27
Brittany
Ich bin zu spät zum Spiel gekommen. Nachdem Alex gegangen war, habe ich mich bis auf die Unterwäsche ausgezogen und bin in das Becken gesprungen, um meine Schlüssel wiederzubekommen. Dank Alex wurde ich degradiert. Darlene, ehemalige Zweite Cheerleaderin, ist nun offiziell Erste. Ich habe eine halbe Stunde gebraucht, um in der Mädchenumkleide mein Haar zu trocknen und neues Make-up aufzulegen. Ms Small war außer sich, dass ich zu spät kam. Sie hat zu mir gesagt, ich könne mich glücklich schätzen, bloß degradiert worden und nicht hochkantig aus dem Team geflogen zu sein.
Nach dem Spiel liege ich mit meiner Schwester im Wohnzimmer auf der Couch. Mein Haar riecht immer noch nach Chlor, aber ich bin zu müde, als dass es mir etwas ausmachen würde. Meine Augen fallen langsam zu, während ich im Anschluss an das Abendessen eine Realitysoap gucke.
»Brit, wach auf, Colin ist da«, sagt meine Mom da plötzlich und schüttelt mich.
Ich blinzle zu Colin hoch, der über mir aufragt. Er wirft die Hände in die Luft. »Bist du abfahrbereit?«
Oh, Mann. Ich habe Shanes Party ganz vergessen, dabei steht der Termin seit Monaten im Kalender. Ich bin so was von nicht in der Stimmung. »Wie wäre es, wenn wir sie ausfallen ließen und zu Hause blieben?«
»Machst du Witze? Alle erwarten uns dort. Du wirst auf keinen Fall die fetteste Party des Jahres verpassen!« Er sieht meine Jogginghose und mein T-Shirt an, auf dem Schon beim Checkup gewesen? steht. Ich habe es letztes Jahr bekommen, als ich beim Brustkrebslauf mitgemacht habe. »Ich warte, während du dich fertig machst. Beeil dich. Warum ziehst du nicht das kurze Schwarze an, auf das ich so stehe?«
Ich schleppe mich zu meinem Kleiderschrank, um mich umzuziehen. In der Ecke, neben meinem DKNY-Oberteil, liegt Alex’ Bandana. Ich habe es gestern Abend gewaschen, aber ich schließe meine Augen und presse es an meine Nase, um zu sehen, ob das Stück Stoff noch nach ihm riecht. Alles, was in meine Nase steigt, ist Waschmittelgeruch und ich muss feststellen, dass mich das enttäuscht. Doch ich bin in diesem Moment nicht bereit, meine Gefühle zu analysieren, denn schließlich steht Colin unten und wartet auf mich.
Mein schwarzes Minikleid anzuziehen, meine Haare zu richten und Make-up aufzulegen dauert eine Weile. Ich hoffe, Colin ist nicht genervt, dass ich so lange brauche. Denn ich muss es richtig hinkriegen. Meine Mutter wird mein Aussehen bestimmt kommentieren, während er daneben steht.
Zurück im Erdgeschoss entdecke ich, dass Colin am äußeren Ende der Couch sitzt und meine Schwester komplett ignoriert. Ich glaube, ihre Gegenwart verunsichert ihn.
Meine Mom, die Generalinspekteurin, kommt zu mir rüber und greift in mein Haar. »Hast du auch Conditioner benutzt?«
Meint sie, bevor oder nachdem ich ins Becken gesprungen bin, um meine Schlüssel wiederzubekommen? Ich stoße ihre Hand beiseite. »Mom, bitte.«
»Du siehst fantastisch aus«, sagt Colin, der aufgestanden ist und sich neben mich gestellt hat.
Gott sei Dank lässt mich Mom daraufhin in Ruhe. Offensichtlich erfreut und beruhigt sie Colins Begeisterung und tröstet sie über mein unperfektes Haar hinweg.
Während der Fahrt zu Shanes Haus betrachte ich den Jungen, der seit zwei Jahren mein Freund ist. Das erste Mal haben wir uns auf einer von Shanes Partys beim Flaschendrehen geküsst. Es war unser erstes Jahr auf der Senior-High. Wir haben ungeniert vor allen rumgeknutscht. Colin hat mich in seine Arme genommen und volle fünf Minuten lang geküsst. Ja, die Zeit wurde tatsächlich gestoppt. Seitdem sind wir ein Paar.
»Warum siehst du mich so an?«, fragt er und wirft mir einen Blick von der Seite zu.
»Ich habe gerade an unseren ersten Kuss gedacht.«
»Bei Shane. Mann, denen haben wir echt was geboten, was?«
»Sogar die Seniors waren damals beeindruckt.«
»Jetzt sind wir die Seniors.«
»Und wir sind immer noch das Traumpaar, Baby«, sagt er und biegt in Shanes Auffahrt. »Die Party kann beginnen, das Traumpaar ist da!«, ruft Colin, als wir das Haus betreten.
Colin stellt sich zu den Jungs, während ich mich auf die Suche nach Sierra begebe. Ich finde sie im Wohnzimmer. Sierra umarmt mich und bedeutet mir, mich auf den freien Platz neben ihr auf dem Sofa zu setzen. Ein paar Mädels vom Cheerleading sind hier, inklusive Darlene.
»Jetzt, da Brit hier ist«, sagt Sierra, »können wir endlich loslegen.«
»Wen würdest du lieber küssen?«, fragt Madison.
Sierra lehnt sich auf dem Sofa zurück. »Lass uns mit was Einfachem anfangen. Mops oder Pudel?«
Ich lache. »Du meinst Hunde?«
»Genau.«
»Okay«, sage ich. Pudel sind süß und knuffig, aber Möpse sind maskuliner und haben diesen Komm-mir-bloß-nicht-aufdie-Tour-Blick. So sehr ich süß und knuffig mag, ein Pudel hätte bei mir keine Chance. »Mops.«
Morgan verzieht das Gesicht. »Iii! Auf jeden Fall Pudel. Möpse haben diese eingedrückte Nase und schniefen und prusten die ganze Zeit. Nicht sehr kussfördernd.«
»Wir wollen es nicht wirklich ausprobieren, Dummerchen«, meint Sierra.
»Ich hab einen«, sage ich. »Footballtrainer Garrison oder Mr Harris, der Mathelehrer?«
Alle Mädchen rufen im Chor: »Garrison!«
»Er ist so ein heißes Schnittchen«, schwärmt Megan.
Sierra kichert. »Ich will dir nur ungern deine Illusionen rauben, aber ich habe gehört, er sei schwul.«
»Auf keinen Fall!«, sagt Megan. »Bist du sicher? Egal, selbst wenn er schwul sein sollte, würde ich ihn jederzeit Harris vorziehen.«
»Ich habe einen«, schaltet sich Darlene ein. »Colin Adams oder Alex Fuentes?«
Alle Augen richten sich gespannt auf mich. Da stupst mich Sierra an und gibt mir zu verstehen, dass wir Gesellschaft haben – Colin. Warum hat Darlene mich nur so bloßgestellt?
Alle Blicke wandern nun zu Colin, der hinter mir steht.
»Ups, sorry«, sagt Darlene, als würde das ihr loses Mundwerk entschuldigen.
»Jeder hier weiß, dass Brittany Colin wählen würde«, stellt Sierra klar und wirft sich eine Brezel in den Mund.
Megan schnaubt verächtlich. »Darlene, was ist dein Problem?«
»Was soll das heißen? Es ist nur ein Spiel, Megan.«
»Hm, aber offenbar spielen wir ein anderes Spiel als du.«
»Was soll das denn heißen? Nur, weil du keinen Freund hast …«
Colin geht an uns vorbei in Richtung Patio. Nachdem ich Darlene einen wütenden Blick zugeworfen und Megan innerlich dafür gedankt habe, ihr die Meinung gesagt zu haben, folge ich ihm nach draußen.
Ich finde Colin in einem der Liegestühle am Pool.
»Musstest du so verdammt lange zögern, als Darlene ihre Frage gestellt hat?«, fragt er mich. »Du hast mich da drinnen zum Idioten gemacht.«
»Ich bin deswegen auch ziemlich angepisst von Darlene.«
Er lacht kurz auf. »Kapierst du es nicht? Es ist nicht Darlenes Schuld.«
»Willst du damit sagen, es sei meine? Als ob ich darum gebeten hätte, Alex’ Partnerin zu sein.«
Er steht auf. »Du hast dich jedenfalls nicht sehr dagegen gewehrt.«
»Willst du streiten, Colin?«
»Vielleicht tue ich das. Du weißt ja noch nicht mal, wie man sich als Freundin zu verhalten hat.«
»Wie kannst du so was sagen? Wer hat dich ins Krankenhaus gebracht, als du dir das Handgelenk verstaucht hast? Wer ist nach deinem ersten Touchdown auf das Spielfeld gerannt und hat dich geküsst? Wer hat dich letztes Jahr jeden Tag besucht, als du Windpocken hattest?«
Ich habe gegen meinen Willen eine Fahrstunde erhalten. Ich bin volltrunken in Alex’ Armen ohnmächtig geworden, aber ich wusste nicht, was ich tat. Zwischen mir und Alex ist nichts gelaufen. Ich bin unschuldig, selbst wenn ich Gedanken habe, die es nicht sind.
»Das war letztes Jahr.« Colin nimmt meine Hand und führt mich ins Haus. »Ich will, dass du mir heute zeigst, wie viel ich dir bedeute. Hier und Jetzt.«
Wir betreten Shanes Schlafzimmer und Colin zieht mich zu sich auf das Bett.
Ich stoße ihn weg, als er an meinem Nacken zu knabbern beginnt.
»Hör auf dich aufzuführen, als würde ich dich zu etwas zwingen, Brit«, nuschelt Colin. Das Bett quietscht unter seinem Gewicht. »Seit die Schule angefangen hat, benimmst du dich wie eine verdammte Nonne.«
Entrüstet setze ich mich auf. »Ich möchte eben nicht, dass unsere Beziehung nur auf Sex basiert. Wir reden gar nicht mehr miteinander.«
»Dann rede«, sagt er, während seine Hände über meine Brüste wandern.
»Du zuerst. Du sagst etwas, dann sage ich etwas.«
»Das ist das Dämlichste, was ich je gehört habe. Ich habe dir nichts zu sagen, Brit. Aber wenn dir etwas auf dem Herzen liegt, lass es raus.«
Ich atme tief ein und verfluche mich dafür, dass ich mich in Alex’ Gegenwart so viel wohler fühle, als hier in einem Bett mit Colin. Ich darf nicht zulassen, dass unsere Beziehung zerbricht. Meine Mom würde ausrasten, meine Freunde würden ausrasten … und die Welt geriete aus den Fugen …
Colin zieht mich an sich. Ich kann nicht mit ihm Schluss machen, nur weil ich Angst davor habe, mit ihm zu schlafen. Er ist schließlich auch noch Jungfrau. Und er wartet auf mich, damit wir unser erstes Mal zusammen erleben. Die meisten unserer Freunde haben es schon getan, vielleicht stelle ich mich wirklich zu sehr an. Vielleicht interessiere ich mich auch nur für Alex, weil es mir einen Grund gibt, es nicht mit Colin zu tun.
Colins Arm schlängelt sich um meine Taille. Wir sind seit zwei Jahren zusammen. Warum sollte ich das alles für eine völlig absurde Sehnsucht aufs Spiel setzen. Eine Sehnsucht nach jemandem, mit dem ich nicht mal reden sollte.
Als seine Lippen nur noch Zentimeter von meinen entfernt sind, gefriert mein Blick. Auf Shanes Kommode steht ein Foto. Darauf sind Shane und Colin diesen Sommer am Strand zu sehen. Bei ihnen sind zwei Mädchen und Colin hat seinen Arm in einer vertrauten Geste um die Niedliche mit dem braunen Kurzhaarschnitt geschlungen. Sie lächeln breit, als teilten sie ein Geheimnis, das sie niemand anderem verraten wollen.
Ich zeige auf das Bild. »Wer ist das?«, frage ich und versuche, das Unbehagen, das ich mit einem Mal spüre, nicht in meiner Stimme mitschwingen zu lassen.
»Das sind bloß zwei Mädchen, die wir am Strand getroffen haben«, sagt er und lehnt sich zurück, um das Bild betrachten zu können.
»Wie heißt das Mädchen, um das du den Arm gelegt hast?«
»Ich weiß nicht, ich glaube sie hieß Mia oder so ähnlich.«
»Ihr zwei seht aus, als wärt ihr ein Paar«, sage ich.
»Das ist doch Quatsch. Komm her«, sagt Colin, richtet sich auf und verstellt so meinen Blick auf das Foto. »Du bist diejenige, die ich jetzt will, Brit.«
Was meint er mit »jetzt«? Als ob er Mia den Sommer über gewollt hätte und jetzt mich. Oder messe ich seinen Worten einfach zuviel Bedeutung bei?
Bevor ich länger darüber nachdenken kann, hat er mein Kleid und meinen BH bis zum Kinn hochgeschoben. Ich versuche, in Stimmung zu kommen und mir klarzumachen, dass mein Zögern mit meiner Nervosität zusammenhängt. »Hast du die Tür abgeschlossen?«, frage ich. Mein Unbehagen verbanne ich in eine dunkle Ecke meines Bewusstseins.
»Hm«, erwidert er, ganz auf meine Brüste konzentriert.
Ich weiß, dass ich mitmachen sollte, aber es fällt mir schwer, meine Passivität abzulegen. Trotzdem berühre ich ihn durch die Jeans.
Colin steht auf, schiebt meine Hand weg und öffnet den Reißverschluss seiner Hose. Als er sie bis zu den Knien runtergeschoben hat, sagt er: »Komm, Brit. Lass uns etwas Neues ausprobieren.«
Es fühlt sich nicht richtig an, eher so, als wäre es gestellt. Ich komme näher, obwohl ich in Gedanken meilenweit weg bin.
Die Tür öffnet sich einen Spalt und Shane steckt seinen Kopf in den Raum. Sein Mund verzieht sich zu einem breiten Grinsen. »Heilige Scheiße! Wo ist die Handykamera, wenn man eine braucht?«
»Ich dachte, du hast die Tür abgeschlossen!«, fauche ich Colin wütend an, während ich rasch meinen BH und mein Kleid herunterziehe. »Du hast mich angelogen.«
Colin schnappt sich die Bettdecke und bedeckt seine Blöße. »Shane, verdammt noch mal, gönn uns etwas Privatsphäre, okay? Brit, hör auf, dich so psycho aufzuführen.«
»Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, das ist mein Zimmer«, sagt Shane. Er lehnt am Türrahmen und wackelt mit seinen Augenbrauen. »Brit, sag mir die Wahrheit. Sind die echt?«
»Shane, du bist ein Schwein«, sage ich. Dann rutsche ich von Colin weg.
Colin greift nach mir, als ich das Bett verlasse. »Komm zurück, Brit. Es tut mir leid, dass ich die Tür nicht abgeschlossen habe. Ich war völlig in dem Moment gefangen.«
Das Problem ist, dass die offene Tür nicht der alleinige Grund dafür ist, dass ich dermaßen außer mir bin. Er hat mich psycho genannt und keinen weiteren Gedanken daran verschwendet. Und er hat mich nicht vor Shane in Schutz genommen. Ich werfe ihm einen Blick über die Schulter zu. »Tatsächlich? Nun, ich bin gerade in dem Bedürfnis gefangen, dieses Haus zu verlassen.«
Um ein Uhr nachts sitze ich in meinem Zimmer und starre mein Handy an. Colin hat sechsunddreißigmal angerufen. Und zehn Nachrichten hinterlassen. Seit Sierra mich nach Hause gefahren hat, habe ich ihn ignoriert. Hauptsächlich, weil es Zeit braucht, bis meine Wut sich legt. Es ist mir dermaßen peinlich, dass Shane mich oben ohne gesehen hat. In der Zeit, die ich gebraucht habe, um Sierra zu finden und sie zu fragen, ob sie mich nach Hause fährt, habe ich mindestens fünf Leute über meine Vorstellung in Shanes Zimmer miteinander flüstern sehen. Ich will nicht so ausflippen, wie meine Mom es ständig tut, aber vorhin wäre ich Colin und Shane beinah ins Gesicht gesprungen.
Bei Colins neununddreißigstem Anruf hat sich mein Herzschlag so weit beruhigt, wie das heute Nacht überhaupt noch möglich ist, und ich gehe schließlich dran. »Hör auf, mich anzurufen«, sage ich zur Begrüßung.
»Ich höre damit auf, wenn du dir angehört hast, was ich zu sagen habe«, erwidert Colin am anderen Ende der Leitung. Er klingt frustriert.
»Also rede. Ich bin ganz Ohr.«
Ich höre, wie er tief durchatmet. »Es tut mir leid, Brit. Es tut mir leid, dass ich die Tür nicht abgeschlossen habe. Es tut mir leid, dass ich mit dir schlafen wollte. Es tut mir leid, dass einer meiner besten Freunde sich für wahnsinnig komisch hält, wenn er es nicht ist. Es tut mir leid, dass ich es nicht ertragen kann, dich und Fuentes in Petersons Kurs zusammen zu sehen. Es tut mir leid, dass ich mich diesen Sommer verändert habe.«
Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Er hat sich verändert. Habe ich das auch? Oder bin ich noch die gleiche Person, von der er sich verabschiedet hat, als er in die Sommerferien fuhr? Ich weiß es nicht. Eine Sache gibt es jedoch, die ich weiß. »Colin, ich will nicht länger streiten.«
»Ich doch auch nicht. Kannst du einfach versuchen zu vergessen, dass der heutige Abend je stattgefunden hat? Ich verspreche, ich werde es wiedergutmachen. Erinnerst du dich an unseren Jahrestag letztes Jahr, als mein Onkel uns für einen Tag in seiner Cessna nach Michigan geflogen hat?«
Wir waren in einem Badeort. Als wir am Abend im Restaurant ankamen, wartete dort ein riesiger Strauß roter Rosen auf unserem Tisch, nebst einer türkisfarbenen Schachtel. Darin lag ein weißgoldenes Armband von Tiffany’s. »Ich erinnere mich.«
»Ich werde dir die Ohrringe kaufen, die zu dem Armband gehören, Brit.«
Ich bringe es nicht übers Herz, ihm zu sagen, dass es nicht die Ohrringe sind, die ich mir wünsche. Ich liebe das Armband über alles und trage es ständig. Aber was mich umgehauen hat, war nicht das Geschenk. Es war, dass Colin sich eine irre Mühe gegeben hat, den Tag zu planen und ihn zu etwas Besonderem für uns zu machen. Daran erinnere ich mich, wenn ich das Armband ansehe. Nicht an das Geschenk, sondern an seine Bedeutung. Seit die Schule wieder angefangen hat, habe ich nur wenig von diesem Colin zu Gesicht bekommen.
Die teuren Ohrringe wären ein Symbol für Colins mieses Verhalten und würden mich immer an den heutigen Abend erinnern. Sie könnten auch das Gefühl in mir wecken, mich in seiner Schuld zu fühlen und ihm etwas zurückgeben zu müssen … meine Jungfräulichkeit. Es ist ihm vielleicht nicht bewusst, aber allein die Tatsache, dass mir der Gedanke gekommen ist, ist ein Zeichen. Ich brauche diese Art Druck nicht. »Colin, ich möchte die Ohrringe nicht.«
»Was willst du dann? Sag es mir.«
Ich brauche eine Weile, um darauf zu antworten. Vor sechs Monaten hätte ich einen hundertseitigen Essay darüber schreiben können, was ich im Leben will. Doch seit die Schule begonnen hat, ist alles anders geworden. »Im Moment weiß ich nicht, was ich will.« Ich fühle mich mies, als ich das sage, aber es ist die Wahrheit.
»Weihst du mich ein, wenn du es herausgefunden hast?«
Ja, falls ich es je herausfinde.
Du oder das ganze Leben
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