VORWORT
Diese Tagebücher gingen verloren, als ich aus
meinem bescheidenen Heim in der Sozialsiedlung Gaitskell zurück in
das gleichermaßen bescheidene Heim meiner Eltern in
Ashby-de-la-Zouch zog.
Nach den Ereignissen vom Samstag, dem 24.
November 2001, als ich um vier Uhr morgens von einem übereifrigen
Polizisten unter Berufung auf Innenminister Blunketts
Antiterrorismusgesetze aus dem Bett gezerrt wurde, konnte ich nicht
mehr nach Hause zurückkehren.
Meine Nachbarn berichteten mir, dass nach meiner
Abführung zum Verhör Beamte in weißen Schutzanzügen jeden Fetzen
Papier in großen Säcken fortgeschafft hatten. Jedes Dielenbrett
wurde hochgehoben, der Putz von den Wänden geschlagen, der Garten
umgegraben und Erde zur Untersuchung mitgenommen.
Nach meiner Entlassung bat ich um Rückgabe meiner
Tagebücher von 1999-2001, doch man teilte mir mit, die Polizei
wolle sie zur Sicherheit behalten, falls doch noch Anklage gegen
mich, Mohammed und seinen Bruder Imran erhoben werde. Vergangene
Woche dann öffnete ich die Tür des umgebauten Schweinestalls, in
dem ich jetzt wohne, und stand vor einem Polizisten, der meine
Tagebücher in einer durchsichtigen Plastiktüte trug.
Er sagte: »Ich glaube, die gehören Ihnen,
Sir.«
Ich nahm sie in Augenschein und gab, nicht ohne
einen
Anflug von Sarkasmus, zurück: »Dann stehe ich also nicht mehr
unter Verdacht? Ich werde nicht aus dem Bett geholt und per
Flugzeug zum Waterboarding in die Türkei verschleppt, nein?«
Woraufhin der Polizist extrem sarkastisch
erwiderte: »Ach, haben wir etwa vergessen, Ihnen Bescheid zu geben?
Es hat sich herausgestellt, dass Sie unschuldig sind. Hoffentlich
haben Sie darüber keine schlaflosen Nächte verbracht, Sir. Wir
machen gerade die alte Polizeiwache dicht und haben die hier in der
Asservatenkammer gefunden.« Damit händigte er mir die Tüte aus. Ich
bedankte mich kurz angebunden und machte ihm die Tür vor der Nase
zu. Nun, da ich meine Tagebücher von damals erneut lese, fällt mir
der melancholische Tonfall der meisten Einträge auf. Offenbar will
es mir nicht gelingen, eine dauerhafte Liebe zu finden, und meine
Karriere als Schriftsteller bleibt nichts als ein Traum.
Inzwischen lebe ich mit meiner Frau Daisy und
meiner vierjährigen Tochter Gracie in eingangs erwähntem
Schweinestall in einem Dorf namens Mangold Parva in Leicestershire.
Ich wünschte, ich könnte berichten, dass ich in meinem ländlichen
Refugium Glück und Zufriedenheit gefunden habe, doch leider, leider
kann ich das nicht – aber das ist eine andere Geschichte.
So verbleibe ich, lieber Leser, Ihr bescheidener
und ergebener Diener.
Adrian Albert Mole
PS: Diese Tagebucheinträge wurden im Vorfeld
bereits im Guardian abgedruckt, nachdem eine Betrügerin
namens Sue Townsend sie entwendet hatte. Diese hat ein ganz
lukratives
Geschäft daraus gemacht, meine Identität zu klauen und sich als
Adrian Mole auszugeben. Ich weiß, wo sie wohnt – ich bin
vorbeigegangen und habe an der Tür geklingelt, aber sie macht mir
nicht auf. Einmal konnte ich sie durch das Fenster sehen. Ein
großer Umriss, der in der Ecke eines düsteren Raums saß und aus
einer Flasche trank, die aussah wie Stolichnaya Wodka. Ihr Garten
ist verwildert, das Haus baufällig – offensichtlich ist sie auf den
Hund gekommen. Ich kann nicht behaupten, dass sie mir leidtut. Viel
zu lange schon lebt sie als Parasit von meiner literarischen
Karriere.