Kapitel 5

Die FBI-Agenten folgten mir zum Merlotte's. Am äußersten Rand der vorderen Stellplätze waren fünf oder sechs Autos so geparkt, dass sie die Zufahrt zum hinteren Parkplatz blockierten. Also sprang ich aus meinem Wagen und bahnte mir einen Weg durch sie hindurch, die beiden Agenten dicht auf den Fersen.

Ich hatte es kaum glauben können, aber es stimmte. Auf dem Parkplatz für Angestellte war ein christliches Kreuz aufgestellt worden, ganz hinten bei dem Wäldchen, wo auf dem schmutzigen Erdboden kein Kies mehr lag. Und daran hing eine Leiche. Ich blickte an dem geschundenen Leib empor, an den Strömen getrockneten Bluts, und sah schließlich das Gesicht.

»Oh nein«, stöhnte ich, und meine Knie gaben nach.

Antoine, der Koch, und D'Eriq, der Küchenjunge, standen auf einmal zu beiden Seiten neben mir und fingen mich auf. D'Eriqs Gesicht war tränenüberströmt, und Antoine wirkte erbittert, doch der Koch hatte einen klaren Kopf bewahrt. Er war im Irak und während des Hurrikans Katrina in New Orleans gewesen und hatte bereits Dinge gesehen, die noch schlimmer waren.

»Es tut mir so leid, Sookie«, sagte er.

Andy Bellefleur war da und Sheriff Dearborn. Sie kamen zu mir herüber. In ihren wasserfesten Steppmänteln wirkten sie noch größer und massiver als sonst. Ihre Mienen waren ganz hart vor Entsetzen.

»Eine Schande, das mit Ihrer Schwägerin«, begann Bud Dearborn, aber ich konnte mich kaum auf seine Worte konzentrieren.

»Sie war schwanger«, stammelte ich. »Sie war schwanger.« Das war alles, woran ich denken konnte. Es wunderte mich nicht, dass jemand Crystal umgebracht hatte, aber ich war wirklich entsetzt wegen des Babys.

Ich holte tief Luft und wagte es, noch einmal hinzusehen. Crystals blutige Hände waren Panthertatzen, und die untere Hälfte ihrer Beine war auch verwandelt. Dadurch wirkte ihr Anblick sogar noch schockierender und grotesker als die Kreuzigung einer normalen Frau und, falls das überhaupt möglich war, noch mitleiderregender.

Gedanken ohne logischen Zusammenhang rasten mir durch den Kopf. Ich überlegte, wer von Crystals Tod unterrichtet werden musste. Calvin Norris, der nicht nur der Anführer der Werpanther, sondern auch ihr Onkel war. Crystals Ehemann, mein Bruder. Warum war Crystal ausgerechnet hier zur Schau gestellt worden? Wer könnte das getan haben?

»Haben Sie Jason schon angerufen?«, fragte ich mit völlig tauben Lippen. Ich versuchte es auf die Kälte zu schieben, doch ich wusste, dass es der Schock war. »Um diese Uhrzeit müsste er in der Arbeit sein.«

»Wir haben ihn angerufen«, sagte Bud Dearborn.

»Ersparen Sie ihm bitte ihren Anblick«, erwiderte ich. Ein blutiges Bündel war das hölzerne Kreuz hinab bis auf den Erdboden gerutscht. Ich würgte, hatte mich dann aber wieder unter Kontrolle.

»Soweit ich weiß, hat sie ihn betrogen. Die Trennung muss ein ziemlich öffentliches Ereignis gewesen sein.« Bud versuchte, möglichst emotionslos zu sprechen, doch es kostete ihn enorme Anstrengung. Er kochte vor Wut.

»Dazu können Sie Dove Beck befragen«, sagte ich, sofort defensiv. Alcee Beck war Detective bei der Polizei von Bon Temps, und der Mann, mit dem Crystal meinen Bruder betrogen hatte, war Alcees Cousin Dove. »Ja, Crystal und Jason hatten sich getrennt. Aber er hätte seinem Baby niemals etwas angetan.« Ich wusste, dass Jason Crystal so etwas Entsetzliches nie angetan hätte, egal womit sie ihn provozierte, erwartete aber nicht, dass mir das irgendwer glaubte.

Lattesta kam zu uns herüber, gefolgt von Agentin Weiss. Sie wirkte ein wenig blass um die Nase, doch ihre Stimme war fest. »Dem Zustand der Leiche nach zu urteilen war diese Frau anscheinend eine... Werpantherin.« Sie sprach das Wort aus, als würde sie es nur schwer über die Lippen bringen.

Ich nickte. »Ja, Ma'am, das stimmt.« Ich war immer noch bemüht, meine Übelkeit zu unterdrücken.

»Dann könnte es ein aus Hass und Vorurteilen begangenes Verbrechen sein«, sagte Lattesta mit verschlossener Miene. Seine Gedanken waren logisch geordnet, und er machte schon eine Liste all derjenigen, die er anrufen sollte. Er suchte nach einer Möglichkeit, die Ermittlung des Falls übernehmen zu können, und falls es sich um ein Verbrechen aus Hass und Vorurteilen handelte, standen seine Chancen gut.

»Und wer genau sind Sie?«, fragte Sheriff Bud Dearborn. Er hatte die Hände an seinen Gürtel gelegt und sah Weiss und Lattesta an, als wären sie zwei dieser Vertreter, die einem die frühzeitige Planung der eigenen Beerdigung ans Herz legten.

Und während die Gesetzeshüter sich alle gegenseitig miteinander bekannt machten und gewichtige Dinge über den Tatort austauschten, sagte Antoine zu mir: »Tut mir leid, Sookie. Wir mussten sie anrufen. Aber dir haben wir gleich danach Bescheid gesagt.«

»Natürlich musstet ihr sie anrufen«, erwiderte ich. »Wenn Sam bloß hier wäre.« Ach herrje. Ich zog mein Handy aus der Manteltasche und drückte seine Kurzwahltaste.

»Sam«, sagte ich, als er abhob. »Kannst du reden?«

»Ja«, erwiderte er besorgt. Er spürte anscheinend schon, dass etwas nicht stimmte.

»Wo bist du?«

»In meinem Auto.«

»Ich habe schlechte Nachrichten.«

»Was ist passiert? Ist das Merlotte's abgebrannt?«

»Nein, aber Crystal ist auf dem Parkplatz ermordet worden. Hinten, in der Nähe deines Wohnwagens.«

»Oh, Mist. Wo ist Jason?«

»Auf dem Weg hierher, soweit ich gehört habe.«

»Es tut mir leid, Sookie.« Er klang erschöpft. »Das ist entsetzlich.«

»Das FBI ist hier. Sie halten es für möglich, dass es sich um ein Verbrechen aus Hass und Vorurteilen handelt.« Die Erklärung, warum die beiden Agenten in Bon Temps waren, ersparte ich ihm lieber.

»Nun, eine Menge Leute mochten Crystal nicht«, sagte Sam vorsichtig, wenn auch überrascht.

»Sie wurde gekreuzigt.«

»Verdammt noch mal.« Eine lange Pause. »Sook, wenn der Zustand meiner Mutter weiterhin stabil bleibt und keine rechtlichen Schritte gegen meinen Stiefvater eingeleitet werden, fahre ich noch heute oder gleich morgen früh nach Hause.«

»Gut.« Ich konnte gar nicht so viel Erleichterung in dieses Wort legen, wie ich verspürte. Und es hatte auch keinen Sinn, so zu tun, als hätte ich alles unter Kontrolle.

»Es tut mir leid, chère«, sagte er noch mal. »Furchtbar, dass du dich darum kümmern musst, dass Jason verdächtigt werden wird, dass das Ganze überhaupt passiert ist. Und um Crystal tut's mir natürlich auch leid.«

»Ich freue mich schon, dich wiederzusehen«, sagte ich mit zittriger Stimme, weil mir Tränen in die Augen stiegen.

»Ich bin bald zurück.« Und damit legte er auf.

»Sind diese Männer Angestellte der Bar, Miss Stackhouse?«, fragte Lattesta.

Ich stellte Antoine und D'Eriq Lattesta vor. Antoine verzog keine Miene, aber D'Eriq war absolut beeindruckt, dass er auf einen FBI-Agenten traf.

»Und Sie beide kannten diese Crystal Norris?«, fragte Lattesta freundlich.

»Nur vom Sehen«, sagte Antoine. »Sie kam ab und zu in die Bar.«

D'Eriq nickte.

»Crystal Norris Stackhouse«, korrigierte ich. »Sie ist meine Schwägerin. Der Sheriff hat meinen Bruder bereits angerufen. Aber Sie müssen noch Ihren Onkel verständigen, Calvin Norris. Er arbeitet bei Norcross.«

»Ist er ihr nächster lebender Angehöriger? Außer ihrem Ehemann?«

»Sie hat noch eine Schwester. Aber Calvin ist Anführer der - « Ich hielt inne, da ich nicht sicher war, ob Calvin mit der Großen Offenbarung einverstanden gewesen war. »Er hat sie aufgezogen«, sagte ich schließlich. Das kam der Wahrheit doch sehr nahe.

Dann berieten sich Lattesta und Weiss mit Bud Dearborn. Sie waren ins Gespräch vertieft, wahrscheinlich über Calvin und die kleine Gemeinde draußen an der trostlosen Wegkreuzung. Hotshot bestand nur aus einer Ansammlung kleiner Häuser, die allerdings eine Menge Geheimnisse bargen. Crystal hatte Hotshot entfliehen wollen, hatte sich dort jedoch immer am sichersten gefühlt.

Mein Blick glitt noch einmal zu der geschundenen Gestalt am Kreuz. Crystal war bekleidet, doch ihre Sachen waren zerrissen, als ihre Arme und Beine Pantherform annahmen, und alles war voller Blut. Ihre von Nägeln durchdrungenen Hände und Füße waren geradezu verkrustet. Seile hielten ihren Leib am Querbalken fest, damit ihr Fleisch durch das Gewicht ihres Körpers nicht von den Nägeln riss.

Ich hatte bereits eine Menge furchtbarer Dinge gesehen, doch dieses hier war vielleicht das mitleiderregendste. »Die arme Crystal«, murmelte ich und spürte, wie mir Tränen über die Wangen rannen.

»Du mochtest sie nie«, sagte Andy Bellefleur. Wie lange er wohl schon neben mir stand, fragte ich mich, und betrachtete die zerstörten Überreste jener Frau, die noch vor Kurzem gesund und lebendig gewesen war. Andys Wangen waren mit Bartstoppeln übersät, und seine Nase leuchtete rot. Er hatte eine Erkältung, nieste und entschuldigte sich, um ein Taschentuch zu benutzen.

D'Eriq und Antoine sprachen mit Alcee Beck. Alcee war der andere Detective der Polizei von Bon Temps, was für die Aufklärung des Falls nicht allzu viel versprach. Er würde Crystals Tod nicht sonderlich bedauern.

Andy verstaute sein Taschentuch in der Hosentasche und sah mich wieder an. Ich blickte in sein müdes, breites Gesicht. Er würde sein Bestes tun, um den Täter zu finden, das wusste ich. Ich vertraute Andy. Der quadratisch gebaute Polizist war nur wenig älter als ich und noch nie der stets lächelnde Typ gewesen. Er war ein ernsthafter und argwöhnischer Mann. Schwer zu sagen allerdings, ob er seinen Beruf gewählt hatte, weil er zu ihm passte, oder ob sein Charakter sich an seinen Beruf angepasst hatte.

»Wie ich höre, hatten Jason und Crystal sich getrennt«, begann er.

»Ja. Sie hat ihn betrogen.« Das wusste jeder. Und ich würde nicht anfangen, etwas anderes zu behaupten.

»Und das, obwohl sie schwanger war?« Andy schüttelte den Kopf.

»Ja.« Ich hob die Arme. So war sie nun mal gewesen.

»Das ist ja krank«, sagte Andy.

»Ja, ist es. Eine Affäre mit dem Baby des Ehemanns im Bauch zwischen sich und dem ... das ist einfach eklig.« Gedacht hatte ich das schon öfter, aber noch nie ausgesprochen.

»Wer war denn der andere Mann?«, fragte Andy beiläufig. »Oder die anderen Männer?«

»Du bist der Einzige in Bon Temps, der nicht weiß, dass Crystal mit Dove Beck gebumst hat«, erwiderte ich.

Und er begriff auch gleich wieso. Andy sah zu Alcee Beck hinüber und dann wieder mich an. »Hab's begriffen«, sagte er. »Wer hat sie so sehr gehasst, Sookie?«

»Wenn du an Jason denkst, dann denk gleich noch einmal nach. Das hätte er seinem eigenen Baby niemals angetan.«

»Wenn sie sich solche Freiheiten herausgenommen hat, war das Baby vielleicht gar nicht von ihm«, meinte Andy. »Und vielleicht hat er das herausgefunden.«

»Es war von ihm«, sagte ich mit einer Bestimmtheit, die ich nicht unbedingt auch empfand. »Aber selbst wenn nicht, selbst wenn ein Bluttest beweist, dass es nicht von Jason war ... er würde auch nie das Baby eines anderen umbringen. Die beiden wohnten ja nicht mal mehr zusammen. Crystal war zu ihrer Schwester gezogen. Warum sollte er sich in solche Schwierigkeiten bringen?«

»Und warum hattest du Besuch von FBI-Agenten?«

Okay, jetzt ging diese Befragung also in eine andere, eindeutige Richtung. »Sie hatten ein paar Fragen zu der Explosion in Rhodes«, erklärte ich. »Ich habe das von Crystal erfahren, während sie bei mir waren. Und da sind sie gleich mitgekommen, wohl aus beruflichem Interesse. Lattesta, der Mann, hält es übrigens für ein Verbrechen aus Hass und Vorurteilen.«

»Interessante Idee«, sagte Andy. »Das ist zweifellos ein Verbrechen aus Hass und Vorurteilen, aber ich bin mir noch nicht sicher, ob es auch eins ist, das das FBI untersuchen sollte.« Und damit ließ er mich stehen, um mit Agentin Weiss zu sprechen. Lattesta sah an der Leiche hinauf und schüttelte den Kopf, als hätte er ein Ausmaß an Brutalität vor Augen, das er niemals für möglich gehalten hätte.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Weil ich zurzeit aber fürs Merlotte's verantwortlich war und das Verbrechen auf dem Grundstück der Bar stattgefunden hatte, war ich entschlossen zu bleiben.

Alcee Beck rief: »Alle Anwesenden, die nicht zur Polizei gehören, verlassen diesen Bereich! Alle Polizisten, die nicht am Tatort gebraucht werden, sammeln sich bei den vorderen Parkplätzen!« Als sein Blick auf mich fiel, wies er auch mich mit dem Finger nach vorne. Also ging ich und lehnte mich an meinen Wagen. Obwohl es kalt war, hatten wir alle noch Glück, denn es war sonnig und windstill. Ich stellte meinen Mantelkragen auf, so dass er meine Ohren bedeckte, und holte meine schwarzen Handschuhe aus dem Auto. Ich zog sie an, und dann wartete ich.

Die Zeit verging. Ich sah verschiedene Polizisten kommen und gehen. Als Holly zu ihrer Schicht erschien, erzählte ich ihr, was passiert war, und schickte sie mit den Worten nach Hause, dass ich sie anrufen würde, sobald mir erlaubt wurde, die Bar aufzumachen. Ich wusste nicht, wie ich sonst hätte vorgehen sollen. Antoine und D'Eriq waren schon vor einiger Zeit gegangen, ich hatte ihre Handynummern in mein Handy eingespeichert.

Dann tauchte Jasons Pick-up auf und kam mit quietschenden Reifen neben meinem Wagen zum Stehen. Mit einem Satz sprang er heraus und stand vor mir. Wir redeten schon seit Wochen nicht mehr miteinander, doch jetzt war nicht der Zeitpunkt, um unseren Streit zu klären.

»Stimmt das?«, fragte mein Bruder.

»Es tut mir leid. Ja, es stimmt.«

»Und das Baby auch?«

»Ja.«

»Alcee ist auf die Baustelle gekommen«, erzählte Jason benommen. »Hat mich gleich gefragt, wann ich sie zuletzt gesehen hab. Ich hab seit vier oder fünf Wochen nicht mit ihr geredet, ihr nur mal Geld für den Doktor geschickt und für ihre Vitamine. Bloß einmal hab ich sie gesehen, bei Dairy Queen.«

»Mit wem war sie dort?«

»Mit ihrer Schwester.« Bebend atmete er einmal ganz tief ein. »Glaubst du ... war's sehr schlimm?«

Hier gab es nichts mehr zu beschönigen. »Ja«, sagte ich.

»Dann tut's mir echt leid, dass sie so sterben musste«, erwiderte Jason. Er war nicht daran gewöhnt, vielschichtige Gefühle zu äußern, und wirkte unbeholfen angesichts dieser Kombination von Trauer, Bedauern und Verlust. Er sah fünf Jahre älter aus. »Sie hat mich so verletzt, ich war absolut sauer auf sie, aber ich hätte nie gewollt, dass sie leidet oder Angst hat. Wir wären wohl weiß Gott keine guten Eltern geworden, aber wir haben nicht mal die Chance gekriegt, es auszuprobieren.«

Ich konnte all seinen Worten nur zustimmen.

»Warst du letzte Nacht allein?«, fragte ich schließlich.

»Nein, ich hab Michele Schubert vom Bayou mit nach Hause genommen«, sagte er. Das Bayou war eine Bar in Clarice, nur ein paar Meilen entfernt.

»Ist sie die ganze Nacht geblieben?«

»Ich hab ihr heute Morgen Rühreier gemacht.«

»Gut.« Einmal wenigstens zahlte sich Jasons Dasein als Frauenheld aus - Michele war ein geschiedener Single ohne Kinder und noch dazu ziemlich unverblümt. Wenn irgendwer der Polizei bereitwillig darüber Auskunft geben würde, wo sie gewesen war und was genau sie gemacht hatte, dann Michele.

»Die Polizei hat schon mit ihr geredet«, erzählte Jason mir.

»Das ging aber schnell.«

»Bud war gestern Abend auch im Bayou.«

Der Sheriff hatte Jason also gehen sehen und sich auch gemerkt, mit wem er die Bar verlassen hatte. Bud hätte den Job als Sheriff nie so lange behalten, wenn er nicht ein kluger Kopf wäre. »Hm, das ist gut«, sagte ich, weil mir nichts anderes einfiel.

»Glaubst du, dass sie ermordet wurde, weil sie eine Werpantherin war?«, fragte Jason zögernd.

»Vielleicht. Sie hatte sich schon teilweise verwandelt, als sie getötet wurde.«

»Arme Crystal«, sagte Jason. »Sie hätte nie gewollt, dass andere sie so sehen.« Und zu meiner Überraschung rannen ihm Tränen über die Wangen.

Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wie ich darauf reagieren sollte. Also holte ich ein Papiertaschentuch aus der Box in meinem Wagen und drückte es ihm in die Hand. Ich hatte Jason seit Jahren nicht weinen sehen. Hatte er beim Tod unserer Großmutter eigentlich geweint? Vielleicht hatte er Crystal wirklich geliebt. Vielleicht war es doch nicht nur verletzter Stolz gewesen, der ihn dazu trieb, sie öffentlich als Ehebrecherin bloßzustellen. Jason hatte es nämlich so hingedreht, dass ihr Onkel Calvin und ich sie auf frischer Tat ertappten. Ich war derart empört und wütend darüber gewesen, dass er mich zur unfreiwilligen Zeugin gemacht hatte - und über die Konsequenzen -, dass ich Jason schon seit Wochen aus dem Weg ging. Crystals Tod hatte diese Wut allerdings beiseitegeschoben, zumindest für den Moment.

»Das macht ihr jetzt nichts mehr aus«, sagte ich.

Calvins schäbiger Pick-up hielt auf der anderen Seite meines Wagens, und schneller, als ich gucken konnte, stand er vor mir, während auf der Beifahrerseite Tanya Grissom herauskletterte. Ein Fremder sah mich an aus Calvins Augen. Normalerweise waren sie von goldgrüner Farbe, doch jetzt leuchteten diese Augen beinahe vollständig golden, so dass kaum noch Weißes zu sehen war. Seine Pupillen waren stark erweitert. Er trug nicht mal eine leichte Jacke. Doch ich fror bei seinem Anblick nicht allein aus diesem Grund.

Ich hob die Hände. »Es tut mir so leid, Calvin«, sagte ich. »Aber Sie müssen wissen, dass Jason es nicht getan hat.« Ich sah auf (nicht allzu sehr, er war nicht besonders groß) und blickte in seine unheimlichen Augen. Calvin war etwas grauer und auch etwas fülliger geworden, seit ich ihn kennengelernt hatte. Aber er wirkte noch immer grundsolide, verlässlich und robust.

»Ich muss an ihr riechen«, sagte er, ohne auf meine Worte einzugehen. »Sie müssen mich auf den Parkplatz da hinten lassen, damit ich an ihr riechen kann. Dann werde ich es wissen.«

»Dann kommen Sie, wir wollen es ihnen gleich sagen«, erwiderte ich, weil ich das durchaus für eine gute Idee hielt, ihn aber auch von Jason fernhalten wollte. Immerhin war Jason klug genug, auf Abstand zu bleiben. Ich nahm Calvin beim Arm, und wir gingen um das Gebäude herum, bis wir vom Absperrband um den Tatort aufgehalten wurden.

Bud Dearborn trat von der anderen Seite an das Band heran, als er uns sah. »Calvin, ich weiß, wie erschüttert Sie sein müssen, und der Tod ihrer Nichte tut mir wirklich leid«, begann er, doch Calvin zerriss mit blitzschnell ausgefahrenen Krallen das Band und steuerte schnurstracks auf das Kreuz zu.

Er hatte noch keine drei Schritte getan, da traten ihm die beiden FBI-Agenten in den Weg. Und plötzlich lagen sie alle drei auf dem Boden. Schreie ertönten, ein Handgemenge folgte, und schließlich hielten Bud, Andy und Alcee Calvin fest, wobei Lattesta und Weiss trotz ihrer misslichen Lage zu helfen versuchten.

»Calvin.« Bud Dearborn schnaufte. Er war nicht mehr der Jüngste, und es war nicht zu übersehen, dass es ihn all seine Kraft kostete, Calvin zu bändigen. »Sie dürfen dort nicht hin, Calvin. Sie verwischen alle Spuren, die wir sichern können, wenn Sie nicht von der Leiche wegbleiben.«

Ich wunderte mich, wie sehr Bud Dearborn sich beherrschte. Eigentlich hätte ich erwartet, dass er Calvin mit seinem Schlagstock oder einer Taschenlampe eins über den Schädel zieht. Stattdessen reagierte er so mitfühlend, wie es einem Mann in dieser angespannten Situation nur möglich war. Zum ersten Mal wurde mir klar, dass ich nicht die Einzige war, die das Geheimnis des Dorfes Hotshot kannte. Bud klopfte Calvin mit seiner faltigen Hand tröstend den Arm, vermied es aber, Calvins Krallen zu berühren. Als Spezialagent Lattesta sie bemerkte, atmete er hörbar ein und stieß einen undeutlichen Warnlaut aus.

»Bud«, sagte Calvin, und seine Stimme klang eher wie ein Kurren, »wenn ich jetzt nicht dorthin darf, dann muss ich nachher an der Leiche riechen, wenn ihr sie herunterholt. Ich will versuchen, die Fährte desjenigen aufzunehmen, der das getan hat.«

»Ich will sehen, was ich tun kann«, erwiderte Bud ruhig. »Doch jetzt müssen wir Sie erst mal hier wegbringen, damit alle Beweise gesichert werden können, Beweise, die vor Gericht standhalten. Sie müssen sich von ihr fernhalten. Okay?«

Ich hatte nie viel von Bud gehalten und er auch nicht von mir, doch in diesem Augenblick stieg er in meiner Achtung.

Es dauerte eine Weile, dann nickte Calvin. Ein Teil der Anspannung wich aus seinen Schultern. Und alle, die ihn festhielten, lockerten ihren Griff.

»Warten Sie vorne«, sagte Bud, »wir rufen Sie dann. Sie haben mein Wort.«

»Okay«, erwiderte Calvin, und dann ließen die Polizisten ihn los. Calvin ließ es zu, dass ich ihm den Arm um die Schultern legte und ihn wieder vor die Bar zu unseren Autos führte. Tanya wartete schon auf ihn, ihre Anspannung war jeder Faser ihres Körpers zu entnehmen. Sie hatte genau wie ich erwartet, dass Calvin zusammengeschlagen werden würde.

»Jason hat es nicht getan«, sagte ich noch einmal.

»Ihr Bruder ist mir egal«, erwiderte Calvin und richtete wieder diese seltsamen Augen auf mich. »Ich habe andere Sorgen. Dass er sie ermordet hat, glaube ich auch nicht.«

Es war klar, dass ich mir seiner Ansicht nach etwas zu viele Sorgen wegen Jason machte und etwas zu wenig über das eigentliche Problem, den Tod seiner Nichte. Und es war auch klar, dass ihm das nicht gefiel. Seine Gefühle musste ich respektieren, also hielt ich den Mund.

Tanya ergriff seine Hände, mit Krallen und allem. »Lassen sie dich nachher zu ihr?«, fragte sie, ohne den Blick auch nur einmal von Calvins Gesicht zu wenden. Ich hätte genauso gut nicht da sein können.

»Wenn sie die Leiche herunterholen«, erwiderte er.

Es wäre großartig, wenn Calvin den Täter identifizieren könnte. Gott sei Dank waren die Wergeschöpfe an die Öffentlichkeit getreten. Aber... genau das war vielleicht der Grund, warum Crystal ermordet worden war.

»Glaubst du, dass du noch eine Fährte aufnehmen kannst?«, fragte Tanya. Sie sprach leise, aber nachdrücklich. Sie war ernster, als ich sie je bei unseren gelegentlichen Treffen gesehen hatte. Sie schloss Calvin in die Arme, und obwohl er kein großer Mann war, reichte sie ihm nur bis an die Schulter. Sie sah zu ihm auf.

»Es werden Hunderte von Fährten sein, nachdem all diese Leute sie angefasst haben. Ich kann nur versuchen, die alle zuzuordnen. Wenn ich bloß als Erster hier gewesen wäre.« Er hielt sich an Tanya fest, als brauche er eine Stütze.

Jason stand etwa einen Meter entfernt und wartete darauf, dass Calvin ihn wahrnahm. Stocksteif und mit erstarrter Miene stand er da. Als Calvin über Tanyas Schulter blickte und Jason schließlich sah, herrschte einen Augenblick lang ein schreckliches Schweigen.

Keine Ahnung, wie Tanya reagierte, aber in meinem Körper zitterte jeder einzelne Muskel vor Anspannung. Ganz langsam streckte Calvin Jason eine Hand entgegen. Es war wieder eine Menschenhand, doch sie wirkte geschunden. Die Haut war zerkratzt, und einer der Finger war leicht verkrümmt.

Das hatte ich getan. Ich hatte bei Jasons Heirat als seine nächste Verwandte für ihn bürgen müssen, und Calvin hatte für Crystal gebürgt. Und nachdem Jason uns zu Zeugen von Crystals Untreue gemacht hatte, mussten wir als ihre Bürgen an die Stelle der beiden treten, als die Strafe verkündet wurde: die Verstümmelung eines Fingers oder einer Kralle. Und so hatte ich Calvin Norris mit einem Ziegelstein den Finger brechen müssen. Mein Verhältnis zu Jason war seitdem nicht mehr dasselbe.

Jason verbeugte sich und leckte Calvin den Handrücken, um seine Unterwürfigkeit zu unterstreichen. Er wirkte peinlich berührt, denn das Ritual war noch neu für ihn. Ich hielt den Atem an. Jasons Blick ruhte fest auf Calvins Gesicht. Erst als Calvin nickte, entspannten wir uns alle. Er akzeptierte Jasons Ehrerbietung.

»Du wirst bei der Jagd dabei sein«, sagte Calvin, als hätte Jason ihn um etwas gebeten.

»Vielen Dank«, erwiderte Jason, dann zog er sich zurück. Als er sich schon ein Stück entfernt hatte, sagte er noch: »Ich möchte sie begraben.«

»Wir alle werden sie begraben«, sagte Calvin. »Wenn die Polizei sie freigibt.« Seiner Stimme war nicht das geringste Entgegenkommen zu entnehmen.

Jason zögerte einen Augenblick, dann nickte er.

Calvin und Tanya stiegen in Calvins Pick-up und machten es sich bequem. Sie hatten offensichtlich vor, so lange zu warten, bis die Leiche vom Kreuz genommen war. Jason sagte: »Ich fahre nach Hause. Ich kann hier nicht bleiben.« Er schien beinahe benommen.

»Okay«, erwiderte ich.

»Willst du ... hast du vor, hier zu warten?«

»Ja, ich bin fürs Merlotte's verantwortlich, solange Sam weg ist.«

»Er hat 'ne Menge Vertrauen in dich«, sagte Jason.

Ich nickte. Ich sollte mich geehrt fühlen. Ich fühlte mich geehrt.

»Stimmt es, dass sein Stiefvater auf seine Mutter geschossen hat? Hab ich gestern Abend im Bayou gehört.«

»Ja«, sagte ich. »Er wusste nicht, dass Sams Mutter eine, na ja, eben eine Gestaltwandlerin ist.«

Jason schüttelte den Kopf. »Dieses Coming-out. Ich weiß nicht, ob das wirklich so 'ne gute Idee war. Sams Mutter angeschossen. Crystal tot. Irgendwer, der wusste, was sie war, hat sie da dran genagelt, Sookie. Ich bin vielleicht der Nächste. Oder Calvin. Oder Tray Dawson. Oder Alcide. Vielleicht bringen sie uns alle um.«

Ich wollte schon erwidern, dass so was nicht geschehen könne, dass die Leute, die ich kannte, sich nicht wegen deren Herkunft gegen ihre Freunde und Nachbarn wenden würden. Aber dann sprach ich es doch nicht aus, weil ich mir plötzlich nicht mehr so sicher war.

»Vielleicht tun sie das«, sagte ich stattdessen, und es lief mir eiskalt den Rücken herunter. Ich holte tief Luft. »Aber da sie die Vampire nicht verfolgt haben - die meiste Zeit jedenfalls -, werden sie sicher auch die verschiedenen Wergeschöpfe akzeptieren. Das hoffe ich zumindest.«

Mel stieg, in der Hose und dem Sporthemd, die er täglich in dem Markt für Autozubehör trug, aus seinem Auto und kam zu uns herüber. Mir fiel auf, dass er es tunlichst vermied, Calvin anzusehen, obwohl Jason immer noch direkt neben dem Pick-up des Werpanthers stand. »Dann stimmt es also«, sagte Mel.

»Sie ist tot, Mel«, erwiderte Jason.

Mel klopfte Jason verlegen auf die Schulter, so, wie Männer es tun, wenn sie andere Männer trösten müssen. »Komm, Jason. Du musst nicht hier bleiben. Fahren wir zu dir nach Haus und trinken was, Kumpel.«

Jason nickte, er wirkte benommen. »Okay, fahren wir.« Nachdem die beiden in ihre Autos gestiegen und nacheinander abgefahren waren, setzte ich mich in meinen eigenen Wagen und fischte die Zeitungen der letzten Tage vom Rücksitz. Ich nahm sie meistens auf dem Weg in die Arbeit aus dem Briefkasten am Ende meiner Auffahrt, warf sie hinten hinein und versuchte, wenigstens die erste Seite relativ bald zu lesen. Doch seit Sam weg war, hatte ich vor lauter Arbeit im Merlotte's noch keinen Blick in die Nachrichten werfen können, nachdem die Wergeschöpfe an die Öffentlichkeit getreten waren.

Ich sortierte die Zeitungen nach Datum und begann zu lesen.

Von Panik bis Gelassenheit war alles an Reaktionen dabei. Viele Leute behaupteten, sie hätten schon immer vermutet, es gebe auf der Welt noch mehr als Menschen und Vampire. Die Vampire selbst standen zu hundert Prozent hinter ihren pelzigen Brüdern, zumindest in der Öffentlichkeit. Meiner Erfahrung nach hatten die beiden größten übernatürlichen Gruppen ein sehr wechselvolles Verhältnis zueinander. Die Gestaltwandler und die Werwölfe machten sich über die Vampire lustig und die Vampire verspotteten die anderen genauso. Aber anscheinend hatten die Supranaturalen sich darauf geeinigt, der Welt eine geschlossene Front zu präsentieren, zumindest eine Zeit lang.

Die Reaktionen der Regierungen unterschieden sich beträchtlich. Die Haltung der Vereinigten Staaten war vermutlich von in Ministerien arbeitenden Werwölfen formuliert worden, weil sie so überwältigend positiv ausfiel. Es gab starke Tendenzen, die Wergeschöpfe als völlig normale Menschen anzuerkennen und ihnen dieselben Bürgerrechte als Amerikaner einzuräumen, die sie besaßen, als noch niemand von ihrer Zweigestaltigkeit wusste. Darüber konnten die Vampire nicht allzu erfreut sein, denn ihnen waren noch immer nicht alle gesetzlichen Rechte und Privilegien zugestanden worden. Die rechtmäßige Heirat und das Erben von Grund und Boden wurde ihnen in manchen Bundesstaaten bis heute verwehrt, und in bestimmten Geschäftszweigen durften Vampire nicht als Eigentümer auftreten. Die Kasino-Lobby der Menschen hatte zum Beispiel erfolgreich verhindert, dass Vampire als Eigentümer von Spielhallen aller Art auftreten konnten, was ich immer noch nicht verstand; und Vampire durften zwar Polizisten oder Feuerwehrmänner werden, Vampirärzte aber bekamen nirgends eine Stelle, wo Patienten mit offenen Wunden behandelt wurden. In sportlichen Wettkämpfen wurden Vampire auch nicht zugelassen. Das konnte ich allerdings verstehen, sie waren einfach zu kraftvoll. Doch es gab bereits jede Menge Sportler, die von voll- oder halbblütigen Wergeschöpfen abstammten, denn der Sport entsprach ihrer natürlichen Begabung. Und auch in den Reihen des Militärs waren viele Männer und Frauen, deren Großeltern den Vollmond angeheult hatten; darunter sogar einige vollblütige Werwölfe, auch wenn es in diesem geregelten Dienstablauf schwierig war, sich drei Tage im Monat zurückzuziehen.

Die Sportseiten der Zeitungen waren voll mit Bildern von halb- und vollblütigen Wergeschöpfen, die berühmt geworden waren. Ein Footballspieler der New England Patriots, ein Baseballspieler der St. Louis Cardinals, ein Marathonläufer ... sie alle hatten zugegeben, Wergeschöpfe dieser oder jener Gestalt zu sein. Ein Olympiasieger im Schwimmen hatte soeben herausgefunden, dass sein Vater ein Werseehund war, und die Nummer eins der britischen Tennisrangliste der Frauen hatte offiziell zugegeben, dass ihre Mutter eine Werleopardin war. Seit dem letzten Dopingskandal hatte die Welt des Sports keinen solchen Aufruhr mehr erlebt. Waren diese Sportler aufgrund ihrer Herkunft den Konkurrenten gegenüber auf unfaire Weise im Vorteil? Sollten ihnen ihre Siegestrophäen aberkannt werden? Sollten ihre Rekorde weiterhin Gültigkeit haben? Irgendwann hätte ich bestimmt Spaß daran, mich mit jemandem darüber zu unterhalten, doch im Augenblick war es mir einfach egal.

So langsam bekam ich einen Überblick. Die Existenz der zweigestaltigen Geschöpfe wurde ganz anders beurteilt als die der Vampire nach der Großen Enthüllung. Die Vampire hatten im Leben der Menschen vorher, außer in Sagen und Legenden, keine Rolle gespielt. Sie hatten abseits gelebt und sich erst, als das synthetische Blut aus Japan ihre Ernährung sicherte, als völlig harmlose Wesen präsentiert. Aber die Wergeschöpfe lebten schon die ganze Zeit unter uns und waren in die Gesellschaft integriert, auch wenn sie nebenher noch ein geheimes Leben führten. Manchmal wussten nicht einmal die Kinder (wenn sie nicht Erstgeborene und damit selbst Wergeschöpfe waren) über ihre Eltern Bescheid, vor allem wenn diese keine Werwölfe waren.

»Ich fühle mich hintergangen«, wurde eine Frau zitiert. »Mein Großvater verwandelt sich jeden Monat in einen Luchs, rennt im Wald herum und geht auf die Jagd. Die Kosmetikerin, zu der ich schon seit fünfzehn Jahren gehe, ist eine Kojotin. Und all das habe ich nicht gewusst! Ich fühle mich wirklich auf schändliche Weise hintergangen.«

Manche Leute waren fasziniert. »Unser Direktor ist ein Werwolf«, sagte ein Schüler in Springfield, Missouri. »Wie cool ist das denn?«

Andere wiederum machten sich Sorgen wegen der Existenz von Wergeschöpfen. »Ich habe Angst, aus Versehen meinen Nachbarn zu erschießen, wenn er die Straße entlangläuft«, sagte ein Farmer aus Kansas. »Und was, wenn er sich über meine Hühner hermacht?«

Und die Kirchen diskutierten ihre Leitlinien im Umgang mit Wergeschöpfen. »Wir wissen nicht, was wir davon halten sollen«, gab der offizielle Sprecher des Vatikans zu. »Sie leben, sie sind unter uns, sie müssen eine Seele haben. Sogar einige unserer Priester sind Wergeschöpfe.« Und die Evangelikalen waren genauso ratlos. »Wir haben mit Sorge verfolgt, dass Adam nicht nur Eva, sondern auch Ewald liebt«, sagte ein Baptistenprediger. »Müssen wir uns jetzt Sorgen über Bello und Fifi machen?«

Herrje, während ich den Kopf voll gehabt hatte, war auf der Welt die Hölle losgebrochen.

Und plötzlich verstand ich besser, wie meine Werpanther-Schwägerin an einem Kreuz hinter einer Bar enden konnte, die einem Gestaltwandler gehörte.