DER ZEUGE GIBT AN, ER HABE SICH AUF EINER NÄCHTLICHEN WIESE BEFUNDEN,…
… einer Waldlichtung wahrscheinlich, denn sie sei von hohen Bäumen umstanden gewesen, doch habe er das wegen der herrschenden Dunkelheit nicht mit Gewißheit ausmachen können.
Rings um das Feld seien in großem Kreis Menschen in langen hemdartigen, weißen Kleidern gestanden. Einige unter diesen Leuten hätten Fackeln, die übrigen Sensen, Hacken und Äxte in den Händen gehalten.
Nach einer langen, erwartungsvollen Stille habe schließlich eine laute Stimme den Befehl erteilt: «Die, welche Lichter tragen, tötet!» Darauf seien die Bewaffneten schweigend über die Fackelträger hergefallen, die weder Anstalten gemacht hätten zu fliehen, noch sich zu wehren, sondern ebenfalls schweigend stehen geblieben seien.
Ein grausames Gemetzel habe begonnen, doch sei nichts zu hören gewesen als nah und fern immer von neuem das schreckliche dumpfe Geräusch, das die Beile und Hacken beim Eindringen in die Leiber der Wehrlosen verursacht hätten.
Eine nach der anderen seien die Fackeln im Blut ihrer Träger erloschen, und Finsternis habe sich ausgebreitet.
Bald darauf habe sich ein heftiger Wind erhoben, der die schwarze Wolkendecke vor dem fahl aufdämmernden Himmel zerfetzte. Das große Feld sei von Leibern bedeckt gewesen. Dieselbe laute Stimme, die den Befehl zur Tötung der Fackelträger gegeben, habe nunmehr die Mörder aufgefordert, ihre Kleider in das Blut der Getöteten zu tauchen.
Auch an ihn, den Zeugen, sei diese Aufforderung ergangen, doch gibt er vor, sich nicht mehr erinnern zu können, ob er ihr nachgekommen sei oder nicht.
Immerhin entsinnt er sich noch, schließlich ganz allein (vielleicht als Letzter?) unter all den Erschlagenen gestanden zu haben. Dabei will er gespürt haben, wie sein Kleid von unten her aufsteigend naß und rot und immer schwerer geworden sei von Blut.
Dann habe er im Sausen des Windes, gleichsam als ob es sich dabei um Windstöße gehandelt habe, eine andere, qualvoll gepreßte Stimme vernommen, die stöhnend etwas wie «Weh! Weh!» gerufen habe, doch sei er fast sicher, daß es nicht diese Worte gewesen seien, sondern eher «Seht! Seht!»
Darauf habe er zum Himmel aufgeblickt und in der Dunkelheit ein Seil ausmachen können, welches quer über das ganze Feld gespannt gewesen sei und an welchem eine menschliche Gestalt in gekreuzigter Haltung gehangen habe.
Wie der Zeuge hinzufügt, könne er jedoch nicht mit Sicherheit sagen, ob diese Gestalt nur an das durchgehende Seil festgebunden gewesen sei oder ob es sich um zwei getrennte Seilstücke gehandelt habe, jeweils am linken und rechten Handgelenk der Gestalt festgeknotet, und so die Gestalt selbst als Verbindungsstück ausgespannt gewesen sei. Das festzustellen sei es, wie der Zeuge versichert, zu dunkel gewesen.