Sie für sich eine Liste mit sehr risikoreichen Situationen zusammen, einschließlich solcher, in denen Ihre ungesunden Grundüberzeugungen Oberwasser zu gewinnen pflegen. (Näheres zu Grundüberzeugungen erfahren Sie in Kapitel 13.) Vergessen Sie dabei auch nicht Situationen, die Sie unter Druck setzen. Die Aufstellung einer solchen Liste lässt Sie klare Vorstellungen davon entwickeln, wann Sie für Rückfälle am anfälligsten sind und welche psychologische Erde dem Unkraut den fruchtbarsten Boden bietet.
Wiederkehrendes Unkraut
bekämpfen
So manches Unkraut vergeht nicht. Sie denken, Sie sind es los, gehen hinaus in den Garten und fühlen sich an eine Szene aus »Der kleine Horrorladen« erinnert (»Füttere mich, Seymore!«).
Einige ungesunde Überzeugungen sind schwerer loszuwerden als andere. Grundüberzeugungen (siehe Kapitel 13) sind jene, die Sie schon lange Jahre für zutreffend gehalten haben – meist sogar den überwiegenden Teil Ihres Lebens. Diese Überzeugungen werden immer wieder versuchen, Wurzeln zu schlagen, und widersetzen sich Ausrottungsbemühungen besonders stark.
Um mit diesem wiederkehrenden Unkraut fertig zu werden, dürfen Sie nicht in Selbstgefälligkeit verfallen. Fahren Sie damit fort, Ihre alternativen Überzeugungen zu stärken. Füllen Sie die Lücken, die Ihre Abhängigkeiten und Ihre Voreingenommenheit hinterlassen haben, mit Aktivitäten. Setzen Sie sich weiter Situationen aus und üben Sie sich in der Reaktionsprävention (siehe Kapitel 11), um Ihre Zwangsstörung in Schach zu halten. Vertrauen Sie darauf, dass Ihre neuen Denk- und Verhaltensweisen mit der Zeit und der nötigen Ausdauer stärker werden.
Düngen Sie Ihr Unkraut vielleicht unbewusst? Vermeidungsverhalten ist ein prima Unkrautdünger. Vielleicht haben Sie eine gesunde Überzeugung entwickelt, beispielsweise: »Ich möchte von anderen Menschen gemocht werden, aber sie müssen mich nicht mögen. Wenn mich jemand nicht mag, heißt das nicht, dass ich unsympathisch bin.«. Trotzdem meiden Sie die Gesellschaft anderer Menschen, Konfrontationen und drücken sich nicht selbst aus. Damit geben Sie Ihrer alten Überzeugung »Alle müssen mich mögen, sonst bedeutet das, dass ich unsympathisch bin!« die Möglichkeit, wieder aufzukeimen.
Überprüfen Sie Ihre Gründe für die Vermeidung bestimmter Situationen und Erfahrungen. Gehen Sie nicht zu einer Party, weil Sie nicht wollen oder weil Sie vermeiden wollen, dass andere Sie in irgendeiner Weise negativ beurteilen? Besichtigen Sie einen Bauernhof nicht, weil Sie das nicht interessiert oder weil Sie eine Vergiftung mit Pestiziden vermeiden wollen?
Wenn Sie in Ihrem Garten ein wiederkehrendes, störrisches Unkraut entdecken, graben Sie es mit der Wurzel aus. Unkraut lässt sich nachhaltig entfernen, wenn Sie die Wurzeln und die Triebe aus dem Boden ziehen. Setzen Sie sich nicht nur halbherzig mit Ihren schädlichen Gedanken auseinander. Nehmen Sie Ihre Denkfehler in Angriff (siehe Kapitel 2) und setzen Sie sich herausfordernden Situationen aus, in denen Sie Ihre gesunden Problembewältigungsstrategien (mehr dazu in den Kapiteln 4, 11 und 13) anwenden können.
Blumen hegen und
pflegen
Zu wissen, wann man für die Symptome seiner ursprünglichen Probleme am anfälligsten ist, ist eine Sache. Wie man aber mit Problemen fertig wird und das Unkraut ein für alle Mal ausrottet, eine ganz andere.
Die Techniken, Verhaltensübungen und Experimente, die Ihnen beim ersten Mal geholfen haben, Ihre Probleme zu überwinden, werden wahrscheinlich wieder helfen. Greifen Sie also wieder auf die Grundlagen zurück. Stellen Sie sich Ihren negativen Denkweisen und Denkfehlern. Setzen Sie sich gefürchteten Situationen aus. Wenn Ihr Leben durch unvermeidliche Einflüsse wie einen Umzug, Ärger am Arbeitsplatz oder Krankheit durcheinandergeraten ist, versuchen Sie, Ihre normalen Abläufe so weit wie möglich beizubehalten.
Vor allem müssen Sie, auch wenn sonst alles in Ordnung ist, Ihre Lilien gießen! Zum psychologischen Gießen gehört es, alle neuen Denk- und Verhaltensweisen lebendig zu erhalten, indem Sie sich reichlich Gelegenheiten schaffen, Ihre neue Lebensart immer wieder zu üben und auszuprobieren. Wie wir in Kapitel 13 hervorheben, brauchen gesunde, alternative Überzeugungen einige Zeit, um in Fleisch und Blut überzugehen. Haben Sie Geduld mit sich und bleiben Sie mit Ihrem Denken, Fühlen und Handeln im gesunden Bereich, auch wenn Sie frei von Symptomen sind.
Es empfiehlt sich auch, einen Plan für Krisenzeiten vorzubereiten. Im Folgenden finden Sie ein paar Beispiele, die Sie in Ihrem Plan für eventuelle Rückfälle einbauen können:
Überlegen Sie, Ihren Hausarzt oder Psychiater zu fragen, ob Sie wieder eine Zeit lang Medikamente nehmen sollten.
Sprechen Sie mit einer Person Ihres Vertrauens über Ihre Gefühle. Wählen Sie jemanden, der Sie zuverlässig unterstützt. Wenn das nicht reicht, suchen Sie die Hilfe eines professionellen Therapeuten.
Sehen Sie sich an, was Sie bereits mit Hilfe der Kognitiven Verhaltenstherapie erreicht haben und wiederholen Sie die Übungen, die Ihnen am meisten geholfen haben.
Achten Sie auf eine gesunde und aktive Lebensführung.
Neue Sorten
pflanzen
Es ist wichtig, das Unkraut (ungesunde Überzeugungen und Verhaltensweisen) auszugraben, aber Sie müssen auch stattdessen eine Blume (gesunde Überzeugungen und Verhaltensweisen) pflanzen. Wenn Sie beispielsweise feststellen, dass eine alte Überzeugung wie »Ich muss die Zustimmung meines Chefs erhalten, sonst erweise ich mich als wertlos« wieder aufkeimt, stellen Sie die Logik, die Nützlichkeit und die Wahrheit dieser Überzeugung in Frage. (Mehr darüber, wie man ungesunde Überzeugungen in Frage stellt, erfahren Sie in Kapitel 13.)
Sie müssen aber auch eine gesunde Überzeugung einpflanzen, etwa »Ich möchte die Zustimmung meines Chefs erhalten, muss sie aber nicht haben, um mich als wertvollen Menschen zu empfinden«. Diese neue Überzeugung können Sie stärken, indem Sie für ihre Logik, Nützlichkeit und Wahrheit Argumente und Beweise sammeln oder in Verhaltensexperimenten untermauern.
Um neue Überzeugungen und Verhaltensweisen weiter zu stärken, können Sie Situationen herbeiführen, von denen Sie wissen, dass Sie Ihre alten, ungesunden Überzeugungen wahrscheinlich auslösen werden, und sich stattdessen nach Ihren neuen Überzeugungen verhalten. So könnten Sie beispielsweise Ihren Chef ausdrücklich um einen Kommentar zu einer Arbeit bitten, die nicht unbedingt zu Ihren besten gehört. Widerstehen Sie Ihren alten Verhaltensweisen, etwa übertriebenen Entschuldigungen oder Ausreden, die aus der ungesunden Überzeugung erwachsen, dass Sie »die Zustimmung Ihres Chefs erhalten müssen«. Akzeptieren Sie vielmehr, dass Sie auch mal nicht ganz so gut arbeiten, und nehmen Sie konstruktive Kritik an. (Mehr über Selbstakzeptanz erfahren Sie in Kapitel 12; in Kapitel 15 geht es um Techniken, mit denen Sie Ihre neuen Überzeugungen stärken können.)
Sie können ungesundes Verhaltensunkraut ausgraben und stattdessen Verhaltensblumen pflanzen. Vielleicht fällt Ihnen zum Beispiel auf, dass sich mit den kürzer werdenden Tagen im Herbst Ihre Stimmung verschlechtert und Sie abends mehr Alkohol trinken. Sie wissen, dass Ihre Stimmungskurve mit dem Einsetzen des Winters nach unten geht, weil Sie tagsüber mehr Zeit im Haus verbringen. Sie könnten sich jetzt auch entscheiden, abends nicht mehr als ein Glas Wein zu trinken und stattdessen einen Tanzkurs zu belegen oder etwas anderes zu unternehmen. Sie können auch eine Liste mit Aktivitäten zusammenstellen, mit denen Sie sich die langen Winterabende zu Hause vertreiben können.
Pflanzen Sie Blumen, wo vorher Unkraut war, und pflegen Sie diese Blumen, um sie widerstandskräftig zu machen. Unkraut hat es wesentlich schwerer, wenn es sich mit gesunden Pflanzen auseinandersetzen muss.
Checkliste für den glücklichen GärtnerDie folgenden Punkte zeigen einige Strategien zur Vermeidung und Überwindung von Rückfällen auf. Beherzigen Sie diese Checkliste, damit Ihre Ringelblumen nicht von Ackerwinden abgewürgt werden.Bleiben Sie ruhig. Denken Sie daran, dass Rückschläge normal sind. Jeder hat seine guten und schlechten Phasen.Nutzen Sie Rückschläge. Rückschläge führen Ihnen die Dinge vor Augen, die Ihre Situation verschlechtern, zeigen Ihnen aber auch, was Sie tun können, um Ihre Lage zu verbessern. Achten Sie auf Präventivmaßnahmen, von denen Sie vielleicht Gebrauch gemacht haben, um weiterzukommen, und die Sie dann weggelassen haben, als Ihre Symptome nachließen.Erkennen Sie Auslöser. Ein Rückschlag weist Sie auf Ihre verwundbaren Bereiche hin. Nutzen Sie diese Informationen, um sich auf zukünftige, vorhersehbare Rückschläge vorzubereiten.Nutzen Sie alles, was Sie durch die Kognitive Verhaltenstherapie gelernt haben. Man kann aus einem Rückschlag schließen, dass man sich nie ganz erholen wird oder dass die Kognitive Verhaltenstherapie in diesem Fall eben nicht geholfen hat. Aber wenn die KVT-Maßnahmen einmal gewirkt haben, werden sie wahrscheinlich wieder wirken. Halten Sie durch. Sie haben nichts zu verlieren, wenn Sie es versuchen.Rücken Sie alles ins rechte Licht. Leider erscheinen mit zunehmend guter emotionaler Gesundheit die schlechteren Phasen im Vergleich viel düsterer. Sehen Sie sich Ihre Fortschritte an und versuchen Sie, diesem starken Kontrast etwas Positives abzugewinnen – er wäre nicht so deutlich, wenn Sie nicht so weit gekommen wären.Haben Sie Mitgefühl mit sich selbst. Viele Menschen machen sich Vorwürfe, wenn sie Rückschläge hinnehmen müssen. Es gibt da keine Schuldfrage. Helfen Sie sich wieder auf die Beine, indem Sie einen Rückschlag als ein Problem betrachten, das gelöst werden will, anstatt als einen Knüppel, mit dem Sie sich selbst schlagen.Führen Sie sich Ihre Erfolge vor Augen. Niemand kann Ihnen wegnehmen, was Sie bereits erreicht haben. Auch wenn es gelegentlich scheinen mag, als hätten Sie alles wieder verloren, es kann zurückkommen. Sie haben es in der Hand, diesen Prozess zu beschleunigen.Stellen Sie sich Ihren Ängsten. Gestatten Sie sich nicht, vor dem zurückzuweichen, was Ihren Rückschlag ausgelöst hat. Überlegen Sie sich weitere Konfrontationsübungen (lesen Sie hierzu in den Kapiteln 11 und 15 nach), um mit dem jeweiligen Auslöser beim nächsten Mal besser zurechtzukommen.Setzen Sie sich realistische Ziele. Manchmal kommt es zu Rückfällen, wenn man mehr abbeißt, als man herunterschlucken kann. Achten Sie darauf, dass Ihre Übungen Sie fordern, aber nicht überfordern. Teilen Sie große Ziele in kleinere Miniziele auf.Halten Sie durch! Auch wenn Sie einen Rückschlag nicht gleich überwinden können, sollten Sie die Hoffnung nicht aufgeben. Mit etwas Zeit und Engagement können Sie sich wieder hochrappeln. Zögern Sie nicht, sich Hilfe von Freunden oder professionellen Therapeuten zu holen, wenn Sie das für nötig halten. Denken Sie an die Zeit zurück, als Sie sich genau so verzweifelt und hilflos gefühlt haben wie jetzt. Erinnern Sie sich daran, wie Sie aus diesem Loch wieder herausgefunden haben – und verfolgen Sie jetzt die gleichen Strategien.Fröhliches Gärtnern!
Ein einfühlsamer Gärtner
sein
Was machen Sie, wenn es einer Ihrer wertvollen Pflanzen nicht so gut geht? Wenn eine Ihrer preisgekrönten Rosen an Braunfäule leidet, nehmen Sie Ihr dann jegliche Nahrung und gießen Sie sie nicht mehr oder versuchen Sie, etwas gegen diese Krankheit zu tun? Es ist sicher besser, nicht so gut gedeihende Pflanzen in Ihrem Garten nicht zu vernachlässigen oder zu bestrafen, denn wenn Sie das tun, werden sie nur weiter welken. Sie werden wahrscheinlich der Pflanze keine Schuld daran geben, dass sie krank ist – warum sollten Sie sich also schuldig fühlen, wenn Sie einen Rückfall haben?
Natürlich sollen Sie die Verantwortung für all Ihre selbstschädigenden Verhaltensweisen übernehmen. Und ebenso natürlich sind Sie verantwortlich für Ihr Denken und letztlich auch für Ihre eigene Genesung. Aber betrachten Sie sich und Ihre Probleme auch mit Mitgefühl. So manche ungesunde Tendenz mag zum Teil in Ihren frühen Erfahrungen als Kind und junger Erwachsener wurzeln. Andere Entwicklungen sind möglicherweise biologisch mitbedingt. Auch traumatische Erlebnisse tragen ihren Anteil zu ungesunden Tendenzen bei. Sie sind mit Ihren emotionalen Problemen nicht allein. Sie sind ein Teil der menschlichen Spezies, und es gibt keinen Grund dafür, von sich in puncto emotionale Gesundheit mehr von sich zu erwarten als von anderen Menschen.
Wie gedeiht Ihr Garten?Untersuchungen belegen, dass die Kognitive Verhaltenstherapie eine geringere Rückfallquote hat als rein medikamentöse Therapien und andere Therapieformen. Das mag daran liegen, dass die Kognitive Verhaltenstherapie Menschen ermutigt, sich selbst zu therapieren. Verhaltensübungen und schriftliche Übungen scheinen eine stabile Entwicklung länger zu unterstützen. Versuchen Sie, auch weiter in Ihrem Leben ein aktiver Gärtner zu sein. In den meisten Gärten, die sich selbst überlassen werden, übernimmt das Unkraut früher oder später die Regie. Machen Sie am besten die Gesundheit Ihres psychologischen Gartens zu Ihrer Lebensaufgabe.
Natürlich sollen Sie die Verantwortung für all Ihre selbstschädigenden Verhaltensweisen übernehmen. Und ebenso natürlich sind Sie verantwortlich für Ihr Denken und letztlich auch für Ihre eigene Genesung. Aber betrachten Sie sich und Ihre Probleme auch mit Mitgefühl. So manche ungesunde Tendenz mag zum Teil in Ihren frühen Erfahrungen als Kind und junger Erwachsener wurzeln. Andere Entwicklungen sind möglicherweise biologisch mitbedingt. Auch traumatische Erlebnisse tragen ihren Anteil zu ungesunden Tendenzen bei. Sie sind mit Ihren emotionalen Problemen nicht allein. Sie sind ein Teil der menschlichen Spezies, und es gibt keinen Grund dafür, von sich in puncto emotionale Gesundheit mehr von sich zu erwarten als von anderen Menschen.
Wenn Sie mit eventuellen Rückfällen verantwortlich und mitfühlend umgehen, werden Sie eher in der Lage sein, wieder auf den Weg der Besserung zurückzufinden.
Sie haben sicher schon gehört, dass man mit seinen Pflanzen sprechen soll, damit sie gedeihen. Das mag Ihnen ein wenig albern vorkommen, aber vielleicht ist ja etwas dran. Versuchen Sie sich vorkommen, Sie wären eine kleine Topfpflanze, die am Küchenfenster steht. Sprechen Sie sich liebevoll Mut zu, wenn Sie merken, dass Sie die Blätter hängen lassen. Vermitteln Sie sich Botschaften, die Ihnen etwas geben, und nicht solche, die Ihnen etwas nehmen.