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838. Zyklus Gottes, 25. Tag des Solasab
5. Jahr des wahren Aufstiegs
In einer Reihe vorrücken.« Rittmeisterin Elise Kastenas von der Kavallerie der Zweiten Legion, den Bärenkrallen aus Estorr, führte ihre Kompanie im Schritt weiter. Auf der anderen Seite des Forums folgte Rittmeisterin Dina Kell ihrem Beispiel, und zwischen ihnen marschierten die Hastati mit erhobenen Schilden in wohlgeordneten Reihen, fünf Kämpfer tief. Vor ihnen wichen die Aufständischen auf dem von Trümmern übersäten Platz zurück.
Die Hufschläge klapperten laut auf dem Pflaster. Elise blickte über ihren kleinen Rundschild hinweg. Ihr Pferd war bereit. Zu dessen Geschirr gehörten auch Scheuklappen, damit es sich auf das Gelände vor ihnen konzentrierte. Der Pöbel stand dicht gedrängt und war zu allem entschlossen. Rufe, Drohungen und Schmähungen hallten zwischen den Mauern der umgebenden Gebäude. Hinter den Aufständischen erhob sich die Basilika, die sie, angestachelt vom Zorn der dornosianischen Rebellen, vor zwei Tagen besetzt hatten. Sie hatten den Einnehmern den Zugang zu den Büchern und den Kisten mit den Steuergeldern verwehrt und so die Legion auf den Plan gerufen. Von Roberto Del Aglios, Sohn der Advokatin und Schwertmeister der Bärenkrallen, hatte Elise erfahren, dass im Innern sogar einige Einnehmer als Geiseln festgehalten wurden.
Sie schüttelte den Kopf. Aufstände wegen der Steuern. Dass so etwas ausgerechnet hier in Cabrius geschah, der gewöhnlich so friedlichen Hauptstadt des Staates Dornos, war bezeichnend für die Probleme, die inzwischen häufig in der ganzen Estoreanischen Konkordanz auftraten. Die Bärenkrallen waren nach einem Massaker zur Erntezeit aus Tundarra herübergekommen. Sie betete, dass es nicht auch dieses Mal mit einem Gemetzel enden möge.
Die vordersten Reihen der Menge wichen zurück, und dadurch drängten sich die hinteren noch stärker zusammen. Zornige Rufe wurden laut.
»Nachsetzen«, befahl Kastenas. Sie hob den Schwertarm.
Auf der rechten Seite beschleunigten die Kämpfer und schwenkten ab, um die Aufständischen in die Zange zu nehmen. Links hielt Kell ihre Linie gerade, um der Menge den Ausgang zum zentralen Garten der Stadt offen zu lassen, wo sie besser zu kontrollieren war. Im Zentrum befahl Del Aglios den Leuten mit lauten Rufen, die Waffen niederzulegen und sich mit den Händen hinter dem Kopf hinzuknien. Niemand befolgte den Befehl. Es waren mehrere Hundert Aufständische, die johlten und die Streitmacht der Konkordanz mit verächtlichen Rufen bedachten.
Die Abteilung der Zweiten Legion bewegte sich mit makelloser Disziplin weiter. Alle Rüstungen glänzten frisch poliert. Jeder Gladius und jede Speerspitze war in den Stunden vor der Dämmerung geschärft worden. Elise hatte feindliche Heere schon beim bloßen Anblick der Konkordanz-Truppen zerfallen sehen. Diese Meute gewöhnlicher Bürger wich zwar zurück, weigerte sich jedoch, sich zu zerstreuen. Die Leute glaubten nicht, dass die Konkordanz angreifen würde, und hatten recht damit. In gewisser Weise.
Als die Krieger noch zwanzig Schritte entfernt waren, flogen die ersten Steine, und es wurde hässlich. Die klagenden Rufe der Bürger, die ihren Protest für berechtigt hielten, mischten sich unter die Schmähungen. Einige Aufwiegler hofften, die Menge zu mehr als zum Austausch bloßer Worte aufstacheln zu können.
»Schildkröte!«, befahl Del Aglios.
Die Hastati, die ein Stück weiter hinten liefen, hoben die golden und grün geschmückten Langschilde über die Köpfe. Klappernd prallten die Steine auf das Metall, dann klirrte berstendes Steingut, als bunte Töpfe geworfen wurden.
»Gleichschritt«, befahl der Schwertmeister mit seiner kräftigen Stimme. »Rechts vorstoßen.«
Die Pferde stampften und schnaubten, die Legionäre trommelten mit Schwertern und Speeren von innen gegen die Schilde. Kastenas befahl ihrer Kompanie, im Trab vorzustoßen. Vor ihr wich die Menge in Richtung Ausgang zurück, doch die Leute bewegten sich nur widerstrebend. Da sie die Blockade der Basilika nicht aufgeben wollten, bestärkten und ermunterten die Rädelsführer ihre Mitläufer durch laute Rufe. Immer noch kamen die Wurfgeschosse geflogen, die meisten vom oberen Ende der Treppe, wo Kastenas Stapel von Steinen bemerkt hatte. Auch sah sie blankes Metall und hier und dort sogar einen Bogen. Um der Einwohner willen hoffte sie, dass niemand in der Menge beschloss, seine Waffen einzusetzen.
Auf dem Forum herrschte ein geradezu ohrenbetäubender Lärm. Viele Gesichter wirkten jetzt unsicher und ängstlich, da die Entschlossenheit der Leute ins Wanken geriet. Die meisten waren unschuldige Bürger, die von den Rädelsführern aufgestachelt worden waren. Letztere standen natürlich ganz hinten, wo ihnen keine unmittelbare Gefahr drohte. Sie warf einen Blick zu Del Aglios hinüber. Er drehte ebenfalls den Kopf, erwiderte ihren Blick und nickte. Es war Zeit, der Sache ein Ende zu setzen. Sie zog das Schwert und hob den Arm. Jeder auf dem Forum wusste, was die Geste zu bedeuten hatte.
»Die Krallen! Vorstoß!« Sie ließ den Arm sinken, und die Kavallerie stürmte vor. Die Infanterie folgte sofort. »Achtet auf die Deckung, bleibt dicht zusammen.«
Die vordersten Reihen der Menge lösten sich auf, die Leute flohen nach links und strebten zu dem Ausgang, zu dem Kell und ihre Truppe ihnen gern den Weg wiesen. Der harte Kern zeigte sich nach wie vor unbeeindruckt. Trotzig standen sie vor den Flaggen der Konkordanz, die an den mächtigen Marmorsäulen vor dem Eingang der Basilika hingen. Immer noch flogen Steine, weiterhin zerschellten Töpferwaren auf den Schilden, die Splitter flogen auf dem Forum in alle Richtungen.
Auf der untersten Stufe trafen die Kräfte aufeinander. Kastenas hielt ihre Kavallerie zurück, während die Infanterieschilde gegen die Aufständischen prallten, die tapfer genug waren, an dieser Stelle auszuharren. Es roch nach Gewalt. Vor den versperrten Holztüren der Basilika stand eine Traube von Männern und Frauen. Das Gebäude war für eine Basilika der Konkordanz ungewöhnlich gedrungen, doch wegen der Wirbelstürme, die gelegentlich diese Gegend heimsuchten, war dies die beste Bauweise gewesen.
Von hinten angetrieben, stürmte die Menge die Treppe hinunter. Einige wurden unerbittlich gegen den Schildwall gepresst. Die Legionäre reagierten und stießen ihrerseits hart nach. Blutige Nasen und Knochenbrüche waren die Folge. Vom hinteren Rand der Meute kam ein Speer geflogen, der mitten in der Infanterie landete. Kastenas fluchte.
»Löst die Meute auf!«, befahl Del Aglios.
Kastenas führte ihre Truppe die Treppe hinauf, die Bürger wichen zurück.
»Die Krallen, nachsetzen! Nachsetzen!«
Sie benutzten die Schäfte der Speere und die Schwertknäufe und drangen wie ein Keil in die Menge ein. Wer nicht schnell genug ausweichen konnte, wurde niedergeschlagen. Die Infanterie stieß sofort mit den Schilden nach, bisher hatte aber noch kein Soldat seine Waffe gezogen. Statt wütender Schreie waren jetzt schmerzvolle, ängstliche Rufe zu hören. Die Menge zerstreute sich allmählich, die Leute machten kehrt und rannten nach links. Draußen im Garten wartete schon der Rest der Bärenkrallen. Die Legionäre setzten sofort nach und nutzten die Gunst des Augenblicks. Sie sangen und trieben die Leute vor sich her.
Kastenas ritt hinter ihnen und sah den Fliehenden nach. Zwischen den Steinen, die immer noch einschlugen, traf ein Pfeil ihren Schild. Er war von den Säulen vor der Tür abgeschossen worden. Sie nahm den Schild herum, um sich zu schützen, und befahl ihrer Kompanie, ihrem Beispiel zu folgen. Dann wandte sie sich an den großen Mann, der hinter der Kavallerie marschierte. Er trug einen Helm mit grünem Federbusch und hatte ein markantes Gesicht. Sein Umhang flatterte hinter ihm, als er eilig ausschritt.
»Schatzkanzler Jhered, Pfeile vom Eingang.«
Paul Jhered nickte.
»Levium«, rief er. »Die Schilde hoch, marsch.«
Er zog seinen Gladius, hielt den Schild vor seinen Körper und führte sein Levium, die dreißig Elitekämpfer der Einnehmer, hinter den Pferden die Treppe hinauf. Hier und dort lagen Bürger am Boden, die Hände vor die Gesichter oder die Körperteile gepresst, an denen sie getroffen worden waren. Er hatte weder Zeit noch Mitgefühl für sie übrig und stieg über sie hinweg, ohne auch nur einmal zu zögern.
Im Laufschritt eilte er das Dutzend Marmorstufen hinauf und an den ersten Säulen vorbei, die den Eingang der Basilika zierten. Mehr als fünfzig Menschen standen vor den Türen. Die Legion hatte wie geplant den größten Teil der Meute zerstreut und die Rädelsführer und alle, die zu störrisch oder zu dumm waren, um mit den anderen fortzulaufen, ihm überlassen.
Jhered bemerkte Speere, Klingen und Bogen, doch keiner trug eine Rüstung. Er und seine in dunkelgrüne Tuniken gekleideten Leviumkrieger besaßen dagegen gegossene Harnische, Beinschienen und Schilde. Es wäre ein ungleicher Kampf. Pfeile flogen, es waren drei. Einer verfehlte deutlich, die beiden anderen schlugen links und rechts neben ihm in die Schilde der Männer ein. Jhered beschleunigte seine Schritte und bleib keine zwei Schritte vor der Schwertspitze des vordersten Gegners stehen.
»Ich sehe darüber hinweg, weil ihr Angst habt. Leistet noch weiter Gegenwehr, und ich greife euch an«, sagte er.
»Wir ergeben uns nicht, Einnehmer. Nicht einmal dir«, sagte ein Mann, der vorne stand. Er war groß, bärtig und sehr stark.
»Ihr werdet euch ganz sicher ergeben«, erwiderte Jhered leise.
Er winkte den Leviumkriegern auf der linken Seite, weiter vorzurücken. Mit ängstlichen Mienen verfolgten die Aufständischen die Bewegungen und hofften, die Angelegenheit ließe sich noch friedlich beilegen. Weiter links hatten Kavallerie und Infanterie das Forum bereits verlassen, einige Soldaten hielten ringsum Wache.
»Die Steuern sind zu hoch«, erwiderte der Mann. »Ich kann es mir nicht leisten, Samen zu kaufen. Ich habe zu wenig Vieh, um weiter zu züchten. Du reißt unseren Kindern das Essen aus dem Mund und holst die Bürger von unseren Feldern, damit sie für dich kämpfen. Welche Steuern willst du beim nächsten Mal einnehmen? Ich habe jetzt schon nichts und keine Möglichkeit mehr, etwas zu verdienen.«
Jhered ließ den Schild sinken. »Die Steuern werden von euren Gesetzgebern festgelegt und zu Beginn jeder Einnahmeperiode bekannt gegeben. Wenn du dich über deine persönlichen Zahlungen beschweren willst, musst du dich an deine Quästoren und deinen Magistrat wenden. Aber frage dich, ob du wirklich zu viel für Futter oder Arbeiter bezahlst, oder ob du nicht vielleicht allzu oft teuren Tand kaufst, den du dir nicht leisten kannst. Wir sind die Einnehmer, wir ziehen die Steuern ein.«
»Steuereintreiber.« Der Mann spuckte auf den Boden. »Du weißt nichts über unsere Not.«
»Ich verstehe deine Sorgen, werde mich aber Drohungen nicht beugen. Du musst mit deinen Gesetzgebern reden.« Er hielt inne und betrachtete die Menge. »Ihr seid alle gesetzestreue, schwer arbeitende Bürger. Das sieht man sofort. Bleibt das, was ihr seid, und tretet zur Seite.«
Der Bauer schüttelte den Kopf. »Du lässt uns keine Wahl.« Die anderen machten sich bereit.
Jhered nickte knapp. Links und rechts rannten Leviumkrieger los und drängten die Protestierenden mit den Schilden zurück. Jhered trat blitzschnell vor, schlug mit dem Schild nach dem Schwertarm des Mannes und unterband den Schlag, zu dem dieser gerade ausholen wollte. Gleich darauf zielte sein Gladius auf den Hals des Bauern. Völlig überrumpelt von der Geschwindigkeit und eingeschüchtert, weil er auf sich allein gestellt war, starrte der Mann ihn an.
»Eines Tages«, sagte Jhered leise, »wirst du froh sein, dass ich nicht zugestoßen habe. Wer würde dann deine Familie ernähren? Die Konkordanz gibt euch alles, was ihr hier um euch herum seht, und sie nimmt, was sie nehmen muss. Ergib dich jetzt, und du kannst wieder nach Hause gehen.«
Der Bauer runzelte die Stirn und sah ihn verwundert an. »Du lässt uns ohne weitere Maßnahmen abziehen?«
Jhered zog das Schwert zurück. »Ich könnte deinen Groll verstärken, indem ich dich für ein Jahr in eine Zelle sperre, aber wem würde das nützen? Verbrecher sitzen in Gefängniszellen, ehrliche Männer haben dort nichts zu suchen. Ich brauche dich, denn du sollst für die Konkordanz arbeiten und ihr treu ergeben sein. Steck dein Schwert weg, kehre zu deiner Familie und deinem Hof zurück. Wie ist dein Name?«
»Jorge Kyinta, Herr.«
»Ich bin Schatzkanzler Paul Jhered. Die Konkordanz wird für euch sorgen. Ich komme zurück und rede wieder mit euch. Sollte ich feststellen, dass die Steuern euch wirklich in Not bringen, werde ich sie für euch entrichten.«
Den großen Bauern verließ zusehends die Kampfeslust. Jhered winkte den Leviumkriegern, beiseite zu treten, damit Kyinta seine Leute vom Forum führen konnte. Dann wandte er sich lächelnd zur Basilika um. Auf die Türen waren Sprüche gemalt, die eine Senkung der Steuern, das Ende der Konkordanz und den Tod der Einnehmer forderten. Es war nicht das erste Mal.
»Hinein«, befahl er seinem Levium. »Wir wollen alle herausholen, die dort noch sind, meine Leute befreien, die Kisten holen und wider verschwinden. Vermutlich werden es auch die Bärenkrallen leichter haben, wenn wir fort sind.«
»Habt Ihr wirklich gemeint, was Ihr gesagt habt, Herr? Dass Ihr für den Bauern die Steuern entrichten wollt?«
Jhered starrte den jungen Mann an. Er stand im Range eines Addos und war gerade erst der angesehenen Truppe der Advokatin zugeteilt worden.
»Du wirst noch lernen, Addos Harin, dass ich alles, was ich sage, durchaus ernst meine.«
Jhered lief die Treppe vor der Basilika hinunter, gab einem Adjutanten seinen Schild und steckte das Schwert in die Scheide. Ein Mann, dem nicht nur dank des Helmbusches seiner Familie Großes bestimmt war, kam ihm entgegen.
»Roberto!«, rief er, nahm den Helm ab und klemmte ihn sich unter den Arm.
Der junge Del Aglios winkte und kam herüber. »Hat es einen befriedigenden Ausgang genommen, Paul?«
»Mit knapper Not«, sagte Jhered. Er deutete auf den Unrat, der das Forum bedeckte. »Allerdings mache ich mir Sorgen wegen dieser Ereignisse. Es sind zu viele, als dass wir sie ignorieren dürften.«
»Das ist eine unvermeidliche Folge der Expansion.«
Jhered zog die Augenbrauen hoch. »Es ist eine unvermeidliche Folge übermäßiger Besteuerung. Du hörst zu sehr auf deine Mutter, Roberto, und sie bringt mich allmählich in Verlegenheit.
Meine Einnehmer stoßen überall auf Widerstand und Verweigerung, wohin sie auch kommen. Wir pressen der Konkordanz den Lebenssaft aus dem Leib. Irgendwann müssen wir innehalten und Atem schöpfen.«
»Sie ist die Advokatin«, erwiderte Roberto achselzuckend. »Du weißt, wie sie ihr Amt und die Zukunft der Konkordanz sieht.«
»Das sind Sprüche, die ich schon im Schlaf wiederholen kann«, grollte Jhered. »Sicherheit und Wohlstand durch Eroberung und Expansion. Ich nehme an, die letzten Schatzkisten waren nicht für Verbesserungen der Abwasserkanäle und Wasserläufe gedacht?«
Roberto kicherte. »Nein, mein erlauchter Schatzkanzler.« Das Lächeln verflog rasch wieder. »In Estorr ist vieles im Umbruch. Die Steuern sind nur ein Teil davon. Wir heben in der ganzen Konkordanz zahlreiche neue Legionen aus. Meine Mutter plant einen Angriff gegen Omari.«
Jhered riss die Augen weit auf und reagierte mit spontaner Empörung. »Dornos ist nicht sicher genug, um von dort aus einen Feldzug zu beginnen. Sie wird doch hoffentlich nicht in Erwägung ziehen, die Front in Gosland zu eröffnen, oder? Gewiss nicht, da die Lage an der Grenze zu Tsard so schwierig ist.« Jhered hielt inne und runzelte die Stirn. »Sollst du den Oberbefehl über dieses Unternehmen bekommen?«
Roberto schüttelte den Kopf. »Nein, das nicht, aber du bist näher an der Wahrheit, als dir klar ist. Dies war mein letzter Einsatz für die Bärenkrallen und der letzte Einsatz der Zweiten Legion im Norden.«
Ein warmer Schauder berührte Jhereds Herz. »Dann bekommst du tatsächlich ein eigenes Kommando.«
»Zwei Legionen, zwei Alae. Von frischen Rekruten bis zu erfahrenen Legionären. Mindestens für die nächsten zwei Jahre werde ich keinen Kampfeinsatz bekommen, aber immerhin.«
Jhered erkannte, wie sehr Roberto sich darüber freute, und fasste ihn bei den Schultern. »Meinen Glückwunsch. Und wenn ich das sagen darf: Es wurde auch langsam Zeit.«
»Danke. Meine Mutter wird sicher froh darüber sein, nicht mehr anhören zu müssen, wie du dich darüber auslässt. Ich bin dir zu Dank verpflichtet.«
»Ich hätte mich nicht zu Wort gemeldet, wenn ich dich nicht für fähig hielte, General.« Die Männer lachten. »Das klingt gut, was? Wir wollen heute Abend darauf trinken. Ich bin sicher, dass sie ihre Pläne mit dir hat.«
»Oh, gewiss«, bestätigte Roberto. »Große Pläne. In vier Jahren will sie in Tsard eine dreifache Front eröffnen.«
Jhered blieb wie vor den Kopf geschlagen stehen, fasste Roberto am Arm und zog ihn ein Stück fort von den neugierigen Augen und den gespitzten Ohren. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse. Er konnte das nicht so stehen lassen.
»Sie darf das nicht tun«, zischte er. »Das ist töricht. Gosland mag ein Juwel sein und die Konkordanz stützen, aber Atreska ist zu neu. Ich würde mein Leben darauf verwetten, dass es dort einen Bürgerkrieg geben wird. Vier Jahre, das ist eine viel zu kurze Zeit. Wir werden noch ein ganzes Jahrzehnt lang nicht stark genug sein, um das Königreich anzugreifen. Sie wird der Bürgerschaft das Herz aus dem Leibe reißen. Roberto … du weißt, dass ich recht habe.«
»Dann musst du selbst mit ihr sprechen, Paul«, erwiderte Del Aglios scharf. »Ich habe keinen großen Einfluss auf meine Mutter, und du bist viel zu oft unterwegs. Wenn sie auf dich nicht hört, dann hört sie auf niemanden.«
Jhered blies die Backen auf und schüttelte den Kopf. »Tsard. Sie hält uns für mächtiger, als wir es sind. Da könnte sie auch gleich Sirrane angreifen …« Er hielt inne, auf einmal wurde ihm siedend heiß. »Gott behüte uns alle. Sirrane wird nicht schweigend zusehen, wenn wir Omari und Tsard gleichzeitig angehen. Ich nehme doch an, sie hat bereits Diplomaten geschickt?«
»Der Marschallverteidiger Vasselis leitet die Abordnung«, bestätigte Roberto.
»Gut«, sagte Jhered. »Wenigstens haben wir damit die größten Erfolgsaussichten. Angesichts dieser Gefahren können wir jede Unterstützung brauchen.«
»Ich weiß«, sagte Roberto. »Rede mit meiner Mutter. Es gibt noch andere, kleinere und verwundbare Gegner, die wir vorher angehen sollten.«
»Das werde ich tun, junger Del Aglios. Sobald ich kann.«
Jhered kehrte zu seinem Levium an der Basilika zurück. Schon jetzt hatte er das Gefühl, dass ihm die Zeit zwischen den Fingern zerrann.