28.) Der Sommer-Junggeselle
Jedes Jahr Anfang Juli ist Dubai auf einmal wie leer gefegt. Die Schulferien haben angefangen und alle Mütter, die nicht auf den Schulhamster aufpassen müssen, nutzen die Gelegenheit, mit ihren Kindern Dubai, der Hitze und dem anstehenden Ramadan für zwei Monate den Rücken zu kehren. Zurück bleiben die Väter, die ihren Familien für gewöhnlich nur für zwei bis drei Wochen folgen und den Rest der Zeit in Dubai arbeiten müssen.
Das Wort „Sommer-Junggeselle“ ist in Dubai entsprechend ein feststehender Begriff und im Juli und August trifft man sie überall: Familienväter, die plötzlich auf sich selbst gestellt sind. Man kann zwei – sehr unterschiedliche Arten – dieser Spezies unterscheiden:
Da wäre zum einen der vereinsamte Sommer-Junggeselle. Ihn trifft man zu Beginn der Ferien fast ausschließlich in den Food-Courts der Malls, wo er mit glücklichem Gesicht Unmengen Pommes Frites, Hamburger und andere, möglichst fettige Dinge in sich hineinstopft und das alles endlich mal ohne auf seine schlechten Cholesterin-Werte oder seinen Rettungsring am Bauch hingewiesen zu werden.
Nach ein bis zwei Wochen im Junk-Food-Himmel trifft man ihn immer öfter im Supermarkt. „Etwas Selbstgekochtes wäre doch mal wieder schön“, sagt sein Gesichtsausdruck. Seine fahle, speckige Gesichtshaut spricht ebenfalls Bände.
Unschlüssig und unglücklich steht er vor den Regalen des Supermarkts und überlegt, ob wirklich Tomaten in eine Bolognese-Sauce kommen? Warum in drei Gottes Namen sehen die Nudeln in den Paketen so komisch und hart aus? Muss man die etwa vor dem Essen kochen? Und wenn ja, wie geht das?
Nach vier Wochen ruft er die wenigen Freunde an, deren Telefonnummern er hat – für das Sozialleben ist die Ehefrau zuständig – und versucht, eine Essenseinladung zu bekommen. Was meist nicht funktioniert, da die Dame des anderen Hauses ebenfalls ausgeflogen ist.
Mittlerweile verflucht diese Form des Sommer-Junggesellen die blöden Sommerferien verbittert und wünscht sich seine Frau zurück. Nicht, weil er sie so schrecklich vermisst, sondern weil er keine Ahnung hat, wie die Waschmaschine funktioniert und die Spülmaschine hat die Nutzung von Weichspüler anstatt Spülmaschinen-Tabs auch nicht überlebt.
Der vereinsamte Sommer-Junggeselle ist die harmlose Variante, die die ausgeflogene Dubai-Ehefrau sich wünscht – schließlich lebt sie nach ihrer Rückkehr mindestens 4 Wochen lang im Ehehimmel und ihr Mann vergöttert sie und ihre Kochkünste. Dann hat er den Sommer vergessen.
Dann gibt es noch den glücklichen Sommer-Junggesellen. Den wünscht sich garantiert keine Ehefrau: Er genießt die Zeit allein und nutzt sie, um mit anderen glücklichen Sommer-Junggesellen durch die Bars zu ziehen und mal so richtig auf den Putz zu hauen. Nicht selten hat er eine oder mehrere Affären und schreckt dabei sogar vor der Maid des Hauses nicht zurück.
Wenn die Ehefrau nach zwei Monaten zurückkommt, ist der Spuk vorbei und der glückliche Sommer-Junggeselle für die nächsten zehn Monaten wieder treusorgender Ehemann. Bis zum nächsten Sommer. Es sei denn, er hat es tatsächlich übertrieben. So, wie der Ehemann einer Dame, deren Leid nach Ende der Sommerferien für Gesprächsstoff auf dem Schulparkplatz sorgte.
Die Arme ahnte nichts von der Sommer-Affäre ihres Mannes, bis ihre Maid ihr gestand, dass sie ein Kind von „Sir“ erwarte. Zumindest für diesen glücklichen Sommer-Junggesellen war der Herbst gekommen, seine Frau schickte die Maid zurück auf die Philippinen und zog mit den gemeinsamen Kindern zurück nach England.