Vier

Reverend Elial Starbuck beugte sich in seiner Predigtkanzel vor. Er umklammerte das Pult dabei so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Diejenigen Gemeindemitglieder, die vorne in der Kirche saßen, dachten, das Pult müsse unter seinem Griff zersplittern. Der Reverend hatte die Augen geschlossen und sein langes, schmales weißbärtiges Gesicht leidenschaftlich verzerrt, während er nach genau dem richtigen Wort suchte, das seine Zuhörer mitreißen und die Kirche mit rechtschaffenem Zorn erfüllen würde.

Es herrschte Stille in dem hohen Gebäude. Jede Bank war gefüllt und jeder Platz auf der Galerie besetzt. Die Kirche war viereckig, schmucklos, schlicht; ebenso einfach und zweckmäßig wie die Heilsbotschaft, die von ihrer weißen Kanzel herab verkündet wurde. Es gab einen schwarz gewandeten Chor, ein neumodisches Harmonium und hohe Fenster mit Klarglasscheiben. Gaslampen sorgten für Licht, und ein großer schwarzer Kanonenofen verbreitete im Winter etwas Wärme, doch diese kleine Annehmlichkeit würde noch viele Monate lang nicht benötigt werden. Es war heiß in der Kirche. Nicht so heiß wie im Hochsommer, wenn es drückend schwül würde, aber dieser Frühlingssonntag war dennoch so warm, dass sich die Kirchgänger Luft zufächelten. Doch als sich Reverend Elials dramatische Pause immer länger hinzog, erstarrte ein Fächer nach dem anderen, bis man glauben konnte, jeder Mensch in der hohen, kahlen Kirche wäre ein Statue.

Sie warteten mit angehaltenem Atem. Reverend Elial, weißhaarig, weißbärtig und hager, ließ das Schweigen andauern, während er das Wort in Gedanken auskostete. Er hatte das passende Wort gefunden, beschloss er, ein gutes Wort, das rechte Wort in diesem Moment, ein Wort aus seiner Predigt, und so atmete er tief ein und hob langsam eine Hand, bis man den Eindruck hatte, jedes Herz in dem hohen Gotteshaus hätte seinen Schlag unterbrochen.

«Gespei!», brüllte Reverend Elial, und ein Kind auf der Galerie schrie auf vor Schreck, als das Wort in der Kirche explodierte. Ein paar Frauen rangen nach Luft.

Reverend Elial Starbuck schmetterte seine rechte Faust auf das Kanzelgeländer. Der Schlag war so heftig, dass er wie ein Schuss durch die Kirche hallte. Nach einer Predigt waren seine Handkanten oft voller blauer Flecken, und die Gewalt seiner Kanzelreden brach jährlich mindestens einem halben Dutzend Bibeln den Rücken. «Die Sklavenhaltergesellschaft hat ebenso wenig das Recht, sich christlich zu nennen, wie ein Hund sich ein Pferd nennen kann! Oder ein Affe ein Mensch! Oder ein Mensch ein Engel! Sünde und Verdammnis! Sünde und Verdammnis! Die Sklavenhaltergesellschaft ist von Sünde verseucht und der Verdammnis geweiht!»

Die Predigt war an einem Punkt angekommen, an dem ihre Worte keinen Sinn mehr ergeben mussten, weil die Logik der einführenden Passage nun von einzelnen Schlagwörtern abgelöst werden konnte. Sie mussten nur noch als mahnende Erinnerung an die Botschaft der Predigt wirken, um diese Botschaft tief in die Herzen der Zuhörer hineinzumeißeln, damit diese für eine weitere Woche voll weltlicher Versuchungen gewappnet waren. Reverend Elial predigte nun schon eineinviertel Stunden und würde noch wenigstens eine halbe Stunde weiterpredigen, doch für die nächsten zehn Minuten wollte er die Versammlung zu einem Sturm der Entrüstung aufpeitschen.

Die Sklavenhaltergesellschaft, erklärte er seiner Gemeinde, sei dazu verdammt, in den tiefsten Feuergruben der Hölle zu schmoren, dazu, in den brennenden Schwefelsee gestoßen zu werden, wo sie bis in alle Ewigkeit unglaubliche Qualen leiden müsse. Reverend Elial Starbuck hatte seine ersten Predigterfahrungen mit Beschreibungen der Hölle gesammelt, und so verbrachte er die nächsten fünf Minuten damit, aus diesem Erfahrungsschatz derart grässliche Schilderungen von den Gräueln der Hölle zu wiederholen, dass seine Gemeinde vor Angst und Abscheu zitterte und ein paar zarter besaitete Gemüter einer Ohnmacht nahe kamen. Auf der Galerie saßen einige freigelassene Sklaven aus den Südstaaten zusammen, die alle auf die eine oder andere Weise von der Kirche unterstützt wurden, und die Freigelassenen nahmen einzelne Worte Elial Starbucks auf und wiederholten sie mit tiefen Stimmen, sodass die Kirche vom Heiligen Geist zu vibrieren schien.

Und immer weiter heizte Reverend Elial die Gefühle an. Er erzählte seinen Zuhörern, wie der Sklavenhaltergesellschaft vom Norden die Hand der Freundschaft entgegengestreckt worden war, und er streckte seine eigene Hand mit den Blutergüssen aus, um die pure Tugendhaftigkeit dieses Angebots zu unterstreichen. «Es war ein Angebot ohne Bedingungen! Es war ein rechtschaffenes Angebot! Es war ein redliches Angebot! Es war ein brüderliches Angebot!» Seine Hand streckte sich immer weiter der Gemeinde entgegen, als er die Großzügigkeit der Nordstaaten ausführte. «Und wie haben sie auf dieses Angebot reagiert? Was haben sie getan? Was haben sie getan?» Die Wiederholung der Frage kam als spitzer Schrei aus seinem Mund, der die Gemeinde in Erstarrung versetzte. Reverend Elial ließ seinen Blick mit funkelnden Augen durch die Kirche schweifen, von den Bänken der Reichen vorne bis zu den Armeleutebänken hinten, über die Galerie und dann hinunter zu seiner eigenen Familienbank, in der sein ältester Sohn James in seinem neuen, steifen blauen Uniformrock saß. «Was haben sie getan?» Mit schneidender Stimme beantwortete Reverend Elial Starbuck seine eigene Frage. «Sie haben ihre Narrheit wiederholt! ‹Denn wie ein Hund, der sein Gespei wieder frisst, so ist der Tor, der seine Narrheit wiederholt.›» Darüber hatte Reverend Elial Starbuck gepredigt, der Satz stammte aus dem Buch der Sprüche, Kapitel sechsundzwanzig, Vers elf. Bekümmert schüttelte er den Kopf, zog seine Hand zurück und wiederholte das grässliche Wort mit hoffnungsloser Stimme. «Gespei, Gespei, Gespei.»

Die Sklavenhaltergesellschaft, sagte er, sei in ihrem eigenen Gespei stecken geblieben. Sie suhle sich darin. Sie schwelge darin. Ein Christenmensch, so erklärte Reverend Elial Starbuck, habe in diesen trüben Tagen nur eine Wahl. Ein Christenmensch müsse sich mit dem Schild des Glaubens wappnen, er müsse die Waffe der Gerechtigkeit aufnehmen und er müsse nach Süden ziehen, um das Land von den Hunden des Südens zu säubern, die ihr eigenes Gespei fraßen. Und wer zu den Sklavenhaltern gehört, ist ein Hund, betonte er, und er muss geschlagen werden wie ein Hund, er muss gepeitscht werden wie ein Hund, bis er winselt wie ein Hund.

«Halleluja!», tönte es von der Galerie, und in der Familienbank der Starbucks unterhalb der Kanzel ergriff James Starbuck ein Gefühl frommer Befriedigung darüber, dass er in der Armee seines Landes Gottes Werk tun würde. Dann wurde es abgelöst von der Furcht, dass die Sklavenhalter die Peitschenhiebe nicht ganz so widerstandslos hinnehmen würden wie ein verängstigter Hund. James Elial MacPhail Starbuck war fünfundzwanzig Jahre alt, aber sein schon dünner werdendes schwarzes Haar und der Weltschmerz, der ihm immerzu ins Gesicht geschrieben stand, ließen ihn zehn Jahre älter wirken. Über seine beginnende Kahlheit konnte er sich jedoch mit seinem vollen, dichten Bart hinwegtrösten, der gut zu seiner großen, beleibten Gestalt passte. Er schien mehr nach seiner Mutter als nach seinem Vater zu kommen, auch wenn er, was den Fleiß anging, in jeder Hinsicht Elials Sohn war. Obwohl er seinen Abschluss an der Harvard’s Dane Law School erst vor vier Jahren gemacht hatte, sprach man von James schon als dem kommenden Mann im Commonwealth of Massachusetts, und dieser Ruf hatte ihm, zusammen mit der Fürsprache seines berühmten Vaters, einen Platz im Stab von General Irvin McDowell verschafft. Diese Predigt war für viele Wochen die letzte, die James von seinem Vater hören würde, denn am nächsten Morgen würde er sich auf den Weg nach Washington machen, um seine neuen Pflichten zu übernehmen.

«Der Süden muss winseln wie die Hunde, die ihr eigenes Gespei fressen!» Reverend Elial begann mit der Zusammenfassung, die zum glühenden, gefühlsgeladenen Ende der Predigt führen sollte. Doch ein Gottesdienstbesucher wartete dieses Schlussfeuerwerk nicht ab. Unter der Galerie ganz hinten in der Kirche wurde das Türchen einer Bank geöffnet, und ein junger Mann glitt heraus. Auf Zehenspitzen ging er die paar Schritte bis zum Ausgang, dann schob er sich in den Vorraum. Die wenigen Leute, die ihn hatten gehen sehen, dachten, ihm wäre unwohl, aber in Wahrheit litt Adam Faulconer nicht körperlich, sondern im Herzen. Auf der Kirchentreppe blieb er stehen und atmete tief ein, während sich hinter ihm, nun gedämpft von den Granitmauern der hohen Kirche, die Stimme des Predigers hob und senkte.

Adam sah seinem Vater erstaunlich ähnlich. Er hatte die gleichen breiten Schultern, den kräftigen Körperbau und das entschlossene Gesicht, die gleichen blonden Haare, die blauen Augen und den eckig gestutzten Vollbart. Es war ein zuverlässiges, vertrauenerweckendes, in diesem Augenblick jedoch sehr besorgtes Gesicht.

Adam war nach Boston gefahren, nachdem ihm sein Vater einen Brief geschickt hatte, der Starbucks Ankunft in Richmond beschrieb. Washington Faulconer hatte Nates Probleme skizziert und dann angefügt: «Dir zuliebe biete ich ihm Unterkunft und alle Aufmerksamkeit. Ich vermute, dass er so lange wie nötig bleiben wird, und ich vermute außerdem, das könnte für immer sein, allerdings gehe ich davon aus, dass es nur die Angst vor seiner Familie ist, die ihn in Virginia festhält. Vielleicht könntest du, sofern es deine Aufgaben zulassen», und Adam hatte den Groll aus der Wortwahl seines Vaters herausgelesen, «Nates Familie benachrichtigen, dass ihr Sprössling reuig, gedemütigt und auf Nächstenliebe angewiesen ist, und sie so dazu bringen, ihm ein Zeichen ihrer Vergebung zu schicken?»

Adam hatte ohnehin nach Boston fahren wollen. Er wusste, dass die Stadt im Norden höchst einflussreich war, ein Ort der Bildung und der Frömmigkeit, wo er Männer zu finden hoffte, die sich um eine friedliche Lösung bemühten. Und er hatte auch gehofft, eine Lösung für Nate Starbuck zu finden, weshalb er Reverend Elial Starbucks Haus aufgesucht hatte. Doch nachdem Elial erfahren hatte, worum es ging, weigerte sich der Reverend, Adam zu empfangen. Nachdem Adam nun die Predigt gehört hatte, glaubte er, dass es für Amerika ebenso wenig Hoffnung gab wie für Nate. Als sich die Gehässigkeiten von der Kanzel herab ergossen, hatte Adam begriffen, dass es keine Einigung geben konnte, solange ein solcher Hass ungestillt blieb. Die Christian Peace Commission war bedeutungslos geworden, denn die Kirchen von Amerika konnten ebenso wenig Frieden bringen, wie eine Kerzenflamme den winterlichen Lake Wenham auftauen konnte. Amerika, Adams gelobtes Land, würde sich in einen Krieg stürzen. Für Adam ergab das keinen Sinn, denn er verstand nicht, wie anständige Menschen jemals glauben konnten, dass ein Krieg mehr zur Klärung beitragen könnte als Vernunft und guter Wille. Doch langsam und widerwillig musste Adam einsehen, dass nicht guter Wille und Vernunft die Triebfedern der Menschheit waren, sondern vielmehr blinde Leidenschaft, Liebe und Hass die Geschichte vorantrieben.

Adam ging durch die wohlhabenden Straßen Bostons, unter dem frischen Grün der Bäume hindurch, vorbei an den hohen Häusern, an denen so fröhlich patriotische Flaggen und Wimpel flatterten. Sogar an den Kutschen der Gottesdienstbesucher hingen amerikanische Flaggen. Adam liebte diese Flagge, und seine Augen wurden feucht, wenn er an all das dachte, wofür sie stand, doch nun sah er in ihren leuchtenden Sternen und den breiten Streifen nur noch ein Stammeszeichen, das aus Hass zur Schau gestellt wurde. Er wusste, dass alles, wofür er gearbeitet hatte, in dieser Feuerprobe untergehen würde. Es würde Krieg geben.


Thomas Truslow war ein kleiner dunkelhaariger, kräftiger Mann. Eine wettergegerbte Erscheinung mit schmutzigem Gesicht und verdreckter Kleidung. Sein schwarzes Haar war lang und hing ihm wirr um den Kopf, sein dichter Bart schien angriffslustig von seiner tiefgebräunten Haut abzustehen. Seine Stiefel waren dicksohlige Rindsleder-Brogans, er trug einen breitkrempigen Hut, schmuddelige Kentucky-Jeans und ein Hemd aus handgewebtem Baumwollstoff, dessen Ärmel herausgerissen waren, sodass man die kräftigen Muskelstränge seiner Oberarme sah. Auf seinen rechten Unterarm war ein Herz tätowiert, unter dem das seltsame Wort Emly stand. Starbuck brauchte ein paar Sekunden, um zu begreifen, dass es vermutlich eine falsche Schreibung des Namens Emily war.

«Hast du dich verirrt, Junge?» Der unansehnliche Kerl trat vor. Truslow hatte eine altertümliche Steinschloss-Muskete gehoben, deren deprimierend rußgeschwärzte Mündung unbeweglich auf Starbucks Kopf gerichtet war.

«Ich suche Mister Thomas Truslow», sagte Starbuck.

«Ich bin Truslow.» Die Mündung bewegte sich nicht, ebenso wenig wie die merkwürdig hellen Augen. Im Grunde, dachte Starbuck, waren es diese Augen, die ihm die größte Angst einjagten. Man könnte dieses Scheusal waschen, seinen Bart stutzen, ihm das Gesicht abschrubben und es in einen Sonntagsanzug stecken, und immer noch würden diese wilden Augen die abschreckende Botschaft verbreiten, dass Thomas Truslow nichts zu verlieren hatte.

«Ich bringe Ihnen einen Brief von Washington Faulconer.»

«Faulconer!» Der Name rief ein freudloses Lachen hervor. «Will, dass ich bei ihm Soldat werde, was?»

«In der Tat, Mister Truslow, so ist es.» Starbuck bemühte sich um einen gleichmäßigen Klang seiner Stimme, um nicht die Angst zu verraten, die ihm diese Augen und die von ihnen ausgehende Drohung einflößten. Es kam ihm vor, als könnte ein sensibler Mechanismus in dem finsteren Gehirn hinter diesen hellen Augen jeden Moment einen zerstörerischen Gewaltausbruch auslösen. Diese Gefährlichkeit Truslows schien schrecklich dicht an Wahnsinn zu grenzen und war der vernunftgesteuerten Welt in Yale, Boston und Washington Faulconers elegantem Haus unglaublich fern.

«Hat sich ganz schön Zeit gelassen, um jemanden zu mir zu schicken, oder?», sagte Truslow argwöhnisch.

«Er war in Richmond. Aber er hat letzte Woche jemanden namens Ethan Ridley zu Ihnen geschickt.»

Die Erwähnung von Ridleys Namen ließ Truslow vorschnellen wie eine Schlange. Er packte Starbuck mit der linken Hand am Rock und zog ihn zu sich herunter, sodass Starbuck gefährlich schräg aus dem Sattel hing. Er roch den Tabakgestank in Truslows Atem und sah Essensreste, die sich in seinem drahtigen Barthaar verfangen hatten. Der Mann funkelte Starbuck an. «Ridley war hier?»

«So wie ich es verstanden habe, wollte er Sie aufsuchen, ja.» Starbuck kämpfte um seinen höflichen und würdevollen Auftritt, doch er musste daran denken, wie sein Vater einmal versucht hatte, vor ein paar halb betrunkenen Schauerleuten auf einem Bostoner Hafenkai zu predigen, und wie es selbst dem beeindruckenden Reverend Elial angesichts ihrer unglaublichen Derbheit schwergefallen war, Haltung zu bewahren. Erziehung und Bildung, dachte Starbuck, sind stumpfe Waffen, wenn man sich mit der rohen Natur messen will. «Er sagt, Sie waren nicht hier.»

Abrupt ließ Truslow Starbucks Jacke los und stieß ein halb bedrohliches, halb erstauntes Knurren aus. «Ich war nicht hier», sagte er, aber geistesabwesend, als versuchte er gerade, aus einer wichtigen neuen Information schlau zu werden, «aber ich habe auch von niemandem gehört, dass er hier war. Komm mit, Junge.»

Starbuck zog seinen Rock zurecht und löste verstohlen den Verschluss am Holster des Savage-Revolvers. «Wie gesagt, Mister Truslow, ich habe einen Brief von Colonel Faulconer für Sie …»

«Jetzt ist er also schon Colonel, was?» Truslow lachte. Er war vorausgestapft und hatte den Nordstaatler damit gezwungen, ihm auf eine weite Lichtung zu folgen, die offenkundig Truslows Heimstatt war. Gemüsepflanzungen erstreckten sich in langen, ungepflegten Reihen, dahinter war ein kleiner Obstgarten, dessen Bäume in weißer Pracht blühten, während das Wohngebäude ein einstöckiges Blockhaus war, das von einem dicken, gemauerten Schornstein überragt wurde, aus dem ein zarter Rauchfaden aufstieg. Das Blockhaus sah recht altersschwach aus, und um den Bau lagen unordentliche Balkenstapel, beschädigte Karren, Sägeböcke und Fässer. Ein gefleckter Hund riss bei Starbucks Anblick wild bellend an seiner Kette und jagte einen Schwarm Hühner auseinander, die im Dreck herumgekratzt hatten. «Absteigen», zischte Truslow.

«Ich möchte Sie nicht aufhalten, Mister Truslow. Hier habe ich Mister Faulconers Brief.» Starbuck griff in seine Rocktasche.

«Ich hab gesagt, absteigen, verdammt!» Truslow klang so wütend, dass sogar der Hund, der bisher noch wilder als sein Herr gewirkt hatte, mit einem Mal winselnd Ruhe gab und in den Schatten der ramponierten Veranda zurückschlich. «Ich habe Arbeit für dich, Junge», fügte Truslow hinzu.

«Arbeit?» Starbuck glitt aus dem Sattel und fragte sich, in welcher Hölle er hier gelandet war.

Truslow schnappte die Zügel des Pferdes und band es an einen Pfosten. «Ich habe auf Roper gewartet», erklärte er nicht sehr erhellend, «aber bis er kommt, muss es eben mit dir gehen. Komm hier rüber, Junge.» Er deutete auf eine tiefe, langgezogene Grube, die direkt hinter den Überresten alter, unbrauchbarer Karren lag. Es war eine Sägegrube, etwa acht Fuß tief, und darüber lag ein Baumstamm, in den sich eine enorme Spaltsäge gefressen hatte.

«Spring runter, Junge! Du bist der Grubenmann», wies Truslow Starbuck an.

«Aber Mister Truslow!» Starbuck versuchte sich mit einem Appell an die Vernunft gegen diesen Wahnsinn zu stemmen.

«Spring, Junge!» Mit diesem Ton hätte man sogar den Teufel einschüchtern können, und Starbuck machte unwillkürlich einen Schritt auf die Grube zu, aber dann gewann seine angeborene Dickköpfigkeit wieder Oberhand.

«Ich bin nicht zum Arbeiten hierhergekommen.»

Truslow grinste. «Wenn man eine Waffe dabeihat, Junge, sollte man darauf vorbereitet sein, sie zu benutzen.»

«Ich bin gekommen, um Ihnen diesen Brief zu geben.» Starbuck zog den Brief aus einer Innentasche seines Rocks.

«Mit diesem Revolver könntest du einen Büffel umlegen, Junge. Willst du damit auf mich schießen? Oder willst du für mich arbeiten?»

«Ich möchte, dass Sie diesen Brief lesen …»

«Arbeite oder kämpfe, Junge.» Truslow baute sich dicht vor Starbuck auf. «Mir ist es scheißegal, was du dir aussuchst, aber ich werde nicht den ganzen Tag auf deine Entscheidung warten.»

Es gab eine Zeit zum Kämpfen, dachte Starbuck, und eine Zeit, in der man sich entscheiden sollte, der Mann unten in der Sägegrube zu sein. Er sprang und landete in einem Gemisch aus Schlamm, Sägemehl und Holzsplittern.

«Zieh den Rock aus, Junge, und diesen Schweinerevolver legst du auch weg.»

«Mister Truslow!» Starbuck unternahm einen letzten Versuch, die Kontrolle über diese Begegnung zu behalten. «Würden Sie einfach nur diesen Brief lesen!»

«Hör zu, Junge, dein Brief besteht nur aus Worten, und Worte haben noch nie für volle Teller gesorgt. Dein feiner Colonel bittet mich um einen Gefallen, und du musst arbeiten, um dir für ihn meine Antwort zu verdienen. Hast du verstanden? Wenn Washington Faulconer persönlich gekommen wäre, hätte ich ihn auch in die Grube geschickt, also hör mit dem Gewinsel auf, zieh den Rock aus, nimm den Sägegriff und arbeite.»

Also hörte Starbuck mit dem Gewinsel auf, zog den Rock aus, nahm den Sägegriff und arbeitete.


Es schien Starbuck, als stünde er in einer Höllengrube unter einem kichernden, rachsüchtigen Dämon. Die große Spaltsäge fuhr singend durch den Stamm und wurde immer wieder in seine Richtung gerammt, begleitet von einem Schauer aus Sägemehl und Holzsplittern, der Starbucks Augen, Mund und Nase verklebte. Doch jedes Mal, wenn er den Griff der Säge losließ, um sich das Gesicht abzuwischen, begann Truslow zu brüllen. «Was ist los, Junge? Willst du schlappmachen? Arbeite!»

Über der Sägegrube lag ein Kiefernstamm, der, seinem Umfang nach zu urteilen, älter als die Republik sein musste. Truslow hatte Starbuck knurrend darüber informiert, dass er den Stamm in Bohlen zerlegte, die er nach Hankey’s Ford liefern wollte, damit in der Gemischtwarenhandlung dort ein neuer Boden verlegt werden konnte. «Dieser und zwei weitere Stämme müssten genügen», verkündete Truslow, noch bevor sie mit dem ersten Schnitt halb fertig waren. Zu diesem Zeitpunkt brannten Starbucks Muskeln schon wie Feuer, und seine Handflächen schmerzten.

«Zieh, Junge, zieh!», rief Truslow. «Ich kann den Schnitt nicht gerade führen, wenn du da unten rumtrödelst.» Das Sägeblatt war neun Fuß lang und sollte von dem Mann oben und dem Mann unten mit gleicher Kraft geführt werden, doch Thomas Truslow, der in seinen genagelten Schuhen auf dem Stamm kauerte, erledigte bei weitem den größeren Teil der Arbeit. Starbuck versuchte mitzuhalten. Er vermutete, dass seine Aufgabe darin bestand, die Säge kraftvoll nach unten zu ziehen, denn es war der abwärtsführende Schnitt, der die größere Wirkung hatte, und wenn er bei der Aufwärtsbewegung zu stark drückte, konnte sich das Sägeblatt wölben, also war es besser, Truslow das lange Stahlblatt aus der Grube hinaufziehen zu lassen. Doch auch wenn diese Aufwärtsbewegung Starbuck einen winzigen Moment der Erleichterung verschaffte, folgte gleich darauf wieder der brutale Niederstoß. Starbuck lief der Schweiß herunter.

Er hätte aufhören können. Er hätte sich weigern können, noch einen Moment länger weiterzuarbeiten. Er hätte den schweren hölzernen Sägegriff loslassen und zu diesem widerlichen Mann hinaufbrüllen können, dass ihm Colonel Faulconer unerklärlicherweise fünfzig Dollar anbot, wenn er sich als Soldat anmustern ließ, doch er spürte, dass Truslow ihn auf die Probe stellte, und mit einem Mal stieg Ärger in ihm auf, weil er von den Südstaatlern als Schwächling aus New England betrachtet wurde, dessen großartige Bildung zu nichts nutze und der zu empfindlich sei, um echte Männerarbeit zu machen. Er war von Dominique zum Narren gehalten und von Ethan Ridley als frömmlerisch verhöhnt worden, und nun wurde er von diesem dreckigen, nach Tabak stinkenden, bärtigen Teufel lächerlich gemacht, und Starbucks Ärger ließ ihn die Säge wieder und wieder herunterreißen, sodass das große Sägeblatt einen immer längeren Schlitz durch die Holzmaserung fraß.

«Jetzt hast du’s begriffen», grunzte Truslow.

«Scher dich zur Hölle, scher dich zur Hölle», stieß Starbuck hervor, jedoch unhörbar leise zwischen seinen keuchenden Atemzügen. So zu fluchen war unglaublich waghalsig, selbst wenn es so leise war, denn auch wenn ihn der Grobian Truslow nicht hören konnte, so konnte es doch der Engel im Himmel, der das Berichtsbuch führte, und Starbuck wusste, dass er der langen Liste von Sünden, die schon in seinem Bericht aufgeführt waren, eine weitere hinzugefügt hatte. Starbuck war dazu erzogen worden, alle Blasphemie und alle Flüche zu verabscheuen, und sogar die ruchlosen Wochen, die er mit Major Trabells vulgärem Onkel Tom-Wandertheater verbracht hatte, konnten sein schlechtes Gewissen beim Fluchen nicht zum Verstummen bringen. Doch in diesem Moment musste er aus irgendeinem Grund sowohl Gott als auch Truslow herausfordern, und deshalb zischte er die Worte immer wieder vor sich hin, um sich Stärke zu verleihen.

«Aufhören!», rief Truslow unvermittelt, und Starbuck befürchtete, Truslow hätte seine gemurmelten Beleidigungen doch gehört, aber die Arbeit war nur unterbrochen worden, damit der Stamm neu ausgerichtet werden konnte, denn die Säge hatte sich beinahe bis zum Rand der Grube durch das Holz gefressen. «Fang, Junge!» Truslow warf ihm einen kräftigen Ast zu, der in einer Gabelung endete. «Klemm den Ast da vorne unter den Stamm, und wenn ich es sage, drückst du ihn hoch.»

Starbuck drückte, und sie bewegten den schweren Stamm Zoll für Zoll in seine neue Position. Dann gab es weiteren Aufschub, weil Truslow Keile in den Sägeschlitz hämmerte.

«Also, was bietet mir Faulconer an?», fragte Truslow.

«Fünfzig Dollar», rief Starbuck aus der Grube herauf und fragte sich, wie Truslow erraten hatte, dass er überhaupt etwas angeboten bekam. «Soll ich Ihnen den Brief vorlesen?»

«Willst du damit sagen, dass ich nicht lesen kann?»

«Dann lassen Sie sich den Brief geben.»

«Fünfzig, was? Meint wohl, er kann mich kaufen. Faulconer glaubt, er kann alles kaufen, ob es nun ein Pferd ist, ein Mann oder eine Hure. Aber irgendwann langweilt ihn doch alles, was er sich kauft, und das gilt auch für dich und für mich.»

«Er kauft mich nicht», sagte Starbuck, und Truslow quittierte diese Lüge mit höhnischem Schweigen. «Colonel Faulconer ist ein guter Mann», beharrte Starbuck.

«Weißt du, warum er seine Nigger freigelassen hat?», fragte Truslow.

Pecker Bird hatte Starbuck erzählt, mit der Freilassung habe Faulconer seine Frau ärgern wollen, doch weder glaubte Starbuck diese Geschichte, noch wollte er sie wiederholen. «Weil es das Richtige war», sagte er trotzig.

«Das mag sein», gab Truslow zu, «aber er hat es für eine andere Frau getan. Roper wird es dir erzählen. Sie war ein hübscher Käfer, eine Betschwester aus Philadelphia, die uns Südstaatlern beibringen wollte, wie wir zu leben haben, und Faulconer hat sich von ihr den Kopf verdrehen lassen. Er hat geglaubt, er müsste seine Nigger freilassen, damit sie mit ihm ins Bett geht, also hat er es getan, aber sie ist trotzdem nicht mit ihm ins Bett.» Truslow lachte über dieses Paradebeispiel eines Narren, der sich hatte einwickeln lassen. «Sie hat ihn vor ganz Virginia zum Gespött gemacht, und deshalb will er diese Legion – um seinen Stolz zurückzugewinnen. Er glaubt, er wird zum Kriegshelden von Virginia. Festhalten, Junge.»

Starbuck hatte das Gefühl, seinen Helden verteidigen zu müssen. «Und er ist doch ein guter Mann!»

«Er kann es sich leisten, gut zu sein. Sein Reichtum ist größer als sein Verstand. Jetzt halt fest, Junge. Oder fürchtest du dich vor schwerer Arbeit? Ich sag dir was: Arbeit sollte schwer sein. Geschenktes Brot schmeckt nicht gut. Also halt schon fest. Roper ist bald da. Er hat es versprochen, und Roper hält sein Wort. Aber bis er da ist, musst du durchhalten.» Starbuck packte den Griff der Säge, spannte sich an, zog, und der höllische Rhythmus setzte wieder ein. Er wagte es nicht, an die Blasen in seinen Handflächen zu denken und auch nicht an die brennenden Muskeln in seinem Rücken, seinen Armen und Beinen. Er dachte einfach nur an das Herunterziehen, zog die Zähne des Sägeblatts durch das gelbe Holz und schloss die Augen gegen den herunterrieselnden Holzstaub. In Boston, dachte er, hatten sie große dampfbetriebene Kreissägen, die in der gleichen Zeit ein Dutzend Stämme in Planken zerlegten, in der sie hier einen einzigen mit dieser Spaltsäge schafften. Warum in Gottes Namen gab es also überhaupt noch Sägegruben?

Sie hielten erneut inne, und Truslow hämmerte weitere Keile in den Sägespalt. «Und worum geht es in diesem Krieg, Junge?»

«Staatsrecht» war alles, was Starbuck herausbrachte.

«Was zum Teufel soll das bedeuten?»

«Es bedeutet, Mister Truslow, dass Amerika sich nicht einig ist, wie Amerika regiert werden soll.»

«Du kannst ja wirklich Reden schwingen, aber mich verkaufst du nicht für dumm. Ich dachte, wir hätten eine Verfassung, in der steht, wie wir uns regieren sollen?»

«Die Verfassung ist offensichtlich gescheitert, Mister Truslow.»

«Dann kämpfen wir also nicht dafür, dass wir unsere Nigger behalten können?»

«Du lieber Gott.» Starbuck seufzte. Einst hatte er seinem Vater hoch und heilig versprochen, niemals zuzulassen, dass dieses Wort in seiner Gegenwart ausgesprochen wurde. Doch seit er Dominique Demarest kennengelernt hatte, war dieses Versprechen hinfällig. Starbuck spürte, dass ihm all seine Tugend, all sein Ansehen vor Gott wie Sand zwischen den Fingern zerrann.

«Nun, Junge? Kämpfen wir für unsere Nigger oder nicht?»

Starbuck lehnte sich erschöpft an die schmutzige Wand der Sägegrube. Er zwang sich zu einer Antwort. «Eine Fraktion im Norden würde die Sklaverei nur allzu gern abschaffen, das stimmt. Andere wollen einfach nur, dass sie sich nicht weiter Richtung Westen ausbreitet, aber die meisten finden schlicht, dass die Sklavenhalterstaaten dem übrigen Amerika nicht ihre Politik aufzwingen sollten.»

«Was kümmern die Yankees überhaupt die Nigger? Sie haben doch keine.»

«Es ist eine Frage der Moral, Mister Truslow», sagte Starbuck und versuchte, sich Schweiß und Sägemehl mit seinem ebenfalls vom Sägemehl bestäubten Ärmel aus den Augen zu wischen.

«Steht in der Verfassung auch nur ein verdammtes Wort über Moral?», fragte Truslow mit ehrlicher Neugier.

«Nein, Sir. Nein, Sir, darüber steht nichts darin.»

«Wenn ich jemanden über Moral reden höre, glaube ich immer, dass er keine Ahnung hat, von was er da eigentlich spricht. Es sei denn, es ist ein Pastor. Also, was sollen wir deiner Meinung nach mit den Niggern machen, Junge?»

«Ich glaube, Sir» – Starbuck wünschte sich weg aus dieser matschigen, staubigen Grube – «ich glaube, Sir», wiederholte er, während er verzweifelt über eine sinnvolle Antwort nachdachte, «ich glaube, dass jeder Mensch, ganz gleich welcher Hautfarbe, vor Gott und der Menschheit das gleiche Recht auf Achtung und Lebensglück hat.» Starbuck fand, dass er klang wie sein älterer Bruder James, bei dem sich jede Aussage pompös und hohl anhörte. Sein Vater hätte die Rechte der Schwarzen mit einer Stimme heraustrompetet, die bei den Engeln im Himmel ihr Echo gefunden hätte, aber Starbuck war außerstande, genügend Energie für eine derartige Herausforderung zusammenzuraffen.

«Also magst du die Nigger, ist es das?»

«Ich halte sie für meine Mitgeschöpfe, Mister Truslow.»

«Schweine sind auch Mitgeschöpfe, aber das hindert mich nicht daran, sie zu töten, wenn die Zeit gekommen ist. Befürwortest du selbst denn die Sklaverei, Junge?»

«Nein, Mister Truslow.»

«Und warum nicht?» Rau und spöttisch klang die Stimme vom blauen Himmel herunter.

Starbuck versuchte sich die Argumente seines Vaters ins Gedächtnis zu rufen, nicht die einfachen, die sagten, dass kein Mensch das Recht habe, sich über einen anderen zu erheben, sondern die tiefgründigeren, wie zum Beispiel, dass die Sklaverei den Sklavenhalter ebenso versklave wie den Versklavten und wie sie den Sklavenhalter erniedrige und wie sie Gottes Achtung vor jenen Menschen leugne, die sein ebenholzfarbenes Abbild waren, und wie sie die Wirtschaft der Sklavenhaltergesellschaften schädige, indem sie weiße Handwerker nach Norden und Westen vertrieb, damit sie Arbeit fanden, aber aus irgendeinem Grund fiel ihm keine dieser vielschichtigen, überzeugenden Antworten ein, und so begnügte er sich mit einer einfachen Verdammung. «Weil sie falsch ist.»

«Das klingt nach Weibergewäsch, Junge.» Truslow lachte. «Dann meint Faulconer also, ich soll für seine Sklavenhalterfreunde kämpfen, obwohl sich hier in den Bergen kein Mensch leisten kann, einen Sklaven zu ernähren. Warum sollte ich denn für die kämpfen, die das können?»

«Ich weiß es nicht, Sir. Ich weiß es wirklich nicht.» Starbuck war zu erschöpft, um sich weiter zu streiten.

«Ich soll also nur für die fünfzig Dollar kämpfen, was?», sagte Truslow schneidend. «Pack die Säge wieder an, Junge.»

«O Gott.» Die Blasen an Starbucks Händen waren aufgesprungen. Aus den offenen Wunden sickerten Blut und Eiter, aber er hatte keine andere Wahl, als den Griff der Säge zu nehmen und ihn nach unten zu ziehen. Der Schmerz des ersten Zuges ließ ihn laut aufheulen, doch dafür schämte er sich so sehr, dass er noch fester zupackte und den Stahl wütend durchs Holz zog.

«Gut so, Junge! Langsam hast du’s kapiert!»

Starbuck glaubte, er müsse sterben. Sein ganzer Körper war nur noch Schmerz, während er sich unaufhörlich streckte und zog, streckte und zog, und bei jedem Aufwärtszug hängte er ungeniert sein Körpergewicht an den Sägegriff, damit Truslow es auffing und Starbuck in einem winzigen Moment der Entlastung hinaufhievte, bevor er die Säge mit seinem Körpergewicht wieder abwärts zog. Der Sägegriff war klebrig von seinem Blut, sein Atem fuhr rasselnd durch seine Kehle, seine Beine konnten ihn kaum noch aufrecht halten, und immer weiter fuhr der gezahnte Stahl auf und ab, auf und ab, auf und gnadenlos ab.

«Du wirst doch nicht schon müde werden, oder, Junge?»

«Nein.»

«Wir haben ja kaum angefangen. Geh mal zu Pastor Mitchell in die Kirche von Nellysford, Junge, da siehst du einen Hartholzkiefernboden, den ich und mein Pa in einem Tag gesägt haben. Weiterziehen, Junge, weiterziehen.»

Starbuck hatte noch nie so hart gearbeitet. Manchmal war er im Winter bei seinem Onkel Matthew in Lowell, und sie sägten Eis aus dem gefrorenen See, um den Vorrat im Eishaus aufzufüllen, aber diese Ausflüge waren mehr wie ein Spiel, unterbrochen von Schneeballschlachten oder wilden Schlittschuhläufen unter eiszapfenbehangenen Bäumen am Seeufer. Dieses Bohlensägen aber war unbarmherzig, grausam, gnadenlos, und doch wagte er nicht aufzugeben, denn er hatte das Gefühl, dass seine ganze Existenz, seine Zukunft, sein Wesen, ja sogar seine Seele in die Waagschale geworfen wurden, um Thomas Truslows Verachtung aufzuwiegen.

«Warte, Junge, ich muss wieder Keile einschlagen.»

Starbuck ließ den Sägegriff los, taumelte, stolperte halb und lehnte sich an die Wand der Sägegrube. Seine Hände schmerzten so sehr, dass er die Finger nicht strecken konnte. Jeder Atemzug brannte. Er hatte am Rande mitbekommen, dass ein weiterer Mann an die Sägegrube gekommen war, der sich schon einige Minuten lang mit Truslow unterhielt, aber er wollte nicht aufblicken, um festzustellen, wer da zum Zeugen seiner Demütigung wurde.

«Das ist ein einmaliger Anblick, was, Roper?», sagte Truslow mit ätzendem Hohn.

Noch immer sah Starbuck nicht auf.

«Das ist Roper, Junge», sagte Truslow. «Begrüß ihn.»

«Guten Tag, Mister Roper», brachte Starbuck heraus.

«Er nennt dich Mister!» Das fand Truslow anscheinend erheiternd. «Er hält euch Nigger für seine Mitgeschöpfe, Roper. Sagt, ihr habt die gleichen Rechte vor Gott wie er. Glaubst du, Gott sieht das genauso, Roper?»

Roper hielt inne, um Starbuck zu mustern. «Ich schätze, Gott würde lieber mich in die Arme schließen als diese Erscheinung da unten», gab Roper schließlich zurück, und Starbuck sah widerwillig auf und erkannte, dass Roper ein hochgewachsener Schwarzer war, den Starbucks Zwangslage offensichtlich belustigte. «Der sieht aus, als wäre er zu überhaupt nichts nütze», sagte Roper.

«Er ist kein schlechter Arbeiter», brachte Truslow erstaunlicherweise zu Starbucks Verteidigung vor, und Starbuck glaubte bei diesen Worten, noch nie auch nur ein halb so bedeutendes Lob erhalten zu haben. Gleich darauf sprang Truslow in die Sägegrube. «Jetzt zeige ich dir mal, wie es geht, Junge.» Truslow nahm den Griff der Säge, nickte zu Roper hinauf, und mit einem Mal war das Sägeblatt nur noch ein Schemen, als die beiden Männer es in einen unaufhörlichen und lange geübten Rhythmus versetzten. «So geht das!», rief Truslow über das Klingen der Säge dem wie geblendet zuschauenden Starbuck zu. «Man muss den Stahl die Arbeit machen lassen! Man kämpft nicht gegen ihn, man lässt ihn selbst das Holz durchfressen. Roper und ich könnten den halben Waldbestand von Amerika zersägen, ohne außer Atem zu kommen.» Truslow benutzte nur eine Hand, und er stand neben der Säge, sodass der Schauer aus Sägemehl und Holzsplittern nicht auf sein Gesicht fiel. «Also, was bringt dich hierher, Junge?»

«Das habe ich doch schon gesagt, ich habe einen Brief von –»

«Ich meine, was macht ein Yankee in Virginia? Du bist doch ein Yankee, oder?»

Starbuck dachte an Washington Faulconers Worte, der ihm gesagt hatte, wie sehr dieser Mann die Yankees hasste, doch er beschloss, seinen Stolz zu wahren. «Und ich bin stolz darauf, ja.»

Truslow spuckte einen Strahl Tabaksaft in eine Ecke der Sägegrube. «Und was hast du dann hier verloren?»

Starbuck hielt diesen Moment nicht für passend, um von Mademoiselle Demarest oder der Onkel Tom-Wanderbühne zu berichten, verkürzte deshalb seine Geschichte und sagte nur leichthin: «Ich habe mich mit meiner Familie zerstritten und Aufnahme bei Mister Faulconer gefunden.»

«Warum gerade bei ihm?»

«Ich bin ein enger Freund von Adam Faulconer.»

«Tatsächlich?» Das schien Truslow überraschenderweise zu gefallen. «Wo ist Adam zur Zeit?»

«Als wir das letzte Mal von ihm gehört haben, war er in Chicago.»

«Und was macht er da?»

«Er arbeitet mit der Christian Peace Commission. Sie halten Gebetsstunden ab und verteilen Traktate.»

Truslow lachte. «Traktate und Gebete helfen nicht, denn Amerika will keinen Frieden, Junge. Ihr Yankees wollt uns erklären, wie wir zu leben haben, genau wie es die Briten letztes Jahrhundert versucht haben, aber wir folgen anderen heute ebenso wenig wie damals. Noch dazu geht es sie nichts an. Der Hausherr weiß immer am besten, mit welchem Besen er auskehren muss, Junge. Ich erkläre dir jetzt, was der Norden wirklich will.» Während er sprach, zog Truslow die Säge in ihrem unermüdlichen Rhythmus auf und nieder. «Der Norden will uns mehr staatliche Ordnung aufzwingen, das ist es, was sie wollen. Das liegt an diesen Preußen, vermute ich. Die erzählen euch Yankees, wie man besser regiert, und ihr seid dumm genug, auf sie zu hören, aber jetzt ist es zu spät.»

«Zu spät?»

«Man kann ein zerbrochenes Ei nicht mehr zusammenkleben, Junge. Amerika ist in zwei Teile zerbrochen, der Norden wird sich an die Preußen verkaufen, und wir werden uns weiter recht und schlecht durchkämpfen.»

Starbuck war viel zu erschöpft, um Truslows erstaunliche Theorien über Preußen zu kommentieren. «Und der Krieg?»

«Den müssen wir bloß gewinnen. Die Yankees vertreiben. Ich will ihnen nicht erzählen, wie sie leben sollen, solange sie es nicht umgekehrt mit uns versuchen.»

«Also werden Sie kämpfen?», fragte Starbuck mit neuer Hoffnung auf den Erfolg seiner Mission.

«Gewiss werde ich kämpfen. Aber nicht für fünfzig Dollar.»

Truslow hielt mit der Arbeit inne, während Roper Keile in den neuen Spalt hämmerte.

Starbuck, der langsam wieder normal atmen konnte, runzelte die Stirn. «Ich bin nicht befugt, Ihnen mehr anzubieten, Mister Truslow.»

«Ich will nicht mehr. Ich kämpfe, weil ich kämpfen will, und wenn ich nicht kämpfen wollte, dann könnte man mich nicht mal mit der fünfzigfachen Summe kaufen, aber so etwas wird Faulconer nie verstehen.» Truslow spuckte erneut einen Strahl Tabaksaft in die Ecke. «Sein Vater, der wusste genau, dass ein satter Hund nicht auf die Jagd geht, aber Washington? Der ist ein Milchbart, und er bezahlt für das, was er haben will, aber mich kann man nicht kaufen. Ich kämpfe, damit Amerika so bleibt, wie es ist, denn so, wie es ist, ist es das gottverdammt beste Land auf der ganzen gottverdammten Welt, und wenn das heißt, dass wir ein paar von euch feigen Nordstaatlern umbringen müssen, dann ist es eben so. Bist du so weit, Roper?»

Die Säge fuhr wieder abwärts, und Starbuck fragte sich, warum Washington Faulconer bereit gewesen war, Truslows Anwerbung so teuer zu bezahlen. War es, weil dieser Mann andere harte Männer aus den Bergen mitbringen würde? In diesem Fall, so dachte Starbuck, wäre das Geld gut angelegt, denn ein Regiment zäher Teufel, wie Truslow einer war, wäre bestimmt unbesiegbar.

«Und? Welchen Beruf hast du gelernt, Junge?», fragte Truslow beim Sägen.

Starbuck war versucht zu lügen, aber er besaß weder die Kraft noch den Willen, irgendeine Geschichte zu erfinden. «Prediger», antwortete er müde.

Abrupt kam die Säge zum Stillstand, und Roper protestierte, weil er in seinem Rhythmus unterbrochen wurde. Truslow achtete nicht auf ihn. «Du bist Prediger?»

«Ich war in der Ausbildung zum Pastor», ergänzte Starbuck.

«Ein Gottesmann?»

«Das hoffe ich. Das hoffe ich wirklich.» Allerdings wusste er, dass er eines solchen Amtes nicht würdig war, und diese Erkenntnis war bitter.

Truslow starrte Starbuck ungläubig an, und dann wischte er sich die Hände an seiner dreckigen Hose ab, als wollte er sich für seinen Besucher präsentabel machen. «Ich habe Arbeit für dich», verkündete er dann grimmig.

Starbuck sah zu der grässlichen Säge hinüber. «Aber …»

«Pastorenarbeit», sagte Truslow knapp. «Roper! Leiter!»

Roper ließ eine selbstgezimmerte Leiter in die Grube hinab, und Starbuck, der zusammenzuckte, als er mit seinen blasenübersäten Handflächen nach den Holmen griff, erklomm eilig die groben Sprossen.

«Hast du dein Buch mitgebracht?», fragte Truslow, als er Starbuck auf der Leiter folgte.

«Buch?»

«Alle Pastoren haben Bücher. Aber schon gut, es ist eins im Haus. Roper! Kannst du zu den Deckers runterreiten? Sag Sally und Robert, dass sie schnellstens herkommen sollen. Nimm das Pferd von dem hier. Wie heißt du noch mal, Mister?»

«Starbuck. Nathaniel Starbuck.»

Der Name sagte Truslow offenkundig überhaupt nichts. «Nimm Mister Starbucks Pferd», rief er Roper zu, «und erklär Sally, ein Nein kommt nicht in Frage!» All diese Anweisungen hatte Truslow über die Schulter zurückgerufen, während er schon auf sein Blockhaus zuhastete. Der Hund machte einen Satz aus dem Weg, als sein Herr vorbeieilte, dann kauerte sich das Tier mit dem Bauch auf den Boden, fixierte Starbuck mit bösartigem Blick und knurrte tief in der Kehle.

«Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Ihr Pferd nehme, oder?», fragte Roper. «Sie müssen sich keine Sorgen machen. Ich habe früher für Mister Faulconer gearbeitet. Ich kenne die Stute. Das ist Pocahontas, oder?»

Starbuck gab mit einer schwachen Handbewegung seine Einwilligung. «Wer ist Sally?»

«Truslows Tochter.» Roper lachte in sich hinein, als er die Zügel der Stute losband und den Steigbügelgurt einrichtete. «Sie ist ein wildes Ding, aber Sie wissen ja, was man über die Frauen sagt. Sie sind die Fallstricke des Teufels, und in Sallys Schlingen werden sich noch so einige Seelen verheddern. Sie wohnt nicht mehr hier. Als ihre Mutter im Sterben lag, ist sie zu Missus Decker gezogen, die Truslow nicht ausstehen kann.» Dieser Beziehungswirrwarr schien Roper zu belustigen. Er schwang sich in Pocahontas’ Sattel. «Ich mache mich auf den Weg, Mister Truslow!», rief er in Richtung des Blockhauses.

«Ja, geh schon, Roper. Reite los!» Truslow kam mit einer enormen Bibel aus dem Haus, deren hinterer Umschlagdeckel fehlte und deren Buchrücken gebrochen war. «Festhalten, Mister.» Er drückte Starbuck die zerfledderte Bibel in die Arme, beugte sich über einen Wassertrog und schöpfte sich händeweise Regenwasser über den Kopf. Dann versuchte er sich das verfilzte Haar glatt zu streichen, bevor er sich seinen schmierigen Hut wieder aufsetzte und Starbuck hinter sich herwinkte. «Komm schon, Mister.»

Starbuck folgte Truslow über die Lichtung. Fliegen summten in der warmen Abendluft. Starbuck, der die Bibel auf den Unterarmen trug, um seine Handflächen zu schonen, versuchte Thomas Truslow über das Missverständnis aufzuklären. «Ich bin kein ordinierter Geistlicher, Mister Truslow.»

«Was bedeutet ordiniert?» Truslow war am Rand der Lichtung stehen geblieben und knöpfte sich die dreckstarrende Jeans auf. Den Blick erwartungsvoll auf Starbuck gerichtet, begann er zu urinieren. «Das hält das Wild von den Gemüsebeeten fern», erklärte er. «Also, was bedeutet ordiniert?»

«Es bedeutet, dass ich nicht zum Pastor einer Gemeinde geweiht wurde.»

«Aber das Studium hast du gemacht?»

«Ja, zum größten Teil.»

«Und du könntest ordiniert werden?»

Sofort überfielen Starbuck Schuldgefühle wegen Mademoiselle Dominique Demarest. «Ich weiß nicht, ob ich das noch will.»

«Aber du könntest Gemeindepastor werden?»

«Ich denke schon.»

«Dann bist du gut genug für mich. Komm schon.» Er knöpfte seine Hose zu und winkte Starbuck unter die Bäume, wo sich auf einem gemähten Stück Wiese und unter einem über und über rot blühenden Baum ein einzelnes Grab befand. An seinem Kopfende war eine breite Holzplanke in die Erde gerammt worden, in die ein einziges Wort geschnitzt worden war – Emly. Das Grab schien nicht alt, denn auf seinem mit herabgefallenen Blüten übersäten Hügel wuchs noch kein Gras. «Sie war meine Frau», sagte Truslow erstaunlich leise, beinahe schüchtern.

«Das tut mir leid.»

«Ist am ersten Weihnachtstag gestorben.» Truslow blinzelte, und mit einem Mal ging von diesem kleinen, betriebsamen Mann eine Welle des Kummers aus, und dieser Kummer war genauso stark und überwältigend wie Truslows sonst so brutales Auftreten. Er schien kaum sprechen zu können, als gäbe es keine Worte für seine Gefühle. «Emily war eine gute Frau», sagte er schließlich, «und ich war ihr ein guter Ehemann. Dazu hat sie mich gemacht. Eine gute Frau kann das. Sie kann einen Mann gut machen.»

«War sie krank?», fragte Starbuck beklommen.

Truslow nickte. Er hatte seinen schmierigen Hut abgenommen und hielt ihn linkisch in den kräftigen Händen. «Hirnschlag. Es war kein leichter Tod.»

«Das tut mir leid», sagte Starbuck etwas unpassend.

«Es gab jemanden, der sie hätte retten können. Einen Yankee.» Truslow hatte das letzte Wort mit solchem Hass ausgesprochen, dass Starbuck ein Schauer überlief. «Ein selbstgefälliger Arzt aus dem Norden. Er hat zu Thanksgiving unten im Tal Verwandte besucht.» Er zuckte mit dem Kopf Richtung Westen, wo hinter den Bergen das Shenandoah Valley lag. «Doctor Danson hatte mir von ihm erzählt, sagte, er könne die reinsten Wunder bewirken. Also bin ich zu ihm rübergeritten und habe ihn gebeten, zu uns raufzukommen und nach meiner Emily zu sehen. Sie konnte nicht mehr transportiert werden, verstehen Sie. Auf den Knien hab ich ihn angefleht.» Truslow verfiel in Schweigen, dachte an die Demütigung und schüttelte den Kopf. «Der Mann hat sich geweigert. Hat gesagt, es gäbe nichts, was er tun könnte, aber in Wahrheit wollte er nur seinen fetten Arsch nicht bewegen und sich nicht bei Regen auf ein Pferd setzen. Am Ende haben sie mich vom Grundstück gejagt.»

Starbuck hatte noch nie davon gehört, das sich jemand von einem Hirnschlag erholt hatte, und vermutete, dass dem Yankee-Arzt bewusst gewesen war, wie vergeblich jede seiner Anstrengungen sein würde, doch wie konnte man einen Mann wie Thomas Truslow von dieser Wahrheit überzeugen?

«Und am ersten Weihnachtstag ist sie gestorben», sagte Truslow leise. «Hier oben lag Schnee, wie ein Leintuch. Wir waren allein, sie und ich, das Mädchen war weggelaufen, dieses verfluchte Stück.»

«Sally?»

«Ja, zum Teufel.» Truslow stand nun mit unbehaglich über der Brust gekreuzten Händen da, als wollte er die Haltung seiner geliebten Emily auf dem Totenbett nachahmen. «Emily und ich waren nie richtig verheiratet», beichtete er Starbuck. «Sie ist in dem Jahr, bevor ich Soldat wurde, mit mir weggelaufen. Ich war gerade sechzehn und sie keinen Tag älter, aber sie war schon verheiratet. Wir haben etwas Falsches getan, und wir wussten es beide, aber wir konnten einfach nicht anders.» Tränen standen in seinen Augen, und plötzlich war Starbuck froh darüber, dass sich dieser harte Kerl genauso dumm und närrisch benommen hatte wie er selbst mit Mademoiselle Demarest. «Ich habe sie geliebt», fuhr Truslow fort, «und das ist die Wahrheit, aber Pastor Mitchell wollte uns nicht verheiraten. Er hat gesagt, wir wären Sünder.»

«Er hätte kein solches Urteil über Sie fällen sollen», sagte Starbuck ernst.

«Ich glaube doch. Es war seine Aufgabe, uns zu verurteilen. Wozu ist ein Pastor sonst gut, wenn er uns nicht sagt, wie wir uns verhalten sollen? Ich beklage mich nicht darüber, aber Gott hat uns ausreichend gestraft, Mister Starbuck. Nur eines unserer Kinder ist am Leben geblieben, und das hat uns das Herz gebrochen, und jetzt ist Emily tot, und ich bin allein zurückgeblieben. Gott verspottet man nicht, Mister Starbuck.»

Zu seiner Überraschung fühlte sich Starbuck auf einmal von Mitleid für diesen ungehobelten, halsstarrigen und schwierigen Mann überwältigt, der so ungelenk vor diesem Grab stand, das er bestimmt eigenhändig ausgehoben hatte. Oder vielleicht hatte ihm Roper geholfen oder einer der Männer, die in diesem Hochtal auf der Flucht vor den Richtern und Steuereintreibern Virginias waren. Und all das zur Weihnachtszeit: Starbuck stellte sich vor, wie sie den schlaffen Körper in den Schnee getragen und mit Hacken ein Grab in den gefrorenen Boden gebrochen hatten.

«Wir waren nicht ordentlich verheiratet, und sie hatte keine ordentliche Beerdigung, keine mit einem Mann Gottes, der sie bei ihrem Heimgang begleitet hat, und das ist es, was du für Emily tun sollst. Du sollst die rechten Worte sprechen. Sag diese Worte für Emily, denn dann wird Gott sie bei sich aufnehmen.»

«Das wird er ganz gewiss tun.» Starbuck fühlte sich vollkommen unzulänglich in dieser Situation.

«Dann sprich die Worte.» In Thomas Truslows Stimme lag keine Drohung, nur eine schreckliche Verletzlichkeit.

Stille breitete sich auf der kleinen Waldlichtung aus. Langgestreckte abendliche Schatten fielen über das Gras. O Gott, dachte Starbuck, ich bin nicht würdig, diese Aufgabe zu übernehmen, bei weitem nicht würdig. Gott wird mich nicht anhören, einen Sünder – aber sind wir nicht alle Sünder? Und gewiss hatte Gott doch Thomas Truslows Gebet gehört, denn Truslows Schmerz war aussagekräftiger als jede Litanei, die Starbucks Ausbildung zu bieten hatte. Doch Thomas Truslow brauchte den Trost des Rituals, den Trost überkommener, liebevoll gesprochener Worte, und so hielt Starbuck die Bibel fest in der Hand, schloss die Augen und hob sein Gesicht empor zu dem blühenden Baum in der Abenddämmerung, doch dann fühlte er sich mit einem Mal wie ein Narr und Heuchler, und kein Wort kam ihm über die Lippen. Er öffnete den Mund, aber er konnte nicht sprechen.

«Recht so», sagte Truslow, «lass dir Zeit.»

Starbuck suchte in seinem Gedächtnis nach einem Bibelwort, mit dem er anfangen könnte. Seine Kehle war trocken. Er schlug die Augen auf, und auf einmal fiel ihm ein Vers ein. «Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe.»

«Amen», sagte Truslow. «Amen.»

«Er gehet auf wie eine Blume …»

«Das war sie, das war sie, Gott sei gelobt, das war sie.»

«… und fällt ab.»

«Der Herr hat sie genommen, der Herr hat sie genommen.» Truslow schaukelte mit geschlossenen Augen vor und zurück, während er seine ganze Kraft in das Gebet legte.

«Er flieht wie ein Schatten und bleibet nicht.»

«Gott stehe uns Sündern bei», sagte Truslow. «Gott stehe uns bei.»

Mit einem Mal verstummte Starbuck. Er hatte die ersten beiden Verse aus dem vierzehnten Kapitel des Buches Hiob zitiert, und nun fiel ihm auf einmal der vierte Vers ein, in dem gefragt wurde, ob wohl Reinheit von denen kommen könne, die unrein sind. Und die gnadenlose Antwort lautete nein. Und ganz bestimmt war doch Truslows ungeweihte Ehe unrein gewesen, oder?

«Beten, Mister, beten», drängte ihn Truslow.

«O Herr und Gott» – Starbuck blinzelte in den schrägen Sonnenstrahlen –, «gedenke Deiner Emily, die Deine Dienerin war, Deine Magd, die aus dieser Welt gerissen wurde, um in Deine große Herrlichkeit einzugehen.»

«Das war sie, das war sie!» Beinahe schrie Truslow diese Bekräftigung.

«Gedenke Deiner Emily Truslow –», fuhr Starbuck dürftig fort.

«Mallory», unterbrach ihn Truslow. «Das war ihr richtiger Name. Emily Marjory Mallory. Und sollten wir nicht knien?» Er riss sich den Hut vom Kopf und kniete sich auf die weiche Lehmerde.

Auch Starbuck ging auf die Knie. «O Herr», begann er von neuem, und dann war er einen Moment sprachlos, denn wie aus dem Nichts kamen nun die Worte zu ihm. Er spürte, wie ihn Truslows Trauer ergriff, und versuchte, diese Trauer dem Herrn aufzubürden. Truslow stöhnte, als er dem Gebet zuhörte, und Starbuck hob das Gesicht erneut dem blühenden Baum entgegen, als könnte er damit seinen Worten starke Schwingen verleihen, damit sie sich über die Bäume erhoben, hinauf in den Abendhimmel, höher als die ersten blassen Sterne, bis dorthin, wo Gott in all seiner schrecklichen, strengen Majestät regierte. Das Gebet war gut, und Starbuck spürte seine Kraft und fragte sich, warum er für sich selbst nicht so beten konnte, wie er es für diese unbekannte Frau tat. «O Gott», endete er, und Tränen liefen ihm über die Wangen, «o gütiger Gott, erhöre unser Gebet, erhöre uns, erhöre uns.»

Und dann herrschte wieder Stille, unterbrochen nur vom Wind im Blattwerk, von zwitschernden Vögeln und dem Bellen eines Hundes, das aus dem Tal heraufklang. Als Starbuck die Augen aufschlug, sah er, dass Tränen ihre Spuren auf Truslows schmutzigem Gesicht hinterlassen hatten, und doch wirkte der kleine Mann merkwürdig heiter. Er beugte sich vor, um seine kräftigen Finger in den Grabhügel zu bohren, und so verbunden mit der Erde über Emilys Körper, begann er zu sprechen.

«Ich ziehe in den Krieg, Emily», sagte er ohne Scham darüber, dass er in Starbucks Gegenwart zu seiner toten Frau sprach. «Faulconer ist ein Narr, und ich gehe nicht für ihn, aber wir haben Verwandte in seinen Reihen, und für die gehe ich. Dein Bruder ist in diese sogenannte Legion eingetreten und Cousin Tim auch, und du würdest wollen, dass ich nach den beiden sehe, mein Mädchen, also tue ich es. Und Sally wird es bestens gehen. Sie hat jetzt einen Mann, und er wird sich um sie kümmern, und du musst einfach nur auf mich warten, meine Liebe, und Gott wird den Zeitpunkt bestimmen, an dem ich zu dir komme. Das ist Mister Starbuck, der für dich gebetet hat. Das hat er gut gemacht, findest du nicht?» Truslow schluchzte, doch dann zog er seine Hände aus der Erde und wischte sie an seiner Jeans ab, bevor er sich damit über die tränennassen Wangen fuhr. «Du verstehst etwas vom Beten», sagte er zu Starbuck.

«Ich glaube, Ihr Gebet ist auch ohne meine Hilfe erhört worden», sagte Starbuck bescheiden.

«Ein Mann sollte immer auf Nummer sicher gehen, oder? Und Gott wird bald taub sein von all den Gebeten. Das bringt der Krieg mit sich, deshalb bin ich froh, dass wir unser Wort eingelegt haben, bevor die Schlachten ihm die Ohren vor lauter Gebeten dröhnen lassen. Emily wird sich über deine Worte gefreut haben. Sie hat ein gutes Gebet immer geschätzt. Und jetzt will ich, dass du für Sally betest.»

O Gott, dachte Starbuck, das geht wirklich zu weit! «Wie meinen Sie das, Mister Truslow?»

«Du sollst für Sally beten. Sie war eine Enttäuschung für uns.» Truslow richtete sich auf und stülpte sich den breitkrempigen Hut über den Kopf. Er wandte seinen Blick nicht von dem Grab ab, als er weitersprach. «Sie ist nicht wie ihre Mutter und nicht wie ich. Ich weiß nicht, welcher böse Wind sie zu uns geweht hat, aber sie wurde geboren, und ich habe Emily versprochen, für sie zu sorgen, und das werde ich tun. Sie ist kaum fünfzehn und erwartet ein Kind, verstehst du.»

«Oh.» Starbuck wusste nicht, was er weiter dazu sagen sollte. Fünfzehn! So alt war seine jüngere Schwester Martha, die Starbuck immer noch als Kind ansah. Mit fünfzehn, dachte Starbuck, hatte er noch nicht einmal gewusst, woher die Säuglinge kommen, und hatte vermutet, sie würden von den Behörden in Geheimzeremonien verteilt, an denen Frauen, die Kirche und Ärzte beteiligt waren.

«Sie sagt, das Kind ist von dem jungen Decker, und das kann auch sein. Aber vielleicht auch nicht. Du sagst, Ridley soll letzte Woche hier gewesen sein. Das macht mir Sorgen. Er hat Sally hinterhergeschnüffelt, als wäre sie läufig und er der Rüde. Ich hatte letzte Woche geschäftlich im Tal zu tun, also kann ich nicht wissen, wo sie sich herumgetrieben hat.»

Starbucks erster Gedanke war, zu erklären, dass Ridley mit Anna Faulconer verlobt war und damit nicht für Sally Truslows Schwangerschaft verantwortlich sein konnte, aber dann hielt er sich zurück, denn er ahnte, dass ein solch kindischer Einwand nur Truslows Zorn hervorgerufen hätte, und weil er nicht wusste, was er sonst hätte sagen können, entschied er sich vernünftigerweise dafür zu schweigen.

«Sie ist nicht wie ihre Mutter», wiederholte Truslow, mehr an sich selbst als an Starbuck gerichtet. «Sie hat so eine Wildheit an sich, verstehst du? Vielleicht hat sie das von mir, Emily war nicht so. Und wenn sie sagt, es ist Robert Deckers Kind, soll es mir recht sein. Er glaubt ihr jedenfalls und sagt, er heiratet sie, also machen wir das.» Truslow beugte sich vor, um einen Unkrauthalm aus dem Grabhügel zu zupfen. «Dort ist Sally jetzt», erklärte er Starbuck, «bei den Deckers. Sie hat gesagt, sie könnte mich nicht ertragen, aber in Wahrheit war es das Leiden und Sterben ihrer Mutter, das sie nicht ertragen konnte. Und jetzt ist sie schwanger, also muss sie heiraten und braucht ein eigenes Haus, damit sie nicht auf die Mildtätigkeit anderer angewiesen ist. Ich habe Emily versprochen, für Sally zu sorgen, und das tue ich. Ich gebe Sally und ihrem Robert dieses Haus, und die beiden können das Kind hier aufziehen. Mich würden sie hier nicht haben wollen. Sally und ich haben uns nie verstanden, also sollen sie und der junge Decker das Haus übernehmen und hier in ordentlichen Verhältnissen zusammenleben. Und das ist es, was ich von dir will. Ich will, dass du die beiden ordentlich verheiratest. Sie sind schon auf dem Weg hierher.»

«Aber ich kann sie nicht verheiraten!», protestierte Starbuck.

«Wenn du die Seele meiner Emily in den Himmel schicken kannst, dann kannst du auch meine Tochter mit Robert Decker verheiraten.»

Starbuck fragte sich, wie in Gottes Namen er Thomas Truslows grobe Unkenntnis kirchlicher und staatsrechtlicher Befugnisse korrigieren sollte. «Wenn sie heiraten soll», beharrte er, «muss sie zu einem Friedensrichter und –»

«Gott hat mehr Einfluss als ein Friedensrichter.» Truslow wandte sich um und trat vom Grab weg. «Sally wird von einem Mann Gottes verheiratet, und das ist wichtiger als die Eheschließung vor einem Aasgeier von Advokat, der nur auf sein Honorar aus ist.»

«Aber ich bin nicht ordiniert!»

«Fang nicht wieder mit dieser Ausrede an. Du tust es für mich. Ich habe dich gehört, und wenn Gott deinem Wort keine Beachtung schenkt, dann hört er auf niemanden. Und wenn meine Sally heiraten soll, dann will ich, dass sie ordentlich nach Gottes Gesetz heiratet. Sie war ein wildes Kind, aber jetzt ist es Zeit, dass sie sich niederlässt. Also betest du für Sally.»

Starbuck war keineswegs sicher, dass ein Gebet ein Mädchen daran hindern konnte, sich herumzutreiben, aber das wollte er Thomas Truslow nicht sagen. «Warum gehen Sie nicht mit ihr ins Tal? Dort muss es doch richtige Pastoren geben, die sie verheiraten können.»

«Die Pastoren im Tal, Mister», Truslow drehte sich um und stieß seinen Zeigefinger auf Starbucks Brust, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, «waren zu verdammt selbstgerecht, um meine Emily zu beerdigen, also glaub mir, sie sind auch zu verdammt selbstgerecht, um meine Tochter mit ihrem Robert zu verheiraten. Und willst du mir gerade sagen, dass du dir auch zu gut für solche Leute wie uns bist?» Sein Finger stieß ein letztes Mal auf Starbucks Brust vor und dort blieb er.

«Es wäre mir eine Ehre, wenn ich die Zeremonie für Ihre Tochter abhalten dürfte, Sir», sagte Starbuck hastig.

Sally Truslow und ihr Robert kamen kurz nach Einbruch der Dunkelheit. Roper begleitete sie, er führte Sallys Pferd am Zügel. Sie stieg vor der Veranda des Blockhauses ab, auf der eine Blendlampe brannte. Sie hielt den Kopf gesenkt, wagte es nicht, den Blick zu ihrem Vater zu heben. Sie trug eine schwarze Haube und ein blaues Kleid. Sie war schlank, noch deutete nichts auf ihre Schwangerschaft hin.

Bei ihr war ein Junge mit rundlichem, unschuldigem Gesicht. Er war glatt rasiert, und im Grunde sah er so aus, als könnte er sich noch gar keinen Bart wachsen lassen, selbst wenn er es gewollt hätte. Er mochte sechzehn Jahre alt sein, aber Starbuck hielt ihn für jünger. Robert Decker hatte dickes rotblondes Haar, vertrauensvoll blickende blaue Augen, und er lächelte schnell, was er nun allerdings zu vermeiden suchte, als er seinen zukünftigen Schwiegervater begrüßte. «Mister Truslow», sagte er wachsam.

«Robert Decker», sagte Truslow, «hier stelle ich dir Nathaniel Starbuck vor. Er ist ein Gottesmann und hat sich einverstanden erklärt, dich und Sally zu verheiraten.»

Robert Decker, der seinen runden Hut mit beiden Händen vor dem Bauch hielt und ihn hin und her drehte, nickte Starbuck gut gelaunt zu. «Sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mister.»

«Sally, heb den Kopf!», knurrte Truslow.

«Ich weiß aber gar nicht, ob ich verheiratet werden will», jammerte sie.

«Du tust, was dir gesagt wird», kam es von ihrem Vater.

«Ich will in ’ner Kirche heiraten!», beharrte das Mädchen. «Wie Laura Taylor, und die Messe soll ein richtiger Pastor abhalten!» Starbuck hörte kaum, was sie sagte, und ihre Worte kümmerten ihn nicht einmal. Er konnte Sally Truslow nur anstaunen und sich fragen, warum Gott solche Mysterien vollbrachte. Warum war ein schlichtes Mädchen vom Land, Kind einer Ehebrecherin und eines abgebrühten Gauners, dazu geboren, alles in seiner Umgebung blass wirken zu lassen? Denn Sally Truslow war von umwerfender Schönheit. Ihre Augen waren so blau wie der Himmel über dem Meer von Nantucket, ihr Anblick süß wie Honig, ihre Lippen so voll und verführerisch, wie es sich ein Mann nur erträumen konnte. Ihr Haar war dunkelbraun mit helleren Strähnen und fiel ihr üppig ums Gesicht. «Eine Heirat sollte feierlich sein», beschwerte sie sich, «ich will nicht einfach bloß über ’nen Besenstiel springen.» Mit dem Sprung über einen Besenstiel wurde tief in der Provinz ein Ehestand begründet, auch die Sklaven machten es auf diese Weise.

«Hast du vor, das Kind allein aufzuziehen, Sally?», fragte Truslow. «Unverheiratet?»

«Das kannst du nicht machen, Sally», sagte Robert Decker mit ängstlicher Stimme. «Du brauchst doch einen Mann, der für dich arbeitet und sich um dich kümmert.»

«Vielleicht wird das Kind ja gar nicht geboren», sagte sie bockig.

Truslows Hand schoss blitzartig vor und schlug seine Tochter kräftig auf die Wange. Es hörte sich an wie ein Peitschenknall. «Wenn du dieses Kind tötest», drohte er, «bearbeite ich dich so lange mit dem Gürtel, bis deine Knochen so roh daliegen wie Bettlatten. Hast du mich verstanden?»

«Ich mach ja nichts.» Sie weinte und krümmte sich, erschrocken über den brutalen Schlag ins Gesicht. Ihre Wange brannte feuerrot, doch in ihren Augen stand immer noch leidenschaftliche Streitlust.

«Weißt du, was ich mit einer Kuh mache, die ihr Kalb nicht austragen will?», schrie Truslow. «Ich schlachte sie. Glaubst du, irgendwen würde es kümmern, wenn ich ein Luder unter die Erde bringe, das sein Kind abgetrieben hat?»

«Ich werd nichts machen! Das hab ich doch schon gesagt! Ich werd ein gutes Mädchen sein!»

«Das wird sie, Mister Truslow», sagte Robert Decker. «Sie wird nichts machen.»

Roper stand ungerührt hinter dem Paar, während Truslow Robert Decker tief in die Augen sah. «Warum willst du sie heiraten, Robert?»

«Ich habe sie wirklich gern, Mister Truslow.» Dieses Geständnis war ihm peinlich, aber er grinste dabei und warf Sally einen Seitenblick zu. «Und es ist mein Kind. Ich weiß es.»

«Ich werde euch ordentlich verheiraten lassen.» Truslow wandte sich wieder an seine Tochter. «Von Mister Starbuck, der weiß, wie man mit Gott redet, und wenn du dein Eheversprechen brichst, Sally, dann wird Gott dir auch noch den letzten Tropfen Blut aus dem Körper peitschen. Man verspottet Gott nicht, Mädchen. Wenn du ihn beleidigst, wirst du wie deine Mutter enden, tot vor der Zeit und ein Fraß für die Würmer.»

«Ich werd ein gutes Mädchen sein», jammerte Sally und sah Starbuck das erste Mal richtig an, und Starbuck blieb der Atem im Halse stecken, als er ihren Blick erwiderte. Einmal, als Starbuck noch ein Kind gewesen war, hatte ihn sein Onkel Matthew nach Faneuil Hall mitgenommen, wo es eine Vorführung der elektrischen Kräfte gab, und Starbuck hatte in einem Kreis von Zuschauern gestanden, die sich an den Händen hielten, während der Vortragende einen elektrischen Stoß durch ihre verbundenen Körper leitete. Und so wie damals fühlte Starbuck sich in diesem Augenblick, ein kribbelnder Schauer erfüllte ihn, der alles andere auf der Welt unwichtig erscheinen ließ. Aber dann, sobald er sich seiner Erregung bewusst wurde, folgte Verzweiflung. Diese Empfindung war Sünde. Es war Teufelswerk. Seine Seele musste krank sein. Denn gewiss würde ein normaler, anständiger Mann sich doch nicht von irgendeinem hübschen Mädchengesicht so in Bann schlagen lassen? Darauf fragte er sich, ob Thomas Truslows Verdächtigungen berechtigt waren und Ethan Ridley tatsächlich der Liebhaber dieses Mädchens gewesen war, und er spürte einen Stich zersetzender Eifersucht in sich, so scharf wie eine Klinge. Dann ergriff ihn Wut bei dem Gedanken, dass Ridley Washington und Anna Faulconer betrogen haben könnte. «Sind Sie ein richtiger Pastor?» Sally wischte sich mit dem Ärmel die Nase ab.

«Sonst hätte ich ihn nicht gebeten, euch zu verheiraten», sagte ihr Vater.

«Ich hab aber ihn selbst gefragt», kam es herausfordernd von Sally, die Starbuck nicht aus den Augen ließ, und er wusste, dass sie ihm direkt in die Seele geblickt hatte. Sie sah seine Begierde und seine Schwäche, seine Sündigkeit und seine Angst. Starbuck war von seinem Vater oft vor den Mächten der Frauen gewarnt worden, und Starbuck hatte geglaubt, diesen Mächten mit Mademoiselle Dominique Demarest in ihrer teuflischsten Gestalt begegnet zu sein, doch Dominique hatte nichts besessen, was sich mit der Wildheit dieses Mädchens messen konnte. «Und wenn ein Mädchen den Pastor, der es verheiratet, nicht einmal fragen kann, was für ’ne Art Pastor er ist», beharrte Sally, «was kann es dann überhaupt fragen?» Sie sprach mit gesenkter Stimme wie ihr Vater, aber während dieser damit Furcht erzeugte, schien ihre Stimme etwas noch viel Gefährlicheres hervorzurufen. «Also, sind Sie nun ein richtiger Pastor, Mister?», fragte sie Starbuck erneut.

«Ja.» Starbuck log für Thomas Truslow und auch weil er es nicht wagte, sich von der Wahrheit zum Sklaven dieses Mädchens machen zu lassen.

«Dann wären wir wohl alle so weit», sagte Sally respektlos. Sie wollte nicht heiraten, aber sie wollte auch nicht so erscheinen, als ließe sie sich einschüchtern. «Hast du einen Ring für uns, Pa?»

Die Frage schien ganz beiläufig gestellt, doch Starbuck begriff augenblicklich, dass sie äußerst gefühlsbeladen war. Truslow starrte seine Tochter, deren Wange immer noch von seinem Schlag gerötet war, herausfordernd an, doch sie hielt seinem Blick ungerührt stand. Robert Decker blickte von der Tochter zum Vater, dann wieder zurück zur Tochter und war klug genug, den Mund zu halten.

«Der Ring ist etwas Besonderes», sagte Truslow.

«Du behältst ihn für eine andere Frau, oder?», gab Sally höhnisch zurück, und einen Moment lang glaubte Starbuck, Truslow würde sie erneut schlagen, doch stattdessen griff er in eine Jackentasche und zog einen kleinen Lederbeutel heraus. Er löste das Zugband und schüttelte ein blaues Stoffpäckchen heraus, aus dem er einen Ring wickelte. Das Schmuckstück schimmerte in der Dämmerung, ein Silberring, um dessen Rand etwas graviert war, das Starbuck nicht erkennen konnte.

«Das war der Ring deiner Mutter», sagte Truslow.

«Und Ma hat immer gesagt, dass ich ihn bekommen soll», betonte Sally.

«Ich hätte ihn mit ihr begraben sollen.» Truslow schaute auf den Ring hinunter, den er offenkundig als mächtige Reliquie betrachtete, dann aber streckte er Starbuck den Ring kurz entschlossen entgegen, als wüsste er, dass er diese Entscheidung noch bedauern würde. «Sprich die Worte», knurrte er.

Roper zog sich den Hut vom Kopf, während sich der junge Decker um einen würdevollen Gesichtsausdruck bemühte. Sally leckte sich über die Lippen und lächelte Starbuck an, der wiederum auf den Ring hinunterblickte, den Truslow auf die ramponierte Bibel in seinen Händen gelegt hatte. Er sah, dass Worte in den Ring graviert waren, konnte sie jedoch in dem trüben Licht nicht lesen. Bei Gott, dachte er, welche Worte sollte er für diese Farce von Eheschließung finden? Dies war eine schlimmere Prüfung als die Sägegrube.

«Sprich, Mister», forderte ihn Truslow grollend auf.

«Gott hat die Ehe gestiftet», hörte sich Starbuck sagen, während er sich verzweifelt an die Trauungen zu erinnern versuchte, denen er in Boston beigewohnt hatte, «damit sie zu einem Instrument Seiner Liebe werde und zu einer Institution, in der wir unsere Kinder zur Welt bringen, um sie zu Seinen Dienern zu erziehen. Die Gebote der Ehe sind einfach: Ihr sollt einander lieben.» Er hatte Robert Decker angesehen, und der junge Mann nickte eifrig, als ob er Starbuck seiner Bereitwilligkeit versichern müsste, und Starbuck bekam schreckliches Mitleid mit diesem aufrichtigen Narren, der mit einer Verführerin ins Ehejoch gespannt wurde. Dann sah er Sally an. «Und ihr sollt einander treu sein, bis dass der Tod euch scheidet.»

Sie lächelte Starbuck an, und alle Worte, die er noch hatte sagen wollen, lösten sich auf wie Nebel in der Mittagssonne. Er öffnete den Mund, fand, dass er nichts zu sagen hatte, und schloss ihn wieder.

«Hast du gehört, was dieser Mann gesagt hat, Sally Truslow?», fragte ihr Vater.

«Ja, verdammt, ich bin doch nicht taub.»

«Nimm den Ring, Robert», sagte Starbuck und war über seine eigene Dreistigkeit erstaunt. Man hatte ihn im Priesterseminar gelehrt, dass die Sakramente feierliche Rituale waren, die von auserwählten Männern vor Gott bezeugt wurden, den frömmsten aller Männer, und doch stand er hier, ein Sünder, und erfand beim flackernden Licht einer von Motten umflatterten Laterne unter dem aufgehenden Mond Virginias ein geschmackloses Zerrbild von einer Eheschließung. «Leg deine Hand auf die Bibel», sagte er zu Robert, und Robert legte seine schwielige Hand auf die mitgenommene Familienbibel, die Starbuck ihm entgegenhielt. «Sprich mir nach», sagte Starbuck, und dann klaubte er sich irgendeinen Eheschwur zusammen, den er die beiden nachsprechen ließ. Danach hieß er Robert, Sally den Ring auf den Finger zu schieben, erklärte sie zu Mann und Frau, schloss die Augen und hob sein Gesicht dem Sternenhimmel entgegen. «Mögen der Segen des Allmächtigen Gottes und seine Liebe und sein Schutz immer bei euch sein und euch beide von heute bis zum Ende der Welt vor Schaden bewahren. Darum bitten wir im Namen des Herrn, der uns so sehr geliebt hat, dass er uns seinen einzigen Sohn zu unserer Erlösung schenkte. Amen.»

«Amen», sagte Thomas Truslow. «Amen.»

«Lob sei dem Herrn, Amen», sagte Roper hinter dem Paar.

«Amen, Amen.» Robert Decker strahlte vor Glück.

«War das schon alles?», fragte Sally Decker.

«Der Rest deines Lebens ist alles», fuhr ihr Vater sie an. «Und du hast versprochen, treu zu sein, und dieses Versprechen hältst du, Mädchen, oder du kannst dich auf etwas gefasst machen.» Er griff nach ihrer linken Hand, und obwohl Sally versuchte, sich loszuwinden, zog er sie heftig zu sich. Er schaute auf den Ring an ihrem Finger. «Und du passt auf diesen Ring auf, Mädchen.»

Sally sagte nichts, und Starbuck hatte den Eindruck, dass sie mit der Eroberung des Rings von ihrem Vater einen Sieg über ihn errungen hatte und dass dieser Sieg viel bedeutender für sie war als ihre Eheschließung.

Truslow ließ ihre Hand los. «Schreibst du ihre Namen in die Bibel?», fragte er Starbuck. «Damit alles seine Richtigkeit hat?»

«Gewiss», sagte Starbuck.

«Im Haus ist ein Tisch, und ein Bleistift ist in dem Becher auf dem Kaminsims. Falls der Hund stört, verpass ihm einen Tritt.»

Starbuck ging mit der Laterne und der Bibel in das Haus, das aus einem einzigen Raum bestand. Es gab ein Kastenbett darin, einen Tisch, einen Stuhl, zwei Truhen, einen Kamin mit einem Kesselhaken, eine Bank, ein Spinnrad, ein Mehlsieb, ein Gewehrregal, eine Sense und ein gerahmtes Porträt Andrew Jacksons. Starbuck setzte sich an den Tisch, schlug die Bibel auf und fand den Familienstammbaum. Er hätte es vorgezogen, den Eintrag mit Tinte vorzunehmen, doch Thomas Truslows Bleistift musste genügen. Er sah sich den Stammbaum an und stellte fest, dass er bis ins Jahr 1710 zurückging, als die ersten Truslows in die Neue Welt eingewandert waren. In der letzten Zeile stand der Eintrag über Emily Truslows Tod in ungelenken Blockbuchstaben und mit dem Zusatz «Mallory» in eckigen Klammern, für den Fall, dass Gott nicht wusste, wer Emily Truslow in Wirklichkeit war. Darüber fand sich der Eintrag von Sally Emily Truslows Geburt im Mai 1846, und Starbuck wurde bewusst, dass das Mädchen erst vor zwei Tagen fünfzehn Jahre alt geworden war.

«Sonntag, 26. Mai 1861», schrieb er mühsam, behindert von den Schmerzen in seiner blasenübersäten Hand. «Sally Truslow an Robert Decker, vereint im heiligen Stand der Ehe.» Es gab eine Spalte, in der sich der amtierende Geistliche eintragen sollte. Starbuck zögerte, dann setzte er seinen Namen ein: Nathaniel Joseph Starbuck.

«Sie sind kein richtiger Pastor, oder?» Sally war ins Haus gekommen und sah ihn herausfordernd an.

«Gott macht uns zu dem, was wir sind, und es steht dir nicht zu, zu hinterfragen, wozu Gott mich gemacht hat», sagte Starbuck, so entschieden er vermochte. Er fühlte sich dabei grässlich großspurig, doch er fürchtete die Wirkung dieses Mädchens auf sich, und deshalb flüchtete er sich in die Großspurigkeit.

Sie lachte, weil sie wusste, dass er gelogen hatte. «Sie haben ’ne sehr schöne Stimme, das kann ich immerhin sagen.» Sie kam zum Tisch und betrachtete die aufgeschlagene Bibel. «Ich kann nicht lesen. Ein Mann hat versprochen, es mir beizubringen, aber bisher hatte er noch keine Zeit dafür.»

Starbuck befürchtete zu wissen, wer dieser Mann war, und obwohl er in seinem Verdacht keineswegs bestätigt werden wollte, wünschte er sich andererseits auch Gewissheit. «Hat Ethan Ridley dir das versprochen?»

«Sie kennen Ethan?» Sally klang überrascht, dann nickte sie. «Ethan hat versprochen, mir das Lesen beizubringen», sagte sie. «Er hat mir noch viel mehr versprochen, aber er hat nicht eins seiner Versprechen eingehalten. Noch nicht, jedenfalls, aber es ist ja immer noch Zeit, oder?»

«Wirklich?», fragte Starbuck. Er hielt sich vor, wie schockiert er über den Betrug Ridleys an der sanftmütigen Anna Faulconer sein sollte, doch zugleich musste er sich eingestehen, dass er grässlich eifersüchtig auf ihn war.

«Ich mag Ethan.» Sally wollte Starbuck offenkundig provozieren. «Er hat mich gemalt. Das Bild war sehr gut.»

«Er ist ein begabter Künstler», sagte Starbuck, um einen nichtssagenden Ton bemüht.

Sally beugte sich über ihn. «Ethan hat gesagt, er wird eines Tages mit mir weggehen. Mich zu einer richtigen Lady machen. Er hat gesagt, dass er mir Perlen schenkt und einen Ring. Aus Gold. Einen richtigen Ring, nicht so einen wie den hier.» Sie streckte ihren frisch beringten Finger aus und strich damit über Starbucks Hand, der meinte, ein Blitz würde ihm ins Herz fahren. Dann senkte sie ihre Stimme zu einem verschwörerischen Flüstern. «Würden Sie das auch für mich tun, Herr Pastor?»

«Ich würde dir mit Vergnügen das Lesen beibringen, Mrs. Decker.» Starbuck war schwindelig. Er wusste, dass er seine Hand unter ihrem streichelnden Finger wegziehen sollte, aber er wollte es nicht, konnte es nicht. Er war wie gebannt von ihr. Er starrte auf den Ring. Die Buchstaben in dem Silber waren abgerieben, aber im Licht der Lampe konnte er sie gerade noch ausmachen. Je t’aime stand auf dem Ring. Es war ein billiger französischer Ring für Liebende, kaum von Wert, außer für den Mann, dessen große Liebe ihn getragen hatte.

«Wissen Sie, was auf dem Ring steht, Pastor?», fragte Sally.

«Ja.»

«Sagen Sie es mir.»

Er sah ihr in die Augen und senkte sofort wieder den Blick. Lust und Schmerz brannten in ihm.

«Was heißt es, Mister?»

«Es ist Französisch.»

«Aber was heißt es?» Ihr Finger lag immer noch mit leichtem Druck auf seiner Hand.

«Es heißt ‹Ich liebe dich›.» Er war unfähig, sie anzusehen.

Sie lachte leise und strich langsam über seinen Mittelfinger. «Würden Sie mir Perlen schenken? So wie es Ethan tun will?» Sie machte sich über ihn lustig.

«Ich würde es versuchen.» Das hätte er nicht sagen sollen, er war nicht einmal sicher, ob er es hatte sagen wollen, er hörte sich einfach diese Worte sprechen, und in seiner Stimme lag unfassbare Traurigkeit.

«Soll ich Ihnen etwas sagen, Herr Pastor?»

«Was?» Er blickte zu ihr auf.

«Sie haben Augen wie mein Pa.»

«Tatsächlich?»

Ihr Finger lag immer noch auf seiner Hand. «Ich bin doch nicht richtig verheiratet, oder?» Das war keine Neckerei mehr, es klang wehmütig. Starbuck erwiderte nichts, und sie sah ihn verletzt an. «Würden Sie mir wirklich helfen?», fragte sie mit echter Verzweiflung in der Stimme. Sie hatte ihre Koketterie aufgegeben und klang nur noch wie ein unglückliches Kind.

«Ja», sagte Starbuck, obwohl er wusste, dass er ihr keine solche Zusage machen sollte.

«Ich will nicht hier oben in den Bergen bleiben», sagte Sally. «Ich will weg von hier.»

«Wenn ich dir helfen kann, werde ich es tun», sagte Starbuck und wusste, dass er mehr versprach, als er halten konnte, und dass dieses Versprechen aus Torheit geboren war, und doch wollte er, dass sie ihm vertraute. «Ich verspreche, dass ich dir helfen werde», sagte er und versuchte, nach ihrer Hand zu greifen, aber sie zuckte zurück, als sich die Tür des Blockhauses öffnete.

«Wo du schon hier bist, Mädchen», sagte Truslow, «kannst du uns das Abendessen kochen. Da ist ein Huhn im Topf.»

«Ich bin nicht mehr deine Köchin», widersprach Sally und duckte sich dann weg, als Truslow die Hand gegen sie erhob. Starbuck klappte die Bibel zu und fragte sich, ob Truslow seinen Verrat wohl ahnte. Das Mädchen kochte, und Starbuck schaute träumerisch ins Feuer.

Am nächsten Morgen übergab Thomas Truslow sein Haus, sein Land und seinen besten Ledergürtel an Robert Decker. Er verlangte von dem Jungen nur, sich um Emilys Grab zu kümmern. «Roper wird dir beim Anbau helfen. Er weiß, was hier am besten wächst und wie man es pflegt, und er kennt das Vieh, das ich dir gebe. Er ist jetzt dein Pächter, aber er ist ein guter Nachbar und wird dir helfen, Junge, aber du musst auch ihm helfen. Mit guter Nachbarschaft kommt man immer durchs Leben.»

«Ja, Sir.»

«Und Roper wird in der nächsten Zeit die Sägegrube benutzen. Lass ihn.»

«Ja, Sir.»

«Und der Gürtel ist für Sally. Lass dich nicht zu ihrem Sklaven machen. Ein schmerzhafter Hieb, und sie lernt, wo ihr Platz ist.»

«Ja, Sir», sagte Robert Decker, doch ohne rechte Überzeugung.

«Ich ziehe in den Krieg, Junge», sagte Truslow, «und nur der Herr weiß, wann ich wiederkomme. Oder ob überhaupt.»

«Ich sollte auch kämpfen, Sir. Es ist nicht recht, dass ich nicht kämpfen kann.»

«Du kannst nicht kämpfen», gab Truslow schroff zurück. «Du hast eine Frau und ein Kind zu versorgen. Ich nicht. Ich habe mein Leben gelebt, also kann ich den Rest darauf verwenden, den Yankees beizubringen, dass sie ihre gierigen Finger bei sich behalten sollen.» Er ließ den Kautabak von einer Backe in die andere wandern, spuckte aus und richtete seinen Blick erneut auf Decker. «Sorg dafür, dass sie auf diesen Ring aufpasst, Junge. Er hat meiner Emily gehört, und ich weiß nicht, ob es richtig war, ihn Sally zu geben, aber Emily hat es selbst so gewollt.»

Sally blieb im Blockhaus. Starbuck wollte, dass sie herauskam. Er wollte ein paar Momente mit ihr allein haben. Er wollte mit ihr reden, wollte ihr sagen, dass er ihre Unzufriedenheit verstand und mit ihr fühlte, doch Sally tauchte nicht auf, und Truslow rief sie nicht heraus. Soweit es Starbuck beurteilen konnte, verabschiedete sich Truslow nicht einmal von seiner Tochter. Stattdessen suchte er sich ein Jagdmesser heraus, ein Gewehr und eine Pistole. Seine übrigen Waffen ließ er seinem Schwiegersohn. Dann sattelte er ein mürrisch wirkendes Pferd, ging noch einmal zu Emilys Grab, an dem er eine Zeitlang still verharrte, und danach ritt er Starbuck voraus auf den Hügel.

Die Sonne schien und ließ das Blattwerk aufleuchten. Auf dem Hügelkamm hielt Truslow sein Pferd an. Aber nicht um sich nach seinem Zuhause umzusehen, das er nun hinter sich ließ, sondern um nach Osten zu starren, wo das Land hell und klar vor ihm lag, Meile um Meile erstreckte sich Amerika bis zum Meer und wartete darauf, dass die Schlächter anfingen, es zu zerstückeln.