»Ich finde, du solltest das tun«, sagte Dr. Hieler, während er in der winzigen Küche in seinem Büro eine halbe Tasse Kaffee in den Ausguss kippte.
Nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte, war ich die Straße hinunter direkt bis zu seiner Praxis gelaufen. Zum einen, weil ich keine Ahnung hatte, wohin ich sonst hätte gehen können, zum andern, weil mir klar war, dass ich mit jemandem reden musste. Und tatsächlich hatte er gerade ein paar Minuten Zeit für mich, während er alles bereit machte für den nächsten Termin. Ich lief ihm quer durchs Büro hinterher und sah zu, wie er übrig gebliebene Getränkedosen von Patienten einsammelte und die Unterlagen auf seinem Schreibtisch ordnete.
»Schreib was darüber. Es muss ja weiß Gott keine Entschuldigung sein oder so. Schreib einfach irgendwas auf, das rüberbringt, wie dein Jahrgang in deinen Augen wirklich ist.«
»Ein Gedicht oder so?«
»Ein Gedicht wär eine gute Idee. Egal, einfach irgendwas.« Er klappte eine Mappe zu und legte sie beiseite.
»Und dann schlage ich vor, dass ich dieses Gedicht, oder was auch immer es wird, bei der Abschlussfeier vorlese?«
»Jawohl, genau so meine ich’s.« Mit der hohlen Hand schob er ein Häufchen zerkrümelter Kartoffelchips von seinem Schreibtisch in den Abfalleimer darunter.
»Ich.«
»Du.«
»Aber schließlich bin ich doch die Todesschwester, das Mädchen, das alle gehasst hat. Das Mädchen, das jetzt selbst von allen gehasst wird.«
Er hielt inne und beugte sich über seinen Schreibtisch. »Das ist haargenau der Grund, warum du’s machen sollst. Dieses Mädchen bist du nämlich nicht, Val. Du bist es nie gewesen.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Ich muss jetzt wieder. Im Wartezimmer sitzt schon jemand.«
»Ja, in Ordnung«, sagte ich. »Danke für den Ratschlag.«
»Das ist kein Ratschlag«, sagte er unterwegs zur Tür, zu der ich ihm folgte. »Sondern eine Hausaufgabe.«