6

 

Um vier an diesem Morgen war es soweit. Plötzlich zerrten sie Jim Parsons aus dem Bett, schlaftrunken stand er auf den Füßen. Seine Kleider wurden ihm in die Hand gedrückt, und bevor er sich auch nur halb angezogen hatte, drängten ihn die paar Männer, die eine Art Regierungsuniform trugen, vorwärts. Sie führten ihn aus dem Haus und in einen geparkten Wagen. Niemand sprach mit ihm. Die Männer arbeiteten schnell und mit Geschick. Einen Augenblick später fuhr der Wagen mit hoher Geschwindigkeit auf dem leeren Highway dahin, fort von der Stadt. Zu keiner Zeit bekam er Stenog oder Amy auch nur flüchtig zu sehen.

Als sie das Startfeld erreichten, überraschte es ihn durch seine Größe: Es war nicht größer als der Garten eines Eigenheimes der gehobenen Mittelklasse und nicht einmal ganz eben. Dort wurde gerade ein eiförmiges Schiff, das ursprünglich mit dunklem Blau bemalt, jetzt aber narbig und verrostet war, zum Start vorbereitet. Mehrere Platzscheinwerfer waren darauf gerichtet, und in dem grellen Schein vollendeten Techniker jene Arbeiten, die er für letzte Überprüfungen hielt.

Nahezu umgehend fand er sich eine Rampe hinauf- und durch die Eingangsluke des Schiffes geschoben. Dort wurde er in einer Einzelkabine in einen besonders verstärkten Sessel gedrückt, so festgeschnallt, daß er sich nicht bewegen konnte – und erst jetzt ließen ihn die Männer los.

In der Kabine befand sich außer ihm selbst nur noch ein einziges Ding. Noch niemals zuvor hatte er einen solchen Gegenstand gesehen. Er starrte darauf und spürte eine durchdringende Angst.

Die Maschine ragte fast so hoch auf wie ein Mensch. Sie war zum einen Teil aus undurchsichtigem Metall und Plastik gebaut und bestand zum anderen Teil – ziemlich weit oben – aus einer durchsichtigen Membran, hinter der Aktivität stattfand. In einer Flüssigkeit schwebte etwas Weiches; etwas aus grauem, organischem Material. Aus der Oberseite der Maschine sprossen mehrere zarte Fortsätze, die ihn an die unterirdischen Teile von Pilzen erinnerten. Es war ein fein verwobenes Gewirr von Fasern, die fast zu zart waren, um noch gesehen werden zu können.

Einer der Regierungsbeauftragten blieb an der Eingangsluke stehen, drehte sich um und sagte: »Es ist nicht lebendig. Das Ding, das da oben herumschwimmt, ist ein aus einem Rattengehirn herausgeschnittenes Stück. Es wächst in der Nährflüssigkeit, aber es hat kein Bewußtsein. Auf diese Weise wurde der Bau der Anlage vereinfacht.«

»Es ist leichter, ein Stück aus einem Rattengehirn herauszuschneiden, als ein Kontrollpult zu bauen«, ergänzte ein anderer Mann, und dann verschwanden sie beide. Das Schott glitt zu, und der Schiffsrumpf wurde fugenlos glatt.

Gleich darauf surrte die Maschine von Parsons los, klickte und sagte mit ruhiger, eindeutig menschlicher Stimme: »Der Flug zu den marsianischen Siedlungen dauert annähernd fünfundsiebzig Minuten. Sie werden mit angemessener Belüftung und Wärme versorgt werden, jedoch gibt es keine Bereitstellung von Essen, außer im Notfall.«

Die Maschine schaltete sich mit einem Klicken aus. Sie hatte ihren Text aufgesagt.

Jetzt erbebte das Schiff. Parsons schloß die Augen, als es abhob, zuerst sehr langsam, dann plötzlich mit ungeheuerer Geschwindigkeit stieg. Am hinteren Teil der Wand befand sich eine breite Sichtluke, durch die er hinausblicken konnte. Er sah die Erdoberfläche davonrasen, und die Sterne kreisten, als das Schiff den Kurs änderte. Nett von ihnen, daß sie mich das sehen lassen, dachte er auf benommene, irgendwie unbeteiligte Weise.

Jetzt sprach die Maschine wieder: »Dieses Schiff ist so konstruiert, daß Manipulationsversuche irgendwelcher Art eine Detonation hervorrufen, die sowohl das Schiff als auch den Insassen vernichtet. Die Flugbahn ist vorausbestimmt, und jeder Manipulationsversuch an dem automatischen, autonomen Leitstrahl wird dafür sorgen, daß der Detonationsmechanismus aktiviert wird.« Nach einem kurzen Moment wiederholte die Maschine ihre Botschaft.

Der Sternenwirbel, dem er sich gegenüber sah, beruhigte sich allmählich. Ein Lichtfleck begann zu wachsen, und er identifizierte ihn als den Mars.

»Neben Ihrer linken Hand finden Sie einen Alarmknopf«, sagte die Maschine unvermittelt. »Wenn Sie feststellen, daß es Ihnen entweder an angemessener Belüftung oder an Wärme fehlt, drücken Sie bitte diesen Knopf.«

Für alle anderen Gefahrensituationen, dachte Parsons, gibt es wahrscheinlich keine Vorkehrungen. Dieses Schiff befördert mich zum Mars, explodiert, wenn jemand versucht, sich irgendwo daran zu schaffen zu machen, versorgt mich mit Luft und Wärme und damit ist seine Aufgabe erledigt.

Das Innere wie das Äußere waren von abgenutzter Beschaffenheit. Das Schiff hat seine Reise viele Male gemacht, stellte er fest. Es hat eine ganze Menge Leute von der Erde zu den marsianischen Siedlungen transportiert. Hin und her. Es war eine Fähre, die zu ungeraden Stunden verkehrte.

Der Mars wuchs weiter. Er schätzte die Zeit. Etwa eine halbe Stunde dürfte vergangen sein. Es macht gute Fahrt und liegt perfekt in der Zeit, dachte er.

Und dann verschwand der Mars vom Schirm.

Die Sterne hüpften, er spürte ein Vakuum in sich, als würde er fallen. Die Sterne rasteten wieder ein, und das Gefühl verschwand fast so schnell wieder, wie es aufgetaucht war.

Aber auf dem Schirm sah er keinen Zielpunkt mehr. Nur schwarze Leere und die fernen Sterne. Das Schiff bewegte sich weiter, aber jetzt hatte er keine Konstante mehr, an der er sich orientieren konnte.

Ihm gegenüber klickte die Maschine und sagte in ihrer aufgezeichneten menschlichen Stimme: »Wir haben annähernd die Hälfte des Fluges zurückgelegt.«

Irgend etwas ist schiefgegangen, erkannte Parsons. Dieses Schiff ist nicht mehr zum Mars unterwegs. Und das schien dem selbstregulierenden Mechanismus des Roboters nichts auszumachen.

Voller Panik dachte er: Der Mars ist verschwunden!

 

Etwas mehr als eine halbe Stunde später verkündete die Maschine: »Wir landen gleich. Machen Sie sich auf eine Reihe von Erschütterungen gefaßt, wenn sich das Schiff anpaßt.«

Außerhalb des Schiffes – nur Leere.

Das also haben Stenog und die Leute von der Regierung im Sinn, dachte Parsons. Sie denken nicht daran, mich in irgendeine ›Strafkolonie‹ zu stecken. Dies ist eine Fähre, die mich draußen im Raum hinauswirft – in den Tod.

»Wir sind gelandet«, sagte die Maschine. Und dann korrigierte sie sich. »Wir landen gleich.« Mehrere Summ töne gingen von ihr aus, und obwohl die Stimme dieselbe verhaltene Zuversicht ausdrückte, war Parsons der Meinung, daß auch die Maschine aus der Bahn geworfen war. Vielleicht war diese Situation nicht beabsichtigt oder zumindest nicht von den Erbauern des Schiffes vorgesehen gewesen.

Sie ist verwirrt, stellte er fest. Sie weiß nicht, was sie tun soll.

»Das ist nicht der Mars«, sagte Parsons laut.

Aber während er sprach, erkannte er, daß sie ihn nicht hören konnte: Sie war nur Automat, nichts Lebendiges.

»Wir hängen im Nichts«, sagte er.

Die Maschine sagte: »Von hier aus werden Sie den örtlichen Behörden überstellt. Der Flug ist beendet.« Dann verstummte sie. Er sah ihr wirbelndes Inneres zur Unbeweglichkeit erstarren. Sie hatte ihren Auftrag erfüllt – oder bildete sich zumindest ein, sie habe ihren Auftrag erfüllt.

Das Eingangsschott des Schiffes schwang zurück, und Parsons starrte in die Leere hinaus. Ringsum begann die Atmosphäre fauchend aus dem Schiff zu entweichen, strömte durch die offene Schleuse hinaus. Sofort sprang eine helmartige Einheit aus dem Sitzelement, auf dem er angeschnallt war und fiel ihm in den Schoß. Gleichzeitig erwachte die Maschine wieder zum Leben.

»Notfall«, sagte sie. »Legen Sie sofort die Schutzausrüstung an, die in Ihre Reichweite gebracht wurde. Zögern Sie nicht!«

Parsons zögerte keine Sekunde lang. Aber die Gurte ließen kaum zu, daß er die Einheit überstreifte. Als die letzte Luft aus dem Schiff strömte, hatte er die Einheit gerade angelegt. Schon begann sie zu pumpen, und er genoß die abgestandene, kühle Luft.

Die Wände des Schiffes glühten rot. Zweifellos versuchte ein Notfall-Mechanismus die Wärmeverluste auszugleichen.

Nach Parsons Schätzung blieb die Schiffsschleuse etwa fünfzehn Minuten lang offen. Dann glitt das Schott ganz plötzlich wieder zu.

Ihm gegenüber klickte die Maschine, und in ihrem Schädelteil wirbelte das denkende Gewebe in seiner Nährflüssigkeit herum. Aber die Maschine hatte ihm nichts zu sagen. Auf dem Rückflug transportiert sie keine Passagiere, stellte er fest. Das Schiff erzitterte, und durch die Sichtluke sah er einen grellen Blitz. Irgendwelche Düsen waren in Aktion getreten.

Voller Grauen stellte er fest, daß er wieder durch den Raum unterwegs war. Von einem Punkt im Nichts zu einem anderen. Wie lange würde das so weitergehen mit diesem sinnlosen Zubringerdienst?

Durch die Sichtluke sah er, wie die Sterne ihre Positionen veränderten, als sich das Schiff in seinen Rückkehrkurs einpaßte. Hoffnung erfüllte ihn. Vielleicht erwartete ihn an der nächsten Endstation die Erde. Durch ein technisches Versagen hatte ihn das Schiff nicht zum Mars, sondern zu einem zufälligen, willkürlichen Punkt gebracht, aber jetzt würde dieser Fehler korrigiert werden. Jetzt würde er wieder dorthin zurückkehren, von wo aus er aufgebrochen war.

Fünfundsiebzig Minuten später – so schätzte er – erbebte das Schiff wieder und öffnete seine Eingangsschleuse. Wieder starrte er in die Leere hinaus. O Gott, dachte er. Es gibt nicht einmal das körperliche Gefühl von Bewegung, nur die verstandesmäßige Feststellung, daß ich zwischen zwei weit voneinander entfernten Punkten hin- und hergependelt bin. Über Millionen und Abermillionen von Meilen hinweg.

Nach wenigen Sekunden glitt das Schott zu. Der Alptraum wiederholt sich, dachte er. Dieser furchtbare Traum von sinnloser Bewegung. Wenn er seine Augen schließen, die Sichtluke nicht anstarren und seinen Verstand vom Denken abhalten würde …

Ich stehe am Rande des Wahnsinns, fürchtete er.

Wie leicht konnte das Schiff in einem wahnsinnigen Rücksturz versinken, während er hier in diesem Sessel ruhte. Er konnte nackte Tatsachen nicht einfach ignorieren.

Aber in ein paar Stunden würde er hungrig sein. Schon jetzt war sein Mund trocken geworden. Er würde verdursten, lange bevor er an Hunger starb.

Die Maschine sagte mit der gelassenen Stimme, die ihm jetzt so vertraut war: »Der Flug zu den marsianischen Siedlungen dauert annähernd fünfundsiebzig Minuten. Sie werden mit angemessener Belüftung und Wärme versorgt werden, jedoch gibt es keine Bereitstellung von Essen, außer im Notfall.«

Ist das hier etwa kein Notfall, dachte Parsons. Wird sie ihn als solchen erkennen? Vielleicht wenn ich halb verdurstet bin.

Wird sie mich dann mit Wasser aus irgendwelchen Hähnen in den Schiffswänden anspritzen? Ihm gegenüber schwamm das Stück grauen Rattengewebes in der Nährflüssigkeit. Du bist nicht lebendig, sagte Parsons in Gedanken. Du leidest nicht, dir ist das Ganze hier nicht einmal bewußt.

Er dachte an Stenog. Hatte er das geplant? Parsons konnte das nicht glauben. Dies war ein schrecklicher, grotesker Unfall. Niemand hatte das geplant.

Irgend jemand hat die Erde und den Mars gestohlen, dachte er. Und mich vergessen. Holt mich auch, dachte er. Vergeßt mich nicht. Ich will mitkommen.

Die Maschine klickte und sagte: »Dieses Schiff ist so konstruiert, daß Manipulationsversuche eine Detonation hervorrufen.«

Er spürte das Aufsteigen bizarrer Hoffnung. Besser, das Schiff explodierte, als daß es ewig durch das Nichts irrte. Vielleicht gelang es ihm, sich zu befreien … Alles war besser als das hier.

In der Sichtluke sah er die fernen Sterne in einer unbekannten Konstellation.

Während er auf die Luke starrte, löste sich ein Stern von den anderen. Es war kein Stern. Es war ein Gegenstand. Der Gegenstand wurde größer.

Er kommt näher, dachte Parsons. Eine Zeitspanne, die ihm unerträglich lang vorkam, blieb der Gegenstand wie er war, wurde weder größer noch kleiner. Er konnte nicht sagen, was es war. Ein Meteor? Ein Stück Weltraum-Schutt? Ein Schiff, das auf Distanz blieb?

Die Maschine sagte: »Gleich landen wir. Seien Sie auf eine Reihe von Erschütterungen gefaßt, wenn sich das Schiff anpaßt.«

Dieses Mal, dachte Parsons, ist da draußen etwas. Nicht der Mars. Kein Planet. Sondern – irgend etwas.

»Gleich landen wir«, sagte die Maschine und begann wie zuvor eine rasche Folge von unbestimmbaren Geräuschen auszustoßen. »Wir sind gelandet«, sagte sie schließlich.

Das Schott glitt auf. Wieder die Leere. Wo ist dieses Ding, fragte sich Parsons stumm. Ist es verschwunden? In seinen Sessel geschnallt konnte er nichts tun, als hilflos abzuwarten. Bitte, geh nicht weg, betete er.

In der Eingangsschleuse rastete eine undurchsichtige Platte ein und versperrte die Sicht auf die Sterne.

»Hilfe!« rief Parsons. Seine Stimme hallte ohrenbetäubend in dem Helm.

Ein Mann erschien. Er trug einen Helm, der ihn wie einen riesigen Frosch aussehen ließ. Ohne Zögern spurtete er auf Parsons zu. Ein zweiter Mann folgte ihm. Da sie offenbar genau wußten, was zu tun war, machten sie sich geschickt daran, die Gurte durchzuschneiden, die ihn an das Sitzelement fesselten. Funken des verbrannten Metalls regneten durch das ganze Schiff – und dann hatten sie ihn frei.

»Beeilung«, sagte einer der Männer, indem er mit seinem Helm den von Parsons berührte, um für den Schall ein Medium herzustellen. »Sie bleibt nur noch ein paar Sekunden offen.«

Parsons, der sich unter Schmerzen hochrappelte, sagte: »Was ist schiefgelaufen?«

»Nichts«, erwiderte der Mann und half ihm. Der andere, der etwas hielt, was Parsons als Waffe erkannte, streifte wachsam im Schiff umher. »Auf der Erde konnten wir nicht eingreifen«, sagte der erste Mann, während er mit Parsons zur Schleuse ging. »Sie haben darauf gewartet – darin sind die Shupos ziemlich gut. Wir haben dieses Schiff in der Zeit zurückversetzt.«

Auf dem Gesicht des Mannes sah Parsons das Lächeln des Triumphes. Er und der Mann lösten sich vom Schiffsdeck und glitten durch die offene Schleuse. Nicht mehr als dreißig Meter entfernt hing – wie ein Bleistift – ein größeres Schiff und wartete mit geöffneter Schleuse, aus der Licht herausdrang. Eine Leine verband die beiden Schiffe.

Parsons Begleiter wandte sich ihm zu. »Seien Sie vorsichtig«, sagte er ihm. »Sie haben keine Erfahrung im Überwechseln. Denken Sie daran: Es gibt keine Schwerkraft. Sie könnten davonsegeln.« Er hielt sich an einer Verstrebung fest und winkte seinem Kollegen.

Dieser machte einen Schritt auf die Schleuse zu. Aus der Schiffswand ragte plötzlich die Mündung eines Gewehres hervor, die Mündung blitzte orangefarben auf, und der Mann kippte nach vorn, auf sein Gesicht. Neben Parsons keuchte der andere Mann. Sein Blick kreuzte sich mit dem Parsons’. Einen Sekundenbruchteil lang sah Parsons das Gesicht seines Begleiters angeschwollen vor Furcht und Verstehen, dann hatte er eine Waffe hochgerissen und feuerte auf die Stelle, an der die Gewehrmündung erschienen war.

Ein blendender Knall ließ Parsons zurückprallen. Der Helm des Mannes neben ihm zerplatzte, Stücke davon prasselten gegen den seinen. Zur gleichen Zeit zersplitterte die hintere Wand des Schiffes, ein Spalt bildete sich, Material regnete in alle Richtungen davon.

Frei stehend, aber offensichtlich bereits sterbend, tauchte der Shupo Parsons gegenüber auf. Die Zwergengestalt drehte sich langsam, in einer fast ritualistischen Verkrampfung. Die Augen traten hervor, dann brach der Shupo zusammen.

Sein verletzter Körper schwebte hoch, wirbelte im Schiff herum und tauchte in Wolken von Partikeln ein. Schließlich kam er an der Decke zur Ruhe, den Kopf nach unten, die Arme baumelten grotesk. Blut aus der Wunde sammelte sich in einer länglichen Kugel aus glitzerndem, hellen Karmesinrot, die erstarrte, sich dehnte und auseinanderbrach, als sie gegen das Bein des Shupos trieb.

In Parsons betäubtem Verstand kehrten die Worte zurück, die er noch kurz zuvor gehört hatte: »Darin sind die Shupos ziemlich gut.« Ja, dachte er, das sind sie. Der Shupo war die ganze Zeit an Bord gewesen. Er hatte kein Geräusch verursacht. Hatte sich nicht bewegt. Hatte weiter gewartet. Wäre er dort in der Wand gestorben, wenn niemand erschienen wäre?

Die beiden Männer waren tot. Der Shupo hatte sie beide getötet.

Hinter dem Gefängnisschiff schwebte noch immer das Bleistiftschiff am Ende seiner Leine. Noch immer leuchteten Lichter daraus hervor. Aber jetzt ist es leer, begriff Parsons. Sie sind meinetwegen gekommen, aber zu früh. Sie konnten dem Hinterhalt nicht entgehen.

Ich wüßte gern, wer sie waren.

Werde ich das je erfahren?

Er kniete sich hin, begann den toten Mann zu untersuchen, der ihm am nächsten schwebte. Und dann fiel ihm die Schleuse ein. Jeden Moment konnte sie sich schließen – und dann war er hier ausgesperrt. Das Schiff würde sich erneut auf den Rückweg machen. Er ließ von den beiden toten Männern ab und griff nach der Leine. Sein Sprung trug ihn weiter, als er vorausgeahnt hatte, und für einen Moment drehte er sich, raste von den beiden Schiffen fort, sah sie entschwinden. Die schneidende Kälte des Raumes leckte an ihm, er fühlte sie in seinen Körper eindringen. Er mühte sich ab, streckte die Hände aus, dehnte die Arme, die Finger …

Allmählich trieb sein Körper auf das bleistiftförmige Schiff zu. Plötzlich raste es zu ihm herauf, er krachte dagegen und klammerte sich betäubt irgendwo fest, lag auf dem Rumpf ausgestreckt. Als sich dann sein Verstand klärte, begann er Zentimeter für Zentimeter der offenen Schleuse entgegenzukriechen.

Seine Finger berührten die Leine. Er zog sich hinunter und in das Schiff hinein. Wärme aus dem Schiff breitete sich um ihn her aus, und die Kälte wich zögernd.

Jenseits des Kabelstückes, am gegenüberliegenden Ende, schnappte die Eingangsschleuse des Gefängnisschiffes zu.

Parsons kniete sich hin, fand den Anfang der Leine. Wie fest war sie verankert? Schon zündeten die Raketen des Gefängnisschiffes; es war bereit, den Rückflug anzutreten. Die Leine straffte sich, das Gefängnisschiff zerrte daran.

Voller Panik dachte Parsons: Will ich zurückkehren? Oder soll ich die Leine kappen?

Aber die Entscheidung war bereits gefallen. Als die Raketen zündeten, riß die Leine. Das Polizeischiff jagte mit ungeheuerer Geschwindigkeit davon, wurde klein und verschwand dann.

Fort. Auf dem Rückweg zur Erde. Mit drei Leichen an Bord.

Und wo war er?

Nachdem Parsons die Schleuse von Hand geschlossen hatte – was ihn eine beträchtliche Anstrengung kostete, aber schließlich hatte er es geschafft –, drehte er sich um und machte sich daran, das Schiff zu erforschen, in das es ihn verschlagen hatte. Dieses Schiff, das als Mittel zu seiner Rettung vorgesehen gewesen war und das praktisch versagt hatte.