36
Alex
»Mann, die hat dich geküsst, als wäre es der letzte Kuss ihres Lebens. Wenn sie schon so küsst, frage ich mich, wie sie erst …«
»Klappe, Enrique.«
»Sie wird dein Ende sein, Alejo«, fährt Enrique fort. Er benutzt meinen spanischen Spitznamen. »Sieh dich nur an, die letzte Nacht hast du im Knast verbracht und jetzt schwänzt du die Schule, um dein Motorrad zurückzubekommen. Zugegeben, sie hat eine buena torta, aber ist sie es auch wert?«
»Ich muss zurück an die Arbeit«, sage ich. In meinem Kopf wirbeln die Gedanken umher, die Enrique dort eingepflanzt hat. Während ich den Rest des Abends unter einem Chevrolet Blazer verbringe, ist alles, wonach mir der Sinn steht, meine mamacita wieder und wieder zu küssen und zu berühren.
Ja, sie ist es definitiv wert.
»Alex, Hector ist hier. Mit Chuy«, sagt Enrique um sechs Uhr, als ich gerade nach Hause gehen will.
Ich wische mir die Hände an meiner Arbeitshose ab. »Wo sind sie?«
»In meinem Büro.«
Angst macht sich in mir breit, als ich mich dem Zimmer nähere. Ich sehe Hector, kaum dass ich die Tür geöffnet habe. Er steht mitten im Raum, als gehöre ihm der Laden. Chuy wartet in der Ecke, aber seine Rolle ist beileibe nicht die eines unbeteiligten Zuschauers.
»Enrique, lass uns allein.«
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Enrique hinter mir geblieben war, falls ich einen Verbündeten brauchen sollte. Ich nicke meinem Cousin zu. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, Hector hat keinen Grund an meiner Loyalität zu zweifeln. Chuys Anwesenheit jedoch macht aus diesem Treffen eine Riesennummer. Wäre es nur Hector, wäre ich nicht so angespannt.
»Alex«, sagt Hector, sobald Enrique verschwunden ist. »Ist es nicht angenehmer, sich hier zu treffen, als in einem Gerichtsgebäude?«
Ich schenke ihm ein müdes Lächeln und schließe die Tür.
Hector deutet auf die kleine, abgewetzte Couch in der hinteren Ecke des Zimmers. »Setz dich.« Er wartet, bis ich Platz genommen habe. »Ich will, dass du mir einen Gefallen tust, amigo
Es gibt keinen Grund, das Unausweichliche hinauszuzögern. »Welche Sorte Gefallen?«
»Am einunddreißigsten Oktober muss eine Schiffslieferung verteilt werden.«
Bis dahin sind es noch ein paar Wochen. Halloween – Nacht der Geister und Dämonen. »Ich deale nicht«, werfe ich ein. »Das wusstest du von Anfang an.«
Ich behalte Chuy im Auge, so wie ein Pitcher beim Baseball den gegnerischen Spieler, wenn der sich zu weit von der Base entfernt.
Hector beugt sich über mich und legt mir eine Hand auf die Schulter. »Du musst über das hinwegkommen, was mit deinem alten Herrn passiert ist. Wenn du die Latino Blood eines Tages führen willst, muss du auch mit Drogen handeln.«
»Dann steh ich für den Posten nicht zur Verfügung.«
Hectors Hand packt fester zu und Chuy kommt einige Schritte näher. Eine stille Drohung.
»Ich wünschte, es wäre so einfach«, sagt Hector. »Ich brauche deine Hilfe. Und, ehrlich gesagt, schuldest du mir was.«
Verdammt. Wenn ich nicht verhaftet worden wäre, würde ich Hector gar nichts schulden.
»Ich weiß, du wirst mich nicht enttäuschen. Wie geht es eigentlich deiner Mutter? Ich habe sie schon eine Weile nicht mehr gesehen.«
»Ihr geht es gut«, sage ich und frage mich insgeheim, was mi’amá mit dem Ganzen zu tun haben soll.
»Richte ihr meine Grüße aus, in Ordnung?«
Was zum Teufel soll das denn heißen?
Hector öffnet die Tür, weist Chuy an, ihm zu folgen und lässt mich allein, um in aller Ruhe darüber nachzugrübeln.
Ich lehne mich auf dem Sofa zurück, starre die geschlossene Tür an und frage mich, ob ich die Nerven habe, einen Drogendeal durchzuziehen.
Aber wenn ich meine Familie schützen will, ist die Entscheidung längst gefallen.
Du oder das ganze Leben
cover.html
elke_9783641039455_oeb_cover_r1.html
elke_9783641039455_oeb_toc_r1.html
elke_9783641039455_oeb_ata_r1.html
elke_9783641039455_oeb_ded_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c01_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c02_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c03_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c04_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c05_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c06_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c07_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c08_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c09_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c10_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c11_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c12_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c13_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c14_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c15_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c16_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c17_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c18_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c19_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c20_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c21_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c22_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c23_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c24_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c25_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c26_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c27_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c28_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c29_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c30_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c31_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c32_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c33_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c34_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c35_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c36_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c37_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c38_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c39_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c40_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c41_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c42_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c43_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c44_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c45_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c46_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c47_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c48_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c49_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c50_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c51_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c52_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c53_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c54_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c55_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c56_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c57_r1.html
elke_9783641039455_oeb_c58_r1.html
elke_9783641039455_oeb_elg_r1.html
elke_9783641039455_oeb_ack_r1.html
elke_9783641039455_oeb_cop_r1.html