Kapitel 13
Igor würde seinem Rudelführer niemals widersprechen. Eigene Gedanken erlaubte er sich aber, und deshalb fand er das schottische Bier scheußlich, genau wie den schottischen Regen, durch den er jetzt auf einem Kontrollgang über den Hof des »Fat Cat Inn« ging. Der Regen beeinträchtigte die Sicht und den Geruchssinn.
Unter einer der zahlreichen Türen der Scheunen und Ställe schien ein schmaler Lichtstreif hindurch. Mit einem Satz war Igor dort und schnüffelte. Dahinter hielten sich Menschen auf, und es roch nach Stroh. Er hörte Stöhnen und Kichern von zwei Personen. Ein Lächeln glitt über sein Gesicht: Da hatten zwei Spaß miteinander.
Er stieß die Tür einen Spalt weit auf und erblickte als erstes den nackten Hintern eines Burschen, der sich rhythmisch zwischen den Beinen und Röcken eines Mädchens bewegte. Sie lag auf mehreren gestapelten Futtersäcken und stöhnte. Igors Grinsen vertiefte sich. Er stieß die Tür noch ein Stück weiter auf, lehnte sich an den Rahmen und sah den beiden zu. Besonders einfallsreich waren sie nicht, aber es war besser als schottischer Regen.
Er roch ihren Schweiß und den Geruch nach Sex. Das Mädchen war eines von denen, die heute durchs Haus gehuscht waren, den Burschen, der jetzt das Tempo steigerte, hatte er noch nicht gewittert. Das Stöhnen wurde lauter, und die Hacken der Frau trommelten einen schnellen Rhythmus gegen die Säcke. Der Bursche würde gleich kommen, sein süßschwerer Geruch lag wie eine Glocke in der Futterkammer. Zwei, drei heftige Stöße mit zurückgeworfenem Kopf, und es war vorbei.
Igor klatschte langsam in die Hände. Der Junge schnellte herum, stellte sich vor sein Mädchen - wenigstens hatte er Ehre im Leib -und raffte die Hose hoch. Sie kauerte hinter ihm, sortierte hastig ihre Röcke und linste an seiner Schulter vorbei auf den Störenfried. Sie war ein hübsches, blondes Ding, eine, mit der man Spaß haben konnte, wenn man sie richtig anlernte.
»Komm her!«, verlangte Igor von ihr.
Dem Drängen in seiner Stimme konnte sie sich nicht entziehen. Zögernd trat sie näher. Staub bedeckte ihr Haar, als hätte sie es gepudert, ihr Kleid war aus grober Wolle. Sie roch noch nach Sex, dass es einem die Sinne vernebeln konnte. In Igor erwachte Lust, er griff nach ihr, zog sie an sich.
»Was soll das?«, mischte sich der Bursche empört ein.
Igor funkelte ihn an. »Geh dahin, wo du hergekommen bist!«
Der andere verließ die Futterkammer, trottete über den Hof zum Stall, und Igor drehte sich wieder zu dem Mädchen um.
»Jetzt zu dir, Täubchen.«
Sie schaute zu Boden — schüchtern, die Kleine, das gefiel ihm. Er hob ihr Kinn an. »Du bist hübsch.«
»Wirklich, Mylord?«
»Komm mit, ich werde dich glücklich machen.« Er hielt ihren Blick gefangen.
»Bekomme ich ein neues Kleid?«
»Wenn ich mit dir zufrieden bin.« Er griff nach ihrer Brust. Ihre Kugel füllte seine Hand, hatte genau die richtige Größe.
Er küsste das Mädchen, zwängte seine Zunge zwischen ihre Zähne. Sie hatte nicht viel Ahnung vom Küssen, aber das ließ sich ändern. Nicht in der Futterkammer, sondern in einem Privatzimmer des »Fat Cat Inn«; er brachte jungen Dingern gerne bei, was sie wissen mussten, um einem Werwolf zu gefallen.
»Komm mit!«
Im Privatsalon lümmelte sich Igor auf ein Sofa und streckte die Beine breit von sich. Sie war mitten im Zimmer stehen geblieben, wusste nicht, wohin sie schauen, was sie tun sollte. Er würde ihr auf die Sprünge helfen.
»Zieh dich aus!«, forderte er.
Sie band ihre Schürze ab, schnürte ihr Mieder auf.
»Nicht so. Mach es so, dass es mir gefällt!«
»Wie, Mylord?«
»Beweg dich dabei, zeig deine Kurven, lass deine Röcke schwingen! Lös deine Haare!«
Sie gehorchte. Drehte sich, zog die Nadeln aus ihrer Frisur. Eine Locke nach der anderen löste sich, ihr Haar fiel ihr beinahe bis zum Hintern.
»Jetzt das Mieder.«
Sie tat auch das, drehte sich dabei. Ihr Haar und ihre Röcke schwangen. Jedes Mal, wenn ihre Blicke sich trafen, lächelte sie. Nach dem Mieder ließ sie den Rock und die Bluse fallen. Eben wollte sie ihren ersten Unterrock abstreifen, als die Tür geöffnet wurde und Derenski ins Zimmer schaute. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, und er trat ein.
Das Mädchen bedeckte ihren Oberkörper mit den Händen, obwohl dort nichts zu sehen war, denn immerhin trug sie noch ein Leibchen.
»Das ist in Ordnung, mach weiter!«, befahl Igor.
»Mylord …?«
»Mach weiter!«
Sie zuckte zusammen und gehorchte. Er entließ sie nicht aus seinem Blick, und der erste Unterrock fiel, danach der zweite und dritte. Schließlich stand sie nur noch in ihrem Leibchen, Schuhen und Strümpfen da.
»Zeig mir alles von dir!«
Sie zog auch den Rest aus, schleuderte die Sachen in eine Ecke. Dann drehte sie sich vor Igor und Derenski. Ihr Blondhaar bedeckte ihre Brüste, aber sie sorgte dafür, dass genug zu sehen war, um die Fantasie eines Mannes zu beflügeln.
»Du machst das sehr gut«, lobte Igor. »Zeig uns, was du hast.«
Seine Worte ermunterten sie, sie lächelte kokett und warf das Haar auf den Rücken. Sie präsentierte sich ihm und Derenski in ihrer ganzen Pracht, golden leuchtete das Haardreieck auf ihrer Scham.
»Ziehe ihn aus«, forderte Derenski mit Blick auf Igor. »Ich will dabei zusehen.«
Sie lächelte und machte sich an Igors rechtem Stiefel zu schaffen, dabei hockte sie vor ihm wie eine läufige Hündin, wackelte mit dem Po. Danach war der linke Stiefel an der Reihe. Ganz langsam zog sie Igor aus, und Derenski ließ sich keine Bewegung entgehen, bis sein Leibwächter nackt auf dem Sofa saß.
»Jetzt will ich sehen, wie du ihn reitest, Mädchen.«
»Mylord …?«
»Er meint das.« Igor zog sie auf seinen Schoß, setzte sie zurecht, packte sie mit beiden Händen an den Hüften und zog sie auf seinen erigierten Penis herab. Er brachte sie dazu, sich auf ihm zu bewegen, ihre Taille hielt er dabei so fest umklammert, dass seine Finger rote Spuren auf ihrer Haut hinterließen.
Das war genau das Richtige für einen Werwolf, bevor er in den Krieg zog. Derenski war näher gekommen, packte ihre Brüste und rieb die Nippel gegen seine Handflächen. Er entledigte sich seiner Jacke, Weste und seines Halstuchs. Dicht hinter dem Mädchen stehend rieb er seinen steifen Penis an ihrem Hintern, bis ihm die Hose zu eng wurde. Er befreite sich von seiner restlichen Kleidung.
Igor sorgte dafür, dass sie sich immer schneller auf seinem Schwanz bewegte, während Derenski ihr Haar um eine Hand wickelte und ihren Kopf nach hinten zog. Mit der Hand fuhr er über ihre Brust und zu ihrem Bauch, wobei er rote Striemen hinterließ; dann glitt seine Hand zur Brust zurück und umfasste sie. Igor beugte sich vor und leckte über die dargebotene Brustspitze.
Sie wechselten sich ab mit dem Mädchen, kümmerten sich nicht um ihre Lustschreie, sondern nur um die Erfüllung ihrer eigenen animalischen Lust.
Derenski kniete neben ihr und stieß ihr seinen Penis in den Mund, während Igor zwischen den Schenkeln des Mädchens lag und mit immer schneller werdenden Hüftbewegungen in sie stieß. Gierig saugte das Mädchen an Derenskis Schwanz. Die Lust in Derenski schwoll an, und er spürte ein erstes Ziehen im Hinterkopf. Der Verwandlung war nicht fern, und er dämpfte seine Gier nach menschlichem Fleisch und Blut, um sie aufzuhalten.
Die Werwölfe wechselten erneut die Stellung. Derenski warf das Mädchen auf den Bauch, packte sie am Nacken und schüttelte sie wie einen unartigen Welpen, dann drang er in sie ein und stieß in sie, bis sie nur noch wimmerte, biss in ihre Schultern und berauschte sich an ihrem Schluchzen.
Die lusterfüllten Geräusche des Mädchens verstummten abrupt, als Igor ihr mit seinem Penis den Mund stopfte und sich kurz darauf knurrend in ihr ergoss.
Dann kam es dem Mädchen. Derenski spürte die Kontraktionen um seinen Schwanz, die auch seinen Höhepunkt auslösten. Er warf knurrend den Kopf zurück, stieß noch einmal tief in sie, und hielt dann die Hüften des Mädchens fest an seine gepresst, bis sein Höhepunkt abgeklungen war.
Als die beiden Werwölfe mit ihr fertig waren, stieß Igor das erschöpft auf dem Boden liegende Mädchen mit dem Fuß an, nachdem er sich notdürftig angezogen hatte.
»Los, steh auf, du bekommst das versprochene Kleid.«
»Du hast ihr ein Kleid versprochen?« Derenski knöpfte seinen Hosenlatz zu. »Menschenfrauen sind leicht rumzukriegen. Für wertlosen Tand wie Kleider, Bänder, Parfüms oder Schmuck machen sie einfach alles. Gib ihr ein hübsches Kleid, für zwischendurch war sie nicht schlecht.«
»Wie Ihr wünscht, Chef.«
Rhodry hatte sein Versprechen nicht gehalten. Vier Tage waren seit ihrem Gespräch vergangen, und sie waren nicht ausgeritten, nicht ans Meer gereist, sie hatten die Burg nicht einmal verlassen und sich kaum gesehen. Rhodry schob Rudelangelegenheiten vor und verschwand mit Eugene und anderen Werwölfen in geheimen Kammern der Burg. Er schloss sie aus seinem Leben aus. Wenn das das Wesen der Seelenpartnerschaft war …
Sie war seit Tagen wütend auf ihn, und heute hatte sie genug. Wenn er keine Lust auf ihre Gesellschaft hatte, würde sie sich eben eine Beschäftigung suchen; jedenfalls würde sie sich nicht länger auf Shavick Castle gefangenhalten lassen.
Sie ging in die Ställe und sprach einen Stallburschen an. Es war derjenige, den sie bereits in der Küche beim Suppe essen gesehen hatte. »Ich würde heute gerne ausreiten, sattel mir bitte ein Pferd. Ein Braves, ich bin etwas aus der Übung. Ich reite übrigens wie die Herren, nicht im Damensattel.«
Nola trug eine Hose und Stiefel, die ihre Zofe Jane ihr nach langem Beknien besorgt hatte. Das Mädchen war zwar nicht um ihre Sicherheit, aber um ihren guten Ruf als Lady besorgt gewesen — für eine solche gehörte es sich einfach nicht, sich in Herrenkleidung zu zeigen. Mehrere Tage hatte sie sich schlicht geweigert, aber heute Morgen hatte sie die Sachen wortlos auf Nolas Bett gelegt.
Der Bursche schaute sie mit offenem Mund an, war jedoch zum Glück nicht wie Jane, sondern fasste sich rasch wieder, ging zu einer Box und öffnete sie. Ein hübscher Dunkelfuchs stand darin. »Gebt mir ein paar Minuten, Mylady. Ich bringe die Stute dann in den Hof.«
Nola verließ den Stall wieder und wartete draußen auf den Stallknecht. Sie hielt ihr Gesicht der Sonne entgegen, die heute ausnahmsweise einmal zwischen den Wolken hervorlugte. Schließlich brachte der Bursche den Dunkelfuchs und führte außerdem noch einen schlanken Braunen am Zügel.
»Ich begleite Euch, Mylady. Es schickt sich nicht, dass eine vornehme Lady allein ausreitet, ohne ihren Groom.« Er half ihr in den Sattel und stieg selbst auf den Braunen.
Im Schritt ritten sie vom Hof und die Auffahrt hinunter. An deren Ende wendete sich Nola Richtung See, von wo ein Weg in die Berge zu führen schien. Die Stute gehorchte willig ihren Hilfen.
Als Nola sich zum Reitknecht umdrehte, der sich immer eine Pferdelänge hinter ihr hielt, sah sie, dass Eugene ihnen von der Burg aus nachblickte. Sie ignorierte es und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Stalljungen zu.
»Wohin führt dieser Weg?«, fragte sie. »Und wie heißt du überhaupt?« »Edward. Ihr könnt mich aber auch Teddy nennen, das machen alle. Der Weg führt zu einem Steinkreis, in dem nachts die Geister umgehen.«
»Ein Steinkreis? Das klingt aufregend. Jetzt ist es ja nicht Nacht. Lass uns hinreiten, Teddy!« Sie trieb ihre Stute zu einem leichten Trab an. Die Gangart war ungewohnt, und am Anfang wurde Nola kräftig durchgeschüttelt, bis sie den richtigen Rhythmus gefunden hatte. Sie vertraute der braven Stute nach Kurzem so sehr, dass sie schließlich sogar einen Galopp wagte.
Teddy setzte sich mit dem Braunen neben sie und leitete sie zum Steinkreis. Dieser lag auf einem Hügel. Soweit Nola von unten erkennen konnte, waren mehrere Steine umgestürzt, einige standen noch. Nola zügelte ihr Pferd, und bevor Teddy ihr helfen konnte, war sie schon aus dem Sattel gesprungen.
»Mylady!«
»Den Steinkreis will ich mir aus der Nähe anschauen. Bitte warte mit den Pferden hier auf mich.«
Antonia und Ludmilla waren im »Fat Cat Inn« zurückgeblieben, während Maksym mit Igor, Pjotr und Andrej nach Shavick Castle aufgebrochen war. Gestern hatten sie die Burg aus sicherer Entfernung beobachtet. Es waren einige Werwölfe angekommen -wahrscheinlich hatten sie dieselbe Einladung erhalten wie Ianthe. Sonst hatten sie nichts Außergewöhnliches entdeckt, vor allen Dingen Rhodry Monroe nicht zu Gesicht bekommen.
Maksym hatte seine drei Leibwächter auch heute wieder ausgeschickt, Shavick Castle zu beobachten, während er selbst die Umgebung erkunden wollte. Igors Einwände, dass er dann ohne Schutz wäre, hatte er beiseite gewischt. Jetzt lehnte er an einem aufrecht stehenden Stein in der Mitte eines Steinkreises und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Sie stieg höher, schaffte es aber nicht, den Tag zu erwärmen. Dafür fesselte eine Bewegung am Fuß des Hügels seine Aufmerksamkeit. Jemand sprang vom Pferd, eine Frau in Hosen. Keine Werwölfin; sie roch nach Mensch. Jetzt kam sie den Hang herauf, ihr Groom blieb mit den Pferden zurück.
Derenski verbarg sich hinter dem Stein, damit sie ihn nicht sah. Er beobachtete, wie sie den Hang hinaufstieg, hörte ihre keuchenden Atemzüge, schnüffelte in der Luft. Plötzlich versteifte er sich. Sie roch nicht nur nach Menschin, ihr haftete noch ein anderer Geruch an - der nach Werwolf. Schwach, aber unverkennbar lag er unter ihrem eigenen. Das konnte nur eines bedeuten: Sie kam von Shavick Castle. Das war doch mal etwas! Wenn er aus ihr herausbekommen konnte, was er unbedingt wissen musste . das würde ihnen viel Zeit ersparen. Er machte sich schmal hinter dem Stein, während sie einen der umgestürzten Menhire erreichte.
Sie blieb stehen, legte eine Hand auf den Stein, schaute über die Hügel und sah sehr nachdenklich und einsam aus. Danach ging sie zu einem aufrecht stehenden Stein und umarmte ihn. Derenski konnte ein Lachen nur mühsam zurückhalten. Menschen und ihre sentimentale Ader! Bestimmt glaubte sie, es handle sich um einen Stein, der vor Urzeiten aufgerichtet worden war, um Götter zu verehren, und hoffte, etwas von dieser göttlichen Kraft gehe auf sie über. Dabei waren Steine nur Steine, absolut unbeseelt bis in ihren innersten Kern.
Derenski tauchte mit einem Satz hinter Nola auf und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie schrie und fuhr herum. Er schaute ihr ins Gesicht, und es gab nur ein Wort, um ihre Miene zu beschreiben: Panik. Flucht, weg - ihre Gefühle stürmten auf ihn ein.
»Ich wünsche Euch einen angenehmen Tag, Mylady. Es scheint der erste sonnige in diesem Jahr zu sein.«
Seine Worte beruhigten sie nicht, sie wehrte sich gegen seinen Griff. Aus ihrer Frisur lösten sich einzelne Strähnen, ringelten sich unter ihrem Hut hervor, der Mantel öffnete sich vorn und gab den Blick auf eine eng anliegende Bluse und eine kurze Jacke frei. Beide brachten ihre Figur vorteilhaft zur Geltung. Derenski starrte auf ihren Busen.
»Pawel Tworek! Wo kommen Sie her? Haben Sie auch eine Zeitreise gemacht?«
Pawel Tworek? Der Werwolfjäger aus dem 16. Jahrhundert? Wieso hielt sie ihn für diesen hinterhältigen Bastard? Und was faselte sie über eine Zeitreise? In seiner Verwirrung lockerte er den Griff um ihre Schulter, und sie machte sich von ihm los, sprang einen Schritt zurück.
»Wo ist Ihre Schwester?«
Derenski hatte sich ein Stück gefangen. Wenn sie ihn für einen Werwolfjäger hielt - vielleicht war auf diese Weise etwas aus ihr herauszubekommen. Er würde ihr Spiel mitspielen. »Meine Schwester ist in Edinburgh.«
»Wie konnten Sie durch die Zeit reisen? Bringen Sie mich bitte wieder zurück nach London ins Jahr 2010. Ich muss unbedingt wieder dorthin. Meine Eltern sind da und meine Freunde und meine Arbeit.«
»Hm … ja …« Derenski überlegte. »Das ist nicht so einfach. Eine Zeitreise, das ist Magie, das ist Geheimnis.«
»Wenn Sie es einmal geschafft haben, können Sie es doch wieder machen? Bitte, Mr. Tworek, Sie müssen mich zurückbringen.«
Wie sie vor ihm stand mit der zunehmend in Auflösung begriffenen Frisur und dem bittenden Blick, war sie schöner als alle Menschenfrauen, die er bisher gesehen hatte. Er musste diese Frau haben — sofort. Zum Teufel mit Pawel Tworek, Zeitreisen und der Tatsache, dass sie wahrscheinlich nicht ganz richtig im Kopf war. Er zog sie an sich, sog ihren Duft ein. Sie wehrte sich gegen ihn, mit ihren Menschenkräften hatte sie jedoch keine Chance. Das stachelte seine Gier weiter an. Er wollte sie nicht töten, sondern sie besitzen und zeichnen. Wie das den Schotten in Shavick Castle gefallen würde: ein Abdruck seiner Zähne als bleibende Narbe auf ihrer Schulter? Gier und Kraft pulsten durch seinen Leib. Er riss ihren Mantel fort und die Bluse auf. Ihre bloße Schulter lag vor ihm, weich, weiß, überzogen mit Gänsehaut.
Sie wehrte sich weiter, doch Derenski schlug die Zähne in ihre Schulter. Er biss zu, schmeckte ihr Blut, und das Verlangen überwältigte ihn. Gierig saugte er ihren Lebenssaft ein und verlor die Kontrolle. Er verwandelte sich.
Nola war fassunglos. Wo eben noch Pawel Tworek sie bedrängt hatte, stand ein Wolf vor ihr, riesengroß, mit blutiger Schnauze, und seine Augen funkelten.
Im nächsten Moment sprangen zwei andere Wölfe hinzu. Alle drei knurrten drohend, und dann existierte nur noch ein fauchendes Knäuel. Nola wich zurück und presste eine Hand auf ihre Wunde. Sie wollte fliehen, aber ihre Füße waren wie am Boden festgenagelt, und sie konnte den Blick nicht von den kämpfenden Bestien abwenden. Offenbar kämpften zwei gegen einen, wahrscheinlich die beiden neu hinzugekommenen gegen Pawel. Sie konnte es aber nicht mit Sicherheit sagen, denn obwohl sie sehr verschieden aussahen — silbergrau bis dunkelgrau — konnte sie sie kaum auseinanderhalten und wusste nicht genau, welcher von ihnen Pawel Tworek gewesen war.
Einer der Wölfe löste sich aus dem Knäuel und floh den Hügel hinab. Die anderen beiden folgten. Nola beobachtete sie am ganzen Leib zitternd, die Hand auf die schmerzende Schulter gepresst. Blut quoll durch den Mantel, den sie wieder richtig angezogen hatte, zwischen ihren Fingern hervor. Trotz des Mantels wurde ihr kälter.
Die Verfolger blieben dem Fliehenden dicht auf den Fersen. Der drehte sich um und stellte sich erneut zum Kampf. Das Knurren und Heulen drang bis zu Nola. Da die Wölfe nicht mehr in ihrer unmittelbaren Nähe waren, ließ ihre Angst nach und sie beobachtete sie mit einer gewissen Faszination. Ein Wolf hatte sich in den Schwanz eines anderen verbissen, und es war fast komisch anzusehen, wie sie sich umeinander drehten. Der Dritte fuhr dazwischen, verbiss sich im Nacken des großen Grauen. Der ließ die Rute los und wandte sich dem neuen Gegner zu.
Ein hohes Heulen ertönte. Einer ist verletzt, dachte Nola, konnte jedoch nicht erkennen, wen es getroffen hatte. Da sich der Graue inzwischen aus dem Würgegriff befreit hatte, musste es einer der anderen sein. Sie kamen wieder ein Stück den Hügel hinauf, und einer der Drei hinkte auf einem Vorderlauf. Nola strengte ihre Augen an und meinte, einen Blutstrom zu sehen, der dem Hinkenden die Schulter hinabfloss. Der große Graue und der Dritte fielen umso wütender übereinander her, jagten nun den Hügel hinab und verschwanden außer Sicht.
Der verletzte Wolf kroch auf dem Bauch auf Nola zu und hinterließ eine Blutspur im nassen Gras. Soweit ein Wolf traurig aussehen konnte, sah dieser traurig aus. Als er noch näher kam, wich sie zurück, bis sie an den Dolmen stieß. Den Rücken an den Stein gepresst, blieb sie stehen.
Der Wolf hielt ebenfalls inne und ließ sich nieder. Er legte die Schnauze auf die Vorderpfoten, zog die Stirn in Falten und sah aus, als wollte er »bitte, bitte, bitte« sagen. Er winselte. Wenn ein Hund winselte, klang es zum Steinerweichen, bei einem Wolf noch viel schlimmer.
Mitleid überwältigte Nola, und sie streckte eine Hand aus. Das Winseln wurde noch kläglicher.
»Du Armer, bist du schwer verletzt?«
Fußbreit um Fußbreit wagte sie sich vor. Wölfe hatte sie bisher nur im Zoo gesehen, und dieses Exemplar hier war viel größer. Es könnte ihr mit einem Biss die Hand abreißen. Dennoch näherte sie sich ihm weiter. Ihre eigene Verletzung hatte sie vergessen.
»Ruhig, ganz ruhig. Ich will dir nichts tun, nur helfen. Das verstehst du doch?« Sie gab ihrer Stimme einen dunkel-lockenden Klang.
Wedelten Wölfe mit dem Schwanz wie Hunde? Dieser hier tat es nicht. Er lag still auf der Erde, ein Zittern lief über sein Fell. Nola wagte sich noch näher heran, bis sie ihn berühren konnte. Sie kraulte ihn zwischen den Ohren, was ihm zu gefallen schien. Er hörte mit dem Winseln auf, stieß stattdessen ein zufriedenes Grunzen aus.
»Lass sehen! Das tut bestimmt weh. Ich will dir nichts tun.« Behutsam legte sie dem Wolf eine Hand in den Nacken, mit der anderen tastete sie nach seiner Schulter. Den Schmerz ihrer eigenen Verletzung ignorierte sie. Sein Blut netzte warm und klebrig ihre Finger, doch die Wunde konnte sie in dem dichten Pelz nicht ertasten. Ein forscheres Vorgehen wagte sie allerdings nicht.
»Ein Tierarzt sollte sich das ansehen. Nur weiß ich nicht, ob es hier einen gibt.« Oder was er von einem Werwolf als Patienten hielt. Sie musste sich widerwillig eingestehen, dass derjenige, den sie vorhin für Pawel Tworek gehalten hatte, selbst ein Werwolf gewesen war und nicht der ihr bekannte Werwolfjäger. Wahrscheinlich eine Familienähnlichkeit. Bestimmt war Pawel deshalb Jäger geworden, weil sein Vorfahre ein Werwolf gewesen war.
Der Wolf schmiegte den Kopf an ihren Oberschenkel und schaute zu ihr auf. Sie glaubte, Zärtlichkeit in seinen Augen zu lesen. Sie wagte sich noch einmal an die Schulter des Tiers, tastete nach der Wunde. Der Wolf blieb ruhig, als spürte er keinen Schmerz. Tatsächlich schien ihr die Verletzung nicht gefährlich, die Blutung hatte aufgehört, und es fühlte sich an, als schlössen sich die Ränder bereits.
Gedankenverloren kraulte sie ihn im Nacken. Plötzlich hielt sie ein Büschel Haare in der Hand. Das Wolfsfell sah nicht mehr glänzend aus, sondern wie bei einem räudigen Hund. Der Wolf hatte immer noch den Kopf an ihren Oberschenkel gelehnt, als kümmere ihn nicht, was mit ihm geschah. Dabei lösten sich die Haare büschelweise, kahle Stellen blieben zurück.
Nola erhob sich. Der zauberhafte Augenblick der Einigkeit mit dem Tier war vorbei. Und dann geschah es . Vor ihren Augen verlor der Wolf das letzte Fell, Arme und Beine wurden länger, die Pfoten zu Händen und Füßen, der Schädel veränderte sich, und die Augen wurden braun mit einem menschlichen Glanz.
Rhodry stand vor ihr — nackt. Der Wind wehte ihm das schwarze Haar ins Gesicht. Vor ihren Augen hatte sich ein Wolf in einen Menschen verwandelt. Nola schwanden die Sinne. Das Letzte, was sie wahrnahm, war, dass Rhodry sie auffing.
Als sie wieder zu sich kam, fühlte sie Rhodrys Lippen auf ihren. Instinktiv erwiderte sie den Kuss.
»Nola, Prinzessin. Ist dir was passiert?«
»Nein, mir geht es gut.« Sie strampelte, um wieder auf die Füße zu kommen. Er entließ sie aus seinen Armen, hielt aber noch ihre Hand fest für den Fall, dass sie wieder das Bewusstsein verlieren sollte.
Nolas Wunde hatte aufgehört zu bluten und schmerzte kaum noch. Rhodry war noch immer nackt. Sie betrachtete seinen gut gebauten Körper mit unverhohlenem Interesse. Durchtrainiert und kein Gramm Fett. So perfekt hatte sie ihn sich nicht einmal in ihren Träumen vorgestellt. Ihr Blick glitt zu seiner rechten Schulter und fiel auf eine blutige Bisswunde.
»Rhodry, du bist verletzt und brauchst einen Arzt.«
»Besser nicht. Ich will keinen Arzt an dem zweifeln lassen, was er auf der Universität gelernt hat.«
»Aber deine Schulter! Am Ende entzündet sich die Wunde noch und es nimmt ein schlimmes Ende.« Sie konnte nicht aufhören, seinen nackten Körper anzugaffen.
Er winkte mit einer Hand ab. »Schaust du nackte Männer immer so eingehend an?«
Sie wich seiner Frage aus. »Leg dir wenigstens meinen Mantel um. Du kannst doch nicht splitterfasernackt nach Shavick Castle zurück.«
»Warum nicht? Die Burg gehört mir.«
»Aber nackt?!«
»So ist das nun einmal, wenn wir wieder unsere menschliche Gestalt annehmen. Du brauchst deinen Mantel nötiger als ich. Teddy wartet mit den Pferden auf dich.«
Dalton hatte Nola auf ihr Zimmer geführt und nach seiner Tochter geschickt, damit sie der jungen Lady ins Bett half und die Wunde auswusch und verband. Amelia war mit einer Schüssel warmen Wassers und Leinenbinden gekommen. Mit einem feuchten Stoffbausch tupfte sie die Wunde aus. Sie ging dabei nicht besonders sanft mit Nola um: Sie wischte das Blut ab und untersuchte die Wunde, ohne Rücksicht auf die Schmerzen der Verletzten zu nehmen. Ihrem Vater gegenüber tat sie jedoch so, als läge ihr nichts so sehr am Herzen wie Nolas Wohl und beantwortete jede von Daltons Fragen mit sanfter Stimme.
Plötzlich flog die Zimmertür auf, und Rhodry stand im Raum. Er hatte sich wieder angezogen, trug eine schwarze Kniehose und ein am Hals offenes Hemd, die Weste war ebenfalls offen.
»Alle beide raus!«
Amelia huschte aus dem Zimmer, als könnte sie gar nicht schnell genug wegkommen. Der Butler öffnete jedoch den Mund, um etwas zu sagen.
»Hinaus!«
Mit Nola allein im Zimmer schloss der Earl die Tür und legte einen Riegel vor. »So, jetzt wird uns hoffentlich niemand mehr stören.«
Nola war froh, Amelias Behandlung entkommen zu sein. Rhodry drehte sich wieder zu ihr um, und ein warmes Lächeln lag auf seinem Gesicht. Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante, betrachtete ihre Verletzung. Seine Blicke waren ihr ein wenig unangenehm, deshalb versuchte sie, ihre Wunde mit der gesunden Hand zu bedecken.
Rhodry hielt ihre Hand fest. »Lass mich deine Wunde behandeln.«
Er tauchte den Stoffbausch in das warme Wasser und setzte Amelias Werk fort. Seine Hände waren viel sanfter als ihre, deshalb spürte Nola so gut wie keinen Schmerz. Abschließend verband er ihre Schulter mit dem weichen Leinen.
»Das wird die Wunde schützen.« Er verknotete die Binden. »Und jetzt will ich wissen, warum du mit fremden Werwölfen auf Hügeln stehst und schwatzt?«
Nola bewegte unbehaglich die Schulter unter dem neuen Verband. »Sehr witzig.«
»Nola, wo bleibt dein Humor? Du hast welchen, dessen bin ich mir ziemlich sicher.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich wusste es nicht. Ich meine, zu Anfang wusste ich nicht, dass es sich um einen Werwolf handelt. Er hat sich schließlich nicht vorgestellt und gesagt: >Guten Tag, ich bin ein Werwolf, wie kann ich Ihnen behilflich sein?< So war das nicht.«
»Das glaube ich dir gerne.«
»Ich kenne ihn aus London — aus meinem London des 21. Jahrhunderts. Er hat sich mir als Werwolfjäger Pawel Tworek vorgestellt und behauptet, Werwölfe hätten es auf mich abgesehen. Er wollte mich mit seiner Schwester vor ihnen beschützen.«
»Er hat sich als Pawel Tworek ausgegeben?« Rhodry lachte laut auf.
Bevor er mehr sagen konnte, klopfte es an der Tür. Er ging hin, um zu öffnen, und Amelia trat ein, beladen mit einem Tablett. Es konnte die Teller und Schüsseln kaum fassen, die schier überquollen mit kaltem Braten, Schinken und Würsten. Als Zugeständnis an die Vorlieben einer Frau gab es außerdem ein Obstkörbchen, einen Pudding und einen kleinen Kuchen. Amelia stellte alles auf den Tisch neben Nolas Bett und brachte gleich darauf ein zweites Tablett mit einer Karaffe Rotwein und zwei Gläsern. Sie arrangierte alles sorgfältig, und es war nicht zu übersehen, dass sie den Raum nur höchst ungern wieder verlassen wollte. Mehrmals warf sie Rhodry kurze Seitenblicke zu. Doch als es schließlich nichts mehr zu tun gab und da niemand das Wort an sie richtete, huschte sie notgedrungen hinaus.
Rhodry verschloss die Tür hinter ihr wieder. Danach füllte er zwei Weingläser und reichte eines davon Nola. Sie nahm einen winzigen Schluck.
Der Earl setzte sich an den Tisch und bediente sich großzügig mit Fleisch, Nola begnügte sich mit einem Stück Kuchen.
»Was ist mit Pawel Tworek?«, fragte sie zwischen zwei Bissen.
»Wenn dir jemand erzählt hat, er sei Pawel Tworek, ist das eine faustdicke Lüge. Pawel Tworek war Werwolfjäger und ist 1639 in Danzig gestorben. Ein Werwolf hatte übrigens nichts mit seinem Ableben zu tun, sondern der Schwarze Tod. Niemand hat um ihn getrauert, er war selbst eine Plage. Eine Schwester hatte er nicht.«
Dann hatte der Pole sie in London belogen; dass Rhodry ihr die Unwahrheit erzählte, glaubte sie keinen Augenblick. Der Kuchen schmeckte Nola jetzt nicht mehr, und sie schob den Teller weg. Der falsche Tworek hatte nicht nur sie selbst, sondern auch Violet und die ganze Zeitungsredaktion betrogen.
»Der angebliche Werwolfjäger heißt in Wahrheit Maksym Derenksi und ist der Anführer des Krakauer Werwolfrudels, von dem ich dir erzählt habe. Seine Seelenpartnerin ist Antonia Derenska. Die beiden sind verantwortlich für das, was im Januar passiert ist und für den Zustand, aus dem du mich erlöst hast.«
»Was genau hat er mit dir gemacht?« Nola war sich ihrer Gefühle nicht sicher — sie schwankte zwischen Wut, Enttäuschung, unbändigem Zorn, dem Verlangen nach Rache und Angst. Diese Frage erschien ihr die am wenigsten verfängliche.
»Das weiß ich nicht genau, ich war wie tot und doch nicht tot. Du hast mich nach mehreren Wochen aus diesem Zustand erlöst. Mir kommt es allerdings vor, als wären 200 Jahre vergangen.« »Meine Zeit war das Jahr 2010, und wenn wir jetzt 1818 haben, stimmt das ungefähr.«
»Ich habe also recht gehabt!« Rhodry sah zufrieden aus, als er ein weiteres Stück Braten auf seine Gabel spießte und in den Mund schob. »Eugene wollte mir nicht glauben.«
Nola war sich nicht sicher, ob Rhodry gerade die vierte oder fünfte Bratenschnitte verzehrte, jedenfalls sah er immer noch nicht aus, als wäre es seine Letzte.
»Wenn du nur Fleisch isst, bekommst du einen Eiweißschock.« Eigentlich sagte man das über Fisch, aber so viel Fleisch konnte auf keinen Fall gesund sein. »Du musst auch Gemüse und Obst essen.«
»Obst und Gemüse sind für Menschen. Werwölfe brauchen Fleisch, das gibt uns Kraft.«
»Hunde brauchen auch pflanzliche Kost.« Sie kam sich schlau vor, mit ihrem modernen Wissen.
Er lachte wieder. »Jetzt vergleichst du uns Werwölfe schon mit Hunden. Am besten noch mit kleinen Schoßhündchen, die vornehme Damen mit sich herumtragen. Da täuschst du dich, unser Metabolismus arbeitet anders als der von Hunden.« Er bleckte sein Gebiss, das wirklich furchterregend aussah und mit dem eines Hündchens nichts gemein hatte.
Nola zuckte zurück.
Rhodry wurde sofort wieder ernst. »Keine schlechte Idee von Derenski, sich als Pawel Tworek auszugeben. Er ist listig, das muss man ihm lassen. Wie er wohl auf dich gekommen ist?«
Nola hätte ihm von Violets Zeitungsartikel erzählen können, aber sie presste die Lippen aufeinander. Rhodry schien sie nicht ernst zu nehmen und hatte zudem auch seine Geheimnisse vor ihr.
»Ich weiß nicht. Wieso konnte er überhaupt im Jahr 2010 nach London kommen, wenn er doch jetzt schon lebt?«
»Wir leben lange. Tatsächlich sind wir unsterblich.«
Jetzt war ihre Neugier geweckt. »Wieso habt ihr dann Angst vor den Jägern, wenn sie euch doch gar nichts anhaben können?«
»So einfach ist es leider nicht. Silber beendet unser unsterbliches Dasein — es verbrennt uns, und das wissen die Jäger. Aber jetzt genug davon! Ruh dich ein paar Stunden aus. Bald reisen wir ab, und zwar ans Meer. Spätestens morgen früh. Hier ist es nicht sicher für dich, wenn Derenski es auf dich abgesehen und dich sogar schon an der Schulter gezeichnet hat.« Er drückte ihr einen Kuss aufs Haar, und bevor Nola etwas sagen konnte, hatte er das Zimmer bereits verlassen.
Sie blieb zurück und bewegte probehalber die verletzte Schulter. Außer einem Spannen spürte sie keinen Schmerz, dafür hatte sie plötzlich Hunger. Das lag bestimmt an den Fleischplatten, deren Duft ihr verführerisch in die Nase stieg. Sie nahm eine Scheibe Braten und hörte erst wieder auf zu essen, als sie glaubte, platzen zu müssen.
Endlich reiste Rhodry mit ihr ans Meer!