NEUN
»Wenn Sie dahin gehen, wohin ich glaube, dass Sie gehen, junger Mann«, sagte Tamian Godfrey auf einer ihrer täglichen Wanderungen, »dann werden Sie wahrscheinlich unterschiedlichen Ebenen von Aggressivität und Fanatismus begegnen, die Sie bewältigen müssen. Im Kern liegt ein selbst erklärter Dschihad oder heiliger Krieg, aber die verschiedenen Gruppen gelangen auf verschiedenen Wegen dorthin, und sie verhalten sich auf verschiedene Weise. Sie sind bei weitem nicht alle gleich.«
»Mit dem Wahhabismus fängt es anscheinend an«, sagte Martin.
»In gewisser Weise ja, doch wir dürfen nicht vergessen, dass der Wahhabismus die Staatsreligion Saudi-Arabiens ist und dass Osama bin Laden dem saudischen Establishment den Krieg erklärt hat, weil sie Ketzer sind. Viele Gruppen des extremistischen Flügels haben die Lehren Muhammad al-Wahhabs weit hinter sich gelassen. Er war ein Prediger im achtzehnten Jahrhundert, der aus dem Nadschd kam, dem ödesten, härtesten Teil des Landesinneren auf der saudischen Halbinsel. Er hinterließ die strengsten und intolerantesten unter den vielen, vielen Koraninterpretationen. Das war damals, aber das hier ist heute. Er hat Nachfolger. Der saudische Wahhabismus hat dem Westen oder dem Christentum nicht den Krieg erklärt, und er tritt auch nicht für wahllosen Massenmord ein, schon gar nicht an Frauen und Kindern. Was Wahhab hinterlassen hat, ist das Saatbeet einer totalen Intoleranz, in dem die Terror-Chefs von heute ihre jungen Setzlinge heranziehen konnten, um sie schließlich zu Killern zu machen.«
»Warum sind sie dann nicht immer noch auf die arabische Halbinsel beschränkt?«, fragte Martin.
Najib Qureshi schaltete sich ein. »Weil Saudi-Arabien dreißig Jahre lang seine Petrodollars dazu benutzt hat, seine Staatsreligion zu internationalisieren und auf jedes islamische Land der Welt zu übertragen. Dazu gehört auch mein Heimatland. Es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass irgendeiner von ihnen wusste, was für ein Monstrum sie da freisetzten, oder dass es sich zum Massenmord würde dirigieren lassen. Tatsächlich muss man vermuten, dass Saudi-Arabien, wenn auch ein wenig spät, inzwischen selbst Angst vor dem Ungeheuer hat, das es drei Jahrzehnte lang finanziert hat.«
»Und warum hat al-Qaida dem Ursprungsland ihres Glaubens und ihrer finanziellen Mittel den Krieg erklärt?«
»Weil andere Propheten gekommen sind, noch intolerantere, noch extremere. Sie predigen nicht nur Intoleranz gegen alles Nichtislamische, sondern auch Angriff und Vernichtung. Die saudische Regierung wird geschmäht, weil sie mit dem Westen Geschäfte macht und zulässt, dass US-Truppen ihren heiligen Boden betreten. Und es trifft auch jede säkulare Muslimregierung. In den Augen der Fanatiker sind die genauso schuldig wie Christen und Juden.«
»Und wem, glauben Sie, werde ich auf meinen Reisen begegnen, Tamian?« Die alte Dame fand einen Felsen, so groß wie ein Stuhl, und setzte sich darauf, um ihre Beine auszuruhen.
»Es gibt zahlreiche Gruppen, aber im Kern sind es zwei. Kennen Sie das Wort ›Salafi‹?«
»Ich habe es schon gehört«, sagte Martin.
»Das Motto dieser Brigade lautet ›zurück zu den Anfängen‹. Im Grunde geht es ihnen darum, das große goldene Zeitalter des Islam wiederherzustellen. Zurück zu den ersten vier Kalifaten, die mehr als tausend Jahre in der Vergangenheit liegen. Wilde Bärte, Sandalen, wehende Gewänder. Die Scharia – das strenge islamische Recht. Die Absage an alles Moderne und an den Westen, der es gebracht hat. Ein solches Paradies auf Erden kann es natürlich nicht geben, aber von der Realität haben Fanatiker sich noch nie schrecken lassen. In der Verfolgung ihrer irrsinnigen Träume haben Nazis, Kommunisten, Maoisten und die Anhänger Pol Pots hunderte Millionen Menschen niedergemetzelt, die Hälfte davon ihre eigenen Freunde und Verwandten, weil sie nicht extrem genug waren. Denken Sie an Stalins und Maos Säuberungen – lauter Mitkommunisten, abgeschlachtet, weil sie rückschrittlich waren.«
»Mit dem, was Sie über die Salafisten sagen, beschreiben Sie die Taliban«, stellte Martin fest.
»Unter anderem, ja. Sie sind die Selbstmordattentäter, die einfältigen Gläubigen. Sie vertrauen ihren Herren und folgen ihren geistlichen Führern, sie sind nicht besonders gescheit, aber absolut gehorsam, und sie glauben, dass ihr geisteskranker Hass dem allmächtigen Allah gefallen wird.«
»Gibt es noch Schlimmere?«, fragte Martin.
»O ja.« Tamian Godfrey stand auf und setzte den Spaziergang fort, aber sie steuerte die Gruppe entschlossen zurück zum Castle, dessen Turm hinter zwei kleinen Tälern zu sehen war.
»Die Ultras, die eigentlichen Ultras, würde ich mit einem einzigen Wort beschreiben: Takfir. Was immer das zu Wahhabs Zeiten bedeutet haben mag, es hat sich geändert. Ein echter Salafi raucht, spielt und tanzt nicht, er akzeptiert keine Musik in seiner Gegenwart, trinkt keinen Alkohol und hat keinen Umgang mit westlichen Frauen. Durch Kleidung, Auftreten und religiöse Frömmigkeit ist er auf den ersten Blick als das erkennbar, was er ist. Unter dem Blickwinkel der inneren Sicherheit ist Identifizierbarkeit die halbe Miete.
Aber einige von ihnen übernehmen sämtliche Gebräuche des Westens, so groß ihr Abscheu dagegen auch sein mag, um verwestlicht und daher harmlos zu erscheinen. Alle neunzehn 9/11-Attentäter haben die Kontrollen passieren können, weil sie entsprechend aussahen und sich benahmen. Das Gleiche gilt für die vier Londoner Attentäter: Scheinbar normale junge Männer, die ins Fitness-Studio gingen und Cricket spielten, die höflich und hilfsbereit waren – einer war Sonderschullehrer. Sie lächelten immer und planten dabei einen Massenmord. Die sind es, die man im Auge behalten muss.
Viele sind gebildet, gut frisiert, glatt rasiert und gepflegt, sie tragen Anzüge und haben studiert. Das sind die Gefährlichsten. Sie sind bereit, gegen ihren Glauben zum Chamäleon zu werden, um für ihren Glauben Massenmorde zu begehen. Dem Himmel sei Dank, wir sind da. Meine alten Beine können nicht mehr. Zeit für das Mittagsgebet. Mike, Sie werden zum Gebet rufen und dann vorbeten. Vielleicht wird man Sie einmal dazu auffordern. Das ist eine große Ehre.«
Kurz nach dem Neujahrstag ging eine E-Mail von Siebart & Abercrombie nach Jakarta. Am 1. März würde die Countess of Richmond mit einer Ladung Jaguar-Limousinen, in Containern verstaut, von Liverpool nach Singapur fahren. Nach dem Löschen in Singapur ginge die Reise mit Ballast weiter nach Nordborneo, wo sie Holz im Stückgutladeraum aufnehmen würde. Dann ginge es weiter nach Surabaya, wo als Deckladung die Container mit Seide dazukämen.
Die Baukolonne in der Pasayten Wilderness war zutiefst dankbar, als ihre Arbeit Ende Januar endlich getan war. Um das Tempo zu beschleunigen, hatten die Männer beschlossen, an Ort und Stelle zu übernachten, und bis die Zentralheizung in Gang gesetzt wurde, war es extrem kalt gewesen. Doch der zugesagte Bonus war groß und verlockend. Sie nahmen die Strapazen in Kauf und wurden planmäßig fertig.
Auf den ersten Blick sah die Hütte kaum verändert, aber größer aus. Tatsächlich war sie völlig verwandelt. Die Schlafzimmer genügten für zwei Offiziere. Für die acht Wachen, die für einen 24-Stunden-Dienst nötig waren, hatte man eine Schlafbaracke und eine Kantine angebaut.
Das geräumige Wohnzimmer war als solches erhalten geblieben, für einen Aufenthaltsraum mit Billard, Bibliothek, Plasmafernseher und einer umfangreichen DVD-Kollektion war jedoch ein weiterer Anbau erforderlich gewesen. Alle diese Räume waren aus Kiefernholzbohlen mit Innenisolierung errichtet worden.
Der dritte Anbau schien ebenfalls aus rustikalen Holzbalken zu bestehen, aber tatsächlich waren nur die Außenwände mit Balken verkleidet und bestanden innen aus armiertem Beton. Der gesamte Zellenflügel war von außen undurchdringlich und von innen ausbruchsicher.
Vom Quartier der Wachen aus war er durch eine einzelne Stahltür mit Speisenluke und Guckloch zu betreten. Hinter dieser Stahltür lag ein einzelner, aber großer Raum. Ein stählernes Bettgestell war fest im Betonboden verankert. Mit bloßen Händen war es nicht zu bewegen, ebenso wenig wie die Regale an der Wand, die in den Beton eingelassen waren.
Aber es gab einen Teppichboden, und in Höhe der Fußleisten waren Heizungsgitter, die sich nicht öffnen ließen. Dem Guckloch gegenüber befand sich eine weitere Tür, die der Gefangene nach Belieben öffnen und schließen konnte. Sie führte in einen kleinen Hof.
Der Hof war leer bis auf eine Betonbank, die in der Mitte stand. Die Mauern waren von dort aus nicht zu erreichen. Sie waren drei Meter hoch und glatt wie ein Billardtisch, und ihre Oberkante war unerreichbar. Es gab nichts, was man hätte heranschieben, anlehnen und besteigen können.
Die sanitären Anlagen bestanden aus einer Nische abseits des großen Vorderraums: ein Loch im Boden, das als Toilette diente, und eine Dusche, die nur von außen durch die Wachen bedient werden konnte.
Weil das neue Baumaterial mit dem Hubschrauber hergebracht worden war, hatte man als einzige äußerlich sichtbare Neuerung einen Landeplatz anlegen müssen. So stand die einsame Hütte auf einem 200-Hektar-Grundstück, zu allen Seiten von Kiefern, Lärchen und Fichten umgeben, die allerdings im Umkreis von hundert Metern zurückgeschnitten worden waren.
Die zehn Bewacher des wahrscheinlich teuersten und exklusivsten Gefängnisses im ganzen Land, die schließlich kamen, waren zwei CIA-Männer der mittleren Ebene aus Langley und acht Subalterne, die alle mentalen und physischen Tests ihrer Ausbildung bestanden hatten und jetzt auf einen aufregenden ersten Einsatz hofften. Stattdessen bekamen sie einen Wald im Schnee. Aber sie waren fit und brannten darauf, Eindruck zu machen.
Das Militärgerichtsverfahren in Guantanamo Bay begann kurz vor Ende Januar und fand in einem der größeren Räume des Vernehmungsblocks statt, den man für diese Zwecke eingerichtet hatte. Wer auf einen halb wahnsinnigen Colonel Jessup und auf die theatralische Extravaganz hoffte, wie sie in Eine Frage der Ehre zu sehen waren, wäre bitter enttäuscht worden. Das Verfahren wurde geordnet und in gedämpftem Ton geführt.
Es waren acht Häftlinge, die für die Entlassung in Frage kamen, da sie als »nicht weiter gefährlich« eingestuft worden waren, und sieben von ihnen beteuerten vehement ihre Harmlosigkeit. Nur einer wahrte ein verachtungsvolles Schweigen.
»Gefangener Khan, in welche Sprache möchten Sie dieses Verfahren übersetzt bekommen?«, fragte der Colonel, der den Vorsitz führte. Er saß, flankiert von einem Major und einem weiblichen Captain, auf dem Podest am Ende des Raums unter dem Wappen der Vereinigten Staaten von Amerika. Alle drei gehörten zur juristischen Abteilung der US-Marines.
Der Gefangene saß vor ihnen. Zwei Marinesoldaten zogen ihn auf die Beine. An Schreibtischen einander gegenüber saßen der Anklagevertreter und der Verteidiger, Ersterer ein Soldat, Letzterer ein Zivilist. Der Gefangene zuckte kurz die Achseln und starrte ein paar Sekunden lang den weiblichen Captain an. Dann wanderte sein Blick zu der Wand über den Richtern.
»Diesem Gericht ist bekannt, dass der Gefangene Arabisch versteht. Also entscheidet das Gericht, dass in diese Sprache übersetzt werden wird. Haben Sie Einwände dagegen, Herr Anwalt?«
Die Frage war an den Verteidiger gerichtet. Auch er zuckte die Achseln. Man hatte ihn vor seinem Mandanten gewarnt, als er den Fall übernommen hatte. Nach allem, was ihm bekannt war, hatte er keine Chance. Er kam von einer Bürgerrechtsbewegung, und er wusste, was die Marines, die ihn hier umgaben, von Bürgerrechtlern hielten. Ein hilfsbereiter Mandant wäre nett gewesen. Andererseits, dachte er sich, brachte die Haltung des Afghanen zumindest seinen Anwalt aus dem Schneider. Er schüttelte den Kopf. Keine Einwände, Arabisch war in Ordnung.
Der Arabisch-Dolmetscher trat vor und setzte sich dicht neben die Marinesoldaten. Es war eine kluge Entscheidung; der einzige Paschto-Dolmetscher, den es gab, hatte einige Schwierigkeiten mit den Amerikanern bekommen, weil er seinem afghanischen Landsmann nichts hatte entlocken können. Jetzt hatte er nichts mehr zu tun und sah das Ende eines ziemlich komfortablen Lebens auf sich zukommen.
In Gitmo waren nie mehr als sieben Paschtunen gewesen: die sieben, die fünf Jahre zuvor in Kundus irrtümlich der Gruppe der ausländischen Kämpfer zugerechnet worden waren. Vier waren schon zurückgekehrt, einfache Bauernjungen, die mit beträchtlicher Begeisterung jedem islamischen Extremismus abgeschworen hatten. Die beiden andern hatten so komplette Nervenzusammenbrüche erlitten, dass sie immer noch in psychiatrischer Behandlung waren. Der Taliban-Kommandant war der letzte.
Der Anklagevertreter machte den Anfang, und der Dolmetscher wiederholte seine Worte in einem Schwall von gutturalem Arabisch. Kern der Übersetzung war: Die Yankees sperren dich wieder in den Knast und schmeißen den Schlüssel weg, du arrogantes Stück Taliban-Scheiße. Langsam senkte Izmat Khan den Blick und fixierte den Dolmetscher. Seine Augen sagten alles. Von jetzt an beließ es der im Libanon geborene Amerikaner bei einer wörtlichen Übersetzung. Der Mann mochte einen lächerlichen orangegelben Overall tragen und an Händen und Füßen gefesselt sein, aber bei diesem Scheißkerl konnte man nie wissen.
Der Vertreter der Anklage brauchte nicht lange. Mit Nachdruck führte er an, dass der Mann fünf Jahre lang buchstäblich geschwiegen und sich geweigert habe, seine Mitstreiter im Terrorkrieg gegen die USA zu benennen; außerdem sei er an einem Gefangenenaufstand beteiligt gewesen, bei dem ein Amerikaner auf brutale Weise zu Tode getreten worden war. Dann setzte er sich. Er zweifelte nicht am Ergebnis. Der Mann würde noch jahrelang in Haft bleiben.
Der Bürgerrechtsanwalt brauchte ein bisschen länger. Er zeigte sich erfreut darüber, dass der Gefangene als afghanischer Staatsbürger absolut nichts mit der Barbarei des 11. September zu tun habe. Er habe zu jener Zeit in einem innerafghanischen Bürgerkrieg gekämpft und habe keinerlei Verbindung zu den Arabern hinter al-Qaida. Was Mullah Omar und die afghanische Regierung angehe, die Bin Laden und seinen Komplizen Unterschlupf gewährt habe, so sei dies eine Diktatur, der Mr. Khan als Offizier diente, ohne ihr jedoch anzugehören.
»Ich muss dieses Gericht eindringlich bitten, der Realität ins Auge zu sehen«, schloss er. »Wenn dieser Mann ein Problem ist, dann ist er ein afghanisches Problem. Dort gibt es jetzt eine neue, demokratisch gewählte Regierung. Wir sollten ihn zurückschicken, damit man sich dort mit ihm befasst.«
Die drei Richter zogen sich zur Beratung zurück. Sie blieben dreißig Minuten draußen. Als sie zurückkamen, war die Offizierin rot vor Zorn. Sie konnte immer noch nicht fassen, was sie gehört hatte. Nur der Colonel und der Major hatten eine Unterredung mit höchster Stelle gehabt, und sie kannten die Anweisungen.
»Gefangener Khan, erheben Sie sich. Dieses Gericht wurde darauf aufmerksam gemacht, dass die Regierung Präsident Karsais zugesagt hat, Sie zu lebenslanger Haft zu verurteilen, wenn Sie in Ihr Heimatland zurückgebracht werden. In Anbetracht dessen wird das Gericht den amerikanischen Steuerzahler nicht länger mit Ihnen belasten. Man wird Ihre Rückführung nach Kabul veranlassen. Sie werden dorthin zurückkehren, wie Sie hergekommen sind – in Fesseln. Das ist alles. Die Verhandlung ist geschlossen.«
Die Offizierin war nicht die Einzige, die schockiert war. Der Anklagevertreter fragte sich, wie das in seinem Lebenslauf aussehen würde. Dem Verteidiger wurde ein wenig schwindlig. Und der Dolmetscher hatte einen panischen Augenblick lang befürchtet, der wahnsinnige Colonel werde dem Gefangenen die Handschellen abnehmen lassen – dann wäre er, der brave Sohn Beiruts, geradewegs aus dem Fenster geflogen.
Das britische Foreign & Commonwealth Office liegt in der King Charles Street, in unmittelbarer Nähe von Whitehall und in Sichtweite des Fensters, vor dem König Karl I. enthauptet wurde. Das Neujahrsfest war vorüber, und das kleine Protokollteam, das im Sommer zuvor aufgestellt worden war, nahm seine Arbeit wieder auf.
Seine Aufgabe war es, die immer komplexer werdenden Details der bevorstehenden G8-Konferenz 2007 mit den Amerikanern zu koordinieren. 2005 hatte das Gipfeltreffen der acht reichsten Länder der Welt im Gleneagles Hotel in Schottland stattgefunden, und es war bis zu einem gewissen Punkt erfolgreich gewesen. Dieser Punkt jedoch waren wie immer die lautstarken Massen von Protestierenden. Sie bildeten ein Problem, das mit jedem Jahr schlimmer wurde. In Gleneagles musste die Landschaft von Perthshire im meilenweiten Umkreis durch Maschendrahtzäune entstellt werden, damit das gesamte Anwesen von einem Sicherheitskordon umgeben war. Auch die Zufahrtsstraße hatte man einzäunen und bewachen müssen.
Angeführt von zwei alternden Popstars, war der Ruf an eine Million Protestierer gegen die Armut der Welt zu einem Marsch durch das nahe gelegene Edinburgh ergangen. Und das war nur die Anti-Armut-Brigade. Danach hatten die Kohorten der Globalisierungsgegner ihre Mehlbomben geworfen und ihre Transparente geschwenkt.
»Wissen diese Schwachköpfe nicht, dass der globale Handel den Reichtum hervorbringt, mit dem man die Armut bekämpfen kann?«, hatte ein wütender Diplomat gefragt. Die Antwort war: anscheinend nicht.
An Genua erinnerte man sich mit Schaudern. Darum wurde die Idee aus dem Weißen Haus, das der Gastgeber für 2007 sein würde, als genial einfach, elegant und brillant gerühmt. Es würde eine luxuriöser, aber völlig isolierter Ort sein, unangreifbar, unerreichbar, absolut sicher. Es waren die Unmengen von Details, die das Protokollteam beschäftigten. Dazu kam die Vorverlegung des Termins auf Mitte April, die etwas mit dem beginnenden Vorwahlkampf in den USA zu tun hatte. Das britische Team akzeptierte, was beschlossen und verkündet worden war, und machte sich an seine administrative Arbeit.
Weit weg im Südosten begannen zwei riesige C-5 Galaxies der U. S. Air Force mit dem Anflug auf das Sultanat Oman. Sie waren an der Ostküste der USA gestartet und unterwegs über den Azoren von einem Tankflugzeug in der Luft aufgetankt worden. Die beiden fliegenden Giganten kamen aus der untergehenden Sonne über den Bergen von Dhofari auf Ostkurs herein und baten die angloamerikanische Luftwaffenbasis in der Wüste von Thumrait um Landeanweisungen.
In ihren gewaltigen Bäuchen verbarg sich eine komplette Militäreinheit. Die eine Maschine enthielt die Quartiere: flach gepackte, schnell errichtbare Baracken, Generatoren, Klima- und Kühlanlagen, Fernsehantennen und sogar die Korkenzieher für das fünfzehnköpfige technische Team. Die andere trug das, was man als »das scharfe Ende« bezeichnet: zwei unbemannte Aufklärungsdrohnen vom Typ Predator, ihre Lenk- und Bildgebungssysteme und die Männer und Frauen, die sie bedienen würden.
Eine Woche später war alles eingerichtet. Am hinteren Ende der Luftwaffenbasis, für alle nicht zur Einheit gehörenden Personen gesperrt, standen die Bungalows, die Klimaanlagen summten, die Latrinen waren gegraben, und die Küche war in Betrieb genommen. Unter ihren gewölbten Unterständen warteten die beiden Predators auf ihren Einsatz. Diese Luftaufklärungseinheit hatte eine direkte Verbindung nach Tampa, Florida, und nach Edzell in Schottland. Irgendwann würde sie erfahren, was sie – bei Tag und Nacht, bei Regen und Sturm – beobachten, fotografieren und zurücksenden sollte. Bis dahin warteten Menschen und Maschinen in der Hitze.
Mike Martins Abschlussbriefing dauerte volle drei Tage und war so wichtig, dass Marek Gumienny mit dem Grumman der CIA herübergeflogen kam. Steve Hill kam aus London herauf, und die beiden Chefs trafen sich mit ihren Einsatzleitern McDonald und Phillips.
Sie waren nur zu fünft im Raum; Gordon Phillips übernahm das, was er die »Diavorführung« nannte, selbst. Die Technik war allerdings sehr viel höher entwickelt als ein altmodischer Diaprojektor: Perfekt in Farbe und Detail erschien Bild um Bild auf einem HD-Plasmabildschirm, wobei eine Berührung der Fernbedienung genügte, um jedes Detail so weit zu vergrößern, dass es den Bildschirm ausfüllte.
Sinn des Briefings war es, Mike Martin jede einzelne Information im Besitz des westlichen Nachrichtendienstverbundes zu präsentieren, was die Gesichter betraf, denen er womöglich begegnen würde.
Diese Informationen stammten nicht nur von den angloamerikanischen Diensten. Über vierzig Staaten lieferten ihre Entdeckungen an zentrale Datenbanken. Mit Ausnahme von »Schurkenstaaten« wie Iran und Syrien und gescheiterten Ländern wie Somalia machten Regierungen rund um den Globus ihre Erkenntnisse über Terroristen ultraaggressiver islamistischer Ausrichtung einander zugänglich.
Rabat war von unschätzbarem Wert, was die eigenen Marokkaner anging. Aden lieferte Namen und Gesichter aus Süd-Jemen. Riad hatte seine Verlegenheit überwunden und sandte ganze Kolonnen von Konterfeis aus den saudischen Listen.
Martin studierte sie alle, als sie vor ihm aufstrahlten. Manche waren frontale Polizeiporträts, andere Aufnahmen, die heimlich mit starken Teleobjektiven auf Straßen und in Hotels gemacht worden waren. Die Gesichter wurden in allen möglichen Variationen gezeigt: mit und ohne Bart, arabisch und westlich gekleidet, mit langem Haar, mit kurzem Haar, kahl geschoren.
Er sah Mullahs und Imame aus verschiedenen extremistischen Moscheen, Jugendliche, die man für einfache Boten hielt, Gesichter von Leuten, von denen bekannt war, dass sie Unterstützung in Form von Geld- und Transportmitteln und sicheren Häusern lieferten.
Und da waren die großen Player, die Männer, die internationale Gruppierungen führten und Zugang zur obersten Spitze hatten.
Einige von ihnen waren tot, wie Mohammed Atif, der operative Chef, der durch eine amerikanische Bombe in Afghanistan zu Tode gekommen war. Sein Nachfolger, der eine lebenslange Haftstrafe verbüßte. Dessen Nachfolger, der ebenfalls tot war, und dessen Nachfolger, der mutmaßlich noch lebte.
Irgendwo dazwischen war das rundliche Gesicht Tewfik al-Qurs, der fünf Monate zuvor in Peschawar von einem Balkon in den Tod gesprungen war. Eines der nächsten Gesichter gehörte Saud Hamud al-Utaibi, dem neuen al-Qaida-Chef in Saudi-Arabien, der vermutlich noch sehr lebendig war.
Dann kamen die Unbekannten: die Silhouette eines Kopfes, schwarz auf weiß. Dazu gehörte der al-Qaida-Chef für Südostasien, der Nachfolger Hanbalis und wahrscheinlich der Verantwortliche für die jüngsten Bombenanschläge in den Touristenorten des Fernen Ostens. Und überraschenderweise auch der al-Qaida-Chef in Großbritannien.
»Bis vor ungefähr sechs Monaten wussten wir, wer er war«, sagte Gordon Phillips. »Dann hat er sich gerade noch rechtzeitig abgesetzt. Er ist wieder in Pakistan und wird Tag und Nacht gejagt. Der ISI wird ihn irgendwann schnappen …«
»Und uns nach Bagram überstellen«, grunzte Marek Gumienny. Sie alle wussten, dass es in der US-Basis nördlich von Kabul eine ganz besondere Einrichtung gab, in der früher oder später jeder zum »Singen« gebracht wurde.
»Dem hier werden Sie sicherlich begegnen«, sagte Steve Hill, als ein Imam mit grimmigem Gesicht auf dem Bildschirm erschien. Es war ein heimlich gemachtes Foto, das aus Pakistan stammte. »Und dem hier.«
Ein älterer Mann war zu sehen, der mild und vornehm aussah. Auch dieses Foto war heimlich aufgenommen, irgendwo an einem Hafen mit leuchtend blauem Wasser im Hintergrund. Es stammte von den Special Forces der Vereinigten Emirate in Dubai.
Sie machten eine Pause, aßen, arbeiteten, schliefen und arbeiteten weiter. Nur wenn die Haushälterin mit ihren Essenstabletts ins Zimmer kam, schaltete Phillips den Bildschirm aus. Tamian Godfrey und Najib Qureshi blieben in ihren Zimmern oder machten einen Spaziergang zusammen. Schließlich war es vorbei.
»Morgen fliegen wir«, sagte Marek Gumienny.
Mrs. Godfrey und der afghanische Analytiker kamen zum Hubschrauberlandeplatz, um sich von Martin zu verabschieden. Er war jung genug, der Sohn der Koranwissenschaftlerin zu sein.
»Passen Sie auf sich auf, Mike«, sagte sie und fluchte dann: »Verdammt, ich dumme Tante, mir schnürt's die Kehle zu. Gott sei mit Ihnen, mein Junge.«
»Und wenn alle Stricke reißen, soll Allah Sie beschützen«, fügte Qureshi hinzu.
Der Jetranger hatte nur Platz für die beiden Chefs und Martin. Die beiden anderen Agenten würden mit dem Auto nach Edzell fahren und ihre Mission weiterführen.
Der Hubschrauber landete in weitem Abstand von neugierigen Augen, und die drei liefen hinüber zum Grumman-Jet der CIA. Wegen eines schottischen Schneegestöbers hatten sie Regencapes übergeworfen, daher konnte niemand sehen, dass einer der drei Männer keine westliche Kleidung trug.
Die Besatzung des Grumman hatte schon öfter merkwürdig aussehende Passagiere befördert, weshalb niemand auch nur eine Augenbraue hochzog, nur weil der Deputy Director (Operations) zusammen mit einem britischen Gast einen bärtigen Afghanen über den Atlantik eskortierte.
Sie flogen nicht nach Washington, sondern auf eine abgelegene Halbinsel an der kubanischen Südostküste. Im Morgengrauen des 14. Februar landeten sie in Guantanamo und rollten geradewegs in einen Hangar, dessen Tor sich sofort schloss.
»Sie müssen leider in der Maschine bleiben, Mike«, sagte Marek Gumienny. »Wir werden Sie im Schutz der Dunkelheit herausholen.«
Die Nacht in den Tropen kommt schnell, und um sieben Uhr abends war es stockdunkel. Um diese Zeit betraten vier Spezialagenten der CIA die Zelle Izmat Khans. Er stand auf, spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. Die regulären Wachen hatten den Korridor vor seiner Zelle eine halbe Stunde zuvor verlassen. Das war noch nie vorgekommen.
Die vier Männer waren nicht brutal, aber ein Nein akzeptierten sie auch nicht. Zwei packten den Afghanen; der eine umschlang seinen Oberkörper und presste die Arme an seine Seiten, der andere nahm ihn bei den Oberschenkeln. Das Chloroform wirkte innerhalb von zwanzig Sekunden. Der Gefangene hörte auf zu zappeln und erschlaffte.
Er wurde auf eine Trage gelegt, die auf ein Rädergestell kam. Der Gefangene wurde mit einem Laken bedeckt und hinausgefahren. Eine Frachtkiste wartete draußen. Der gesamte Zellenblock war frei von Wachpersonal. Niemand sah etwas. Wenige Sekunden nach der Entführung lag der Afghane in der Kiste.
Für eine Frachtkiste war die Einrichtung nicht übel. Von außen sah sie wie eine gewöhnliche Holzkiste aus, wie man sie für Frachtzwecke benutzte. Sogar die Markierungen an der Außenseite waren völlig authentisch.
Innen war sie schallisoliert. In der Decke war ein Luftloch unter einer abnehmbaren Klappe, aber die würde erst entfernt werden, wenn die Kiste wohlbehalten in der Luft wäre. Am Boden befestigt waren zwei bequeme Sessel, der Innenraum war von mattem, bernsteingelbem Licht erfüllt.
Der bewusstlose Izmat Khan wurde in einen der Sessel gesetzt, der mit Gurten ausgestattet war. Damit wurde der Gefangene festgeschnallt, ohne dass die Blutzirkulation abgeschnitten wurde; so konnte er sich entspannen, aber nicht aufstehen.
Der fünfte CIA-Mann – derjenige, der in der Kiste mitfliegen würde – vergewisserte sich, dass alles in Ordnung war. Dann nickte er seinen Kollegen zu, worauf die Seitenklappe der Kiste geschlossen wurde. Ein Gabelstapler hob sie hoch und fuhr sie hinaus auf den Flugplatz, wo die Hercules wartete, eine mit Langstreckentanks ausgerüstete AC-130 Talon der Special Forces, die ihr Ziel mühelos erreichen würde.
Unerklärte Starts und Landungen kommen in Gitmo mit der Regelmäßigkeit eines Uhrwerks vor. Auf eine knappe Anfrage kam ein rasches »Clear for take-off« vom Tower, dann war die Transportmaschine in der Luft und nahm Kurs auf die McChord Base im Staat Washington.
Eine Stunde später hielt vor dem Zellenblock in Camp Echo ein abgedunkelter Wagen, aus dem eine kleine Gruppe von Männern stieg. In der leeren Zelle wurde einer von ihnen mit einem orangegelben Overall und weichen Pantoffeln bekleidet. Der bewusstlose Afghane war fotografiert worden, bevor man ihn zugedeckt und weggebracht hatte, und anhand des Polaroidfotos wurden mit der Schere ein paar Korrekturen an Haar und Bart des Ersatzmannes vorgenommen. Jede herabfallende Strähne wurde aufgelesen und entfernt.
Am Ende gab es ein paar knappe Abschiedsworte, dann gingen die Agenten und verschlossen die Zellentür hinter sich. Zwanzig Minuten später waren die regulären Wachen wieder da – verwundert, aber ohne Neugier. Das alles ging sie nichts an.
Sie warfen einen Blick auf die vertraute Gestalt des kostbaren Gefangenen und warteten auf die Morgendämmerung.
Die Morgensonne ließ die Gipfel der Cascades aufleuchten, als die AC-130 sich auf ihren Heimatflughafen McChord herabsenkte. Dem Stützpunktkommandanten hatte man gesagt, es handele sich um einen CIA-Transport, eine letzte Lieferung für die neue Forschungseinrichtung oben in den Wäldern der Wilderness. Mehr brauchte er trotz seines Rangs nicht zu wissen, daher fragte er auch nicht weiter. Die Papiere waren in Ordnung, und der Chinook-Hubschrauber stand startbereit.
Auf dem Flug war der Afghane wieder zu sich gekommen. Das Luftloch im Dach der Frachtkiste war offen, die Luft in der Hercules war gut und frisch. Sein Begleiter lächelte aufmunternd und bot ihm etwas zu essen und zu trinken an. Der Gefangene begnügte sich mit einem Soda, das er durch einen Strohhalm trank.
Zur Überraschung des Begleiters sprach der Gefangene ein paar Worte Englisch. Offenbar hatte er sie in den fünf Jahren in Guantanamo aufgeschnappt. Nur zweimal während des Fluges fragte er nach der Zeit, einmal senkte er den Kopf, so weit es ging, und sprach murmelnd seine Gebete. Ansonsten schwieg er.
Kurz vor der Landung wurde die Lüftungsklappe wieder eingesetzt; der wartende Gabelstaplerfahrer ahnte nicht, dass es keine gewöhnliche Ladung war, die er da vom Heck der Hercules zu dem Chinook hinüberfuhr.
Wieder schloss sich die Tür der Ladeluke. Das matte, batteriegespeiste Licht in der Kiste brannte weiter, war aber von außen nicht zu sehen, und auch kein Laut drang hinaus. Doch der Gefangene war, wie sein Begleiter später Marek Gumienny berichtete, friedlich wie ein Miezekätzchen. Überhaupt keine Probleme, Sir.
Angesichts dessen, dass es Mitte Februar war, hatten sie Glück mit dem Wetter. Es war eiskalt, und der Himmel war klar. Der große Chinook mit den zwei Rotoren landete auf dem Helipad vor der Hütte und öffnete seine Heckluke. Aber die Frachtkiste blieb drinnen. Es war einfacher, die beiden Passagiere direkt aus der Kiste in den Schnee steigen zu lassen.
Die beiden Männer fröstelte, als die Rückwand der Kiste herunterklappte. Das Greifteam aus Guantanamo war mit der Hercules geflogen und hatte vorn im Chinook gesessen. Jetzt wartete es auf die letzte Formalität.
Der Gefangene wurde an Händen und Füßen gefesselt, bevor die Gurte gelöst wurden. Dann ließ man ihn aufstehen und die Rampe hinunter in den Schnee schlurfen. Die zehnköpfige Besatzung der Hütte stand mit gezogener Waffe im Halbkreis um den Hubschrauber herum.
Mit einer Eskorte, die so massiv war, dass sie kaum durch die Tür passte, wurde der Taliban-Kommandant über den Landeplatz und durch die Hütte in seine Unterkunft geführt. Die Tür schloss sich vor der bitterkalten Luft, und er hörte auf zu zittern.
Sechs Wachen umstanden ihn in seiner geräumigen Zelle, als ihm endlich die Fesseln abgenommen wurden. Rückwärts verließen sie die Zelle, ließen die Stahltür ins Schloss fallen. Er sah sich um. Es war eine bessere Zelle, aber immer noch eine Zelle. Er dachte an den Gerichtssaal. Der Colonel hatte von einer Rückkehr nach Afghanistan gesprochen. Sie hatten wieder gelogen.
Die Vormittagssonne brannte über der kubanischen Landschaft, als eine zweite Hercules zur Landung ansetzte. Auch sie war für Langstreckenflüge ausgerüstet, aber anders als die Talon war sie nicht bis an die Zähne bewaffnet und gehörte auch nicht zu den Special Forces, sondern zur Transportdivision der U. S. Air Force. Sie sollte einen einzelnen Passagier um die halbe Welt befördern.
Die Zellentür öffnete sich.
»Gefangener Khan, aufstehen. Gesicht zur Wand. Haltung annehmen.«
Der Gürtel wurde um den Leib geschlungen, Ketten führten von ihm hinunter zu den Fußknöcheln und zu den Handschellen vor dem Bauch. Diese Haltung ermöglichte einen schlurfenden Gang, nichts weiter.
Es war ein kurzer Weg bis zum Ende des Zellenblocks, auf dem sechs bewaffnete Wachen mitgingen. Der Hochsicherheits-Transportwagen hatte eine Treppe am Heck, ein Gitter zwischen der Fahrerkabine und dem Gefangenenabteil und schwarz getönte Scheiben.
Als der Gefangene auf das Flugfeld hinausbefohlen wurde, blinzelte er im grellen Sonnenlicht. Verwirrt schüttelte er den zottigen Kopf. Nachdem sich seine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, sah er sich um und entdeckte die wartende Hercules sowie eine Gruppe von amerikanischen Offizieren, die ihn anstarrten. Einer von ihnen trat vor und winkte ihn heran.
Gehorsam folgte er ihm über den glühenden Asphalt. Trotz seiner schweren Fesseln war er umringt von sechs bewaffneten Soldaten. Er drehte sich um und warf einen letzten Blick auf den Ort, an dem er die letzten fünf elenden Jahre verbracht hatte. Dann schlurfte er die Rampe hinauf in das Flugzeug.
In einem Raum im Stockwerk unter der Kontrollebene des Towers standen zwei Männer und sahen ihm zu.
»Da geht Ihr Mann«, sagte Marek Gumienny.
»Wenn sie je herausfinden, wer er wirklich ist«, sagte Steve Hill, »dann möge Allah ihm gnädig sein.«