Die Töchter des Hohenpriesters Anius verwandelten in Weizen, Wein oder Öl, was immer sie wollten. Athalida, Tochter des Merkur, erstand mehrmals vom Tode auf. Äskulap erweckte Hippolytus wieder zum Leben. Herkules entriss Alkestis dem Tode. Heres kehrte in die Welt zurück, nachdem er vierzehn Tage in der Hölle verbracht hatte. Die Eltern des Romulus und des Remus waren ein Gott und eine Vestalin. Das Palladion fiel vom Himmel auf die Stadt Troja nieder. Das Haar der Berenike wurde zu einem Sternbild. ...Man nenne mir ein Volk, in dem keine unglaublichen Wunder geschahen, zumal in Zeiten, in denen nur wenige lesen und schreiben konnten.
Voltaire, Philosophisches Wörterbuch
Eine alte Sage erzählt von einem Aufschneider, der nicht müde wurde, mit einem fantastischen Weitsprung zu prahlen, der ihm einst auf der Insel Rhodos gelungen sei. Einen so heldenhaften Sprung habe noch kein Mensch erlebt. Der Maulheld wurde seiner Geschichte nicht überdrüssig, was sich von seinen Zuhörern nicht behaupten lässt. Eines Tages, als er gerade wieder ansetzte, von seiner Großtat zu berichten, brachte ihn einer der Anwesenden mit der barschen Aufforderung zum Schweigen: »Hic Rhodus, hic salta!«, »Hier ist Rhodos, spring hier!«
Nicht nur die Propheten, Seher und großen Theologen haben das Zeitliche gesegnet, auch Wunder gehören wohl der Vergangenheit an. Wären die religiösen Anhänger gescheit oder hätten sie Zutrauen in ihre Überzeugungen, wären sie froh darüber, dass das Zeitalter des Betrugs und der Beschwörungen dem Ende zugeht. Doch einmal mehr gerät der Glaube ins Zwielicht, weil er allein den Gläubigen nicht ausreicht. Noch immer wollen sie sich von konkreten Ereignissen beeindrucken lassen. Das lässt sich recht gut an den Medizinmännern, Zauberern und Wahrsagern früherer Kulturen beobachten: Der Sterndeuter, der als Erster eine Sonnenfinsternis vorhersagen und mithilfe dieses astronomischen Ereignisses seine Mitbürger beeindrucken und einschüchtern konnte, war ein kluger Kopf. In Kambodscha ließen sich die Könige errechnen, an welchem Tag des Jahres der Mekong und der Bassac anschwellen, sich zu einem Strom vereinigen, unter dem gewaltigen Wasserdruck die Fließrichtung ändern und in den großen See Tonle Sap strömen würden. In einer Zeremonie befahl der von Gott ernannte Führer dann termingerecht dem Wasser, in die andere Richtung zu fließen – sogar Mose am Ufer des Roten Meeres hätte da Augen gemacht. In der jüngeren Geschichte schlachtete auch der Showman König Sihanouk von Kambodscha das Naturwunder mit großem Erfolg aus.
Vor diesem Hintergrund kommen uns heute einige »übernatürliche« Wunder erstaunlich trivial vor. Ähnlich einer spiritistischen Sitzung, bei der man den Hinterbliebenen eines Verstorbenen nur zynisch leeres Geschwätz aus dem Jenseits präsentiert, wird nichts wahrhaft Interessantes gesagt oder getan. Der Geschichte von der nächtlichen Flucht Mohammeds nach Jerusalem – der Hufabdruck seines Pferdes Burak soll noch heute auf dem Gelände der al-Aksa-Moschee zu sehen sein – mit dem Argument zu begegnen, dass Pferde nicht fliegen können, wäre lediglich unfreundlich. Relevanter ist da schon ein anderer Hinweis: Seit die Menschen lange und erschöpfende Reisen über ihren Heimatplaneten unternehmen, fantasieren sie, wenn sie tagein, tagaus das Hinterteil des Maultieres vor ihnen anstarren, wie sich die mühselige Sache wohl beschleunigen ließe. Die Siebenmeilenstiefel aus dem Märchen würden dem Träger weiterhelfen, wären aber gewissermaßen nur ein kleiner Schritt. Der jahrtausendealte wahre Menschheitstraum leitet sich aus unserem Neid auf die Vögel ab, die, wie wir heute wissen, die gefiederten Nachkommen der Dinosaurier sind: die Sehnsucht zu fliegen. Himmelswagen, Engel, die durch die Luft schweben – es ist unschwer nachzuvollziehen, woher solche Vorstellungen kommen. Der Prophet setzt somit nur den Wunsch um, der in jedem Landarbeiter schlummert: sein Tier möge sich in die Lüfte erheben und endlich vorwärts kommen. Doch sollte einer, der mit unbeschränkter Macht ausgestattet ist, nicht ausgefallenere und grandiosere Wunder zustande bringen? Dass die Levitation auch in der christlichen Fantasie eine große Rolle spielt, lässt sich an den Geschichten der Himmelfahrten Christi und Mariä ablesen. Der Himmel galt damals als Schale und das Wetter als Omen oder Zeichen göttlicher Intervention. Angesichts dieser erbärmlich beschränkten Sicht des Universums war schon das einfachste Wetterereignis ein Wunder, wohingegen ein Phänomen, das uns nun wirklich erstaunen würde – etwa wenn sich die Sonne nicht vom Fleck bewegte – noch als regionales Ereignis begriffen werden konnte.
Definiert man ein Wunder als eine Veränderung der natürlichen Ordnung zum Positiven, so wurde das letzte Wort zu diesem Thema von dem schottischen Philosophen David Hume geschrieben, der uns Menschen dabei einen freien Willen zugestand. Ein Wunder ist die Störung des Erwarteten oder der Verstoß gegen das Übliche. Das kann alles sein, vom Aufgang der Sonne im Westen bis hin zu einem Tier, das Gedichte rezitiert. Der freie Wille setzt aber Entscheidungsfähigkeit voraus. Wer Zeuge eines solchen Ereignisses wird, kann zwei Schlüsse ziehen. Der erste ist, dass die Naturgesetze – zum eigenen Vorteil – außer Kraft gesetzt wurden. Der zweite ist, dass man einem Irrtum oder einer Sinnestäuschung unterliegt. Es gilt abzuwägen, welche der beiden Möglichkeiten wahrscheinlicher ist.
Bei einem Wunder, das uns über zwei oder drei Ecken erreicht, müssen wir noch sorgfältiger abwägen, ob der Zeuge, der etwas gesehen haben will, glaubwürdig ist. Und wenn mehrere Generationen seit der »Beobachtung« vergangen sind und keine neutrale Bestätigung vorliegt, so muss auch das in die Abwägung einfließen. Wieder können wir uns auf den getreuen Ockham berufen, der davor warnte, »Entitäten über das Notwendige hinaus« zu vermehren. Dazu seien ein altes und ein modernes Beispiel angeführt: die körperliche Wiederauferstehung und die UFOs.
Die wundersame Wirkung von Wundern hat im Lauf der Jahrtausende spürbar nachgelassen. Dazu kommt, dass die Wunder, die uns in jüngerer Zeit präsentiert wurden, gelinde gesagt zweifelhaft erscheinen. Das berühmte Blutwunder von Neapel, bei dem sich einmal im Jahr das Blut des heiligen Januarius verflüssigt, lässt sich beispielsweise von jedem versierten Zauberkünstler leicht wiederholen, was auch schon geschehen ist. Große säkulare Magier wie Harry Houdini und James Randi haben unter Laborbedingungen das freie Schweben, das Gehen durch Feuer, das Rutengehen und das Verbiegen von Löffeln vorgeführt, um zu zeigen, wie der Trick funktioniert, und unvorsichtige Menschen vor Betrügereien zu bewahren. Wunder sind jedenfalls keine Beweise für die Religion, die sich ihrer bedient: Aaron bezwang zwar der Bibel zufolge die Zauberer des Pharaos im offenen Wettbewerb, bestritt aber nicht, dass auch sie Wunder vollführen konnten. Seit geraumer Zeit hat allerdings niemand mehr eine Wiederauferstehung für sich reklamiert, und kein Schamane, der es doch tat, hat sich je bereit erklärt, seinen Trick unter nachvollziehbaren Bedingungen zu wiederholen. Da stellt sich doch die Frage: Ist die Kunst der Wiederauferstehung ausgestorben? Oder sind die Quellen, auf die wir uns beziehen, fragwürdig?
Schon beim Neuen Testament handelt es sich um eine höchst zweifelhafte Quelle. Professor Bart Ehrman kam beispielsweise zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass der Bericht von Jesu Wiederauferstehung im Markusevangelium erst Jahre später eingefügt wurde. Doch dem Neuen Testament zufolge kamen Wiederauferstehungen immer wieder vor. Jesus bewirkte sie gleich in zwei Fällen an anderen: Er holte sowohl Lazarus als auch die Tochter des Jairus aus dem Tode zurück. Offenbar machte sich aber niemand die Mühe, die Überlebenden nach ihren außerordentlichen Erfahrungen zu befragen. Auch wurde nicht festgehalten, ob oder wie diese beiden Menschen erneut »starben«. Wenn sie unsterblich blieben, so gesellten sie sich zum »Ewigen Juden«, der einer frühchristlichen Legende zufolge nach einer Begegnung mit Jesus auf der Via Dolorosa zu ewiger Wanderschaft verdammt wurde. Den unbeteiligten Zuschauer ereilte dieses Schicksal, weil andernfalls die Prophezeiung, nach der Jesu Wiederkehr in der Lebenszeit zumindest eines Zeitgenossen stattfinden werde, unerfüllt bleiben musste. An dem Tag, an dem Jesus dem glücklosen Wanderer begegnete, wurde er selbst mit erschreckender Grausamkeit umgebracht. Im Matthäusevangelium 27, 52-53, heißt es, »die Gräber taten sich auf, und standen auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen, und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung und kamen in die heilige Stadt und erschienen vielen«. Das klingt unlogisch, da sich die Leichen offenbar sowohl zum Zeitpunkt des Todes Jesu am Kreuz als auch zum Zeitpunkt seiner Auferstehung erhoben. Es wird jedoch in der gleichen nüchternen Art berichtet wie das Erdbeben, das Zerreißen des Vorhangs im Tempel – auch diese beiden Ereignisse sind bislang von keinem Historiker gewürdigt worden – und die ehrfürchtigen Worte des römischen Hauptmanns.
Dass Wiederauferstehungen häufiger vorkamen, untergräbt zwangsläufig die Einzigartigkeit der einen, mittels deren, der Menschheit ihre Sünden vergeben werden. Vom Osiriskult über den Vampirismus bis hin zum Voodoo hat sich vorher und nachher noch jeder Kult und jede Religion auf den angeborenen Glauben an die »Untoten« gestützt. Bis heute sind sich die Christen nicht einig, ob wir am Tag des Jüngsten Gerichtes unseren alten, verstorbenen Körper wieder erhalten oder neu ausgestattet werden. Einstweilen lässt sich sogar unter Berücksichtigung der von den Gläubigen erhobenen Behauptungen sagen, dass die Wiederauferstehung Jesu weder die Lehre des Verstorbenen beweist noch seine Abstammung väterlicherseits noch die Wahrscheinlichkeit, dass er in fleischlicher oder anderweitig erkennbarer Form erneut wiederkehrt. Wieder einmal sind der »Beweise« zu viele. Wenn ein Mensch freiwillig für seine Mitmenschen stirbt, gilt das gemeinhin als edel. Die Behauptung, er sei nicht »wirklich« gestorben, macht dieses Opfer zu einer vertrackten und trügerischen Angelegenheit: Die Aussage »Christus ist für meine Sünden gestorben« trifft also so nicht zu, denn eigentlich ist er ja gar nicht »gestorben«. Da innerhalb einer für die Bestätigung einer solch ungewöhnlichen Behauptung angemessenen Zeitspanne verlässliche und übereinstimmende Zeugen fehlen, sind wir somit berechtigt, wenn nicht gar verpflichtet, um unserer Selbstachtung willen der ganzen Sache keinen Glauben zu schenken. Das heißt, solange keine hinreichenden Beweise vorgelegt werden, die aber bislang fehlen. Und außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnliche Beweise.
Ich habe einen großen Teil meines Lebens als Korrespondent zugebracht. Als solcher habe ich des Öfteren von Ereignissen, die ich selbst miterlebt hatte, Augenzeugenberichte ansonsten vertrauenswürdiger Menschen gelesen, die mit meiner Wahrnehmung überhaupt nicht übereinstimmten. Als Korrespondent für britische Zeitungen geschah es übrigens sogar, dass ich gedruckte Artikel, die unter meinem Namen erschienen, nicht wiedererkannte, nachdem die Redakteure damit fertig waren. Ich habe auch einige der Hunderttausenden von Menschen interviewt, die behaupten, ein Raumschiff oder die Besatzung eines Raumschiffs aus einer anderen Galaxie gesehen zu haben. Einige dieser Beschreibungen waren so lebendig und detailliert und waren anderen Zeugenaussagen, mit denen sie nicht abgeglichen worden sein konnten, dermaßen ähnlich, dass einige leicht zu beeindruckende Wissenschaftler vorgeschlagen haben, sie als wahr einzustufen. Das aber wäre aus einem ganz offensichtlichen Grund, der auf Ockham zurückgeht, völlig falsch. Wenn die Berichte der vielen Menschen, die »Kontakt« hatten oder entführt wurden, auch nur einen Funken Wahrheit enthalten, so folgt daraus, dass ihre außerirdischen Freunde nicht darauf aus sind, ihre Existenz geheim zu halten. In diesem Falle muss man sich fragen, warum sie nie lange genug still halten, dass man mehr als ein verwackeltes Foto von ihnen machen kann. Bisher sind nur geschnittene Filme aufgetaucht, und es wurden keine Metalle gefunden, die es auf der Erde nicht gäbe, geschweige denn noch so winzige Gewebeproben. Die Skizzen, die von den Geschöpfen gemacht wurden, haben durch die Bank große Ähnlichkeit zu den anthropomorphen Figuren aus Science-Fiction-Comics. Da für eine Reise vom Alpha Centauri, dem am häufigsten genannten Herkunftsort, die physikalischen Gesetze gewissermaßen außer Kraft gesetzt werden müssten, wäre schon das kleinste Materieteilchen von enormem Nutzen und hätte buchstäblich seismische Wirkung. Aber: nichts dergleichen. Stattdessen wächst ein gigantischer neuer Aberglauben heran, der sich auf den Glauben an – nur wenigen Auserwählten zugängliche – okkulte Texte und Scherben stützt. Nun, das kommt mir jedenfalls bekannt vor. Das einzig Vernünftige ist es, sich mit einem Urteil zurückzuhalten, bis die Anhänger dieses Aberglaubens etwas vorlegen, das nicht einfach nur kindisch ist.
Das Gleiche gilt, wenn heute Jungfrauen- oder Heiligenstatuen angeblich weinen oder bluten. Es wäre mir ein Leichtes, einen Hobbyzauberer beizubringen, der so etwas mit Schweineschmalz oder anderen Zutaten zuwege brächte. Doch selbst wenn es nicht so wäre, stellt sich mir die Frage, warum sich eine Gottheit mit so einer schäbigen Effekthascherei zufriedengeben sollte. Zufällig gehöre ich zu den wenigen Menschen, die an einem »Heiligsprechungsprozess« der römisch-katholischen Kirche beteiligt waren. Im Juni 2001 wurde ich vom Vatikan zur Anhörung in Sachen Seligsprechung der Agnes Bojaxhiu geladen, einer ehrgeizigen albanischen Nonne, die unter ihrem Nom de Guerre »Mutter Teresa« recht bekannt wurde. Der damalige Papst hatte zwar das berühmte Amt des Advocatus Diaboli (»Anwalt des Teufels«) abgeschafft, um mehr neue Kandidaten bestätigen und kanonisieren zu können, die Kirche war aber verpflichtet, Auskünfte von Kritikern einzuholen. So fand ich mich gewissermaßen in der Rolle eines Pro-bono-Anwalts für den Teufel wieder.
An der Entlarvung eines »Wunders«, das der Nonne zugeschrieben worden war, hatte ich bereits mitgewirkt. Der Mann, der sie berühmt gemacht hatte, war ein angesehener, wenngleich recht naiver britischer Evangelist, später Katholik, namens Malcolm Muggeridge. In seiner BBC-Dokumentation Something Beautiful for God führte er 1969 die Marke »Mutter Teresa« ein. Der Kameramann war Ken Macmillan, hoch gelobt für seine Arbeit zu Lord Clarks großartiger Kunstgeschichtereihe Civilisation. Sein Umgang mit Farbe und Licht war erstklassig. Hier ist die Geschichte, wie Muggeridge sie im Buch zum Film erzählte:
Mutter Teresas Heim für Sterbende ist durch kleine Fenster hoch oben in den Wänden nur schwach erleuchtet, und Ken war der festen Überzeugung, dass Filmen darin ganz unmöglich sei. Wir hatten nur ein kleines Licht bei uns und konnten den Ort in der uns zur Verfügung stehenden Zeit nicht hinreichend ausleuchten. Es wurde beschlossen, dass Ken dennoch einen Versuch wagen sollte, aber, um sicherzugehen, machte er zusätzlich Aufnahmen in einem Außenhof, in dem einige der Insassen in der Sonne saßen. Auf dem entwickelten Film war der innen aufgenommene Teil in ein besonders schönes, weiches Licht gebadet, während der draußen aufgenommene ziemlich blass und undeutlich war.... Ich selbst bin absolut davon überzeugt, dass dies technisch unerklärliche Licht tatsächlich das »Milde Licht« ist, auf das sich Newman in seiner bekannten ausgezeichneten Hymne... bezieht.
Daraus schloss Muggeridge:
Und eben dafür sind die Wunder da, die innere Wirklichkeit der äußeren Schöpfung Gottes zu enthüllen. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Ken das erste echte fotografische Wunder aufgezeichnet hat. Es hat mich sehr froh gemacht, und ich fürchte, so viel darüber geschrieben und geredet zu haben, dass ich die Leute gelangweilt, manchmal sogar geärgert habe.
Mit dem letzten Satz hatte er sicher recht, doch als er fertig war mit Reden und Schreiben, war Mutter Teresa weltberühmt. Mein Beitrag bestand nun darin, herauszufinden und abzudrucken, was Ken Macmillan, der Kameramann, dazu zu sagen hatte:
Bei den Dreharbeiten zu Something Beautiful for God wurden wir einmal zu dem Haus gebracht, das Mutter Teresa als Haus der Sterbenden bezeichnete. Der Regisseur Peter Chafer sagte: »Hier ist es ja ganz schön dunkel. Können Sie da was machen?« Von der BBC hatten wir gerade einen neuartigen Film von Kodak zugeschickt bekommen, den wir vor unserer Abreise nicht hatten testen können. Ich sagte daher zu Peter: »Wir können ihn ja mal probieren.« So haben wir die Szene gedreht. Und als wir mehrere Wochen später wieder in London waren – ein oder zwei Monate danach – da saßen wir im Vorführraum in den Ealing Studios und sahen uns die Aufnahmen aus dem Haus der Sterbenden an. Das war vielleicht eine Überraschung. Alles war genau zu erkennen. Und ich sagte: »Das ist fantastisch. Das ist außerordentlich.« Und ich wollte gerade so was sagen wie »Kodak lebe hoch«, aber dazu kam ich gar nicht, denn Malcolm, der in der ersten Reihe saß, drehte sich plötzlich um und sagte: »Das ist göttliches Licht! Das ist Mutter Teresa! Ihr werdet sehen, das ist göttliches Licht!« Und drei oder vier Tage später riefen Journalisten von Londoner Tageszeitungen bei mir an und sagten: »Ich habe gehört, Sie sind gerade mit Malcolm Muggeridge aus Indien zurückgekommen und haben ein Wunder miterlebt.« [FUSSNOTE38]
Ein Star war geboren... Wegen dieser und anderer Kritikpunkte, die ich vorgebracht hatte, wurde ich also vom Vatikan in einen geschlossenen Raum geladen, in dem sich eine Bibel, ein Kassettenrekorder, ein Monsignor, ein Diakon und ein Priester befanden. Man fragte mich, ob ich zur »Dienerin Gottes, Mutter Teresa« etwas Erhellendes zu sagen hätte. Während mir scheinbar ohne Hintergedanken diese Frage gestellt wurde, bestätigten auf der anderen Seite der Erde Kollegen allerdings das erforderliche »Wunder«, das die Seligsprechung – das Vorspiel zur Heiligsprechung – in Gang setzte. Mutter Teresa starb im Jahr 1997. An ihrem ersten Todestag behaupteten zwei Nonnen in der bengalischen Stadt Raigunj, sie hätten einer Frau namens Monica Besra, die an einem großen Unterleibstumor gelitten habe, ein Medaillon der Verstorbenen auf den Bauch gebunden, das angeblich mit ihrer Leiche in Kontakt gewesen war. Daraufhin sei die Frau geheilt worden. Man beachte, dass Monica ein katholischer Mädchenname ist, in Bengalen nicht besonders verbreitet, dass also die Patientin und sicher auch die Nonnen bereits Fans von Mutter Teresa waren. Dies gilt allerdings weder für Dr. Manju Murshed, den Leiter des örtlichen Krankenhauses, noch für Dr. T. K. Biswas und seinen Kollegen, den Gynäkologen Dr. Ranjan Mustafi. Alle drei bezeugten, dass Mrs. Besra an Tuberkulose und einer Wucherung der Eierstöcke gelitten hatte und beide Krankheiten erfolgreich behandelt worden waren. Dr. Murshed ärgerte sich vor allem über die vielen Anrufe, die ihn aus Mutter Teresas Orden erreichten. Die »Missionarinnen der Nächstenliebe« drängten ihn zu der Aussage, es handle sich um eine Wunderheilung. Die Patientin selbst gab keine besonders imposante Interviewpartnerin ab: Sie sprach sehr schnell, weil sie nach eigener Aussage fürchtete, zu »vergessen«, und bat darum, auf weitere Fragen zu verzichten, weil sie sich sonst wurde »erinnern« müssen. Ihr Ehemann Selku Murmu brach nach einer Weile das Schweigen und sagte, seine Frau sei durch eine völlig normale und übliche medizinische Behandlung geheilt worden. [FUSSNOTE39]
Jeder Verwaltungschef in jedem Krankenhaus dieser Welt kann bestätigen, dass Patienten bisweilen überraschend gesunden und dass umgekehrt gesunde Menschen plötzlich und unerklärlich schwer erkranken. Wer auf Wunder aus ist, verweist gern auf die fehlende Erklärung für eine solche Heilung. Das bedeutet aber nicht, dass es eine übernatürliche Erklärung dafür geben muss. In diesem Fall allerdings war Mrs. Besras Gesundung auch nicht im Entferntesten ungewöhnlich, denn die Ärzte hatten bekannte Krankheiten mit den erprobten Methoden geheilt. Ohne den geringsten Beweis wurden sodann spektakuläre Behauptungen aufgestellt. Und trotzdem wird in Bälde der Tag kommen, an dem in einer großartigen und feierlichen Zeremonie in Rom Mutter Teresa vor aller Welt heiliggesprochen wird als eine, die mit ihrer Fürbitte der Medizin auf die Sprünge helfen kann. Das ist für sich betrachtet schon ein Skandal, doch darüber hinaus wird diese Episode zur Folge haben, dass sich indische Dorfbewohner weiter ihren Quacksalbern und Fakiren anvertrauen. Anders ausgedrückt: Als Folge dieses gefälschten und verachtungswürdigen Wunders werden viele Menschen sinnlos sterben. Wenn die Kirche in einer Zeit, in der Ärzte und Journalisten ihre Behauptungen überprüfen können, so etwas zustande bringt, so lässt sich ermessen, wie groß das Ausmaß der Manipulation in Zeiten der Unwissenheit und Angst war, als den Priestern noch kaum Zweifel oder Widerstand begegneten.
Wieder einmal ist Ockhams Rasiermesser für einen sauberen Schnitt anzusetzen. Bei zwei möglichen Erklärungen muss die verworfen werden, die weniger erklärt, nichts erklärt oder mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.
Das gilt auch für Ereignisse, bei denen das angebliche Außerkraftsetzen der Naturgesetze den Menschen nicht zur Freude oder zum Trost gereicht. Naturkatastrophen sind nicht widernatürlich, sondern Bestandteil der Schwankungen, die in der Natur zwangsläufig auftreten. Dennoch werden sie seit jeher dazu herangezogen, den Leichtgläubigen Gottes Missbilligung in ihrem ganzen Ausmaß vor Augen zu halten. Wenn irgendwo in Kleinasien, wo Erdbeben bis heute an der Tagesordnung sind, ein Götzentempel in sich zusammenstürzte, mobilisierten die frühen Christen jedes Mal die Massen und drängten die Menschen, zum Christentum überzutreten, solange es noch ging. Der gewaltige Vulkanausbruch, bei dem Ende des 19. Jahrhunderts die Insel Krakatau explodierte, bescherte dem Islam einen enormen Zulauf vonseiten der verängstigten Bevölkerung Indonesiens. In allen heiligen Schriften finden sich dramatische Berichte über Fluten, Wirbelstürme, Blitze und andere Omen. Nach dem schrecklichen Tsunami 2005 in Asien und der Überschwemmung von New Orleans 2006 begaben sich auch reflektierte und gebildete Menschen wie der Erzbischof von Canterbury auf das Niveau primitiver Tölpel und zerbrachen sich öffentlich darüber den Kopf, inwieweit das Ereignis als Willensbekundung Gottes zu interpretieren sei. Wenn wir von der simplen und durch gesichertes Wissen abgestützten Feststellung ausgehen, dass wir auf einem abkühlenden Planeten leben, der neben einem geschmolzenen Erdkern auch Verwerfungen und Spalten in der Erdkruste sowie ein turbulentes Wettersystem hat, ist diese Furcht aber schlicht hinfällig. Für alle diese Phänomene gibt es bereits eine Erklärung. Mir ist schleierhaft, warum die Vertreter der Religionen das so ungern zugeben, würde es sie doch von der nicht zu beantwortenden Frage entheben, warum Gott so viel Leid zulässt. Doch das ist offenbar der Preis für das Festhalten am Mythos von der göttlichen Intervention.
Die Unterstellung, bei einem Unglück könne es sich auch um eine Bestrafung handeln, ist aber auch deshalb nützlich, weil sie Spekulationen Tür und Tor öffnet. Die Katastrophe von New Orleans war auf zwei Ursachen zurückzuführen: Erstens war die Stadt unterhalb des Meeresspiegels erbaut worden, und zweitens ließ die Regierung Bush sie im Stich. Nach der Überschwemmung erfuhr ich aber von einem hochrangigen israelischen Rabbiner, sie sei die Rache Gottes für die Evakuierung jüdischer Siedler aus dem Gazastreifen. Der Bürgermeister von New Orleans – dessen Arbeit sich nicht gerade durch Professionalität auszeichnete – sprach von einem Gottesurteil zur Irakinvasion. Jedem steht es frei, seine Lieblingssünden aufzuzählen. Den Fernsehpfarrern Pat Robertson und Jerry Falwell zufolge war für die Opferung des World Trade Center die Kapitulation der USA vor der Homosexualität und der Abtreibung verantwortlich. In Ägypten ging übrigens der Glaube, an Erdbeben sei die Sodomie schuld, eine Interpretation, die gewiss mit besonderer Emphase zu hören sein wird, wenn unter dem Gomorrha von San Francisco der San-Andreas-Graben das nächste Mal erbebt. Als sich am Ground Zero der Staub legte, war zu erkennen, dass zwei demolierte Stahlträger in der Form eines Kreuzes stehen geblieben waren, was allenthalben großes Erstaunen auslöste. Da aber die Architektur seit Urzeiten nicht ohne Querträger auskommt, wäre es eher ungewöhnlich gewesen, wenn kein solches Gebilde entstanden wäre. Zugegeben, es hätte mich schon überrascht, wenn die Trümmer einen Davidsstern gebildet hätten oder einen Halbmond, doch ein solches Phänomen ist nirgends bekundet, nicht einmal dort, wo es großen Eindruck auf die Einheimischen gemacht hätte. Und vergessen wir nicht, dass Wunder auf Geheiß eines Wesens geschehen, das als allmächtig, allwissend und allgegenwärtig gilt. Müsste uns das nicht auf erheblich großartigere Erscheinungen hoffen lassen?
Die »Beweise« für den Glauben ergeben somit ein noch schwächeres Bild, als wenn er allein und ungestützt für sich stünde. Was ohne Beweise behauptet werden kann, lässt sich auch ohne Beweise verwerfen. Das gilt erst recht, wenn die gelieferten Beweise so dürftig und eigennützig sind.
Das schwächste aller Argumente ist der Autoritätsverweis (Argumentum ad verecundiam). Das gilt, wenn er aus zweiter oder dritter Hand kommt – »In der Bibel steht« –, und erst recht aus erster Hand. Das wissen nicht nur all die Kinder, die von einem Elternteil zu hören bekommen: »Weil ich es sage«, sondern umgekehrt auch alle Väter und Mütter, die sich diese Worte sagen hören, die sie selbst einst so wenig überzeugend fanden. Trotzdem erfordert das Eingeständnis, dass jede Religion von gewöhnlichen Säugetieren erfunden wurde und nichts Geheimes oder Rätselhaftes an sich hat, einen großen »Sprung« der anderen Art. Hinter dem Vorhang des Zauberers Oz verbirgt sich nichts als Bluff. Kann das wirklich wahr sein? Als jemand, auf den die Schwerkraft von Geschichte und Kultur immer schon stark wirkte, stelle ich mir diese Frage oft. War denn alles umsonst: die enorme Mühsal der Theologen und Gelehrten, die großen Anstrengungen der Maler, Architekten und Musiker, etwas Bleibendes und Wunderbares zu schaffen, das von Gottes Herrlichkeit zeugt?
Nicht im Geringsten. Mir ist es völlig gleich, ob Homer eine Person war oder viele, ob Shakespeare ein heimlicher Katholik oder ein verkappter Agnostiker war. Meine Welt würde nicht zusammenstürzen, wenn sich herausstellen sollte, dass der großartigste Schriftsteller, der je über die Liebe, das Tragische, das Komische und die Moral geschrieben hat, doch der Earl of Oxford war – wobei ich schon darauf bestehen möchte, dass es ein Autor war, und es mich betrüben würde, wenn Bacon derjenige welcher wäre. Shakespeare hat größeres moralisches Gewicht als der Talmud, der Koran oder jeder andere Text, der über die schrecklichen Scharmützel zwischen irgendwelchen eisenzeitlichen Sippen berichtet. Doch aus dem Studium der Religion lässt sich eine Menge Positives herausziehen, und häufig haben wir es mit herausragenden Schriftstellern und Denkern zu tun, die uns gewiss intellektuell, manchmal sogar moralisch überlegen sind. Viele entlarvten die Götzenverehrung und das Heidentum ihrer Zeit und riskierten in der Auseinandersetzung mit ihren Glaubensbrüdern sogar den Märtyrertod. Nun aber haben wir einen Moment in der Geschichte erreicht, da sogar ein Pygmäe wie ich – nicht dass es mein Verdienst wäre – ob seines Wissensstandes in der Lage ist zu erkennen, dass es höchste Zeit ist, den Vorhang endgültig zu zerreißen. Literaturwissenschaften, Archäologie, Physik und Molekularbiologie – sie alle haben nicht nur nachgewiesen, dass religiöse Mythen falsch und menschgemacht sind, sondern sie bieten uns auch bessere und fundiertere Erklärungen der Welt. Den Verlust des Glaubens kompensieren die neuen und trefflicheren Wunder, die noch vor uns liegen, und die Werke Homers, Shakespeares, Miltons, Tolstois oder Prousts, allesamt von Menschen gefertigt (auch wenn das, wie im Falle Mozarts, manchmal schwer zu glauben ist). Als jemand, der nicht ohne Schmerzen in seinem eigenen säkularen Glauben erschüttert wurde und ihn schließlich abgelegt hat, kann ich das guten Gewissens behaupten.
Als Marxist waren meine Ansichten keine Glaubenssache für mich, doch ich dachte schon, dass eine Art einheitlicher Feldtheorie entdeckt worden sein könnte. Der historische und dialektische Materialismus hatte konzeptionell nichts Absolutes oder Übernatürliches, barg allerdings mit seiner Zielgerichtetheit ein messianisches Element in sich und hatte ohne Zweifel seine Märtyrer, Heiligen und Prinzipienreiter, nach einer Weile auch seine rivalisierenden, sich gegenseitig exkommunizierenden Päpste. Zudem gab es Schismen, Inquisition und Hexenjagd. Ich war Mitglied einer abweichenden Schule, die Rosa Luxemburg und Leo Trotzki bewunderte, und ich kann klar sagen, dass auch wir unsere Propheten hatten. Rosa Luxemburg, die so eindrucksvoll vor den Folgen des Ersten Weltkriegs gewarnt hatte, galt schon fast als Verkörperung Kassandras und Jeremias, und Isaac Deutscher nannte die Einzelbände seiner großen dreibändigen Leo-Trotzki-Biografie gar Der bewaffnete Prophet, Der unbewaffnete Prophet und Der verstoßene Prophet. Als junger Mann hatte Deutscher eine Ausbildung zum Rabbiner gemacht und hätte einen brillanten Talmudisten abgegeben – ebenso wie Trotzki. Das damals noch unentdeckte gnostische Judasevangelium vorausnehmend, sagte Trotzki zu Stalins Übernahme der bolschewistischen Partei:
Von den zwölf Aposteln erwies sich nur Judas als Verräter. Aber wenn dieser die Macht erlangt hätte, würde er die anderen elf Apostel als Verräter hingestellt haben und auch alle die geringeren Jünger, deren Zahl Lukas mit siebzig angibt.
Dem sei hier Deutschers nüchterner Bericht über die Geschehnisse angefügt, als die deutschlandfreundlichen Kräfte in Norwegen die Regierung dazu zwangen, Trotzki das Asyl zu verweigern und ihn erneut auszuweisen, worauf er bis zu seinem Tode durch die Welt irrte. Der alte Mann traf mit dem norwegischen Außenminister Trygve Lie und anderen zusammen:
An dieser Stelle erhob Trotzki seine Stimme so stark, dass sie durch die Räume und Korridore des Ministeriums schaute: »Das ist Ihr erster Kapitulationsakt vor dem Nazismus in Ihrem eigenen Land. Sie werden dafür zu bezahlen haben. Sie halten sich für so mächtig, um ungestört und nach Ihrem Gutdünken mit einem politischen Verbannten zu verfahren. Aber der Tag ist nahe – denken Sie daran! –, der Tag ist nahe, an dem die Nazis Sie zusammen mit Ihrem Pantoffel-Ministerpräsidenten aus Ihrem Lande vertreiben werden.« Trygve Lie zuckte angesichts dieser eigenartigen Weissagung mit den Schultern. Aber nach weniger als vier Jahren musste die gleiche Regierung tatsächlich vor den nazistischen Eindringlingen aus Norwegen fliehen. Und als die Minister und ihr betagter König Haakon als Flüchtlinge an der Küste standen und voller Unruhe auf ein Schiff warteten, das sie nach England bringen sollte, dachten sie mit einem Schauder daran, wie der prophetische Fluch Trotzkis in Erfüllung gegangen war. [FUSSNOTE40]
Trotzki verfügte dank seiner soliden materialistischen Kritik durchaus nicht immer, doch hin und wieder recht eindrucksvoll über großen Weitblick. Zudem begriff er, wie er in seinem emotionalen Essay Literatur und Revolution schrieb, das unstillbare Verlangen der Armen und Unterdrückten danach, sich über die rein materielle Welt zu erheben und eine Transzendenz zu erlangen. Diese Idee habe ich einen Gutteil meines Lebens geteilt und bis heute nicht völlig verworfen. Doch es kam eine Zeit, da ich mich den Attacken der Realität nicht mehr entziehen konnte und wollte. Der Marxismus hatte, wie bereits erwähnt, seine intellektuellen, philosophischen und ethischen Vorzüge, die aber nun der Vergangenheit angehören. Vielleicht lässt sich noch etwas aus der heroischen Zeit herüberretten, doch Tatsache bleibt: Es gab keine Richtschnur für die Zukunft mehr. Zudem hatte ausgerechnet das Konzept einer Gesamtlösung auf die abstoßendste Weise Todesopfer gefordert und auch noch die Ausreden dafür geliefert. Diejenigen von uns, die eine rationale Alternative zur Religion gesucht hatten, waren an einer vergleichsweise dogmatischen Endstation angelangt. Was konnte man auch erwarten von einem Denkgebäude, das von so nahen Verwandten der Schimpansen errichtet worden war? Unfehlbarkeit? Falls der Leser es bis hierher geschafft hat und merkt, dass sein eigener Glaube ins Wanken gerät – was ich hoffe –, so räume ich gern ein, dass ich weiß, was er durchmacht. An manchen Tagen vermisse ich meine alten Überzeugungen wie eine amputierte Gliedmaße. Doch meistens fühle ich mich besser – und nicht weniger radikal –, und so wird es, das garantiere ich, auch dem Leser gehen, wenn er die Doktrinen erst hinter sich gelassen hat und seinem entfesselten Verstand erlaubt, selbstständig zu denken.