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Humbert Street 23, Bassindale

Der Mann blieb hinter der halb geöffneten Haustür in Deckung und entschuldigte sich mit gesenkter Stimme dafür, dass er die »Frau Doktor« an einem Samstagnachmittag aus dem Haus geholt hatte. Sein Vater leide an schwerer Atemnot, erklärte er mit einer Kopfbewegung zum Innern des Hauses. Er sprach sehr leise, beinahe flüsternd, so dass Sophie sich vorbeugen musste, um etwas von einem »Panikanfall« und »Asthmatikern, die sich aufführten wie hysterische Primadonnen« aufzuschnappen. Es war eine sehr abfällige Bemerkung, und Sophie vermutete, dass er flüsterte, damit sein Vater ihn nicht hörte.

Aus der sonnenüberfluteten Straße hinter ihr kreischte eine Kinderstimme: »Hey, du perverses Schwein! Fick dich doch selbst!« Aber solche Beschimpfungen waren in der Acid Row gang und gäbe, gerade aus dem Mund von Kindern, und Sophie ignorierte die Worte. Bis auf eine Handvoll junger Leute auf dem Bürgersteig gegenüber war die Straße bei ihrer Ankunft leer gewesen, und ihr ging es einzig darum, diesen letzten Besuch so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Sie trat ins Haus und wartete darauf, dass hinter ihr das Türschloss einschnappen würde.

Der Mann sah ungesund blass aus in der dämmrigen Beleuchtung des Flurs, in dem sein Gesicht wie ein Mond im Halbdunkel hing. Sie mochte seinem Blick nicht begegnen und schaute den Flur hinunter und bemerkte daher nicht, wie er sie musterte. Er fand sie so klein und zierlich wie ein Mädchen in der Vorpubertät und wich zur Tür zurück, ängstlich bemüht, jede Berührung zu vermeiden. Warum hatten sie eine Frau geschickt? Sie stand mit dem Rücken zu ihm, in der Erwartung, dass er ihr den Weg zum Zimmer seines Vaters zeigen würde, aber der Anblick ihrer schmalen Hüften und des dicken, glänzenden Zopfs, der zwischen ihren Schulterblättern herabhing, hatten ihn stumm gemacht. Man hätte sie leicht für ein Kind halten können, wären nicht ihre selbstsichere Haltung und der reife Ausdruck ihrer Augen gewesen, als sie sich ungeduldig nach ihm umdrehte und ihn bat, ihr vorauszugehen.

»Sie sind neu«, sagte sie. »Ich weiß nicht, welches das Zimmer Ihres Vaters ist.«

Er öffnete eine Tür auf der rechten Seite, zu einem Raum, in dem die Vorhänge geschlossen waren und eine Tischlampe nur spärliches Licht spendete. Die Luft stank nach den Ausdünstungen des übergewichtigen alten Mannes, der um Atem ringend auf dem Sofa lag, keuchend vor angestrengtem Bemühen, Luft zu holen, die Augen weit aufgerissen in seiner Angst, dass der nächste Atemzug sein Letzter sein würde.

Du lieber Gott! dachte Sophie gereizt. War der Sohn nicht ganz bei Trost? Oder war er ein Vatermörder? Man brauchte weiß Gott kein Einstein zu sein, um sich denken zu können, dass es einem Asthmatiker nicht gut tat, in einen Raum eingesperrt zu werden, in dem es so stickig und heiß war wie in einem Backofen.

Sie kauerte vor dem Sofa nieder. »Ich bin hier, um Ihnen zu helfen, Mr Hollis«, sagte sie aufmunternd, während sie ihren Koffer auf den Boden legte und öffnete. »Ich bin Dr. Sophie Morrison. Es wird Ihnen gleich wieder besser gehen.« Sie wollte ihm die Angst nehmen und in dieser unnatürlichen Situation ein Gefühl von Normalität vermitteln. Mit einer brüsken Geste bedeutete sie dem Sohn, die Vorhänge zu öffnen. »Ich brauche mehr Licht, Mr Hollis. Und vielleicht könnten Sie die Fenster aufmachen und etwas frische Luft hereinlassen.«

Der Vater hob in ängstlichem Protest die Hand.

»Er mag es nicht, wenn die Leute zum Fenster hereinsehen«, erklärte der Sohn und knipste die Deckenlampe an. »Dadurch ist es ja zu diesem Anfall gekommen... Er hat ein Gesicht am Fenster gesehen.« Der Mann sprach zögernd, als sei er unsicher, wie viel er die Ärztin wissen lassen sollte. »Er hat einen Inhalator.« Er wies auf ein blaues Plastikröhrchen in der Faust seines Vaters. »Aber er nützt überhaupt nichts, wenn er in so einem Zustand ist. Er kann den Atem nicht so lange anhalten, dass die Medikamente wirken.« Trotz des Gestanks, den der ungewaschene Körper seines Vaters verströmte, konnte er den Duft ihrer Haut riechen. Aprikosen, dachte er.

»Wie lange geht das schon so?«, erkundigte sich Sophie und berührte das Gesicht des alten Mannes. Trotz der Hitze im Zimmer war die Haut klamm und kalt, und sie kniete neben dem Sofa nieder, um ihr Stethoskop aus dem Koffer zu holen.

»Seit ungefähr einer Stunde. Mit Unterbrechungen. Er hatte sich gerade wieder etwas beruhigt, als draußen die Kinder zu brüllen anfingen –« Er brach ab.

»Hat er über Schmerzen in der Brust oder seinem linken Arm geklagt?«

»Nein.«

»Wann hat er den Inhalator zuletzt benutzt?«

»Als er noch etwas ruhiger war. Vor einer halben Stunde, schätze ich.«

»Bekommt er irgendwelche anderen Medikamente? Dämpfende oder beruhigende Mittel? Psychopharmaka gegen die Angstanfälle?«

Er schüttelte den Kopf.

Der alte Mann trug ein loses weißes Hemd, das jemand vernünftigerweise – vermutlich der Sohn –über zwei fleischigen, behaarten Brüsten aufgeknöpft hatte. Mit ironischen Gedanken an unangemessene Berührungen öffnete Sophie den Hosenbund des alten Mannes, um seinem Zwerchfell mehr Platz zu verschaffen, und drückte das Stethoskop in das lockige Haar auf seiner Brust. Es war, als versuchte man, einen Herzschlag direkt neben einem Pressluftbohrer zu orten. Das Einzige, was sie hörte, war das Röcheln und Pfeifen in seiner Kehle. Sie sah ihm in die angstvollen Augen und lächelte. »Wie heißt er mit Vornamen?«

»Franek. Er ist Pole.«

»Versteht er Englisch?«

»Ja.«

Sie legte beide Hände um den Unterkiefer des Mannes und massierte vorsichtig seinen Nacken, wobei sie tief durch die Nase atmete und Franek zu animieren versuchte, das Gleiche zu tun. Sie sprach leise mit ihm, während sie ihn weitermassierte, nannte ihn beim Namen, bemüht, seine Ängste zu stillen und ihm Vertrauen einzuflößen, und langsam, aber merklich ließ das hektische Nach-Luft-Schnappen nach, die Atemzüge wurden länger, und ein ruhigeres Muster stellte sich ein. Es war reine Pantomime, eine erlernte Technik, die den Patienten entspannen sollte, aber aus Mr Hollis' rechtem Auge quoll eine Träne, als hätte er in seinem Leben selten Freundlichkeit erfahren.

»Bei mir macht er nie so mit«, sagte sein Sohn mit Bitterkeit. »Er will immer nur einen Arzt. Ich nehme an, er vertraut mir nicht genug.«

Sophie sah ihn mit einem teilnehmenden Lächeln an, während sie den Trichter des Stethoskops zwischen ihren Händen erwärmte, ehe sie ihn auf das Herz des alten Mannes drückte. Mit Erleichterung lauschte sie dem ruhiger gewordenen Puls, dann setzte sie sich auf ihre Fersen zurück. »Es hat nichts damit zu tun, dass er kein Vertrauen zu Ihnen hat«, sagte sie, während sie zusah, wie der Patient in einen Schlaf der Erschöpfung fiel wie ein kleines Kind nach einem anstrengenden Wutanfall. »Aber er weiß, dass der Arzt noch über andere Möglichkeiten verfügt, wenn die Relaxation versagt.« Sie faltete das Stethoskop zusammen und packte es in den Koffer. »Hat er solche Attacken häufiger?«

»Nein, nur ab und zu. Normalerweise kommt er mit Hilfe des Inhalators gut zurecht, aber wenn er in Panik gerät...« Er zuckte hilflos mit den Schultern. »Da muss ich dann den Arzt holen.«

»Sie sagten vorhin, ein Gesicht am Fenster habe den Anfall ausgelöst«, bemerkte sie. »Wie kommt das? Hat er Angst vor Einbrechern?«

Er zögerte kurz, ehe er zustimmend den Kopf neigte.

Sophie stand vom Boden auf und warf einen verstohlenen Blick auf ihre Uhr. Sie musste spätestens um halb vier zu Hause sein, wenn sie um sechs in London sein wollte, um sich mit Bob zu treffen. »Ist bei Ihnen schon mal eingebrochen worden?«

»Nein, aber um ihm Angst zu machen, genügen Schatten. Und in der Gegend hier geht's ja ganz schön rau zu.«

Da musste Sophie ihm Recht geben. Nicht einmal ihr klappriges altes Auto war sicher, wenn sie gerade nicht drinnen saß. Bei Tag parkte sie vor den Häusern ihrer Hallo-Freundschaft-Patientinnen, weil sie hoffte, die alten Frauen würden aus Neugier am Fenster bleiben, um zu sehen, wen sie besuchte, und dabei gleichzeitig ihr Auto überwachen. Ihr heutiger Wachposten war Mrs Carthew – beginnender Altersschwachsinn und Arthritis deformans –, obwohl es in der Humbert Street, wo sich normalerweise Rudel halbwüchsiger Rabauken herumtrieben, heute ungewöhnlich ruhig gewesen war, so ruhig, dass sie versucht gewesen war, direkt vor dem Haus der Hollis' zu parken. Nur die aus Erfahrung geborene Vorsicht hatte sie davon abgehalten.

»Können wir uns irgendwo unterhalten, wo wir Ihren Vater nicht stören?«, fragte sie und griff zu ihrem Koffer. »Ich schreibe ihm für das Wochenende ein leichtes Beruhigungsmittel auf, aber Sie sollten auf jeden Fall am Montag mit ihm in die Sprechstunde kommen, damit wir die medikamentöse Behandlung besprechen können. Ich kann ihm außerdem einige Atemtechniken beibringen, die ihm vielleicht helfen werden.«

Der Sohn machte ein resigniertes Gesicht, als hätte er dies alles schon mehr als einmal gehört. »Wir können in die Küche gehen.«

Sie folgte ihm durch den Flur und setzte sich an den Tisch. »Wie lange wohnen Sie schon hier?«, fragte sie, während sie erneut ihren Koffer aufklappte und ihren Rezeptblock herausholte.

»Zwei Wochen.«

»Und vorher?«

»Portisfield«, antwortete er widerstrebend.

Sophie war augenblicklich neugierig. »Kannten Sie dieses arme kleine Mädchen, das dort verschwunden ist – Amy Biddulph? In den Nachrichten haben sie heute den ganzen Tag nichts anderes gebracht. Wenn ich mich recht erinnere, hieß es, sie habe in der Allenby Road gewohnt.«

»Nein.« Er hatte einen hervorspringenden Adamsapfel, der unkontrolliert auf und nieder hüpfte. »Wir haben in der Callum Road gewohnt – ungefähr einen Kilometer entfernt.«

»Manche Eltern sind unglaublich leichtsinnig«, bemerkte Sophie ohne Verständnis, während sie das Rezept ausschrieb. »Im Radio sagten sie, dass sie gestern Morgen verschwunden ist, die Polizei aber erst nach der Heimkehr der Mutter alarmiert wurde. So etwas macht mich wütend. Wie kann man in der heutigen Zeit eine Zehnjährige mutterseelenallein auf der Straße herumstromern lassen?«

Einen Moment lang blieb es still. »Ihr Vater war vorhin im Fernsehen. Er war in Tränen aufgelöst, als er die Leute, die Amy möglicherweise entführt haben, anflehte, sie frei zu lassen.« Der Adamsapfel vollführte einen weiteren aufgeregten Sprung. »Es ist nicht immer die Schuld der Eltern«, erklärte der jüngere Hollis hastig. »Man kann ein Kind nicht jede Minute beaufsichtigen.«

Es hörte sich an, als wüsste er, wovon er sprach, und Sophie fragte sich, ob er selbst Kinder hatte. Wenn ja, wo waren sie?

»Warum sind Sie nach Bassindale gezogen?«

Wieder ein Zögern. »Wir sind uns in Portisfield gegenseitig auf die Nerven gegangen, und man versprach uns eine größere Wohnung, wenn wir bereit wären, hierher zu übersiedeln.«

»Sie können von Glück reden, dass man Ihnen keine Maisonette gegeben hat. Die Dinger sind furchtbar.«

Sein Blick schweifte zum Fenster. »Wir haben gleich gesagt, dass wir auf keinen Fall umziehen würden, wenn die neue Wohnung nicht größer wäre. Die hier ist in Ordnung.«

Sie glaubte ihm nicht ganz. Sein Ton legte nahe, dass hier gar nichts »in Ordnung« war. Bassindale war gewiss keine Siedlung, in der sich jemand freiwillig niederließ. »Tut mir Leid«, murmelte sie mit echter Anteilnahme. »Allein stehende Männer stehen beim Wohnungsamt ganz unten auf der Liste. Ich vermute, Sie mussten Ihre Wohnung für eine Familie mit schulpflichtigen Kindern räumen?«

Er war froh, dass sie so naiv war. »Etwas in der Richtung.«

»Dann wundert es mich nicht, dass Ihr Vater an Panikattacken leidet. Es ist sicher für Sie beide nicht einfach.«

Ihre Freundlichkeit brachte ihn aus dem Konzept. »Ach, es ist wirklich nicht schlecht«, wehrte er ab. »Wenigstens haben wir hier einen Garten.«

Sie nickte und sah ihn sich zum ersten Mal bewusst an. Er gehörte zu diesen unscheinbaren Menschen, denen alles Außergewöhnliche, was dem Auge ein Reiz gewesen wäre, fehlte – bis auf den hüpfenden Adamsapfel –, und sie überlegte flüchtig, ob sie ihn wiedererkennen würde, wenn sie ihm auf der Straße begegnete. Selbst sein Haar war farblos, von einem verwaschenen Rotblond, ganz anders als die kräftigen dunklen Locken auf dem Kopf seines Vaters.

»Wie heißen Sie mit Vornamen?« fragte sie.

»Nicholas.«

Sie lächelte. »Ich hatte etwas Polnisches erwartet.«

»Getauft wurde ich Milosz.«

»Ist das Polnisch für Nicholas?«

Er nickte.

»Und woher kommt dann Hollis?«

»Von meiner Mutter. Es war ihr Mädchenname.« Er war kurz, als fände er ihre Neugier aufdringlich, und Sophie konnte nur Vermutungen darüber anstellen, warum er und sein Vater einen polnischen Nachnamen gegen einen englischen getauscht hatten. Für andere leichter auszusprechen vielleicht?

Sie riss das Rezept ab und reichte es ihm mit der Empfehlung, seinen Vater so lange wie möglich schlafen zu lassen. »Es wäre gut, wenn Sie ihn dazu bewegen könnten, die Fenster zu öffnen«, sagte sie. »Frische Luft ist gesünder für ihn als diese Hitze, in der er jetzt liegt.« Sie machte Anstalten aufzustehen. »Wenn er wach wird, sollten Sie ihn vielleicht in eines der hinteren Zimmer bringen.«

Er sah zu dem Rezept hinunter und legte es dann auf den Tisch. »Haben Sie keine Medikamente dabei?«

»In die Acid Row nehmen wir nie was mit. Da würden wir jedes Mal überfallen werden, sobald wir die Wagentür aufmachen.« Sie beobachtete seine nervösen Blicke zum Korridor. »Was ist denn?«, fragte sie.

»Hören Sie sie denn nicht?«

Sie lauschte dem Geräusch ferner Stimmen draußen auf der Straße. »Ja, das ist ein ziemlicher Krach«, stimmte sie zu, »aber das ist doch hier meistens so. Die Kids wissen nichts Besseres mit sich anzufangen, als herumzugrölen, besonders samstagnachmittags, wenn sie schon mittags zu trinken anfangen.«

Er sagte nichts.

»Es sind Ferien«, fügte Sophie hinzu. »Sie mopsen sich.«

Er holte Atem, als wollte er zum Widerspruch ansetzen, aber dann schüttelte er nur niedergeschlagen den Kopf, nahm das Rezept wieder vom Tisch und schob es in die Hosentasche. »Ich bringe Sie hinaus«, sagte er.

Sie klappte ihren Koffer zu und stand auf. »Einer meiner Kollegen ist den ganzen Abend zu erreichen«, bemerkte sie, »aber wenn Ihr Vater wieder so einen Anfall bekommt, sollten Sie vielleicht besser den Rettungsdienst anrufen. Unter normalen Umständen kommen die schneller als wir. Ich war diesmal nur so prompt da, weil ich ganz in der Nähe war.« Er tat ihr plötzlich Leid. »Aber ich denke, Sie brauchen sich keine allzu großen Sorgen zu machen. Auf Angst folgt körperliche Erschöpfung. Er wird wahrscheinlich die Nacht durchschlafen, und morgen, wenn es draußen wieder ruhig geworden ist, wird er sich fragen, wie er so außer sich geraten konnte.«

»Ja, wahrscheinlich haben Sie Recht.«

»Ich glaube wirklich nicht, dass Sie etwas zu befürchten haben, wenn er vor dem Zu-Bett-Gehen eine Beruhigungstablette nimmt«, meinte sie, schon auf dem Weg aus dem Zimmer hinaus. Wieder sah sie auf ihre Uhr. »Die Apotheke in der Trinity Street hat bis sechs geöffnet, da haben Sie noch gut Zeit, um das Medikament zu besorgen.« Vor der Haustür machte sie Halt und drehte sich mit einer impulsiven Bewegung herum, um ihm zum Abschied die Hand zu reichen.

Er empfand die Berührung wie die eines flatternden kleinen Vogels und blickte seltsam fasziniert auf ihre Hand hinunter. Gern hätte er sie festgehalten und sich mit dem Duft der Sauberkeit voll gesogen, doch seine eigene Hand begann zu zittern, und er zog sie weg. »Danke, dass Sie gekommen sind, Dr. Morrison«, sagte er und langte an ihr vorbei, um die Tür zu öffnen.

Es gab einen Moment, dachte Sophie später, da sie so schuldlos und unversehrt aus diesem Haus hätte hinausgehen können wie sie hineingegangen war. Aber die Zeit zu überlegen, war so kurz gewesen – ein Augenblick nur, um eine Entscheidung zu treffen, auf die sie nicht vorbereitet gewesen war. Ein Wimpernschlag der Stille, als die Tür sich öffnete, als sie hätte hinaustreten sollen und es nicht tat – weil der Sohn eines Patienten sich bedankt hatte, und sie innehielt, um ihm ein Lächeln zu schenken.

>Meldung an alle Polizeidienststellen

>NOTRUFLEITUNGEN ÜBERLASTET

>28. 07. 01

>14 Uhr 35

>Bassindale

>HÖCHSTE DRINGLICHKEIT

>Anonymer Anruf – Handy –, demzufolge eine Menschenmenge von mehr als 200 Personen in die Humbert Street drängt.

>Mit Steinen und Flaschen bewaffnet

>Möglicherweise Molotow-Cocktails

>KEIN ZUGANG

>LAGE IST AUSSER KONTROLLE

>NOTLEITUNGEN ÜBERLASTET

>28. 07. 01

>14 Uhr 37

>Polizei-Hubschrauber gestartet