14. Kapitel
Sieh mich an! Sieh mich so, wie ich jetzt bin. Er unterlegte die Worte mit einem leichten Zwang und hielt den Atem an, als Marguarita den Kopf anhob.
Ihre schönen schokoladenfarbenen Augen schwammen in Tränen, und er konnte sehen, wie ihr der Atem stockte, als sie den Blick zu ihm erhob. Ihre Brüste hoben und senkten sich vor Erregung, und sie schluckte, als steckte etwas in ihrer Kehle fest. Ihre Finger waren so fest verschränkt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Aber es war ihr Gesicht, auf das er sich konzentrierte.
Sie starrte ihn an, und erst nach einer kleinen Ewigkeit, wie ihm schien, richtete sie sich auf. Sehr, sehr langsam tastete sie sich mit den Händen an der Wand hinauf und ließ den Blick Zentimeter für Zentimeter über Zacarias gleiten und suchte nach Verletzungen. Sie inspizierte ihn. Als ihr Blick zu seinem Gesicht zurückkehrte, stand sie auf und ging die paar Schritte, die sie von ihm trennten, nahm sein Gesicht zwischen die Hände und ließ die Fingerspitzen über seine Wangen gleiten. Ganz sachte nur, aber die Zärtlichkeit der Geste erschütterte ihn und brachte seinen Puls zum Rasen.
Eine Vielzahl von Gefühlen glitt über ihr ausdrucksvolles Gesicht, in dem Zacarias so leicht lesen konnte. Sie konnte nicht sprechen, aber ihre Gefühle waren sofort erkennbar. Erleichterung. Freude. Furcht – es war alles da, und endlich nahm sein Herz wieder seinen normalen Rhythmus auf. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass es zusammen mit seinem Atem beinahe stehen geblieben war.
Er legte eine Hand um ihren Nacken und zog sie an sich, drückte ihren Kopf an seine Brust und schlang den anderen Arm um Marguarita, um sie noch fester an sich zu ziehen. Sie schmiegte sich an ihn und umschlang mit beiden Armen seine Taille. Marguarita hielt ihn, wie um ihm Trost zu spenden oder sich selbst zu trösten. Und vielleicht brauchten sie ja auch beide Trost. Zacarias legte die Stirn an ihren Kopf und ließ ihren Frieden in seinen Geist und in sein Herz einfließen. Marguarita hatte ihn nicht angesehen, als wäre er ein Ungeheuer. Sie hatte Angst, das ja, aber nicht vor ihm, sondern um ihn. Vielleicht war es die perfekte Lösung für einen verlorenen Mann wie ihn, eine schöne kleine »Närrin« zur Gefährtin zu haben. Sie wusste nicht genug, um ihn zu fürchten.
Marguarita in den Armen zu halten reichte nicht. Er musste sie in seinem Bewusstsein haben. »Komm zu mir, sívamet!«, flüsterte er an ihrem schwarzen Haar. »Ich brauche dich in mir.« Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen. Zacarias spürte, wie er fiel, wie der Boden unter seinen Füßen schwankte, als sie in ihn hineinströmte wie warmer Honig, ihn mit ihrem Licht erhellte und die leeren Stellen in seinem Herzen und seiner Seele füllte, die abgebrochenen Verbindungen überbrückte und die Düsternis vertrieb. Marguarita erfüllte ihn mit allem, was sie war. Ihr Geist vereinte sich mit seinem. Seine Seele erkannte die ihre. Sie wurde zu dem Rhythmus seines Herzens.
Zacarias de la Cruz hatte nie irgendetwas oder irgendjemanden gebraucht, doch sie konnte er jetzt nicht mehr entbehren. Sie machte ihn hilflos wie ein neugeborenes Kind, und er wusste, dass sich das nie ändern würde. Er hatte ewig gelebt, doch jetzt, mit Marguarita, war alles anders. »Für immer« würde nicht einmal annähernd lange genug sein mit ihr. Er blinzelte ein paarmal, als die Farben in dem dunklen Zimmer so lebhaft wurden, dass sie ihm in den Augen wehtaten. Marguarita war Farbe, war all diese intensiven, wunderschönen Töne, die buchstäblich vor seinen Augen explodierten, wenn sie in ihm war.
Mit der Hand, die noch um ihren Nacken lag, bog er ihren Kopf zurück, um in ihre wundervollen dunklen Augen schauen zu können. Sein Herz geriet wieder ins Stolpern, und ein Zittern durchlief ihn. Ihm war, als wäre er von einem Tsunami mitgerissen worden und ertrunken. Vielleicht war er schon die ganze Zeit kurz vor dem Ertrinken gewesen und hatte es nur nicht gemerkt, bis ihr Geist all die Verbindungen wiederherstellt hatte, doch jetzt wusste er, dass das Wasser über seinem Kopf zusammengeschlagen war.
Es gab nur Marguarita in seiner Welt, Marguarita mit ihrer weichen Haut und dem Licht, das sie in seine dunkle Seele brachte. Es war etwas Seltsames für einen Mann, der so viele Lebzeiten in absoluter Einsamkeit verbracht hatte, dass er das brauchte. Es war beunruhigend und fremd, dieses Bedürfnis, aber größer als alles andere in seiner Welt. Sie war so zart und zerbrechlich, dass er sie mühelos zerdrücken könnte, und doch besaß sie alle Macht.
Während er in den Tiefen ihrer dunklen Augen zu ertrinken drohte, durchfuhr ihn eine Hitzewelle, die von seinem Kopf auf seinen Körper übersprang, eine gefährliche Flamme, so heiß, dass sich jeder seiner Muskeln anspannte. Mit dem Feuer rauschte heißes Blut in seine Lenden und erfüllte ihn mit einem fast schmerzhaften Begehren, mit einem solch glutvollen Verlangen, dass es Zacarias schier zu verzehren drohte. Wo sein Bedürfnis eben noch Hunger gewesen war, war es jetzt Begehren – nach Marguarita, ihrem Blut, ihrem Körper, ihrem Geist, ihrem Herzen und ihrer Seele. Er brauchte sie.
Sie schenkte ihm Leben und ließ ihn alles erfahren, was er allein nicht konnte. Schmerz. Freude. Kummer. Lachen. Zorn. Glück. Sie war Leben. Sein Leben. Sein Ein und Alles. Er konnte nicht mehr existieren ohne die Gefühle und Farben, die sie ihm schenkte, ohne das sanfte Anrühren seines Geistes durch ihren oder die Wärme, die das Eis in ihm zum Schmelzen brachte. Er brauchte sie.
Sie strich mit den Fingerspitzen über sein unrasiertes Kinn, und diese sachte Bewegung, dieser Hauch von einer Zärtlichkeit, entfachte etwas zutiefst Ursprüngliches in ihm. Hemmungsloses sexuelles Verlangen packte ihn, und sein Glied richtete sich auf und versteifte sich in einer augenblicklichen Reaktion auf die fast schon schmerzhaften Hitzewellen, die seinen Unterleib durchströmten.
Zacarias hob Marguaritas Kinn ein wenig an und presste die Lippen auf ihre. Er hatte nichts Sanftes, nichts Zärtliches, dieser Kuss; Zacarias nahm sich einfach nur, was ihm gehörte. »Ich muss in dir sein. Tief in dir. Ich brauche dich. Verstehst du, Marguarita?«
Was für eine unmögliche Frage! Wie sollte sie das verstehen? Die Welt, in der er lebte, und die, die sie ihm anbot, standen in absolutem Gegensatz zueinander. Er verstand die eine und brauchte die andere. Und etwas zu brauchen war für einen karpatianischen Jäger die schlimmstmögliche Obsession.
Sein Kuss wurde sogar noch härter, als verborgene Gefühle in ihm emporstiegen wie ein Vulkan, der sich lange nicht geregt hatte und nun um Haaresbreite vor dem Ausbruch stand. Gefühle wie Wut auf Marguarita, weil sie ihn so fest im Griff hatte. Sie hatte behauptet, sie sei keine Hexe, doch ihr Zauber war stärker als alle, denen er je begegnet war, das Netz viel schöner, aber nicht weniger tödlich als jede andere Falle, die ihm je gestellt worden war. Er war ein Gefangener all dessen. Ihr Gefangener. Seine Finger bohrten sich in Marguaritas Schultern, und er schüttelte sie ein wenig, weil sein Ärger immer größer wurde.
Sie hatte ihn von der ewigen Ruhe weggezerrt und ihn gezwungen, sich seiner Vergangenheit und den lange begrabenen und vergessenen Erinnerungen zu stellen. Er hatte diese Dinge fest in einem Tresor verschlossen, um sie nie wieder hervorzuholen. Aber sie öffnete Schleusen, und – die Sonne hole sie! – er war süchtig nach ihr und diesen intensiven Emotionen, die sie ihn verspüren ließ.
Nachdem er die Vampire getötet hatte, war er von Entsetzen ergriffen worden, als die Pferde ihn zurückwiesen und die Rinder sich von ihm abwandten und sich lieber dem Unbekannten stellten, als ihm, Zacarias, nahe zu kommen. Er hatte diese Gefühle mit nichts verbunden, bis sie in sein Bewusstsein eingeflossen war – doch das war es, worauf sie ihn reduziert hatte. Ein Krieger ohnegleichen, der von dem Gedanken, dass sie sich von ihm abwenden könnte, fast in die Knie gezwungen worden war!
Wieder und wieder ergriff sein Mund Besitz von ihrem, zu langen, heißen, harten Küssen, die ihr keine Chance ließen zu atmen, sich von ihm zu lösen oder irgendetwas anderes zu sein als das, was er verlangte. Seine Frau. Ganz allein die Seine. Mit Haut und Haar. Sie schmiegte sich an ihn und erwiderte seine Küsse, aber das genügte ihm noch nicht. Er hörte das Knurren tief in seiner Kehle, doch er konnte es nicht zum Verstummen bringen. Die dunkle Kraft in ihm verlangte, dass sie ihm alles gab.
Diesmal benutzte er die Hände, um sie zu entkleiden, und zerriss ihr brutal die Bluse und den Rock, um an ihre zarte Haut heranzukommen. Er wurde zu einem Rasenden, der in fieberhafter Eile die Barrieren zwischen ihnen entfernte. Marguarita stand nur reglos da unter seinen groben Händen, bis er sie ausgezogen hatte.
Dann hielt er einen Moment inne, um ihren nackten Körper zu betrachten, ihre sanften Kurven und feminine Hitze. Diese Frau war seine einzige Rettung, seine einzige Möglichkeit, weiterzuleben und bei Verstand zu bleiben. Sie war sein gesunder Verstand, sein Leben, und er würde unmögliche Dinge von ihr verlangen, aber er konnte sie nicht aufgeben, auch wenn das vielleicht das Anständigste wäre. Doch dazu war er einfach nicht mehr in der Lage. Stöhnend schwenkte er die Hand, um seine eigenen Kleider loszuwerden, und presste den Mund wieder auf ihren.
Zacarias versank in all der Hitze und seidenen Verheißung, verlor sich im Zauber ihres Kusses und vereinte die Zunge zu einem aufregenden Tanz mit ihrer. Er füllte Marguaritas Mund aus, wie er ihren Körper ausfüllen wollte, und hielt sie fest, damit nichts seinen Angriff auf ihre Sinne stören konnte. Zacarias ließ die Lippen von ihrem Gesicht zu ihrem Hals hinunterwandern und strich über die kleinen Bisswunden, die Spuren seiner Inbesitznahme, die er auf ihrer Haut hinterlassen hatte. Seine Hand fand die sanfte Rundung ihrer Brust, und er glaubte, das Paradies zu halten. Gleichzeitig glitten seine Lippen, Zunge und Zähne über die weiche Haut zu ihrem wild pochenden Puls hinunter.
Er spürte, wie sie erstarrte und zu zittern begann, als seine Zunge ihren Puls berührte. Um sie zu beruhigen, liebkoste er wieder ihre Brüste, biss sachte in die harten Spitzen, zupfte daran und stimulierte sie, bis heiße Blitze Marguarita durchzuckten und ihr Blut entflammten. Er spürte diese Reaktion, und mit einem dumpfen Knurren tief in seiner Brust hob er Marguarita auf, weil sich sein Verlangen nach ihr nicht mehr zügeln ließ.
»Schling deine Beine um meine Taille und verschränk die Knöchel! Leg die Hände um meinen Nacken!« Sein schroffer Befehl war kaum zu verstehen, so rau war seine Stimme.
Marguarita sog scharf den Atem ein, weil sie wusste, wie verwundbar sie in dieser Position sein würde, doch sie gehorchte ohne Zögern. Zacarias schloss die Augen, als er ihre feuchte Hitze an seinem Bauch spürte. Ihre intimste Stelle pulsierte, und das gleiche Pochen spürte er auch in seinem Glied. Er war rasend vor Verlangen, in ihr zu sein, sich in diesem warmen Zufluchtsort zu verlieren und dem Rest der Welt zu entkommen. Nur weg von Blut und Tod! Er wählte das Leben, und er wählte Marguarita.
Seine Finger verkrampften sich um ihre Hüften, was ihre einzige Warnung war, bevor er mit einer kraftvollen Bewegung in sie eindrang. Er war so groß und hart, dass er vor Wonne zu zerfließen glaubte, als er ihre enge Hitze um sich spürte. Das Gefühl breitete sich in ihm aus und griff auf jede seiner Zellen über. Sie war heiß, so heiß, dass sie ihn bis in die Seele hinein versengte, seine Schatten austrieb und seine Adern mit exquisitem Leben erfüllte. Mit beiden Händen umfasste er ihre Hüften, zog sie außer sich vor Begierde an sich und steigerte ihrer beider Lust mit jedem Stoß. Er nahm sie so wild und leidenschaftlich, dass er für eine Weile vollkommen verloren war in der Ekstase, nicht nur seine eigenen Empfindungen, sondern auch die ihren zu spüren.
Ihr Atem ging stoßweise, ihre Brüste klatschten gegen ihn, die harten Spitzen rieben über seine Brust. Marguaritas Haar war überall und fächelte wie eine sinnliche Liebkosung seine Haut. Er ließ sich völlig gehen, ließ das Tier in ihm regieren und ihm Macht verleihen. Unersättliche Gier trieb ihn an, und er nahm sie mit hemmungsloser Leidenschaft und dachte an nichts anderes als an sein Vergnügen.
Seine Lippen strichen über ihren Nacken, doch er kam nicht an sie heran, da ihr Kopf an seiner Schulter lag. Beuge dich etwas zurück!, befahl er ihr.
Sie gehorchte sofort und warf den Kopf in den Nacken. Ihre Brüste bogen sich Zacarias entgegen, was ein aufreizender Anblick war, und wippten bei jedem seiner harten Stöße. Marguarita hatte keine andere Wahl, als sich seinem Rhythmus anzupassen, er ließ ihr keine Pause, nicht einmal, als sich auf dem Gipfel der Ekstase alles in ihr zusammenzog. Zacarias trieb sie nur noch höher, immer höher, nahm sie hart und ohne Hemmungen, denn die Wildheit in ihm wuchs und wuchs. Er brauchte das; er brauchte alles, wollte wieder und wieder ihren Orgasmus spüren und die Lust, die hinter seinen Augen explodierte und wie ein alles verzehrendes Feuer in seine Lenden schoss.
Mehr. Gib mir mehr, Marguarita! Mehr …
Noch immer war er getrieben von rasendem Verlangen, doch nun kam der Hunger noch hinzu. Zacarias schaffte es gerade noch, mit der Zunge über ihren Nacken zu streichen, bevor er zubiss. Ihr Geschmack explodierte auf seiner Zunge und in seinem Geist und schoss wie ein Feuerball in seine Lenden. Marguaritas Körper verfiel erneut in wilde Zuckungen, als ein Orgasmus nach dem anderen sie überwältigte, und alles in ihr zog sich so fest um ihn zusammen, dass sie ihn schier zu erdrücken drohte. Irgendwo im Hinterkopf konnte er ihr Stöhnen hören, ihr schnelles Atmen und ihr Flehen um Gnade, aber es genügte ihm noch immer nicht. Er brauchte das. Er konnte dieses Inferno aus purer, unverfälschter Lust noch nicht verlassen. Seinen Zufluchtsort. Er war verloren – verloren in blinder Lust und süßem Wahnsinn.
Zacarias wollte sich ihrer bemächtigen, ein Teil von ihr werden, in ihrer Haut leben und all das spüren -diesen perfekten Ort und Moment, ihr Flehen um Gnade und seinen eigenen Körper, der ihr diente und ihr mehr Lust schenkte, als sie sich je erträumt hätte. Sie würde immer wissen, dass sie ihm gehörte. Kein anderer konnte solch ekstatische Gefühle in ihr wecken oder sie so glücklich machen. Und er konnte auch all die Macht zurücknehmen und sie so nackt und verwundbar zurücklassen, wie er es war.
Das war seine Obsession. Seine Art, sie zu besitzen. Das war – Liebe. Die Erkenntnis beschlich Zacarias plötzlich und erschreckte und schockierte ihn. Er liebte sie. Versuchte, ihr ohne Worte die Intensität seiner Empfindungen für sie zu übermitteln. Wie könnte er es ihr auch mit Worten sagen, wenn er das Gefühl nicht kannte? Nur hier, ganz tief in ihrem Körper, vermochte er, die Wahrheit zu erkennen. Was er hier tat, war keine Bestrafung, weil Marguarita ihm Leben schenkte. Und es ging auch nicht um Besitz, Besitzrechte oder Obsessionen. Nein, das war Liebe. Seine Liebe, so wild und ungebändigt sie auch war. Zacarias sagte Marguarita mit seinem Körper, was er nicht in Worte fassen konnte. Er feierte sie, schenkte sich ihr rückhaltlos und verglühte in ihrem Feuer.
Etwas sanfter strich er mit der Zunge über das kleine, erdbeerförmige rosafarbene Mal an ihrem Nacken und hob den Kopf, um ihren Blick zu suchen. Da spürte er, wie der Vulkan ihn in einem gewaltigen Ausbruch mitriss und ihn mit wilder, heißer Lust ums Leben brachte, damit er wiedergeboren und neu erschaffen werden konnte. Ein Phönix, der aus der Asche aufstieg. Und hol die Sonne ihn – er hätte wirklich etwas rücksichtsvoller mit ihr umgehen sollen.
Ihre sanfte Rüge durchdrang den Nebel seiner Ekstase! Liebe mich, wie du willst, Zacarias! Ich spüre deine Liebe in allem, was du tust. Ich brauche keine Worte. Und auch keine Sanftheit. Ja, manchmal habe ich ein wenig Angst, aber ich weiß, dass du mir niemals wehtun würdest. Sie legte den Kopf wieder an seine Schulter und schmiegte sich so fest an ihn, dass es sich tatsächlich so anfühlte, als steckten sie beide in derselben Haut.
Zacarias hielt sie fest umfangen, bis ihre Herzen von der gefährlichen Raserei zu einem ruhigeren Tempo übergingen. Wieder und wieder küsste er die süße Stelle zwischen ihrem Nacken und ihrer Schulter und glitt dann mit den Lippen über Marguaritas Hals, um ihren Mund zu suchen.
Er hatte sich noch nie bei jemandem entschuldigt. Es tut mir leid, ich hätte ein wenig behutsamer sein müssen. Es war leichter, ihr die Worte auf geistigem Weg zu übermitteln, als sie laut auszusprechen. Zacarias fühlte sich nun wahrhaftig wie ein Teil von ihr, so innig, wie sie nach wie vor verbunden waren. Er pulsierte noch immer heiß, und ihr Körper glühte und zitterte von ihren ekstatischen Empfindungen.
Marguarita hob den Kopf, um ihn anzusehen, bevor sie mit den Lippen über seine strich und die Zunge spielerisch dazwischengleiten ließ. Diesmal ließ er Marguarita die Initiative übernehmen, ließ sie seinen Mund erforschen und war entzückt darüber, wie rückhaltlos sie sich ihm schenkte. Sie musste wund sein – und nur, weil er sich wie ein Wilder aufgeführt und sich in der ungeheuren Hitze seiner Lust total in ihr verloren hatte.
Oh, ich habe jede Sekunde davon genossen. Ich mag morgen zwar wund sein, doch es wird schön sein zu wissen, dass es von der körperlichen Liebe mit dir herrührt.
Die nicht leidenschaftlicher hätte gewesen sein können. Er hatte ihr alles von sich gegeben und auch nicht weniger von ihr verlangt. Und es schien leichter zu sein, von ihren körperlichen Empfindungen zu sprechen als von denen ihrer Herzen.
Marguaritas Zähne zupften spielerisch an seiner Unterlippe, und er spürte ihre Belustigung, als er sich sehr sanft aus ihr zurückzog und sie vorsichtig herunterließ. Dann hielt er sie, bis er sicher war, dass ihre Beine wieder fest genug waren, um sie zu tragen. Draußen vor dem Haus hörte er Schritte.
»Wir bekommen Besuch«, sagte er. »Dein Freund Julio und die Frau, die den Hubschrauber geflogen hat.« Schnell umfasste er noch einmal Marguaritas Brüste, weil es ihm widerstrebte, auch nur ein paar Momente mit ihr zu opfern. Er wollte diese Nacht mit ihr für sich allein.
Lea Eldridge. Marguarita versuchte, ihn mit der Hand zurückzuschieben. Ich werde sie so schnell wie möglich wieder verabschieden. Sie darf dich nicht sehen. Ihr Bruder und sein Freund sind zu interessiert an dir. Beeil dich, Zacarias, und geh in deine unterirdische Kammer, während ich mich anziehe!
Er lächelte, als er eine Hand um ihren Nacken legte und ihren Kopf zurückbog, um sie anzusehen. »Ich bin dein Beschützer und werde selbstverständlich bleiben, um mir die Frau anzusehen.«
Marguarita wurde blass, ihre Augen verdunkelten sich und weiteten sich vor Schreck. Er konnte gar nicht anders, als ihr einen Kuss auf die Lippen zu geben. Sie blinzelte ihn an, um dann vehement den Kopf zu schütteln.
Es ist zu gefährlich, dich ihr zu zeigen. Falls sie sich verspricht und ihr Bruder erfährt, dass du hier bist, wird Esteban es seinem unmöglichen Freund erzählen. Nein, im Ernst, Zacarias, steh nicht da und grinse! Du musst jetzt in deine Kammer gehen.
Marguarita blickte sich nach ihren Kleidern um und schlug die Hände vor den Mund, als eine heiße Röte ihren ganzen Körper überzog. Ihre Kleidung war ruiniert; Zacarias hatte sie in seiner Eile vorhin zerrissen. Er fand es reizend, sie so hilflos und verletzlich zu sehen. All diese zarte Haut und großzügigen Kurven und das wild zerzauste Haar, das sich auf aufreizende Weise in ihren harten Brustspitzen verfing und in großen Wellen bis auf ihren sexy Po herunterfiel. Auch die Zeichen seiner Inbesitznahme waren überall auf ihrer Haut, rote Flecken, dunkle Flecken, die Abdrücke seiner Fingerspitzen und die Spuren seiner Bisse. Marguarita war wunderschön. Er konnte gar nicht anders, als mit der Hand über ihre festen Brüste zu streichen und zuzusehen, wie ihr der Atem stockte.
Zacarias liebte es, wie ihre Bauchmuskeln sich unter seiner Hand anspannten und wie sie die Beine ein wenig spreizte, um seiner suchenden Hand besseren Zugang zu verschaffen und ihm zu zeigen, dass sie wusste und akzeptierte, dass sie ihm gehörte. Sie war noch heiß und feucht von ihrem Liebesakt und roch nach ihm. Auch wenn er in modernen Zeiten lebte, war er ein altmodischer Mann, und die Lebensweise seiner Welt würde stets ein Teil von ihm sein. Deshalb wollte er, dass andere Männer wussten, dass sie ihm gehörte, dass sie beschützt wurde und nicht mehr frei war.
Seine Finger glitten noch ein wenig tiefer, in diese heiße Enge, und Marguarita bewegte instinktiv die Hüften. Ein Zittern durchlief sie. Er liebte es zu spüren, wie heißes Verlangen sie durchflutete, und darum nahm er sich die Zeit, den Mund auf eine ihrer verführerischen Brustspitzen zu senken und sie wissen zu lassen, dass sie ihm gehörte und es unwichtig war, was der Rest der Welt dachte, während er sich sein Vergnügen nahm. Und es bereitete ihm Vergnügen zu sehen, wie Marguarita nach Luft schnappte, wie ihre Röte sich vertiefte und ihre Augen sich verdunkelten. Er liebte das schwelende Begehren, das Verlangen und den Hunger, den er in ihnen sah.
Tief drang er mit zwei Fingern in ihre feuchte Hitze ein und dachte an nichts anderes als daran, dass auch das nur ihm gehörte. All dieses glutvolle Begehren, das sich in Marguaritas Augen offenbarte, galt ihm allein. Ihr halb geöffneter Mund, das Erstaunen in ihren Augen, ihr schneller werdender Atem. Sein Daumen fand ihre empfindsamste Stelle und umkreiste und liebkoste sie, während seine Finger tief in sie hineinglitten. Seine Zähne, Zunge und Lippen hinterließen eine feuchte Spur an ihrem Nacken, als sie zu ihrem eigentlichen Ziel hinunterwanderten.
Er küsste ihre Brüste, denen zu widerstehen ihm schwerfiel, und Marguarita zuckte zusammen, als er spielerisch in eine ihrer harten Spitzen biss. Auch jetzt ließ er sich alle Zeit der Welt, ohne das Klopfen an der Haustür zu beachten, und verlor sich wieder in einer Welt der Lust. Sein Mund widmete sich mit gleicher Zärtlichkeit ihren Brüsten. Und während er sie liebkoste, hörte er nicht auf, Marguarita mit seinen Fingern auf intimste Weise zu erregen, die verborgene kleine Knospe zwischen ihren Beinen mit dem Daumen zu umspielen und daran zu zupfen, bis Marguarita von ihren lustvollen Empfindungen überwältigt wurde und am ganzen Körper wild erschauerte.
Das Klopfen an der Haustür war höflich, aber beharrlich und laut. Zacarias stützte Marguarita, denn ihre Knie drohten nachzugeben. Dabei betrachtete er sie lächelnd, sehr zufrieden mit ihrem geröteten Gesicht und dem wild zerzausten Haar. Sie sah aus wie eine Frau, die gerade sehr ausgiebig geliebt worden war. Als sie nach ihrem Haar greifen wollte, zog er ihre Hand zurück und schüttelte den Kopf.
»Lass es so! Ich mag es, wie du aussiehst. Ich werde öffnen, und du gehst in die Küche und bereitest Erfrischungen für unsere Gäste vor.«
Marguarita, die noch immer nach Atem rang und völlig durcheinander war, runzelte die Stirn. Ich bin nackt. Und Lea darf dich nicht sehen. Bitte, Zacarias! Ich kann kaum noch denken.
»Das brauchst du auch nicht. Tu einfach nur, was ich dir sage!«
Ich muss mich waschen.
Er warf einen Blick auf die feuchten Innenseiten ihrer Oberschenkel und das verführerische Dreieck weicher Locken. »Ich habe dich gebeten, in die Küche zu gehen und kleine Erfrischungen für unsere Gäste vorzubereiten, und nicht darum, mit mir zu streiten. Es ist eine relativ einfache Bitte, Marguarita, doch wie immer scheint es dir schwerzufallen, Anweisungen zu befolgen.«
Sie presste die Lippen zusammen, und er sah das Aufflackern von Verärgerung in ihren Augen und wie trotzig sie das Kinn vorschob. Wortlos kehrte sie ihm den Rücken zu und ging – nackt, barfuß und von ihrem langen Haar bis fast zum Po bedeckt. Zacarias spürte, wie sich ihm das Herz verkrampfte. Sie hatte Mut und Feuer. Und sie hielt Wort, so schwer es ihr vielleicht auch fiel.
»Marguarita«, sagte er sanft.
Sie drehte sich halb um und blickte ihn durch den Schleier ihrer langen Haare an.
»Du vergisst deine Kleider.«
Sie runzelte die Stirn und warf einen verständnislosen Blick auf die zerrissenen Stoffe auf dem Boden. Zacarias grinste und schwenkte eine Hand. Marguaritas Füße blieben nackt, aber ein langer Rock fiel anmutig bis zu ihren Knöcheln hinunter, und eine hübsche Bauernbluse, die ihre Schultern freiließ, bedeckte ihren Oberkörper. Ein breiter Gürtel zierte ihre Taille, und an ihren Ohrläppchen und einem ihrer Handgelenke glitzerte etwas Goldenes.
Staunend berührte sie das Armband. Wie schön! Danke. Lächelnd strich sie den weiten Rock über ihren Hüften glatt und stutzte. Oh … du hast die Unterwäsche vergessen, Zacarias.
Sein mutwilliges Grinsen verriet ihr, dass es Absicht gewesen war. »Ich vergesse nie etwas.«
Eine heiße Röte stieg ihr vom Nacken in die Wangen, und Marguarita schüttelte den Kopf, doch dann wandte sie sich ab und ging ohne weiteren Protest in Richtung Küche. Es machte ihm Spaß, Marguarita aufzuziehen und den drohenden Wutausbruch in ihrem Blick zu sehen. Als würde er je erlauben, dass ein anderer Mann sie nackt zu Gesicht bekam! Sie hätte wissen müssen, dass das nie geschehen würde.
Ihre Wärme und ihr leises Lachen durchströmten Zacarias’ Geist. Ich wusste es. Als ich mich umdrehte, um in die Küche zu gehen, und dein Lachen und deine selbstgefällige, männliche Zufriedenheit bemerkte, da wusste ich, dass du mich nur necktest.
Meine süße kleine Närrin! Ich bin viel zu besitzergreifend, um einen anderen Mann sehen zu lassen, was mir gehört. Das hätte dir klar sein müssen. Aber ich schaue dir zu gern zu, wenn du nackt durchs Zimmer gehst. Weil du so ein wunderschöner Anblick bist.
Er sandte eine frische Brise durch das ganze Haus und fügte ein paar brennende Duftkerzen hinzu. Zacarias hätte ja Marguaritas zerrissene Kleider auf dem Boden liegen lassen, aber das hätte sie vermutlich in Verlegenheit gebracht. Den Besuchern konnte jedoch so oder so nicht entgehen, dass Marguarita mit ihm geschlafen hatte, da ihr Körper alle Anzeichen dafür aufwies, und sie würden auch sehr schnell merken, dass sie zu ihm gehörte, da er das sehr deutlich klarzustellen gedachte.
Er öffnete weit die Tür.
Julio schnappte verblüfft nach Luft und trat einen Schritt zurück, um sich zwischen Lea Eldridge und Zacarias zu stellen. »Ich wusste nicht, dass Sie hier sind, señor«, sagte er in entschuldigendem Ton.
»Kommen Sie herein! Marguarita bereitet schon Tee und etwas zum Knabbern vor«, begrüßte Zacarias sie und trat beiseite, um sie eintreten zu lassen.
Julio sah verwirrter aus denn je und schüttelte fast unmerklich den Kopf, wobei er mit dem Kinn auf Lea deutete. Sein Beschützerinstinkt den Brüdern de la Cruz gegenüber setzte ein. Er war in eine Familie hineingeboren worden, die ihre symbiotische Beziehung sorgfältig vor allen Außenseitern schützte.
Lea linste um Julios Schulter herum und riss verblüfft die Augen auf. Zacarias konnte die Überraschung und freudige Erregung darin sehen, aber auch blanke Furcht. Die junge Frau schob die Finger in Julios Gesäßtasche. Es war eine Geste, die Lea wahrscheinlich nicht einmal bewusst war, Zacarias jedoch einiges verriet, ohne in ihr Bewusstsein eindringen zu müssen: Sie wusste, dass er ein Mitglied der Familie de la Cruz war, und sie war sehr interessiert an Julio Santos.
Zacarias machte eine einladende Handbewegung, und Julio griff hinter sich nach Leas Hand, bevor er eintrat.
»Señor de la Cruz, darf ich Ihnen Lea Eldridge vorstellen? Sie hat uns heute Nacht einen großen Gefallen erwiesen, als sie Ricco Cayo zum Krankenhaus flog. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie hier waren. Wann sind Sie angekommen?«
Mit dieser Eröffnung gab Julio seinem Dienstherrn die Möglichkeit zu bestimmen, was gesagt werden durfte und was nicht.
Zacarias verbeugte sich auf eine altmodische, galante Art, die Lea erröten ließ, und schenkte ihr ein Lächeln, von dem er hoffte, dass es echt aussah, und schloss dann die Tür hinter ihnen. »Ich kann nicht lange von meiner Frau getrennt sein …« Er unterbrach sich stirnrunzelnd und schüttelte den Kopf. »Päläfertiilam.« Wieder schüttelte er den Kopf und schaute Julio mit erhobener Augenbraue an. »Wie sagt man hier? Esposa. Gemahlin. Meine Gemahlin.«
Er war sehr erfreut über Julios schockierten Blick. Zacarias hatte Marguarita nach karpatianischer Tradition geheiratet, was sehr viel bindender war als eine Ehe bei Menschen. Marguarita und er würden jetzt nicht mehr ohne einander leben können. Marguarita war seine bessere Hälfte im wahrsten Sinne dieses Wortes.
Leas Augen weiteten sich erneut. »Sie meinen aber doch gewiss nicht Marguarita Fernandez?«
»Natürlich meine ich sie«, antwortete Zacarias freundlich. »Sie ist die Hausherrin hier.«
»Aber …« Lea drückte eine Hand vor ihren Mund, als versuchte sie, die Fragen zurückzuhalten. Aber dann platzte sie doch damit heraus. »Warum hat sie mir das nicht erzählt? Ich bin ihre Freundin. Und weshalb hat sie auch niemand anderem hier etwas gesagt? Sie können nicht mit ihr verheiratet sein!«
»Ich versichere Ihnen, Miss Eldridge, dass es so ist«, entgegnete Zacarias ruhig, aber in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ.
Lea sah Julio an; sie wirkte verwirrt, gekränkt und aufgeregt zugleich.
Der junge Mann zuckte die Schultern, um möglichst ungezwungen zu erscheinen. »Du wirst verstehen, Lea, dass es nicht gut wäre, wenn sich das herumspricht. Marguarita muss geschützt werden. Die Familie de la Cruz ist sehr wohlhabend, und du weißt, wie groß die Gefahr einer Entführung ist. Es ist besser, wenn niemand etwas weiß.«
Lea warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, war jedoch anscheinend so eingeschüchtert von Zacarias, dass sie vorerst kein weiteres Wort mehr sagte.
Zacarias betrat die Küche als Erster, blieb aber wieder stehen, als sein Blick auf Marguarita fiel, die am Herd stand und Wasser in die Teekanne goss, die ihre Mutter selbst getöpfert hatte. Für ihn gab es keinen schöneren Anblick auf der Welt als den Marguaritas. Die Farben ihres Rocks waren lebhaft und strahlend, ihre Haut schimmerte, und ihr Haar war wie ein glänzender Wasserfall aus blauschwarzer Seide. Ihre Bewegungen waren voller Anmut. Als er die Blicke der Menschen bemerkte, die sie mit einer Ehrfurcht betrachteten, als sähen sie sie zum ersten Mal, wusste Zacarias, dass sein Blut Marguaritas Schönheit noch vergrößert hatte. Er konnte auch die Bewunderung in Julios Augen sehen und nahm sich vor, Marguarita beizubringen, wie sie ihre Anziehungskraft verringern konnte.
Zacarias’ Blut verschärfte auch ihre Sinne. Sie konnte das Gespräch nicht überhört haben, nicht mit karpatianischem Blut in ihren Adern, und ihr Gesicht war völlig unbewegt, als sie Zacarias anschaute. Er ging zu ihr und hob ihre linke Hand, weil er sich plötzlich an die menschliche Tradition, Eheringe zu tauschen, erinnerte, zog ihre Finger an die Lippen und küsste den goldenen Ring, den er für sie herbeigezaubert hatte.
Sie presste die Lippen zusammen und betrachtete stirnrunzelnd den Ring. Was soll das, Zacarias? Was ist das für ein Spielchen, das du treibst? Es lag etwas Gekränktes in ihrem Ton. Offenbar hatte er sie irgendwie verletzt. Ohne sich darum zu scheren, was ihre Gäste denken mochten, legte er von hinten die Arme um Marguarita und zog sie an sich.
»Ist der Tee fertig, meine Liebe?« Er hatte das Wasser zum Kochen gebracht, damit keine Wartezeit entstand. Jetzt strich er mit den Lippen über Marguaritas Haar und dachte, dass der Kontrast zwischen seiner strahlenden Seelengefährtin und Julio und Lea ganz erstaunlich war. Lea war eine attraktive Frau, doch im Vergleich zu Marguaritas waren ihre Farben dumpf und matt. Auch Julios Farben waren nicht so lebhaft wie Marguaritas, und er konnte das pumpende Herz des jungen Mannes und die Arterien sehen, die sich wie eine Straßenkarte durch seinen Körper zogen. Leas Herz und Arterien waren ebenfalls zu erkennen, wenn auch viel schwächer.
Eine leise Belustigung drang in sein Bewusstsein. Angriffsziele, lieber Ehemann. Du siehst sie nur als Angriffsziele. Aber sie sind Freunde und keine Zielobjekte. Zu Anfang war sogar ich nicht mehr als ein Angriffsobjekt für dich. Du siehst alle, die dir auf der Hazienda begegnen, nicht als Menschen, sondern nur als potenzielle Feinde.
Und sie hatte recht, erkannte er. Er hatte seit Jahrhunderten niemanden mehr nur als Menschen oder Karpatianer betrachtet. Er lebte in einer Welt, in der das Gesetz des Dschungels herrschte; es ging darum, zu töten oder getötet zu werden. Julios Haut und Gesichtszüge waren die dumpfsten, weil er die größte potenzielle Bedrohung darstellte. Erst seit Marguarita die abgebrochenen Verbindungen in Zacarias wiederhergestellt und die vielen Schatten, die seinen Geist verdüstert hatten, verdrängt hatte, war er in der Lage zu erkennen, dass Julio mehr war als ein potenzieller Feind. Er war ein Mann. Vielleicht keiner, der je ein Freund sein würde, denn wahre Freunde hatte Zacarias ohnehin nur wenige auf der Welt, aber jemand, den er respektieren konnte.
Zacarias merkte nun, wie er die Welt ohne Marguarita gesehen hatte. Andere als Angriffsziele zu markieren war so tief in ihm verwurzelt, dass er sich dessen nicht einmal bewusst gewesen war. Er kannte jeden verwundbaren Punkt an einem Körper, jede Stelle, an der man einen tödlichen Schlag anbringen konnte. So abgetrennt von der Zivilisation war er gewesen.
Marguaritas Hände schlossen sich plötzlich ganz fest um seine, als wollte sie ihm Halt geben. Sie las Empfindungen in ihm, derer er sich nicht bewusst war. Als er danach suchte, fand er Scham. Es beschämte ihn, dass er Männer wie Julio, gute, tapfere Männer, die für seine Familie gekämpft hatten, ja sogar für sie gestorben waren, bisher noch nie wirklich zur Kenntnis genommen hatte. Dass er nicht einmal versucht hatte, sie als das zu sehen, was sie waren.
Bitte nehmt doch Platz und sagt uns, wie es Ricco geht!, schrieb Marguarita auf einen Zettel.
Julios Blick glitt zu Zacarias’ Gesicht, und er trat einen weiteren Schritt zurück in Richtung Tür, als wollte er die Flucht ergreifen, und umklammerte noch fester Leas Hand.
Zacarias atmete tief ein, um seinen Geist mit Marguaritas Duft zu überschwemmen. Er brauchte niemand anderen in seinem Leben, sie dagegen schon, und deswegen bemühte er sich, ihre Gefühle für Julio und Lea zu verstehen. Die beiden Menschen waren ihr wichtig – und deshalb sollten sie auch ihm nicht gleichgültig sein.
»Ja, nehmen Sie doch bitte Platz!« Er deutete auf einen Stuhl, und an der Art, wie er Julio dabei ansah, merkte dieser, dass es ein eindeutiger, wenn auch höflich formulierter Befehl war.
Julio zog sofort einen Stuhl für Lea unter dem Tisch hervor und setzte sich dann auf den neben ihr.
Versuch doch bitte, nicht so einschüchternd zu klingen, bat Marguarita.
Die Sonne soll sie holen, Frau! Sie stehlen mir nur die Zeit mit dir, antwortete er im Geiste, aber es schwang ein scherzhafter Ton in seinen Worten mit, der beide überraschte.
Mit dem Fuß schob er einen Stuhl herum und ließ sich rittlings darauf nieder, während Marguarita Tee und Plätzchen auftischte. Sie wollte sich Zacarias gegenüber hinsetzen, aber er griff nach ihrem Handgelenk und zog sie auf den Stuhl an seiner Seite. Sie errötete, als sie Julios erhobene Augenbrauen sah.
Was tust du? Das ist keine gute Idee. Ehrlich nicht. Du solltest gar nicht hier sein, Zacarias, und auch niemanden wissen lassen, dass wir … Das ist zu gefährlich für dich.
Du kannst von Glück sagen, dass ich dich nicht auf meinen Schoß gezogen habe, wo ich deinen weichen Körper an meinem spüren kann, neckte er sie. Vielleicht war es ja gar nicht mal so schlecht, Besuch zu haben. Seine Frau war nicht schüchtern, wenn sie mit ihm allein war, doch in Gegenwart anderer war sie es, oder jedenfalls, was ihre Beziehung zueinander anging. Das ergab für ihn zwar keinen Sinn, aber es machte ihm Spaß, sie so nervös zu sehen.
»Warum hast du mir nicht gesagt, dass du verheiratet bist, Marguarita?«, fragte Lea gekränkt. »Ich dachte, wir wären gut genug befreundet, um mir so etwas zu erzählen. Und Esteban hast du in dem Glauben gelassen, du wärst noch frei.«
Marguarita zog ihren Notizblock zu sich heran und begann zu schreiben. Aber Zacarias legte schnell die Hand über den Block, als er die Entschuldigung las.
»Sie wollen doch sicher nicht, dass Marguarita sich für etwas entschuldigt, das eine Sicherheitsfrage ist. Ihr Bruder hatte nie ernsthaft vor, sie zu umwerben, und das wusste sie. Ich bin ein sehr wohlhabender Mann und habe viele Feinde. Marguarita hätte es Ihnen gesagt, wenn sie es gekonnt hätte. Falls Sie also ärgerlich sein müssen, dann seien Sie ärgerlich auf mich. Ich habe Marguarita zum Stillschweigen verpflichtet. Und Julio trifft schon gar keine Schuld. Er wusste von meiner Anwesenheit, aber er war nicht über unsere Heirat unterrichtet.«
Wir sind nicht verheiratet.
Zacarias warf Marguarita einen Blick zu, der sie herausforderte, ihm zu widersprechen. Eine Androhung von Vergeltung lag in diesem Blick. Wenn sie nicht anerkannte, was er für sie war …
Wir haben nicht vor einem Priester gestanden.
Das ist doch Unsinn. Wir sind verheiratet. Ich habe die rituellen Worte gesprochen, die uns aneinander binden.
»Lass mich deinen Ring sehen!«, bat Lea Marguarita. Offenbar hatte sie ihr verziehen.
Zacarias runzelte die Stirn. Seine Frau hatte sich nichts zuschulden kommen lassen, und Leas großmütiger Ton verärgerte ihn. Bevor er jedoch reagieren konnte, legte Marguarita warnend eine Hand auf seine.
Das ist etwas typisch Menschliches. Also lass es ihr bitte durchgehen!
Zacarias verstand noch immer nicht ganz, aber das machte nichts, wenn er seiner Seelengefährtin mit etwas so Simplem eine Freude machen konnte. Er würde viel von ihr verlangen, und es war ein Leichtes für ihn, ihr solche Kleinigkeiten zu gewähren, die ihr jedoch offensichtlich viel bedeuteten.
Marguarita schob die Hand über den Tisch zu Lea, um ihr den antiken Ring aus geflochtenem Gold zu zeigen, der aus der Renaissancezeit stammte. Wenn man das komplizierte Muster genau betrachtete, wurde ein wunderschöner alter Schriftzug zwischen den miteinander verflochtenen Zöpfen sichtbar.
Marguarita strich mit dem Finger über die Buchstaben. Sívamet andam. Sielamet andam.
»Was bedeutet das?«, fragte Julio, als er die fremden Worte sah.
»Ich schenke dir mein Herz. Ich schenke dir meine Seele«, übersetzte Zacarias. »Beides gehört nun ihr, und wenn Herz und Seele erst einmal verschenkt sind, nimmt kein de la Cruz sie je wieder zurück. Sie werden für immer in Marguaritas Obhut bleiben.«
Lea gab einen zustimmenden Laut von sich und strahlte ihn an.
»Dann gratuliere ich, señor« Julio bemühte sich, Zacarias in die Augen zu sehen, war jedoch nicht imstande, seinem Blick gelassen standzuhalten, und senkte den seinen wieder auf den Ring. »Marguarita ist sehr beliebt auf der Ranch. Sie haben doch hoffentlich nicht vor, sie uns wegzunehmen?«, fragte er.
Zacarias konnte Marguaritas Erschrecken spüren. Daran hatte sie wohl nicht gedacht. Aber was hatte sie sich denn vorgestellt? Dass er kommen und gehen würde wie immer? Es spielte keine Rolle, was sie dachte. Wohin er auch ging, sie würde bei ihm sein. Sie hatte sich in seine Obhut gegeben – und er würde sie behüten, sein Leben lang.
Marguarita presste die Lippen zusammen, doch er spürte die Furcht in ihr. Dies war ihr Zuhause, ihre Welt: diese Menschen, die Pferde, die Ranch. Er dagegen war an nichts und niemanden gebunden und konnte sich auch nicht vorstellen, dass es jemals dazu kommen könnte. Immer wieder ging sein Blick zu Marguarita. Sie war sein Zuhause, und ein Teil von ihm wollte einfach nicht mit Menschen, Tieren und Orten um sie wetteifern. Er wollte sie weit wegbringen, damit sie sich für alles, was sie brauchte, an ihn würde wenden müssen. Er wollte alles für sie sein.
Du bist alles für mich. Sie strahlte Ruhe, Gelassenheit und Akzeptanz aus. Ihr Geist streifte seinen in einer zärtlichen Liebkosung, die ihn schwach machte. Ich will dich nicht belügen, Zacarias. Wenn du möchtest, dass ich die Ranch verlasse, wird es furchtbar schwierig für mich sein, doch ich würde mich jederzeit für dich entscheiden. Und ich würde meine Entscheidung nie bereuen.
Einen Moment lang raste sein Herz, bevor es wieder seinen normalen Rhythmus annahm. Er sah die Aufrichtigkeit ihrer ruhigen Erklärung. Er war ein Mann ohne Vertrauen – und mit einem jahrhundertealten Ehrenkodex, der ihn am Leben erhalten, aber einsam gemacht hatte. Marguarita änderte das alles, und ihre Realität genügte ihm allmählich. Warum? Warum bist du dir so sicher, Marguarita? Du weißt, dass ich sehr grob sein kann.
Sie griff in Gegenwart der anderen nach seiner Hand und legte ihr ganzes Herz in ihre Augen, als sie ihn anschaute. Du brauchst mich, Zacarias. Ich sehe dein wahres Ich, das ich über alles liebe. Und diesen Zacarias kannst du ohne mich nicht sehen.
Sie wusste es also. Ihm hätte klar sein müssen, dass er ihr die Wahrheit ebenso wenig vorenthalten konnte, wie er seine Erinnerungen vor ihr hatte verbergen können. Ihre Finger strichen zärtlich über sein Gesicht, und er ergriff sie und drückte ihre Hand ans Herz.
Lea senkte den Kopf und warf Julio einen verstohlenen Blick zu. Die Sehnsucht in ihrem Gesicht war nicht zu übersehen. Zacarias zwang sich zu einem Lächeln und hoffte, dass es freundlich und nicht aufgesetzt wirkte.
»Haben Sie vor, lange in diesem kleinen Winkel der Welt zu bleiben, Lea? Marguarita freut sich über die Gesellschaft, und obwohl wir manchmal werden reisen müssen, wollen wir diese Ranch zu unserem ständigen Zuhause machen.« Das zumindest konnte er Marguarita garantieren.
Lea stellte die Teetasse auf die Untertasse und nickte. »Ich hoffe, dass ich bleiben kann. Mein Bruder will bald wieder weiter, aber ich habe schon begonnen, Arrangements zu treffen, um zu bleiben. Mir gefällt es hier.«
»Du kannst hier nicht allein leben«, wandte Julio ein. »Dein Bruder würde dich doch nicht einfach zurücklassen? Wer soll dich dann beschützen?«
Lea verzog das Gesicht. »Ich brauche keinen Beschützer. Ich bin ein großes Mädchen«, sagte sie und schenkte Marguarita ein entschuldigendes kleines Lächeln. »Ich bin nicht mit einem der reichsten und mächtigsten Männer dieser Welt verheiratet.«
»Aber du bist eine Frau«, murmelte Julio, und sein Gesicht verdunkelte sich vor Ärger. »Was für eine Art von Bruder würde dich ganz auf dich allein gestellt zurücklassen?«
Lea schob das Kinn vor und starrte Julio kühl über den Rand ihrer Teetasse hinweg an, die sie gerade zum Mund geführt hatte. Zacarias bemerkte das leichte Zittern ihrer Hand. Es war zu unauffällig, um von Julio entdeckt zu werden, doch es bewies, dass Lea Eldridge mehr Angst davor hatte, allein an einem fremden Ort zu sein, als sie sich anmerken lassen wollte.
»Meinem Bruder gefällt es hier nicht, es ist ihm zu abgelegen. Aber ich bin gern an diesem Ort, und wer weiß, ob ich nicht den Job Ihres Helikopterpiloten übernehmen kann, falls er nicht wieder auftaucht. Ich habe mich schon darum beworben.«
»Wo ist der Pilot?«, fragte Zacarias, bevor Julio weitere Einwände erheben konnte.
Der junge Mann seufzte, wischte sich mit der Hand über das Gesicht und warf Marguarita einen nervösen Blick zu. Sie zog ihren Notizblock zu sich heran, aber wieder legte Zacarias die Hand darauf.
»Ich frage Sie, nicht Marguarita«, erklärte er mit ruhiger Bestimmtheit in der Stimme.
»Charlie Diaz hat ein Alkoholproblem, señor. Er ist monatelang trocken, und dann stürzt er wieder ab und geht drei, vier Monate auf Sauftour, bevor er wieder hier erscheint.«
Zacarias verengte die Augen. »Und obwohl er das weiß, hat Cesaro ihn behalten? Er ist eine Gefahr für Sie alle. Ricco Cayo wäre ohne medizinische Versorgung gestorben. Wäre Miss Eldridge nicht zufällig hier gewesen, um ihn zu einem Krankenhaus zu fliegen, hätten wir ihn verloren.« Die Kritik in seiner Stimme war nicht weniger alarmierend als sein kalter Blick.