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Zuerst fiel Mrs. Powell der Geruch auf. Leicht süßlich. Leicht unangenehm. Sie nahm ihn an einem warmen Juniabend in der Luft wahr, als sie ihren Wagen in die Garage stellte, aber sie nahm an, daß er aus der Mülltonne ihrer Nachbarn auf der anderen Seite der niedrigen Mauer, die die Anwesen trennte, kam, und kümmerte sich nicht weiter darum. Am nächsten Morgen, als sie die Garagentür aufzog, strömte ihr der Geruch von Verwesung entgegen, und die Neugier trieb sie, in dem Stapel Kartons hinten in der Garage nachzusehen, nachdem sie ihren Wagen in die Auffahrt hinausgefahren hatte. Keinesfalls hatte sie erwartet, eine Leiche zu finden. Wenn sie überhaupt etwas erwartet hatte, dann höchstens, daß irgend jemand dort drinnen seinen Abfall deponiert hatte, und es erschütterte sie zutiefst, auf plattgedrückten Kartons einen Toten zu entdecken, der, den Kopf auf den Knien, in der Ecke kauerte.
Die Geschichte erregte vorübergehend das Interesse der Medien, hauptsächlich wegen des Ortes, an dem der Mann gefunden wurde - in einer exklusiven abgeschlossenen Wohnanlage an der Themse in der ehemaligen Hafengegend Londons -, und weil der Pathologe als Todesursache Unterernährung feststellte. Die Tatsache, daß am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts in einer der reichsten Gegenden einer der reichsten Großstädte der Welt ein Mensch verhungert sein sollte, war für die meisten Journalisten von unwiderstehlichem Reiz, um so mehr, als sie von der Polizei hörten, daß der Mann unmittelbar neben einer riesigen Tiefkühltruhe voller Nahrungsmittel gestorben war. Die Meute rückte also in großer Zahl an.
Aber sie wurden enttäuscht. Mrs. Powell war für Interviews nicht zu haben und bereits aus ihrem Haus verschwunden. Und es war auch niemand da, der Auskünfte über das Leben des Toten hätte geben können, die es der Mühe wert gewesen wären, über ihn zu schreiben. Er war einer aus dem Heer von Obdachlosen, die die Straßen Londons bevölkerten, ein Trinker ohne Familie oder Freunde, dessen Fingerabdrücke aufgrund mehrerer Verurteilungen wegen Diebstahls unter dem Namen Billy Blake bei den Polizeiakten lagen. Unter Londons Polizeibeamten galt er als eine Art Straßenprediger, weil er, wenn er betrunken war, die Gewohnheit gehabt hatte, Vorüberkommende laut und aggressiv vor Untergang und Zerstörung zu warnen; da jedoch niemand seinen wirren Reden je Aufmerksamkeit geschenkt hatte, konnte auch niemand mehr über ihn sagen. Seltsam war lediglich, daß er, als er im Jahr 1991 zum erstenmal festgenommen worden war, bezüglich seines Alters gelogen hatte. In den Polizeiakten stand, er sei fünfundsechzig Jahre alt gewesen; der Pathologe schätzte sein Alter laut den amtlichen Unterlagen der Leichenschau auf fünfundvierzig.
Mrs. Powell war in diese traurige und merkwürdige Geschichte nur hineingeraten, weil der Mann in ihrer Garage gestorben war. Dennoch ging er ihr nicht aus dem Kopf, als sie zwei Wochen später, nachdem das morbide Interesse der Presse abgeflaut war, nach Hause zurückkehrte. Und da sie es sich leisten konnte, bezahlte sie seine Einäscherung, als der Coroner die Leiche schließlich freigab. Es bestand keine Notwendigkeit für sie, das zu tun - wie in anderen Bereichen der Sozialhilfe wurden auch die Bestattungskosten in solchen Fällen vom Staat übernommen -, aber sie fühlte sich ihrem ungeladenen Gast verpflichtet. Sie wählte das zweitbilligste Pauschalangebot und erschien am festgesetzten Tag zur festgesetzten Zeit im Krematorium. Wie sie erwartet hatte, waren sie und der Geistliche die einzigen Anwesenden; die Angestellten des Bestattungsinstituts waren gegangen, nachdem sie den Sarg abgestellt hatten. Es war eine ziemlich qualvolle Trauerfeier, begleitet von Musik aus dem Kassettenrecorder. Zu Beginn sang Elvis Presley Amazing Grace, dann ackerten der Geistliche und sie sich gemeinsam durch den Gottesdienst (und fragten sich unabhängig voneinander, ob Billy Blake überhaupt Christ gewesen war), und ein walisischer Männerchor intonierte Bleib ja bei mir, Gott, als der Sarg zu den Verbrennungskammern rollte und der Vorhang sich diskret hinter ihm schloß.
Mehr blieb danach kaum zu sagen oder zu tun, und nachdem sie einander die Hand gegeben und jeder dem anderen für sein Kommen gedankt hatte, gingen Mrs. Powell und der Geistliche ihrer Wege. Billy Blakes Asche, auch das gehörte zum Pauschalangebot, wanderte in eine Urne, die mit einem kleinen Schild versehen wurde, das seinen Namen und den Tag seines Todes vermeldete, und in einem Eckchen des Krematoriums aufbewahrt wurde. Keine der beiden Angaben stimmte: Der Tote war nicht auf den Namen Billy Blake getauft gewesen, und der Pathologe hatte den Zeitpunkt seines Todes aufgrund falscher Temperaturmessungen um einige Stunden verfehlt.
Wer immer auch Billy Blake gewesen war, er starb am Dienstag, dem 13. Juni 1995.
 
Die beiden Besucher, die wenige Tage später kamen, um sich Billy Blakes Urne anzusehen, blieben unbemerkt. Der ältere Mann zeigte mit kurzem Finger auf die Inschrift und sagte spöttisch: »Na bitte, was hab’ ich dir gesagt? Gestorben am 12. Juni 1995. Genau an dem beschissenen Montag. Also, bist du jetzt zufrieden?«
»Wir hätten ein paar Blumen mitnehmen sollen«, sagte der Jüngere mit einem Blick auf die üppigen Kränze, die andere Trauernde kürzlich Verbrannten als letzten Gruß hinterlassen hatten.
»Wozu? Billy ist tot, und mir ist noch keine Leiche begegnet, die auf Blumengebinde Wert legt.«
»Ja, aber -«
»Aber nichts«, sagte der alte Mann entschieden. »Ich sag’ dir doch, der Alte ist tot.« Er stieß den Jüngeren vorwärts. »Sieh nach, ob ich recht hab’, und dann verschwinden wir hier.« Mit einem Ausdruck des Abscheus in dem verwitterten Gesicht sah er sich um. »Ich hab’ mich in so’ner Umgebung noch nie wohl gefühlt. Es bringt nichts, zuviel über den Tod nachzudenken. Der kommt auch so früh genug.«
 
Obwohl Mrs. Powell ihre Garage innerhalb von sechs Wochen dreimal von drei verschiedenen Reinigungsfirmen hatte reinigen lassen, entledigte sie sich ihrer Kühltruhe, ging dafür häufiger einkaufen und ließ ihren Wagen in der Auffahrt stehen. Ihr Nachbar machte seine Frau darauf aufmerksam und meinte, es wäre ein Jammer, daß es keinen Mr. Powell gäbe. Kein Mann würde eine absolut brauchbare Garage leer stehen lassen, nur weil ein Landstreicher darin gestorben war.
(Auszug aus Ungelöste Kriminalfälle des zwanzigsten
Jahrhunderts von Roger Hyde, London 1994)

Vermißte Personen

Wie viele Menschen genau jedes Jahr in Großbritannien ihren Wohnsitz für immer verlassen, bleibt ein Geheimnis, aber wenn wir »vermißt« mit »Aufenthaltsort unbekannt« gleichsetzen, dürfte die Zahl in die Hunderttausende gehen. Nur ein äußerst geringer Prozentsatz dieser Fälle erregt öffentliches Aufsehen, meist handelt es sich dabei um Kinder, die entführt und später ermordet wurden. Das Verschwinden Erwachsener gerät selten ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Der berühmteste Vermißte jüngerer Zeit ist der Earl of Lucan, der am 7. November 1974 nach der brutalen Ermordung Sandra Rivetts, des Kindermädchens seiner Kinder, und einem Mordversuch an Lady Lucan aus dem Haus seiner Ehefrau, mit der ihn nichts mehr verband, verschwand. Weder wurde er je wieder gesehen, noch wurde seine Leiche gefunden, aber der Grund seines Verschwindens scheint klar zu sein. Rätselhafter ist das Verschwinden zweier anderer »Vermißter«: Peter Fenton, Inhaber des Order of the British Empire, ein hochstehender und ehrgeiziger Diplomat, und James Streeter, ein Banker.

Der Fall des verschwundenen Diplomaten - Peter Fenton

Das Verschwinden Peter Fentons am Abend des 3. Juli 1988, wenige Stunden bevor die Leiche seiner Frau im Schlafzimmer ihres gemeinsamen Hauses in Knightsbridge entdeckt wurde, sorgte in der britischen Presse für eine Sensation. Das Haus steht kaum einen Kilometer von dem Ort entfernt, an dem sich fast vierzehn Jahre zuvor die Lucan-Tragödie abgespielt hatte, und es gab verblüffende Parallelen zwischen Peter Fenton und Lord »Lucky« Lucan. Beide Männer hatten sich in ähnlichen gesellschaftlichen Kreisen bewegt, und von beiden war bekannt, daß sie zuverlässige Freunde hatten, die bereit gewesen wären, ihnen zu helfen; die Fahrzeuge beider Männer wurden später verlassen an der Südküste Englands aufgefunden, was zu Spekulationen Anlaß gab, sie seien über den Kanal nach Frankreich geflohen; selbst in ihrer äußeren Erscheinung gab es verblüffende Ähnlichkeiten: Beide waren groß, dunkel und im konventionellen Sinn gutaussehend.
Doch alle Vergleiche mit dem Fall Lucan fanden ein Ende, als die Polizei bekanntgab, daß sie nach eingehender Untersuchung des Hauses und der Toten überzeugt sei, daß Verity Fenton Selbstmord verübt habe. Sie hatte sich am Abend des 1. Juli, während Peter Fenton zu einem fünftägigen Besuch in Washington weilte, an einem Deckenbalken auf dem Speicher ihres Hauses erhängt. Eine Rekonstruktion aufgrund von Indizien ließ vermuten, daß Fenton bei seiner Rückkehr aus den USA am 3. Juli ihren Abschiedsbrief auf dem Tisch im Vestibül vorgefunden und daraufhin im ganzen Haus nach ihr gesucht hatte. Es scheint keinen Zweifel daran zu geben, daß er selbst die Tote heruntergenommen und auf das Bett gelegt hat. Ebensowenig kann bezweifelt werden, daß er danach seine Stieftochter anrief und sie bat, noch am selben Abend mit ihrem Mann nach Knightsbridge zu kommen. Er warnte sie nicht vor dem, was sie vorfinden würde, und erwähnte mit keinem Wort, daß er selbst nicht dasein würde, sondern sagte nur, daß er die Tür unverschlossen lassen würde. Ihrer Beschreibung zufolge wirkte er bei dem Gespräch »sehr erschöpft«.
Im Gegensatz zu Lord Lucan, der nach der amtlichen Untersuchung des Todes von Sandra Rivett offiziell unter Anklage gestellt wurde, wurde Peter Fenton von jeglicher Schuld am Tod seiner Frau Verity freigesprochen. Das Untersuchungsgericht erkannte auf »Selbstmord in einem Zustand geistiger Verwirrung«, nachdem ihre Tochter ausgesagt hatte, Verity Fenton sei in der Zeit der Abwesenheit ihres Mannes ungewöhnlich deprimiert gewesen. Dies wurde durch den Abschiedsbrief bestätigt, der folgenden Wortlaut hatte: »Verzeih mir. Ich kann es nicht länger ertragen, Darling. Bitte mach Dir keine Vorwürfe. Deine Treuebrüche sind nichts im Vergleich zu meinen.«
Es blieb jedoch die Frage: Warum ist Peter Fenton verschwunden? Viele hielten es für logisch, daß mit den »Treuebrüchen« außereheliche Affären gemeint waren, und allenthalben wurde gemutmaßt, Fenton sei in die tröstende Umarmung einer Geliebten geflohen. Das erklärt aber weder, wieso sein Wagen verlassen in der Nähe eines Fährhafens am Kanal gefunden wurde, noch, weshalb er sich weiterhin versteckt hielt, nachdem der Urteilsspruch der Geschworenen zum Tod seiner Frau veröffentlicht worden war. Das allgemeine Interesse begann sich auf seinen Arbeitsplatz im Auswärtigen Amt zu konzentrieren und die beiden Posten, die er in Washington (1981-83 und 1985-87) innegehabt hatte, wo er dem Vernehmen nach zu streng geheimen Informationen über die NATO Zugang gehabt hatte.
War es Zufall, daß Fenton nur Wochen nach der Verhaftung Nathan Dribergs1 in Amerika verschwunden war? Warum hatte er die fünftägige Reise nach Washington allein unternommen, obwohl er gewußt haben mußte, daß seine Frau unter einer schweren Depression litt? Konnte es ein verzweifelter Versuch gewesen sein herauszufinden, ob Driberg reden würde, um danach Verity die Gewißheit geben zu können, daß ihm nichts passieren würde? Denn warum hatte sie von »Treuebruch« geschrieben, bevor sie sich erhängt hatte, wenn nicht, weil sie gewußt hatte, daß ihr Mann ein Spion war? Jetzt wurden nicht mehr Parallelen zu Lord Lucan gezogen, sondern zu Guy Burgess und Donald MacLean, den berüchtigten Spionen im Auswärtigen Amt der dreißiger und vierziger Jahre, die 1951 verschwanden, nachdem Kim Philby sie gewarnt hatte, daß die Ermittler der britischen und amerikanischen Spionageabwehr ihnen auf der Spur seien. Hatte Peter Fenton wie Donald MacLean seine Vertrauensstellung bei unserer Botschaft in Washington dazu benutzt, sein Land zu verraten?
Wir werden es wahrscheinlich nie erfahren; denn wenn Peter Fenton in der Tat ein Verräter war, dann hat er den Verrat um des Geldes willen begangen, wird also kaum wieder auftauchen wie 1956 Burgess und MacLean in Moskau, die sich auf langjährige Verbundenheit mit dem Kommunismus beriefen. Bei den Gewinnen, die das Driberg-Syndikat angeblich gemacht hat, könnte er Millionen gescheffelt und in der Schweiz deponiert haben, mit denen er sich eine neue Identität hätte finanzieren können. Doch seiner Stieftochter Marilyn Burghley zufolge wäre es falsch anzunehmen, daß er von seinem Verrat profitiert hat. »Peter hat meine Mutter angebetet. Ich habe keinen Moment geglaubt, daß ›Treuebrüche‹ bedeutete, daß er Affären hatte. Und das heißt wohl, daß ich akzeptieren muß, daß er sein Land verraten hat und sie davon wußte. Vielleicht hat er sie gebeten, mit ihm zu verschwinden, und als sie sich weigerte, hat er sie vielleicht beschuldigt, ihn nicht zu lieben. Meiner Ansicht nach muß es zu einer schrecklichen Auseinandersetzung zwischen ihnen gekommen sein, daß sie sich auf diese Weise das Leben genommen hat. Wie immer auch die Wahrheit aussieht, ein Leben ohne sie wäre für ihn unerträglich gewesen. Der Tod meiner Mutter war eine weit schlimmere Strafe für ihn als alles, was die Gerichte ihm je hätten auferlegen können.«
Ein Blick auf Peter Fentons früheres Leben und seine Vergangenheit bringt kaum mehr Licht in das Dunkel. Er wurde am 5. März 1950 geboren und von Jean und Harold Fenton aus Colchester, Essex, adoptiert. Jean nannte ihn stets ihr »kleines Wunder«, da sie zur Zeit der Adoption bereits zweiundvierzig Jahre alt war und alle Hoffnung auf ein Kind aufgegeben hatte. Sie und ihr Mann waren Lehrer und widmeten ihrem Sohn Zeit und Mühe in verschwenderischem Maß. Ihr Lohn war ein begabter Junge, der als Stipendiat zuerst in Winchester und dann in Cambridge aufgenommen wurde, wo er Altphilologie studierte. Doch im Lauf der Adoleszenz entfremdete er sich seinen Eltern allmählich, verbrachte seine Ferien immer seltener in Essex und zog es vor, sich, wann immer möglich, bei Freunden in London aufzuhalten. Es gibt Indizien dafür, daß er voll Groll auf seine bescheidene Herkunft war und entschlossen, sie hinter sich zu lassen. Er zeigte wenig Liebe zu seinen Adoptiveltern.
In einem Brief an seinen Bruder im Jahr 1971 schrieb Harold Fenton: »Peter hat Jean das Herz gebrochen, und ich werde ihm das nie verzeihen. Als ich ihn mir wegen seines Spielens vornahm, fragte er, ob es mir lieber wäre, wenn er stehle, um sich den Weg aus unserem Haus und unserem Leben zu erkaufen. Er schämt sich unser. Offenbar hat er vor, in den auswärtigen Dienst zu gehen, sobald er in Cambridge abgeschlossen hat, und er wollte uns ›warnen‹, daß wir ihn, wenn es soweit ist, nur noch sehr selten sehen würden. Seine Karriere stünde an erster Stelle. Ich fragte ihn, ob er eine Erklärung dafür habe, warum Gott uns mit so einem ungefälligen Kind gesegnet habe, und er sagte: ›Ich habe euch stolz gemacht. Was wollt ihr mehr?‹ Ich hätte ihn geschlagen, wenn Jean nicht dabeigewesen wäre.«
Peter Fenton trat 1972 nach seinem Abschluß in Cambridge in den diplomatischen Dienst ein, und schon früh wurde Sir Angus Fraser, damals Botschafter in Paris, auf ihn aufmerksam. Dank Frasers Unterstützung schien Fenton einer glänzenden Karriere entgegenzusehen. Doch seine Heirat mit Verity Standish im Jahr 1980 wurde von vielen als Fehler betrachtet, und sein kometenhafter Aufstieg schien gebremst. Verity, eine Witwe mit zwei halbwüchsigen Kindern, war dreizehn Jahre älter als Fenton und wurde wegen ihres Alters als ungeeignet betrachtet, die Ehefrau eines zukünftigen Botschafters zu werden. In Anbetracht dessen, ist es interessant, daß er seine Liebe zu Verity über seine Karriere stellte. Diese Entscheidung jedoch schien sich als richtig zu erweisen, als er im September 1981 seine erste Berufung nach Washington bekam.
Es folgten sieben Jahre scheinbar tadellosen Ehelebens und engagierter Arbeit. 1983 wurde Fenton für seine Verdienste im Dienst der britischen Regierung während des Falklandkriegs mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet, und Verity bewährte sich als treue Ehefrau und begehrte Gastgeberin bei offiziellen Anlässen. Ihre Kinder, die ihre Ferien stets mit dem Paar verbrachten, gleich, in welchem Teil der Welt es sich befand, erinnern sich Fentons mit Zuneigung. »Er war immer sehr nett zu uns«, sagte Veritys Sohn, Anthony Standish. »Er hat einmal zu mir gesagt, er habe immer geglaubt, Geld und Ehrgeiz seien das einzige, was im Leben zählt, bis meine Mutter ihn lieben lehrte. Deshalb glaube ich nicht, daß er ein Verräter war. Das Geld hätte ihn nicht gelockt. Wenn Sie meine Meinung hören wollen, sie war diejenige, die eine Affäre hatte. Sie war der Typ Frau, der dauernd Liebesbeweise brauchte, wahrscheinlich weil mein leiblicher Vater ein Frauenheld und ihre Ehe unglücklich war. Vielleicht hat sie sich vernachlässigt gefühlt, weil Peter zu dieser Zeit soviel gearbeitet hat, und ist ihm aus einem Mangel heraus untreu geworden. Wenn Peter dahintergekommen ist und ihr gedroht hat, sie zu verlassen, würde das ihren Selbstmord erklären.«
Leider aber erklärt es sonst nichts. Warum ist Peter Fenton verschwunden? Lebt er oder ist er tot? War er ein Spion, ein untreuer Ehemann oder ein gehörnter? Können wir ernstlich glauben, daß die Liebe zu Verity ihn vom ehrgeizigen Materialisten zum liebenden Gatten und Stiefvater gewandelt hat? Und wenn er seine Frau wirklich so sehr geliebt hat, wie seine Stiefkinder behaupten, was hat er dann vor seiner Abreise nach Washington getan, um seine Frau in einen so tiefen Abgrund der Verzweiflung zu stürzen, daß sie sich das Leben nahm? Noch interessanter ist die Frage, ob Veritys Abschiedsbrief, der keinen Adressaten und keinen Umschlag hatte, ihm galt oder einem anderen Menschen.
Es ist gut möglich, daß die Wahrheit in den Worten liegt, die Jean Fenton am fünften Geburtstag ihres Adoptivsohns in ihr Tagebuch schrieb: »Wie gern Peter doch schauspielert. Heute spielt er das Musterkind. Morgen wird der Teufel an der Reihe sein. Ich wünschte, ich wüßte, welcher dieser verschiedenen Peter der wahre ist.«

Der Fall des flüchtigen Bankers - James Streeter

James Streeter wurde am 24. Juli 1951 als ältester Sohn von Kenneth und Hilary Streeter in Cheadle Hulme, Cheshire, geboren. Er besuchte das Gymnasium in Manchester und die Universität Durham, wo er moderne Sprachen studierte. Nach seinem Abschluß nahm er in Paris bei Le Fournet, einer französischen Handelsbank, eine Stellung an. Dort blieb er fünf Jahre, bis er zu einer Tochtergesellschaft in Brüssel ging. Dort lernte er Janine Ferrer kennen und heiratete sie, doch die Ehe hielt nur drei Jahre, und nach seiner Scheidung im Jahr 1983 kehrte er nach Großbritannien zurück, um einen Posten bei Lowenstein’s Merchant Bank in der Londoner City zu übernehmen. 1986 heiratete er eine aufstrebende Architektin, die sieben Jahre jünger war als er. Kenneth und Hilary Streeter beschreiben die Ehe der beiden als stürmisch. »Sie hatten wenig gemeinsam«, bekennt Hilary, »und das führte zu Auseinandersetzungen, aber es ist lächerlich zu unterstellen, daß James aufgrund von Depressionen wegen seiner Eheprobleme zum Dieb wurde. Im übrigen begann er, wenn man der Polizei glauben kann, ja bereits ein Jahr vor seiner Heirat mit den Unterschlagungen. Die Fakten stimmen also gar nicht überein. Es macht uns wirklich zornig, daß der Ruf unseres Sohnes derart in den Schmutz gezogen wird, nur weil die Polizei dem Schein unbesehen glaubt. Man sollte seinen Mörder verurteilen, nicht James.«
Auf den ersten Blick scheint James Streeters Verschwinden ebenso leicht erklärbar zu sein wie das Lord Lucans; nur Tage nämlich, nachdem er am Freitag, dem 27. April 1990, seinen Platz bei Lowenstein’s Merchant Bank geräumt hatte, wurde er in Abwesenheit beschuldigt, seine Arbeitgeber um 10 Millionen Pfund betrogen zu haben. Die Beweise gegen ihn scheinen erdrückend. Wenige Wochen vor seinem Verschwinden entdeckten die Wirtschaftsprüfer der Bank gewisse Unregelmäßigkeiten in den Büchern, die sie dem Aufsichtsrat zur Kenntnis brachten. Es handelte sich um ein Defizit von 10 Millionen Pfund, das seinen Ursprung in Streeters Abteilung zu haben schien und sich über einen Zeitraum von fünf Jahren angehäuft hatte. Ganz einfach gesagt, wurde der Diebstahl mit Hilfe betrügerischer Konten bewerkstelligt, über die große internationale Transaktionen liefen und von denen hohe Zinsen abgesahnt wurden. Die ganze Operation baute auf dem Versäumnis der Bank auf, zuverlässige Sicherheitsfunktionen in ihr Datenverarbeitungssystem zu integrieren. Das Resultat war, daß die betrügerischen Konten nicht bemerkt wurden und die Zinsen, die im Lauf der Jahre auf die Seite gebracht wurden, beträchtliche Summen erreichten.
Der Aufsichtsrat entschloß sich - ein Fehler, wie die nachfolgenden Ereignisse zeigten -, eine betriebsinterne Untersuchung vornehmen zu lassen, geheim, um eine Panik unter den Bankkunden zu vermeiden. Die Sache wurde nicht richtig in die Hand genommen, die Geheimhaltung war von Anfang an nicht gewährleistet und die Folge war, daß es nicht gelang, den schuldigen Angestellten zu finden, während dieser gleichzeitig gewarnt wurde.
Als James Streeter am Abend des 27. April verschwand, herrschte die allgemeine Ansicht, er habe sich mit einem Vermögen aus dem Staub gemacht, zumal seine Flucht nur Stunden nach dem verspätet getroffenen Beschluß des Aufsichtsrats erfolgte, die Untersuchung der Polizei zu übergeben.
Trotz ausführlicher Befragung seiner Ehefrau und einer ausgedehnten Untersuchung seiner finanziellen Angelegenheiten gelang es jedoch nicht, auch nur eine Spur von Streeter oder dem unterschlagenen Geld zu finden. Skeptiker behaupten, sein Fluchtplan habe schon seit Wochen, Monaten oder sogar Jahren festgestanden und die 10 Millionen Pfund seien aus dem Inland an einen sicheren Ort im Ausland transferiert worden. Verteidiger, vornehmlich seine Eltern und sein Bruder, bringen vor, James habe als Sündenbock für einen anderen herhalten müssen und sei ermordet worden, weil der wahre Schuldige sich damit vor weiteren Ermittlungen schützen wollte. Zur Begründung ihrer Position zitieren sie aus einem handgeschriebenen Fax, das am Freitag, dem 27. April 1990, aus James Streeters Büro an das seines Bruders in Edinburgh gesandt wurde.
»Lieber John«, lautete es, »Dad drängt mich, einen Raum für die Feier zum vierzigsten Hochzeitstag zu bestellen. Er schlägt das Park Lane vor, aber ich erinnere mich, daß Mama gesagt hat, wenn sie je einen Hochzeitstag groß feiern würde, würde sie gern in dem Hotel in Kent feiern, in dem damals der Hochzeitsempfang stattfand. Bilde ich mir das ein? Und hat sie Dir gegenüber mal den Namen des Hotels erwähnt? Dad sagt, es war irgendwo in Sevenoaks, kann sich aber nicht an Einzelheiten erinnern. Er behauptet, sein Gedächtnis lasse nach, aber ich vermute, er war den ganzen Tag sturzbetrunken und wußte überhaupt nicht, wo er war. Ich habe es schon bei den Tanten und Onkel versucht, aber von ihnen kann sich auch keiner erinnern. Wenn wir nicht weiterkommen, werden wir wohl die Überraschung platzen lassen und Mama selbst fragen müssen. Du weißt ja, wie sie ist. Es würde ihr puritanisches Gemüt verletzen, wenn wir für etwas, das sie sich gar nicht wünscht, ein Vermögen ausgeben, und dann könnte sie es nicht genießen. Ich weiß, es ist noch lang hin, aber je früher wir buchen, desto geringer ist die Gefahr der Enttäuschung. Ich bin das ganze Wochenende zu Hause; ruf mich an, wenn es Dir paßt. Ich habe Dad versprochen, ihn Sonntagmittag zurückzurufen. Gruß, James.«
»Die Polizei mag behaupten, was sie will«, sagt John Streeter, »mein Bruder hätte dieses Fax nicht geschrieben, wenn er vorgehabt hätte, am selben Abend das Land zu verlassen. Es hätte hundert bessere Möglichkeiten gegeben, allen Verdacht bezüglich seiner Absichten zu beschwichtigen. Ich halte es für wahrscheinlicher, daß er auf den Besuch angespielt hätte, den meine Familie und ich ihm im Mai machen wollten. ›Wir sehen uns in zwei Wochen‹ wäre doch weit eindeutiger gewesen als ›ruf mich an, wenn es Dir paßt‹. Und warum hätte er unseren Vater erwähnen sollen? Es wäre für ihn doch riskant gewesen, wenn sich gleich zwei Mitglieder seiner Familie wegen angekündigter Anrufe, die dann nicht erfolgten, Sorgen machten.«
Die Polizei ist skeptisch. Sie beruft sich auf das Klima des Argwohns, das bei Lowenstein bestand, und auf James’ Bestreben, jegliches Interesse an seinem Tun an diesem Wochenende zu zerstreuen. Obwohl die innerbetriebliche Untersuchung bei Lowenstein angeblich geheim war, fiel den meisten Angestellten auf, daß die Sicherheitsmaßnahmen verschärft wurden. Der Klatsch blühte, und mindestens zwei Personen aus Streeters Abteilung sagten nachweislich, sie hätten schon vor seinem Verschwinden gewußt, daß irgendwelche Betrügereien entdeckt worden waren und der Verdacht sich auf ihre Abteilung konzentrierte. Wenn, wie die Polizei glaubt, Streeter abwartete, bis die Untersuchung in ein Stadium getreten war, das ihn zur Flucht zwang, dann war das Fax an seinen Bruder lediglich Teil der Vernebelungstaktik, die er einsetzte, um Verwirrung zu stiften. Fast bei jedem Telefongespräch in den Wochen vor seinem Verschwinden lud er Geschäftsfreunde zu Zusammenkünften im April, Mai und Juni ein. Seine Frau berichtete der Polizei, daß James Streeter Anfang April ungewöhnliche Anwandlungen von Geselligkeit zeigte und sie anregte, bis in den Juli hinein kleine Abendessen und Wochenendtreffen mit Freunden, Arbeitskollegen und Familienangehörigen zu verabreden.
Der Polizei zufolge handelte er nach einem geheimen Plan. Sie weist auf die Tatsache hin, daß er seine Sekretärin schon zu Beginn der »geheimen« Untersuchung anhielt, seinen Terminkalender, auch was private Termine betraf, genau auf dem laufenden zu halten, und es fällt auf, daß er für April, Mai, Juni und Juli 1990 wesentlich mehr Termine hatte als in den gleichen Monaten vergangener Jahre. Sein Bruder gibt zu, daß sein Verhalten ungewöhnlich war. »Ja, es hat uns überrascht, als sie uns zu einem längeren Besuch einluden, weil James immer erklärt hat, es langweile ihn, Gäste zu bewirten. Die Polizei behauptet, es sei ein erfolgreicher Versuch gewesen, die Ermittler in Sicherheit zu wiegen und glauben zu machen, daß er bis in den Juli hinein zu Vernehmungen zur Verfügung stünde. Es wäre aber ebenso logisch zu behaupten, daß er, genau wie alle anderen, von den Gerüchten beunruhigt war und sich untypisch verhielt, um sein Engagement und seine Loyalität zu demonstrieren. Gewiß war er nicht der einzige Angestellte, der in dieser Zeit sein Arbeitspensum steigerte, und die meisten dieser Termine beziehen sich auf geschäftliche Verabredungen.«
Streeters Familie beruft sich zum Beweis seiner Schuldlosigkeit in dieser geheimnisvollen Affäre ferner auf seine mangelnden Computerkenntnisse. »James verfügte einfach nicht über das Fachwissen, um diesen Betrug zu bewerkstelligen«, behauptet John Streeter. »Wir haben über seine Aversion gegen alle moderne Technologie sogar unsere Witze gemacht. Er konnte mit einer Rechenmaschine und einem Faxgerät umgehen, aber der Gedanke, daß er den Computer der Bank umprogrammiert haben soll, ist einfach lachhaft. Wann und wo soll er sich die entsprechenden Kenntnisse erworben haben? Zu Hause hatte er keinen Computer, und bisher hat sich niemand gemeldet, der behauptet, es ihm beigebracht zu haben.«
Andere jedoch haben ihre Zweifel an Streeters vorgeblicher Ahnungslosigkeit. Es gibt Hinweise darauf, daß er eine Beziehung zu einer Frau namens Marianne Filbert unterhielt, die bei der Firma Softworks Limited als Programmiererin tätig war. Softworks erhielt 1968 den Auftrag, einen Bericht über die EDV-Sicherheit bei Lowenstein zu erstellen, doch die Firma hat diese Arbeit nie beendet, und der Bericht wurde nie vorgelegt. Diejenigen, die nicht an James Streeters Unschuld glauben, wiesen darauf hin, daß Marianne Filbert Zugang zu diesem unvollständigen Bericht hatte und hier der Schlüssel zu dem Betrug liegen könnte; seine Verteidiger hingegen bestreiten, daß er Filbert überhaupt kannte. Ob nun wahr oder nicht, die Affäre war unzweifelhaft zu Ende, bevor der Betrug entdeckt wurde; im August 1989 nämlich ging Filbert nach Amerika. James Streeters Sekretärin hat allerdings ausgesagt, er habe verschiedentlich ihr Textverarbeitungsprogramm zum Abfassen persönlicher Korrespondenz benutzt, und Kollegen bestätigen, daß er keine Schwierigkeiten hatte, das Kalkulationsprogramm des Computers zu verstehen. »Er fand im Nu einen Fehler, der mir unterlaufen war«, behauptete ein Angehöriger seiner Abteilung. »Er sagte, jeder Idiot könne mit so einem System arbeiten, wenn man ihm sagt, auf welche Knöpfe er drücken muß.«
Dennoch bleiben mehrere Fragen bezüglich James Streeters Verschwinden offen, die nach Meinung des Autors niemals mit der angemessenen Gründlichkeit angesprochen wurden. Wenn wir annehmen, daß er Lowenstein’s Merchant Bank tatsächlich um 10 Millionen Pfund betrogen hatte, woher wußte er, daß die Entscheidung, die Polizei hinzuzuziehen, am 27. April getroffen wurde? Die Polizei unterstellt, daß er von Anfang an vorhatte zu fliehen, falls sein Betrug ans Licht käme, und es reiner Zufall sei, daß die Flucht für den Tag der entscheidenden Aufsichtsratssitzung geplant gewesen sei. Aber wenn das zutrifft, warum saß er dann die sechs Monate der betriebsinternen Prüfung aus? Wenn er nicht Zugang zu Aufsichtsratsunterlagen hatte, was, wie selbst die Polizei zugibt, unwahrscheinlich ist, kann er gar nicht gewußt haben, daß die Untersuchung erfolglos blieb. Und ist es nicht ein ausgesprochen merkwürdiger Zufall, daß gerade das letzte Wochenende im April, wie James Streeters Terminkalender zu entnehmen war, zugleich das einzige Wochenende im April war, an dem seine Frau nicht zu Hause war, weil sie einen lange verabredeten Besuch bei ihrer Mutter machte, so daß James - oder jemand anders - zwei ganze Tage zur Verfügung standen, um sein Verschwinden zu bewerkstelligen, ehe seine Abwesenheit gemeldet wurde?
Die Polizei behauptet, er habe dieses Wochenende für seine Flucht gewählt, weil er sich unbeobachtet wußte, und er wäre auf jeden Fall verschwunden, ohne Rücksicht auf den Beschluß des Aufsichtsrats. Das jedoch läßt die Beziehung außer acht, die zwischen James Streeter und seiner Frau bestand. Kenneth Streeter zufolge war die Ehe unter anderem auch deshalb so »stürmisch«, weil beiden Partnern die Karriere wichtiger war als ihr Privatleben. »Wenn James gesagt hätte, er müsse am Freitag zu einer geschäftlichen Besprechung am Montag in den Fernen Osten fliegen, hätte seine Frau mit keiner Wimper gezuckt. Das war der Alltag der beiden. Er hätte es nicht nötig gehabt, das einzige Wochenende zu wählen, an dem sie verreist war. Ihre Abwesenheit gewinnt nur Bedeutung, wenn eine andere Person dieses Wochenende wählte.«
Der Standpunkt der Polizei berücksichtigt auch nicht das Fax, das James Streeter seinem Bruder schickte: »Ich bin das ganze Wochenende zu Hause. Ruf mich an, wenn es Dir paßt. Ich habe Dad versprochen, ihn Sonntagmittag zurückzurufen.« Die Tatsache, daß John Streeter in der Tat bei seinem Bruder anrief, sich aber nichts dabei dachte, als niemand sich meldete, mag, wie die Polizei behauptet, vorhersehbar gewesen sein, dennoch mutet es merkwürdig an, daß James Streeter, wenn er schuldig war, ein solches Risiko eingegangen sein soll. Wenn wir dies neben Kenneth Streeters durch einen Lügendetektor geprüfte und bestätigte Behauptung stellen, daß James ihm versprochen hatte, ihn an jenem Sonntag anzurufen, erweist sich dieses ganze riskante Spiel als völlig überflüssig. Hätten John und Kenneth weiterhin versucht, James zu erreichen, so wäre James’ Abwesenheit vielleicht früher entdeckt worden.
Bei der Verteidigung ihres Sohnes stützten sich die Streeters auf eine Verschwörungstheorie - eine Person, die in der Bankhierarchie höher gestanden sei als James und Zugang zu vertraulichen Informationen gehabt habe, habe Entscheidungen und Ereignisse manipuliert, um der Entlarvung zu entgehen -, doch ohne Beweise scheint ihr Kampf um die Reinwaschung des Namens ihres Sohnes aussichtslos zu sein. Verschwörungstheorien funktionieren leider im Roman besser als im wirklichen Leben, und bei objektiver Betrachtung der Indizien muß die Schlußfolgerung lauten, daß James Streeter in der Tat 10 Millionen Pfund stahl, ehe er floh und es seiner Familie überließ, den bitteren Lohn seines Verrats zu ernten.
 
Trotz der gegenteiligen Behauptung der Streeters scheinen sowohl James Streeter als auch Peter Fenton echte vor dem Gesetz Flüchtige zu sein. Beide waren sie reife Männer in geordneten Verhältnissen, so daß ihr Verschwinden innerhalb der Gemeinden, in denen sie lebten, Aufsehen erregen und folglich eingehende Nachforschungen auslösen mußte. Dies jedoch trifft nicht auf die nächsten zwei »Verschwundenen« zu, Tracy Jevons, eine schwierige Fünfzehnjährige, von der bekannt war, daß sie auf den Strich ging; und Stephen Harding, einen zurückgebliebenen Siebzehnjährigen, der mehrmals wegen Autodiebstahls verurteilt wurde …