Kapitel Sechzehn
Lynnea warf einen Blick auf die geschlossene Badezimmertür, während sie sich die Schuhe zuband. Sebastian hatte über ihr Zögern, sich vor ihm anzuziehen, gelacht. Schließlich, so hatte er betont, hatte er sie bereits nackt gesehen - und sie ihn. Aber sich ihre Unterwäsche anzuziehen, während er sich auf dem zerwühlten Bett zurücklehnte und die Decke kaum seine spannendsten Körperteile bedeckte, war mehr, als die neu entdeckte Löwin in ihr ertragen konnte. Also hatte sie ihre Sachen geschnappt und war ins Badezimmer gehuscht, um sich dort anzuziehen.
Sie hatte erwartet, ihn angezogen vorzufinden, als sie aus dem Bad kam. So hatten sie es schließlich immer gehalten, seit sie das Zimmer im Bordell miteinander teilten. Deshalb war sie überrascht, dass er ausgestreckt auf dem Bett lag, noch immer nackt und zerzaust. Und er sah so sehr zum Anbeißen aus, dass sie den Wunsch verspürte, mit der Zunge über seine Haut zu fahren, nur weil sie ihn noch einmal schmecken wollte.
Was auch immer er in ihrem Gesicht gesehen hatte, brachte ihn zum Lächeln, und er schob die Decke zurück, sammelte seine Kleider ein … und ging ins Badezimmer. Der Blick, den er ihr zuwarf, bevor er die Tür schloss, weckte in ihr das Verlangen, ihn zu schlagen - oder ihn zurück ins Bett zu zerren.
»Haben die Hände nichts zu tun, hat der Kopf Zeit für Dummheiten«, murmelte sie, als sie sich im Raum nach einer Beschäftigung umsah. Sie betrachtete das Bett, zögerte, straffte aber dann die Schultern. Es war nur ein Bett. Es war jetzt nicht anders als vorher, als sie nur nebeneinander darin geschlafen hatten.
Aber es war doch anders. Als sie das Laken glatt strich, erinnerte sie sich an das Gefühl seiner Hände auf ihrem Körper und daran, wie sich seine Haut unter ihrer Berührung erwärmt hatte. Das köstliche Ziehen im Bauch, wenn er an ihren Brüsten saugte. Wie er sie mit den Fingern liebkost hatte, bis sie in Gefühlen ertrank, und es ihr egal war, ob sie jemals wieder daraus auftauchen würde.
Die Vereinigung hatte auch wehgetan, und das hatte das Vergnügen ein wenig geschmälert - bis sie eingeschlafen war und begonnen hatte, zu träumen.
Das Bordell, das Zimmer, das Bett - und Sebastian. Dieses Mal beschränkten sich die Träume nicht auf Umarmungen und innige Küsse. Dieses Mal schienen sie intensiver und … wirklicher. Er war wirklicher, als er es jemals in den anderen Träumen gewesen war. Er hatte die gleichen Dinge mit ihr getan wie zuvor, aber jetzt wusste sie, wie sich ein Mann anfühlte, wenn er hart und hungrig war. Und anstelle des Schmerzes, als sein Körper mit ihrem verschmolz, fühlte sie Lust - Wellen, die immer höher schlugen, brachen und sich zurückzogen, und sich wieder aufbäumten, als sie in den nächsten Traum hinüberglitt. Sebastian und sie taten darin Dinge, über die sie jetzt nicht einmal nachdenken konnte, ohne rot zu werden.
Aber ihr Körper reagierte auf die Erinnerungen, und sie spürte Schmetterlinge im Bauch und feuchte Hitze zwischen ihren Schenkeln.
»Woran denkst du gerade?«
Aufgeschreckt durch den Klang seiner Stimme, drehte Lynnea sich um. Sebastian stand ganz nah bei ihr. Er hatte sich angezogen, aber nicht die Mühe gemacht, sein Hemd zuzuknöpfen, und diesen flüchtigen Blick auf nackte Haut fand sie beunruhigend sinnlich. Erotischer, als wenn er gar kein Hemd getragen hätte. »Was?«
»Du hältst ein Kissen im Arm.«
»Was?« Als er sie nur anlächelte, spürte sie, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. »Ich dachte nur an … an …«
»Angenehme Träume?«
»Nein, ich -« Sie starrte ihn an. Erinnerte sich an die wenigen Bruchstücke der Geschichten über Inkuben, die sie gehört hatte, und wie sie sich normalerweise mit ihrer Beute verbanden. »Du … du kannst in meine Träume blicken?«
Er trat einen Schritt näher an sie heran. »Nur, wenn du mich einlädst. Und du hast mich eingeladen, süße Lynnea.« Feuriger Hunger blitzte in seinen Augen auf.
Du meine Güte. Darüber würde sie nachdenken müssen.
Sie wandte sich von ihm ab, legte das Kissen an seinen Platz und begann, das Laken glatt zu streichen. »Ich sollte bald bei Philo sein. Ich möchte nicht an meinem ersten Arbeitstag zu spät kommen.«
»Und ich muss einen Rundgang durch den Pfuhl machen, um die Brücken zu kontrollieren.« Stille. Dann: »Vermiss mich ein bisschen, ja?«
Während sie sich fragte, welche aufreizende Antwort man von Frauen auf eine Bitte dieser Art erwartete, strich sie noch einmal mit der flachen Hand über eine Seite des Bettes, bevor sie Sebastian ansah - und der Boden unter ihren Füßen ins Wanken geriet.
Nichts Feuriges oder Hungriges lag jetzt mehr in diesen grünen Augen. Nur Verwundbarkeit... und Sehnsucht.
Hatte ihn je jemand vermisst? Nicht den Inkubus und den Sex, den er bot, sondern Sebastian, den Mann? Hatte ihn je eine Frau willkommen geheißen, einfach weil sie froh war, ihn zu sehen?
Er braucht mich. Das Wunder dieser Entdeckung erfüllte ihr Herz.
Sie trat zu ihm hin und sagte: »Ich werde dich mehr als ein bisschen vermissen.« Dann schlüpfte sie mit den Händen unter sein Hemd, schlang die Arme um ihn und legte ihren Kopf an seine Schulter.
Einen Moment lang versteifte er sich und zögerte, bis sein Körper und sein Geist erkannten, dass es sich bei dieser Geste um einen Ausdruck der Zuneigung und nicht um Vorspiel handelte. Er schloss sie in die Arme und zog sie näher an sich heran. Er strich mit der Wange über ihr Haar. Sein Körper entspannte sich und sein zufriedenes Seufzen war der schönste Klang, den sie je vernommen hatte.
»Du musst gehen«, sagte er. »Philo wird schon auf dich warten.«
»Ja.« Aber sie machte keine Anstalten, ihn loszulassen.
Er war es, der sich letztendlich von ihr löste. »Lynnea?«
»Ja?«
Sanft berührte er ihre Lippen mit den seinen. »Ich werde dich auch vermissen.«
Koltak und Hauptmann Dalton betrachteten die zwei Holzplanken, die über den schmalen Bach führten.
Dalton fluchte. »Eine Brücke so nah an der Stadt, und kein Schild, auf dem steht, wo sie hinführt.«
»Das liegt auch nicht in der Natur einer Resonanzbrücke«, erwiderte Koltak, allerdings so leise, als äußere er den Gedanken nur für sich. Oh, oft konnte man über eine Resonanzbrücke gehen und einen bestimmten Ort erreichen, wenn man die Konzentration aufrechterhielt. Aber zu anderen Zeiten missachtete die Brücke die Absicht des Geistes und nahm einzig die Resonanz des Herzens auf. Wenn dies geschah, konnte man überall enden.
»Das weiß ich«, sagte Dalton. »Das heißt aber nicht, dass es mir gefallen muss.« Er hielt inne. »Nun ja, es ist Eure Entscheidung, Zauberer Koltak. Unser Befehl lautet, auf dieser Seite der Brücke auf Euch zu warten und Euch zurück in die Stadt zu geleiten.« Er blickte über die Schulter zurück zur Stadt, die in der Ferne noch immer sichtbar war.
Koltak zitterte. Es war ein vernünftiger Plan. Schließlich konnte er den Pfuhl nicht mit bewaffneten Wachen betreten. Aber er wollte diese Brücke nicht alleine überqueren, solange er nicht wusste, was auf der anderen Seite lag.
Vielleicht spürte Dalton sein Zögern, vielleicht war es auch das übliche Vorgehen, wenn eine Brücke überschritten werden musste.
»Faran«, sagte Dalton, »begleite Zauberer Koltak über die Brücke.« Er sah Koltak an. »Führt die Brücke in eine Landschaft des Tageslichts, so wird Faran Bericht erstatten, und der Rest von uns wird die Brücke überqueren, um Euch weiterhin als Geleitschutz zur Seite zu stehen. Ist es eine dunkle Landschaft, wird er einfach auf diese Seite zurückkehren und mit uns warten.«
Und ich werde alleine weitergehen, durch fremdes Land, um einen Mann zu finden, den ich am liebsten nie wiedersehen würde. Aber wenn es funktioniert, wird es das letzte Mal sein, dass ich ihn sehen muss - und mein Platz im Rat wird mir sicher sein.
»Faran wird Euer Pferd über die Planken führen«, sagte Dalton.
Koltak sah zu, wie der Mann vom Pferd stieg, die Zügel einem Kameraden übergab und seine Satteltaschen durchsuchte, bevor er sich Koltak mit einer kleinen Laterne in der Hand näherte. »Was ist mit seinem eigenen Pferd?«
»Er wird es nicht brauchen«, sagte Dalton. »Er geht nur kurz mit Euch hinüber und erstattet dann Bericht.«
Faran stand neben dem Kopf des Pferdes und blickte wartend zu ihm auf.
Koltak schloss die Augen und konzentrierte sich. Ich muss zu Sebastian. Ich muss in den Pfuhl. Er hielt die Augen geschlossen und nickte, um anzuzeigen, dass er bereit war.
Er spürte, wie das Pferd zögerte, über die Planken zu gehen, hörte wie Faran es murmelnd ermutigte und antrieb. Füße und Hufe auf Holz. Auf den Planken war kaum Platz genug, dass Mensch und Pferd gleichzeitig darauf stehen konnten. Aber daran durfte er jetzt nicht denken, durfte an nichts anderes denken als an das, was er erreichen musste. Ich muss zu Sebastian. Ich muss in den Pfuhl.
Das Pferd scheute. Koltak öffnete die Augen und hielt sich am Sattel fest, um nicht abgeworfen zu werden. Faran lief ein paar Schritte neben dem Pferd her, bevor er das Tier wieder unter Kontrolle hatte.
»Ruhig, Junge«, sagte Faran. »Ruhig.«
»Was ist geschehen?«, fragte Koltak.
»Etwas hat ihn erschreckt, gerade als wir auf diese Seite der Brücke übergetreten sind, aber ich habe nichts gesehen.« Faran sah sich um. »Das Land sieht hier ein wenig anders aus. Ich glaube, wir sind nicht mehr in der Nähe der Stadt der Zauberer.«
»Nein, das glaube ich auch nicht«, antwortete Koltak.
»Also haben wir das Schild übersehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Trotz des Tageslichts ist dies eine dunkle Landschaft. Sie fühlen sich anders an.« Zu gern hätte er gewusst, wo er war. Aber irgendwo in dieser Landschaft musste es eine Brücke geben, die ihn in den Pfuhl bringen würde. Es musste.
»Hier gibt es keine Straßen«, sagte Faran. »Woher werdet Ihr wissen, wohin Ihr Euch wenden müsst?«
Sebastian, Sebastian, Sebastian.
Er nahm die Zügel auf und zog den Kopf des Pferdes ohne einen bewussten Gedanken herum. »Ich werde meinem Herzen folgen müssen.«
»In Ordnung.« Faran trat vom Pferd zurück. »Ich werde Hauptmann Dalton sagen, dass Ihr auf dem Weg seid. Wir werden auf der anderen Seite der Brücke auf Euch warten.«
Koltak nickte, stieß dem Pferd die Fersen in die Flanken und entfernte sich in einem unruhigen Trab, der schon jetzt versprach, mehr als seinen Stolz zu verletzten.
Es würde bald vorbei sein. Er würde den Rat nicht enttäuschen. Alles was er tun musste, war sich weiterhin darauf zu konzentrieren, zu finden, was er eigentlich nicht finden wollte.
Sebastian, Sebastian, Sebastian.
Faran schüttelte den Kopf, als er den Zauberer davonreiten sah. Der Mann war kein Pferdemensch, soviel stand fest. Er hoffte nur, dass der Mann am Ende seiner Reise noch in der Lage sein würde, zu tun, was getan werden musste.
Es gab keinen Grund, hier länger zu verweilen. Und, um die Wahrheit zu sagen, etwas an diesem Ort machte ihn nervös, obwohl nichts in der Umgebung gefährlich wirkte.
Seine Schritte wurden langsamer, als er sich der Brücke näherte.
Aber etwas hatte das Pferd erschreckt.
Er wollte sein Kurzschwert ziehen, zögerte dann und griff nach dem langen Messer, das in seinem Stiefel steckte. Als er sich aufrichtete, erhaschten seine Augen eine Bewegung, kaum einen Schritt neben den Planken. Hatte sich der Boden ein Stück gehoben, oder war es nur der Wind, der durch die Gräser strich?
Er näherte sich der Brücke, setzte jeden Fuß vorsichtig auf, nicht in der Lage, das Gefühl abzuschütteln, dass etwas auf ihn wartete.
Nichts regte sich. Nichts bewegte sich.
Leere deinen Geist, dachte er. Geh zurück zu Hauptmann Dalton und deinen Kameraden. Lauf über die Brücke. Stadt der Zauberer, Stadt der Zauberer, Stadt der Zauberer.
Er drehte sich um und hatte die Brücke direkt vor sich. Hob einen Fuß, um ihn auf die Holzplanken zu setzen. In einem Augenblick würde er in Sicherheit sein.
Es fuhr aus dem Boden und bestand nur aus Beinen und einem riesigen Maul. Eine vertraute Gestalt, wenn sie die Größe eines Daumennagels gehabt hätte, aber jetzt war sie zu einem riesigen Albtraum angewachsen.
Er schrie auf, als die Kreatur ihn packte und ins Bein biss. Er fiel hart auf den Boden, die Beine bereits taub von ihrem Gift, aber er hielt das Messer fest. Bevor dieser Albtraum ihn in den Tunnel hinter der Falltür ziehen konnte, bäumte er sich auf und trieb das Messer mit beiden Händen und all der Kraft, die er noch in den Armen hatte, in den Kopf der Spinne.
Ihre Beine schlugen um sich, und ihre Zähne gruben sich noch tiefer in sein Fleisch, als die Kreatur starb. Dann lag sie still.
Keuchend und schweißüberströmt drehte Faran sich um. Wenn er es schaffte, den Arm auszustrecken, könnte er die Brücke erreichen. Musste die Brücke erreichen. Musste auf die andere Seite. Hilfe wartete auf … der …
Lynnea summte eine Melodie, während sie einen Tisch abräumte. Für ihren ersten Arbeitstag hatte sie sich recht gut geschlagen. Gut, sie hatte einen Teil einer Bestellung vergessen, aber das hatte sie wieder wettgemacht, indem sie einen Bullendämon beruhigt hatte, der nach seinem Essen brüllte.
Grinsend fragte sie sich, ob sie es schaffen würde, Sebastian als Erste von der neuen Mahlzeit auf Philos Speisekarte zu erzählen: dem Sebastian Spezial. Wer hätte gedacht, dass ein Gemüseomelett einen Dämon beeindrucken könnte?
Sie trug ihr Tablett mit schmutzigem Geschirr zurück in die Küche und schenkte Brandon ein fröhliches Lächeln. Schließlich war er derjenige, an dem der Abwasch hängen geblieben war. Dann lief sie wieder in den Hof, um noch einen Tisch abzuräumen.
Obwohl der Weltenfresser frei durch die Landschaften zog und es gut möglich war, dass sich schreckliche Dinge im Pfuhl ereignen würden, war sie nie glücklicher gewesen. Sie fand ihre Arbeit interessant, sie war mit einem wundervollen Mann zusammen, der auch noch ein unglaublicher Liebhaber war, und - ihr Blick fiel auf den blonden Mann auf der anderen Straßenseite - sie hatte Freunde gefunden.
Der Pfuhl war nicht ganz der Ort, auf den ihre Wahl gefallen wäre, hätte sie sich eine Landschaft zum Leben aussuchen können, aber hier waren ihr all die Dinge begegnet, nach denen sie sich gesehnt hatte. So hatte er sich letztendlich doch als der richtige Ort für sie entpuppt.
Sie nahm ihr volles Tablett und wartete dann darauf, dass Teaser über die Straße kam, damit sie ihm sagen konnte, dass sie noch ein paar Minuten brauchen würde, bevor sie ins Bordell zurückkehren konnte. Sie hatte Sebastian versprochen, dass sie bei Philo bleiben würde, bis er oder Teaser sie zu ihrem Zimmer zurückbegleiteten.
Das Problem war, dass sie nichts zu tun hatte, wenn sie dort angekommen war. Sie war es nicht gewohnt, Freizeit zu haben, und es erschien ihr wie Verschwendung, dazusitzen und nichts zu machen. Nun ja, sie würde sich einfach Gedanken darüber machen müssen, was für Talente sie besaß und wie sie sie sinnvoll einsetzen könnte. Wenn sie das Zubehör fand, das sie brauchte, könnte sie ein paar Schals stricken. Die Besucher des Pfuhls würden wohl nichts mit solch einfachen Dingen anfangen können, aber die Bewohner wüssten sie vielleicht zu schätzen, wenn es draußen kalt wurde. Wenn es hier überhaupt kalt wurde. Sie würde Teaser fragen, sobald er …
Sie beobachtete, wie eine Frau an Teaser herantrat. Ihre Körpersprache ließ eindeutig auf einen Flirt - oder mehr - schließen.
Lynnea sah, wie er mit der Frau davonging, ohne auch nur einen Blick in ihre Richtung zu werfen.
So hielt man also im Pfuhl seine Versprechen.
Er ist ein Inkubus. Das ist, was er tut. Wahrscheinlich ist es albern von mir, verletzt zu sein, weil er sich entschlossen hat, mit einem möglichen Sexpartner loszuziehen, anstatt ein Versprechen zu halten, das er mir … oder Sebastian gegeben hat.
»Ist es nicht Zeit, dass du gehst?«, fragte Philo und warf ihr einen Blick zu, als sie das Tablett in die Küche brachte. »Ich dachte, Teaser würde dich abholen.«
»Offensichtlich nicht«, antwortete sie gerade bissig genug, damit er sich von seinen Töpfen und Pfannen abwandte, um sie anzusehen.
Sie zuckte mit den Schultern, um zu zeigen, dass es ihr nichts ausmachte. »Es sind noch Gäste gekommen. Ich nehme die Bestellungen entgegen.« Sie verließ die Küche, bevor Philo irgendwelche Fragen stellen konnte.
Sie hatte gerade die Bestellungen aufgeschrieben und war auf dem Rückweg in die Küche, um sie an Philo weiterzugeben, als Teaser, sich schadenfroh die Hände reibend, den Hof betrat.
»Bist du fertig?«, fragte er. »Oder habe ich noch Zeit für eine Schüssel vom Besten, was Philo gerade auf der Speisekarte hat?«
»Hast du dein Geschäft schon erledigt?«, gab sie mit scharfer Stimme zurück.
»Gerade zur rechten Zeit, würde ich sagen. Ich war bei Hastings und hab Karten gespielt, während ich auf dich gewartet habe. Die letzte Runde habe ich gewonnen. Dann habe ich meinen Gewinn eingesammelt und gesagt, ich müsse jetzt weg, um Sebastians Herzensdame abzuholen. Der Bullendämon am Tisch hat nicht einmal herumgebrüllt, weil ich gegangen bin, bevor er die Möglichkeit hatte, ein paar Münzen zurückzugewinnen. Er hat nur gemurmelt: ›Om … e … lett gut‹ - was auch immer das heißen mag.«
Lynnea starrte ihn an. »Teaser, ich habe dich gerade gesehen. Du bist mit einer Frau zum Bordell gegangen.«
»Bin ich nicht.« Er sah verwirrt aus, und auch ein wenig verletzt. »Ich habe versprochen, dich abzuholen, und daran habe ich mich gehalten.«
»Aber ich habe dich gesehen.«
Er schüttelte den Kopf »Das muss ein anderer gewesen sein.«
»Es gibt noch jemanden im Pfuhl, der genauso aussieht wie du?«
»Ich war es nicht. Obwohl...« Er rieb sich den Nacken. »Hastings hat gesagt, er hätte vor ein paar Tagen in der Taverne gesehen, wie ich mit dem Sukkubusluder rumgemacht habe, aber das ist Pferde … mist, weil er weiß, dass ich sie nicht ausstehen kann.« Er drehte sich um und sah in Richtung des Bordells. »Aber er hat auch gesagt, dass sie seitdem niemand mehr gesehen hat.« Er blickte wieder zu Lynnea. »Na komm. Ich bring dich in euer Zimmer. Dann schau ich mal, was ich über meinen … Zwilling … herausfinden kann, den die Leute gesehen haben.«
»In Ordnung. Ich bringe Philo schnell diese Bestellung; dann kann ich gehen.«
Als sie sich umdrehen wollte, hielt Teaser ihren Arm fest. »Wie sehr sah dieser Kerl mir ähnlich?«
Sie zögerte, weil er verärgert schien. »Nun ja«, wand sie sich, »er war auf der anderen Straßenseite, und er stand nicht direkt unter einer der Laternen, also könnte ich mich getäu -«
»Wenn er hier herübergekommen wäre, wärst du mit ihm mitgegangen?«, fragte Teaser.
Ein kalter Schauer lief ihr den Rücken hinunter, als sie in seine blauen Augen blickte. »Ja«, flüsterte sie. »Ich wäre mit ihm gegangen, in dem Glauben, dass du es bist.« Und wenn der Mann, den sie gesehen hatte, nicht Teaser war, was hätte ihr passieren können, wenn sie das Restaurant erst einmal verlassen hatte? Es gab eine Menge dunkle Gassen, in die man sie hätte zerren und … in denen man ihr hätte wehtun können.
Sie wusste, dass vor ihrer Ankunft im Pfuhl zwei Frauen ermordet worden waren. Sebastian hatte ihr von ihnen erzählt. Das war einer der Gründe, warum er nicht wollte, dass sie alleine herumlief.
»Ich muss Philo diese Bestellung geben«, sagte sie, um sich an etwas Einfachem und Alltäglichem festzuhalten. Sobald Teaser ihren Arm losgelassen hatte, eilte sie in die Küche. Sie musste so verängstigt ausgesehen haben, wie sie sich fühlte, denn sowohl Brandon als auch Philo hörten auf zu arbeiten und starrten sie an.
Sie ignorierte die Blicke, überreichte Philo die Bestellung und sagte ihm, dass sie jetzt gehen müsse.
»Ist Teaser hier?«, fragte Philo.
»Ja.« Aber war sie sich sicher, dass der Mann, der auf sie wartete, auch Teaser war? Sie hatte den Inkubus erst vor ein paar Tagen kennen gelernt. Wie viel wusste sie wirklich von ihm?
Vielleicht sollte sie Teaser sagen, dass sie auf Sebastian warten wolle, auch wenn sie damit seine Gefühle verletzen würde. Aber was, wenn jemand mit Sebastians Gesicht auf sie zukam? Wäre sie in der Lage, den Unterschied zu erkennen?
Ja. Ganz sicher, ja. Sie wusste, wie Sebastian sich anfühlte, wäre in der Lage, ihn auch in einer Gruppe von Männern zu entdecken, die alle sein Gesicht trügen. Weil niemand die Resonanz seines Herzens nachahmen konnte.
Aber da war immer noch die Frage mit Teaser. Gehen oder bleiben? Das Zögern stand ihr wohl ins Gesicht geschrieben, denn Teaser legte den Kopf schief, als sie auf ihn zukam.
»Wenn ich verspreche, keine nassen Handtücher mehr auf dem Badezimmerfußboden liegen zu lassen, darf ich dich dann zum Bordell begleiten?«
Erleichterung erfasste sie. Niemand außer dem wirklichen Teaser wäre darauf gekommen, ihr so etwas zu sagen. »An das Versprechen werde ich dich erinnern.« Sie hakte sich bei ihm ein, als sie Philos Hof verließen. »Also, wie viel hast du von dem Bullendämon gewonnen?«
Er grinste und entspannte sich - und befragte sie über ihren ersten Arbeitstag bei Philo, anstatt zu antworten.
Ja, so fühlte sich der wirkliche Teaser an. Lächelnd erzählte sie ihm von dem Bullendämon und dem Sebastian Spezial, während sie zum Bordell liefen.
Sebastian stellte die Füße zu beiden Seiten des Dämonenrads auf den Boden, als es anhielt, nachdem sie die Hauptstraße des Pfuhls zur Hälfte hinuntergefahren waren. Da das Gefährt in der Luft schwebte, musste er das nicht tun, um die Maschine aufrecht zu halten. Er wollte nur sehen, ob seine Beine immer noch bis auf den Boden reichten.
Warum hatte er die letzten Stunden damit verbracht, durch den Pfuhl zu fahren und nach Anzeichen Ausschau zu halten, ob der Weltenfresser einen Weg in eine der dunklen Landschaften gefunden hatte, die an den Pfuhl grenzten? Warum hatte er sich jede Brücke genau angesehen, als könnte er erkennen, was ihn erwarten würde, wenn er sie überquerte?
Teil der Antwort war, dass er Lee versprochen hatte, alles zu tun, was in seiner Macht stand, um den Pfuhl zu beschützen. Der andere Teil war, dass er etwas zu tun brauchte, während Lynnea bei Philo arbeitete. Im Hof herumzulungern, hätte sie nervös gemacht - und vielleicht zu sehr den Eindruck erweckt, er warte nur darauf, dass die richtige Begleitung auftauchte. Und auf gewisse Weise war es ja auch so, schließlich würde er auf Lynnea warten.
Er verspürte nicht mehr das Verlangen, auf der Suche nach einer Frau durch die Straßen zu ziehen. Hatte es nicht mehr gespürt, seit er sein kleines Häschen getroffen hatte. Allein mit ihr zu leben, stillte den Hunger des Inkubus besser, als der heißeste Sex mit anderen Frauen es je getan hatte. Er sehnte sich nach ihrer Gesellschaft, dem Klang ihrer Stimme, dem Gefühl ihrer Haut unter seinen Händen.
Zusätzlich zu seinem mangelnden Interesse daran, die Liebesträume einer anderen Frau zu erfüllen, glaubte er, dass Lynnea in seiner körperlichen Aufmerksamkeit gegenüber einer anderen Frau nichts anderes sehen würde, als Betrug - die Art von Betrug, die einer Frau das Herz brach. Was könnte er also tun, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wenn er nicht vorhatte, durch den Pfuhl zu streifen und seinen Körper als Ware feilzubieten?
Er hob eine Hand und rieb mit dem Daumen über seine Fingerspitzen. Er spürte das Prickeln der Magie, die ihn zu einem Zauberer machte. Da das Wort »Zauberer« im Pfuhl verhasst war, hatte er noch niemandem von der Macht erzählt, die in ihm erwacht war. Aber früher oder später würden die Leute es herausfinden. Früher oder später würde er sich entscheiden müssen, was er mit dieser Macht tun wollte.
Was seine Gedanken wieder dazu zurückkehren ließ, warum er die letzten Stunden damit verbracht hatte, die Grenzen des Pfuhls zu erkunden.
Verteidiger, Beschützer. Vor ein paar Wochen hätte er gelacht, hätte jemand diese Worte benutzt, um ihn zu beschreiben. Jetzt veränderte das Bewusstsein, dass er derjenige war, der dem Pfuhl Halt gab, alles. Lynnea veränderte alles. Dies war seine Landschaft. Dies waren seine Menschen. Sie war seine Frau.
Könnte es ihr wirklich reichen, seine Frau zu sein? Konnte der Pfuhl ihr genug von dem bieten, was sie sich wünschte? Würde es sie glücklich machen, zu bleiben? Auch wenn sie gerade nicht im Cottage wohnen konnten, könnte er sie mitnehmen, um Tante Nadia zu besuchen. In Aurora könnte sie einkaufen, mit Menschen sprechen, deren Lebensweise sie gewohnt war. Ein paar Stunden im Sonnenlicht verbringen. Würde das reichen, damit sie immer wieder zu ihm und der Liebe, die er einer Frau bieten konnte, zurückkehrte?
Aber im Dorf … Wie würde Tante Nadia sie vorstellen? Als eine junge Freundin, die zu Besuch aus einer anderen Landschaft kam? Als die Lebensgefährtin ihres Neffen? Oh, das würde eine Menge bösartiges Gelächter und Getuschel hervorrufen, sobald Lynnea den Leuten den Rücken zukehrte. Aber wie könnte Nadia sie sonst nennen? Seine Frau?
Für einen kurzen Moment beschleunigte sich Sebastians Herzschlag.
Freundin, Geliebte, Lebensgefährtin, Ehefrau.
Nein. Oh nein. »Ehefrau« war ein menschliches Wort und keines, das man im Pfuhl zu oft benutzen sollte. Außerdem ging »Ehefrau« Hand in Hand mit »Heirat«, und das war zu … dauerhaft. Er kannte Lynnea erst seit ein paar Tagen. Seine Sehnsucht nach ihr mochte bald abnehmen, mochte ganz und gar verschwinden. Die Versuchung, sich am Geist und am Körper einer anderen Frau zu laben, konnte jeden Moment wieder auftauchen. Schließlich war er ein Inkubus. Beständigkeit lag nicht in seinem Wesen.
Dann erblickte er sie zusammen mit Teaser auf dem Weg zum Bordell, und er wusste, dass seine Sehnsucht nach ihr nicht abnehmen, nicht verschwinden würde. Dies hier war mehr als Sehnsucht. Es war Liebe. Also würde er einen Weg finden, ihr zu geben, was sie brauchte, damit sie bereit war, bei ihm zu bleiben.
»Da ist Lynnea«, sagte er.
Das Dämonenrad knurrte etwas, das sich vage glücklich anhörte, und schoss so schnell los, dass Sebastian sicher war, dass er die Hälfte seiner Schuhsohlen eingebüßt hatte, bevor er es schaffte, die Füße zu heben.
»Mach langsam, bevor du jemanden umfährst«, fuhr Sebastian den Dämon an. Nicht, dass sein Befehl irgendetwas geändert hätte. Das Dämonenrad raste um die Ecke und in die Seitenstraße, ohne darauf zu achten, ob vielleicht etwas im Weg stand.
Natürlich war Lynnea bereits hineingegangen, als sie das Gebäude erreichten, was dazu führte, dass er einem schlecht gelaunten Dämon versprechen musste, sie zu fragen, ob sie später eine Runde mitfahren wolle.
Was hatte seine junge Löwin nur an sich, dass Dämonen sich benahmen, als seien sie total vernarrt?
Am besten denkst du nicht zu lange darüber nach, schließlich bist du einer dieser Dämonen, schalt er sich, als er das Gebäude betrat.
»Ihr solltet ein Auge auf Teaser haben«, rief der Mann am Empfang, als Sebastian auf die Treppe zulief. »Eure Dame ist bereits die zweite, die er in der letzten Stunde hierher gebracht hat.«
Er hielt inne. »Hoch zu unseren Zimmern?«
Der Mann schüttelte den Kopf und nannte eine Zimmernummer im zweiten Stock.
Sebastian flog, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Tageslicht! Was hatte Teaser vor? Warum sollte er Lynnea mit auf eines der Zimmer nehmen, die Inkuben oder Sukkuben für eine »Nacht« der Lust mieteten, wenn sie ihre Beute nicht mit nach Hause nehmen wollten? Er hatte Teaser damit betraut, sich um Lynnea zu kümmern, weil sie schon so lange Freunde waren - und weil er das Gefühl gehabt hatte, dass Teaser, obwohl er sich zu Lynnea hingezogen fühlte, sie nicht als Beute betrachtete.
Er sprang die letzten Stufen hinauf und rannte gerade noch rechtzeitig um die Ecke in den Flur, um zu sehen, wie Teaser von einer offenen Tür zurückwich. »Das bin ich nicht«, sagte Teaser, als er gegenüber der Tür an die Wand stieß und zu Boden glitt. »Das bin ich nicht!«
Lynnea fiel auf die Knie und schlang ihre Arme um Teaser, dessen Stimme hysterisch klang.
Sebastian wusste nicht, ob sie ihn gehört oder nur gespürt hatte, aber sie wandte den Kopf und sah ihn an, die Augen voller Sorge und Erleichterung.
Er lief zur Tür, trat in den Raum - und erstarrte.
Die Frau auf dem Bett war so gefangen im Nebel der Lust, dass sie nichts anderes mehr wahrnahm. Ihre Hände waren in die Laken gekrallt, und ihre Hüften bewegten sich mit der Verzweiflung einer Frau, deren Höhepunkt stets gerade außer Reichweite gehalten wird, aber sie atmete erschreckend schwer, und ihr Blick war be ängstigend ausdruckslos.
Der Mann, der auf ihr lag, war so sehr damit beschäftigt, heftig in sie einzudringen, dass er entweder nicht bemerkte, dass er Publikum hatte, oder es war ihm völlig egal.
Der Atem der Frau ging immer schwerer, aber ihre Hüften bewegten sich noch immer mit der gleichen Verzweiflung.
Rette die Frau. Hol den Bastard von ihr herunter.
Aber als er noch einen Schritt nach vorne trat, drehte der Mann sich um und sah ihn an.
Teasers Gesicht. Aber das Lächeln war hart und grausam, und in den Augen lag eine Bösartigkeit, die er bei seinem Freund noch nie gesehen hatte - nicht einmal, wenn Teaser wirklich wütend war.
Der Mann machte weiter, hart und schnell, die letzten Stöße vor dem Höhepunkt. Die Frau stöhnte, aber es war unmöglich zu sagen, ob als Reaktion auf den Schmerz oder aus Lust.
Als Sebastian den wilden, moschusartigen Duft einatmete, der den Raum erfüllte, erwachte die Macht der Inkuben in ihm, ein scharfer Hunger, angestachelt durch das andere männliche Wesen.
Ja. Sie nehmen. Sie war nur ein Mensch, nur Beute. Die Lust mehren, bis sie unerträglich wurde und sich dann an der Flut der Gefühle laben, während man mit dem Körper spielte, bis der Geist zu hilflos war, um etwas anderes zu tun, als zu reagieren und das Festmahl noch zu vergrößern. Sich befriedigen, befriedigen, bis die Beute nicht länger in der Lage war, um ihr Leben zu kämpfen.
Mit Lust töten.
Ein letzter Stoß. Die Frau schrie auf - ein keuchender, ungesunder Klang, als wäre etwas in ihr zerbrochen. Der Mann mit Teasers Gesicht schloss die Augen und seufzte vor Vergnügen.
Sebastians Herz schlug heftig. Er war heiß, hart - und dieser verzweifelte Hunger, den er so noch nie gefühlt hatte, machte ihn krank.
Dann hörte er Lynneas Stimme, nur ein gemurmeltes Wort des Trosts für Teaser, und er schnappte nach Luft, fühlte sich, als wäre er beinahe an einen dunklen, absto ßenden Ort gezogen worden. Er hatte nie so gejagt, verspürte nicht das Verlangen, so zu jagen.
Aber in einer dunklen Ecke seines Herzens erkannte er die Macht, die dieser Art der Jagd innewohnte, verstand das grausame Vergnügen. Und er erkannte, dass er ohne Nadia, Glorianna und Lee vielleicht ein Jäger geworden wäre wie der, der sich gerade vom Bett rollte.
Der Mann trat in die Mitte des Raumes. Er trug Teasers Gesicht, aber nicht seine Augen. In diesen Augen lag nichts von Teaser.
»Verweichlichte Brut«, sagte der Mann mit einem höhnischen Lachen. »Verwöhnter Mischling, der seine Tricks für ein paar jämmerliche Emotionen einsetzt. Wir sind verhungert, gefangen in dieser Landschaft, während diejenigen, die von uns vertrieben worden waren, weil sie sich mit Gefühlen befleckt hatten, überlebten, indem sie sich in den menschlichen Landschaften versteckten. Sie paarten sich mit Beute und haben Kreaturen wie dich gezeugt.«
»Was bist du?«, fragte Sebastian, obwohl er es bereits wusste. In seinem Blut, im Mark seiner Knochen wusste er es.
Der Körper des Mannes veränderte sich. Das blonde Haar wurde dunkler. Die blauen Augen wurden grün.
Sebastian starrte in sein eigenes Gesicht.
»Ich bin, was du hättest sein sollen«, antwortete der andere Inkubus. Er blickte über Sebastians Schulter. »Ich bin mehr, als du jemals sein wirst. Sie wird nicht in der Lage sein, mir zu widerstehen«, fügte er mit Sebastians Stimme hinzu.
Lynnea.
Der Hunger in Sebastian erlosch, als eine neue Macht aufflammte, geschürt von Angst und Wut.
Er warf sich auf den Inkubus und gemeinsam stürzten sie zu Boden. Die Kreatur setzte sich heftig und grausam zur Wehr, kämpfte mit der Wildheit eines Tieres. Aber zu hören, wie Lynnea seinen Namen rief, machte ihn in seiner Verzweiflung, sie vor dem zu retten, was der Inkubus ihr antun könnte, genauso grausam, genauso wild.
Der Dämon rollte zur Seite, drückte ihn auf den Boden, schloss die Hände um seine Kehle, würgte ihn.
Dann schoss Lynnea in den Raum, packte die Kreatur an den Haaren und zog kräftig. Die Ablenkung reichte aus, dass Sebastian sich dem Würgegriff entziehen und zur Seite rollen konnte.
Auch der andere Mann warf sich zur Seite, versuchte, sie zu packen, aber Teaser stürzte in den Raum und zog Lynnea zurück zur Tür.
Sebastian kam taumelnd auf die Beine und schnappte nach Luft. Der andere Inkubus richtete sich mit mehr Anmut wieder auf - und veränderte sich erneut.
Sebastian starrte den Bullendämon an. Er hatte nicht die Größe oder die Muskeln eines echten Bullendämons, aber die Hörner konnten ihn genauso wirksam aufspie ßen.
Er fühlte das Prickeln der Macht, zögerte aber noch immer, die magische Seite seines Wesens zu offenbaren.
Dann brüllte der Dämon, senkte den Kopf und griff an - nicht Sebastian, sondern Teaser, den Rivalen, der die weibliche Beute festhielt.
Sebastian sprang den Dämon an, packte mit einer Hand ein Horn, während er mit der anderen die Kehle der Kreatur umfasste. Als sie sich drehten und wieder zu Boden stürzten, ließ er die Magie der Zauberer durch seinen Körper und in seine Hände strömen.
Der Dämon schrie, als der Blitz ihn durchzuckte, ihn verbrannte, durch Herz und Gehirn schnitt.
Endlich hörte er auf, sich zu bewegen. Der Gestank von verbranntem Fleisch hing in der Luft.
Sebastian rollte von der Kreatur weg, blieb auf dem Boden liegen und starrte an die Decke, angewidert von dem, was er gerade getan hatte. Was ihn noch mehr entsetzte, war der Verlust der Unschuld - nicht nur, weil er getötet, sondern weil er die Wahrheit über sich erkannt hatte.
»Sebastian?«
Lynnea.
Der Klang ihrer Stimme brachte ihn auf die Beine. Dem Licht sei Dank hatte Teaser sie in den Flur gezogen und ihr die Sicht auf das Ende des Kampfes versperrt.
Er ging zur Tür. »Er ist tot«, sagte er mit tonloser Stimme.
Sie sah ihn an, musterte sein Gesicht, seine Augen - und entspannte sich.
»Ich muss mich hier um ein paar Dinge kümmern. Kannst du Teaser zurück in sein Zimmer bringen?«
Teaser sah aus, als wolle er protestieren, erkannte dann aber, worauf Sebastian hinauswollte. »Ja.« Er stützte sich auf Lynnea, die sofort ihre Arme um ihn schlang. »Ja, ich bin ein bisschen wacklig auf den Beinen.«
»Natürlich bist du das«, sagte Lynnea. »Es muss schrecklich gewesen sein, jemanden zu sehen, der dein Gesicht trägt.«
Sebastian wollte sie berühren, sie festhalten, sich von ihrer Wärme fortspülen lassen. Aber er fühlte sich zu abstoßend, zu schmutzig, um sich ihr auch nur einen Schritt zu nähern. Also sah er zu, wie sie Teaser zur Treppe führte. Dann drehte er sich um und ging zurück in den Raum.
Der Dämon war tot. Ohne Frage. Sein Magen drehte sich um, als er die Leiche betrachtete.
Er musste versucht haben, erneut die Gestalt zu verändern. Oder vielleicht hatte sein Körper so heftig auf den Blitz reagiert, der ihn von innen heraus verbrannt hatte. Jetzt war er eine verzerrte Mischung aus Bullendämon, seinem eigenen Gesicht und etwas Dunkelhäutigem, das vielleicht die natürliche Gestalt der Kreatur gewesen war.
Die Frau war tot. Da er nicht wusste, was er sonst tun sollte, zog er das Laken über ihren Körper. Vielleicht war sie mit einem Freund in den Pfuhl gekommen, vielleicht suchte jemand nach ihr. Wenn nicht …
Menschen, die in den Pfuhl kamen, nannten selten ihren echten Namen oder erzählten, in welcher Landschaft sie zu Hause waren. Wenn niemand hier war, der sie kannte, würden sie ihre Leiche in den Feldern begraben - und ihre Familie und Freunde würden letztendlich akzeptieren, dass sie einer der Menschen war, die in den Landschaften Ephemeras verloren gegangen waren.
Er zog die Decke vom Bett und wickelte die Leiche des Inkubus darin ein, so dass ihn niemand mehr ansehen musste.
Als er fertig war, stand er einfach nur da und rieb mit dem Daumen über seine Fingerspitzen. Auch er hatte die Macht, zu töten.
Und er würde sichergehen, dass dieses … Ding … auch tot blieb.
Er verließ das Zimmer, schloss die Tür und ging hinunter zum Empfangstisch, um sich darum zu kümmern, was als Nächstes geschehen musste.
Dalton starrte auf die Holzplanken, die über den schmalen Bach führten und zählte zum zehnten Mal bis Hundert.
Zu lange. Selbst wenn Faran beschlossen hatte, den Sattel von Koltaks Pferd zu überprüfen oder weitere Anweisungen erhalten hätte, war der Wachmann bereits zu lange verschwunden.
»Henley, Addison«, rief er, ohne die Brücke aus den Augen zu lassen. »Geht hinüber und findet heraus, was Faran aufhält.« Nachdem die Männer ihre Zügel den zwei verbleibenden Wachen übergeben hatten, hob Dalton die Hand, um sie aufzuhalten. Er trat zu seinem eigenen Pferd und griff nach dem Führstrick, der am Sattel befestigt war. »Bindet ihn an eure Gürtel. Henley, du gehst über die Brücke in die andere Landschaft. Addison, du bleibst auf dieser Seite. Wenn es Schwierigkeiten gibt, zieht Henley zwei Mal am Strick. Das ist das Zeichen, ihn zurückzuholen.«
Als er den zwei Männern dabei zusah, wie sie den Führstrick an ihre Gürtel banden, fühlte er, wie die Peinlichkeit der Situation ihm das Blut ins Gesicht trieb. Er wusste, dass es albern war. Kein Seil der Welt konnte etwas ändern, wenn jemand in eine andere Landschaft trat. Aber er würde keinen Mann mehr über diese Brücke gehen lassen, ohne wenigstens zu versuchen, herauszufinden, was auf der anderen Seite vor sich ging.
Henley und Addison liefen über die Planken, aus denen die Brücke bestand, und hielten soviel Abstand, wie der Strick zuließ. Das Holz sah stabil genug aus, aber sollten die Planken brechen, wäre die Brücke verschwunden, und für Koltak gäbe es aus dieser Richtung keinen Weg mehr zurück in die Stadt der Zauberer. Und keinen Weg, um herauszufinden, was mit Faran geschehen war.
Henleys rechter Fuß trat von den Planken. Der Mann war noch immer sichtbar, noch immer in der Landschaft, in der die Stadt der Zauberer stand. Dann hob sich Henleys linker Fuß vom Holz - und er war verschwunden.
Ein paar Augenblicke später, raubte ein Ruck am Führstrick Addison das Gleichgewicht und ließ ihn vorwärts stolpern.
»Spring, Mann! Spring!«, schrie Dalton.
Kein kontrollierter Sprung, aber Addison schaffte es, von der Brücke zu stolpern und mit den Füßen zuerst im Bach zu landen. Ein erneuter Ruck am Strick ließ ihn auf Hände und Knie fallen.
»Was ist?« Dalton bekämpfte den Drang, über die Planken zu rennen, um zu seinen Männern zu kommen.
»Ich weiß nicht, Hauptmann«, sagte Addison. »Es ist nicht das Zeichen, aber ich -«
Dalton sah, wie sich der Strick einmal spannte. Zweimal. Das war das Zeichen. »Lauf nach hinten. Halte den Strick gleichmäßig gespannt. Führ ihn zurück.« Er bemühte sich, seine Stimme ruhig und ermutigend klingen zu lassen, während Addison ans näher gelegene Ufer des Baches watete.
Der Strick verschwand im Nichts, aber sie verfolgten seine Bewegungen. Nicht das gleichmäßige Auf und Ab von Schritten, sondern der Gang eines Menschen, der sich vorsichtig und angestrengt bewegte.
War es ein Mensch, der zurück über die Brücke kam? Sie wussten nicht, was sich auf der anderen Seite befand.
»Addison! Binde den Strick von deinem Gürtel los. Jetzt. Jetzt!«
Während Addison sich bemühte, den Führstrick loszubinden, packte Dalton seinen Arm und zog ihn auf den trockenen Boden.
Addison ließ den Strick fallen und wich von der Brücke zurück. Dalton zog sein Schwert aus der Scheide und wartete auf das, was auch immer gleich ihre Landschaft betreten würde.
»Hört Ihr das, Hauptmann?«, fragte Addison und legte den Kopf schief.
Leise zuerst, aber schnell lauter werdend. Eine Stimme, die wieder und wieder keuchte: »Wahrer des Lichts und Wächter der Herzen, bitte lasst es mich schaffen, ihn zum Hauptmann zu bringen.«
Henley tauchte plötzlich auf, nach vorn gebeugt, seine Hände umklammerten den Führstrick, den er um Farans Brust gebunden hatte. »Ich habe ihn gefunden, Hauptmann«, keuchte er, als er Faran über den Rest der Brücke und von ihr hinunter schleppte. »Er ist schwer verletzt.«
Dalton starrte das Ding an, das zusammen mit Faran in diese Landschaft gezerrt worden war.
Während der letzten Woche hatte seine Tochter, seine süße kleine Tochter, beinahe jede Nacht Albträume von riesigen Spinnen gehabt, die in den Ecken ihres Zimmers lauerten, bereit sie aufzufressen. Diese Albträume hatten ihm und seiner Frau schlaflose Nächte bereitet, denn was das Herz glaubte, konnte die Resonanz einer Person verändern und sie in Verbindung mit der Landschaft bringen, die diesem Glauben entsprach.
Jetzt starrte er auf den Albtraum seiner Tochter. Es gab ihn. Er war real. Und seinem Zuhause viel zu nah.
»Hauptmann?«, fragte Henley, die Stimme voller Unsicherheit.
Dalton schüttelte sich. Er konnte jetzt nicht an seine Familie denken. Seine Männer brauchten ihn.
Er näherte sich ihm vorsichtig und ließ sich neben Farans Schulter auf ein Knie nieder.
Faran öffnete die Augen. Er atmete schwer, als ob es ihn alle Willenskraft kostete, seine Lunge in Bewegung zu halten. »Kann … meine Arme … und Beine … nicht fühlen. Falltür … neben Brücke.«
Dalton legte Faran eine Hand auf die Schulter und betrachtete die tote Spinne, die so groß war wie ein Hund. Ein Messer steckte bis zum Griff in ihrem Kopf. »Halte durch, Faran. Halte einfach durch.«
Dalton stand auf. »Guy, du reitest zurück in die Stadt. Hol einen Heiler und einen Wagen. Henley, Addison, ihr watet durch den Bach und seht nach, ob ihr dort drüben in dem Waldgebiet ein paar Schösslinge oder Äste findet, die wir als Stangen benutzen können, um eine Trage zu bauen.«
Er sah, wie sich seine Männer verstreuten, um seinen Befehlen nachzukommen. Dann versuchte er, sein heftig klopfendes Herz dazu zu bewegen, wieder ruhig und stetig zu schlagen. Aber sein Herz ließ sich nicht täuschen, als er um Faran herumging und neben einem Bein des Mannes stehen blieb.
Vielleicht wäre es das Beste, die Reißzähne aus dem Kiefer zu schneiden. Das würde Spinne und Mann voneinander trennen. Aber das würde seine Hände zu nah an diese Kiefer heranbringen, und obwohl er wusste, dass die Spinne tot war, glaubte sein Körper ihm nicht.
Die Kreatur in zwei Hälften schneiden? Das würde das Gewicht, das an Faran zog, verringern. Aber seine Hände zitterten, und es bestand die Möglichkeit, dass er Faran ins Bein schnitt. Der Mann konnte es sich nicht leisten, noch mehr Blut zu verlieren.
Er spürte, wie ihn der Mut verließ. Er wollte einfach davonreiten, sich sinnlos betrinken, wollte die Last abwerfen, für das Leben anderer Männer verantwortlich zu sein. Und er konnte beinahe hören, wie etwas am Rande seines Geistes ihm zuflüsterte und die Scham und die Angst mehrte.
»Hauptmann? Wir haben ein paar Schösslinge gefunden. Meint Ihr, sie werden ausreichen?«
Addisons Stimme riss ihn zurück aus seinen düsteren Gedanken. Wie lange hatte er hier gestanden und nichts getan, um einem Mann zu helfen, der seine Befehle befolgt hatte, weil seine Männer ihm vertrauten?
Dalton trat einen Schritt zurück und wandte den Kopf, um zu den zwei Männern zu blicken, die durch den Bach liefen. Das Wasser spritzte nach allen Seiten. Er schluckte seine Angst hinunter und nahm zusammen, was noch von seinem Mut übrig geblieben war.
»Damit wird es gehen«, sagte er, als Addison und Henley ihn erreichten.
Er steckte sein Schwert in die Scheide und nahm Addison den Schössling ab, den er geschlagen hatte. Sein Herz klopfte heftig, als er das Holz benutzte, um Farans Beine auseinander zu schieben, und die Spinne behutsam in den Raum dazwischen schob. Dann gab er Addison den Schössling zurück, zog sein Schwert und hackte auf den Unterleib der Spinne ein.
Die Spinne bewegte sich nicht, zuckte nicht einmal.
Ermutigt veränderte er seine Haltung, um den Körper der Spinne aufzuschneiden, arbeitete vorsichtig, sich stets bewusst, dass eine unbedachte Bewegung seinen eigenen Mann verletzen konnte.
Schließlich trat er zurück und nickte Henley zu, der Faran unter den Achseln fasste und den Mann von den Überresten fort zog. Der Kopf, Teil des Rumpfes und vier Beine blieben an Faran hängen.
Addison musterte ihn. »Es ist hart, zu wissen, Hauptmann, dass die schlimmen Dinge in der Welt nahe genug sind, um uns zu berühren. Ich glaube, wir haben ein paar böse Tage vor uns.«
Dalton rieb sich mit dem Ärmel über das Gesicht und wischte sich den Schweiß ab. »Ich weiß.« Mit einem Zipfel seiner Jacke säuberte er sein Schwert und steckte es zurück in die Scheide. »Na kommt; wir bauen die Trage.«
Sebastian betrachtete all jene, die sich auf seinen Befehl hin versammelt hatten - die Bullendämonen, die die tiefe Feuergrube ausgehoben hatten; Hastings und Mr Finch, die den Boden der Grube mit Brennholz bedeckten; zwei andere Bewohner, die das in eine Decke gewickelte Bündel behutsam anhoben und in die Grube hinabließen; Philo, der einen Krug mit Lampenöl öffnete und es über die Decke goss.
Er betrachtete sie alle - und fragte sich, ob hinter den vertrauten Gesichtern auch wirklich die Leute steckten, die er kannte.
Als Philo zurücktrat, streckte Sebastian die Hand aus. Er sah nicht, wer ihm die Fackel reichte. Es spielte keine Rolle. Er trat an den Rand der Grube und starrte einen langen Moment auf das Bündel hinab, dann ließ er die Fackel auf die ölgetränkte Decke fallen.
Trotz seiner Bemühungen, die Kreatur zu verhüllen, hatten ein paar von ihnen ihr Gesicht gesehen, das der Tod mitten im Verwandlungsprozess hatte erstarren lassen. Niemand hatte gefragt, wie das Ding gestorben sei - aber alle behandelten ihn seitdem mit Vorsicht.
Sie hatten mehr Grund, vorsichtig zu sein, als ihnen klar war.
»Tageslicht«, sagte Philo, als er ein Taschentuch hervorzog und sich über das Gesicht wischte. »Ich wusste nicht, dass es Dämonen gibt, die ihre Gestalt verändern und sich als Menschen ausgeben können.«
Du hast es gewusst, dachte Sebastian. Du hast es nur nie zuvor gesehen.
»Was für eine Art Dämon war das?«, fragte Mr Finch.
Sebastian blickte ins Feuer und versuchte, die Übelkeit zu unterdrücken, die in ihm aufwallte. Er musste es ihnen sagen. Sie mussten gewarnt werden. Vor ein paar Tagen hatte Teaser ihm erzählt, dass fünf Neuankömmlinge den Pfuhl betreten hatten. Das bedeutete, dass es noch einmal vier von diesen Kreaturen gab, die in der Lage waren, jede Gestalt anzunehmen.
»Sebastian?« Philo trat nervös von einem Fuß auf den anderen und blickte dann schnell zu Hastings und Mr Finch. »Was für eine Art Dämon war das?«
Er musste es ihnen sagen. Aber es würde ihr Leben verändern.
Er wandte sich vom Feuer ab und sah Philo in die Augen. »Es war ein Inkubus. Ein reinblütiger Inkubus.«
Koltak ließ das Pferd laufen. Vielleicht hatte das Tier mehr Glück, einen Weg aus dieser dreimal verfluchten Landschaft zu finden.
Wo waren die Dörfer, die Straßen oder auch nur ein Hof mit einem vertrottelten Bauern, der vielleicht gerade Verstand genug hatte, ihm die Richtung zu weisen?
Wie viele Meilen hatte er schon zurückgelegt? Wie viele Stunden war er ziellos durch dieses Meer aus grünen Hügeln geritten?
Er hätte in der Stadt der Zauberer Nachforschungen anstellen sollen. Es musste ein paar Bürger geben, die wussten, wie man den Pfuhl fand. Natürlich wäre keiner von ihnen bereit gewesen, es einem Zauberer gegenüber zuzugeben, aber wenn er gespürt hätte, dass jemand versuchte, Ausflüchte zu machen, hätte er ihn zur Befragung in die Halle der Zauberer gebracht.
Zu spät, um sich darüber Gedanken zu machen. Er musste den Weg alleine finden und Sebastian zurück in die Stadt der Zauberer bringen. Und wenn er diesen Teil seines Planes zur Rettung Ephemeras erst einmal in die Tat umgesetzt hatte, würde der Rat nicht länger auf ihn herabblicken, als sei er in einen Misthaufen getreten, ohne sich später den Dreck von den stinkenden Stiefeln zu wischen.
Das Pferd schnaubte, spitzte die Ohren und sein vorher gemächlicher Gang wurde lebhaft.
Koltak versteifte sich, als er die Zügel aufnahm, entspannte sich dann aber, als er das schwarze Pferd entdeckte, das auf einer Anhöhe stand und ihn einfach nur ansah. Er hatte bereits mehrere dieser Pferde gesehen, seit er die Brücke überquert hatte. Die ersten zwei Male hatte er erwartet, auf ein Bauernhaus oder irgendeinen Gutshof zu stoßen, irgendetwas, das darauf hindeutete, dass das Tier jemandem gehörte. Danach war er verbittert zu dem Schluss gekommen, dass wer auch immer in dieser Landschaft lebte, seine Tiere einfach frei herumlaufen ließ.
Oder bereits von den Bestien vernichtet worden war, die Belladonna über die Welt gebracht hatte.
Er stieß sein Pferd mit den Fersen an und kehrte dem Schwarzen, der auf der Anhöhe stand, absichtlich den Rücken zu - und somit auch dem Westen, in dem die Sonne sich langsam auf den Horizont zu bewegte. Er hatte einen Schlafsack, etwas zu essen und Getreide für das Pferd dabei, aber er hatte nicht daran gedacht, dass er den Pfuhl vielleicht so schnell nicht finden würde oder nicht in einem Dorf unterkommen könnte. Er wollte nicht draußen in der Wildnis schlafen.
Ein Dach über dem Kopf, dachte er. Ein Gasthaus mit warmem Essen und einem Bett mit sauberen Laken. Das ist alles, was ich will. Alles.
Ein paar Minuten später stieß er auf eine Brücke. Nicht nur Bretter über einem Bach, sondern eine richtige Holzbrücke, breit und stabil genug für einen Bauernkarren.
Die Brücke erschien unsinnig, schließlich führte keine Straße zu ihr hin oder von ihr weg. Aber er würde sich nicht über die Logik einer Brücke, die keinen Zweck hatte, den Kopf zerbrechen. Sie war das erste Merkmal von Zivilisation, das er seit langer Zeit gesehen hatte, der erste Fingerzeig, dass er Unterkunft für die Nacht finden könnte, bevor die Sonne unterging.
Das Pferd schritt über die Brücke … und trat auf eine unbefestigte Straße, die sich durch die Hügel schlängelte.
Koltak riss an den Zügeln, und das Pferd kam schnaubend zum Stehen. Er drehte sich im Sattel um und blickte zurück zur Brücke. Auf der anderen Seite ging die Stra ße weiter.
Aber vorher war sie nicht da gewesen.
Er war in eine andere Landschaft übergetreten. Aber er hatte das warnende Prickeln der Magie nicht gespürt, hatte keinen Hinweis darauf erhalten, dass die Brücke mehr war, als eine Brücke.
Sein Herz raste, als er sich im Sattel aufrichtete, und er verzog vor Schmerz das Gesicht, als seine Muskeln, die zu viel Zeit im Sattel verbracht hatten, protestierten.
Er trieb das Pferd zum Trab, folgte der Straße und fühlte Erleichterung, als er ein paar Minuten später Hausdächer und aus Schornsteinen aufsteigenden Rauch erkennen konnte.
Als er das Dorf erreichte, hatten die Läden für heute bereits geschlossen, und die meisten Menschen waren nach Hause gegangen, um zu Abend zu essen, aber er folgte dem Klang von Stimmen und Gelächter zu einem Gebäude, das zweifellos eine Art Gasthaus war.
Er stöhnte, als er abstieg und spürte, wie ihn der Ärger durchzuckte, als niemand herausgeeilt kam, um ihm seine Satteltaschen abzunehmen. Er ließ das Pferd an einen Pfosten gebunden stehen und wuchtete die Taschen auf seine Schultern, betrat den Schankraum und ging auf den Tresen zu, wobei er ständig jemanden anrempelte, der die Frechheit besaß, nicht für ihn zur Seite zu treten, wie es sich gehörte.
Der Mann hinter dem Tresen blickte ihn prüfend an und schenkte ihm ein kaltes Lächeln.
»Einen schönen Abend wünsche ich Euch.«
Koltak grunzte. »Wie lautet der Name dieses Dorfes?«
»Dunberry.«
Der Name war ihm unbekannt. »Gebt mir ein Glas Eures besten Biers.«
Der Mann zapfte einen Krug Bier und stellte ihn auf den Tresen. Aber er hielt ihn fest. »Zeigt mir erst Euer Geld.«
Entsetzt über diese Beleidigung, blickte Koltak den Mann mit all der Überheblichkeit an, die in ihm steckte. Dann tippte er auf das Abzeichen, das an seiner Robe befestigt war. »Ihr wagt es, jemanden zu beleidigen, der dieses Zeichen trägt?«
Der Mann lehnte sich ein Stück nach vorne, um besser sehen zu können und zuckte dann mit den Schultern. »Könnte ein Familienschmuckstück sein, nach allem, was ich erkennen kann. Wenn es nicht nur Messing oder Kupfer ist, bringt es Euch vielleicht genug für zwei Krüge Bier und einen Teller von dem, was in der Küche noch übrig ist. Wenn es Gold ist, bekommt Ihr das gleiche dafür und noch ein Zimmer für die Nacht und einen Platz im Stall für Euer Pferd, wenn Ihr eines habt.«
»Ihr glaubt, ich würde dies eintauschen?«, schrie Koltak. »Ich bin ein Zauberer!«
Der Mann legte den Kopf schief und dachte nach. »Ein Zauberer, soso. Und was wäre das?«
Koltak starrte den Mann an, drehte sich dann herum und musterte die anderen Männer, die am Tresen standen oder an den Tischen saßen.
»Ein Zauberer«, wiederholte er. Sein Unbehagen wuchs, als sich die verständnislosen Blicke nicht änderten. »Ein Rechtsbringer.«
»Ihr meint so etwas wie ein Magistrat?«, fragte jemand. »Ihr setzt die Geldbuße fest, wenn ein Schwein aus dem Pferch ausbricht und den Garten des Nachbarn zertrampelt?«
»Wie könnt Ihr es wagen, mich so zu beleidigen?« Koltak wandte sich in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, konnte aber nicht erkennen, wer gesprochen hatte. »Ich bin ein Rechtsbringer. Ich kann den Blitz der Gerechtigkeit rufen und Euch auf der Stelle töten!«
»Nun ja, Herr Zauberer«, sagte der Mann hinter dem Tresen, »hier in der Gegend nennen wir das Mord. Und es ist uns egal, ob Ihr jemanden mit einem Messer oder mit Eurem Blitz tötet. Wenn Ihr hier jemanden umbringt, werdet Ihr nach allen Regeln der Kunst aufgeknüpft.«
Schneidende Angst schnürte Koltak die Kehle zu. Nicht sein Teil der Welt. Keine der Landschaften, die er kannte. Hier war er machtlos, weil jeder Einsatz der Kraft, die ihm innewohnte, dazu führen würde, dass man auf ihn Jagd machte wie auf einen gewöhnlichen Verbrecher.
»Ich habe etwas Geld.« Er fingerte ungeschickt an dem Geldbeutel herum, der an seinem Gürtel hing und legte drei Goldmünzen auf den Tresen.
Der Mann dahinter schob eine Münze zur Seite. »Dafür bekommt Ihr eine Mahlzeit, zwei Krüge Bier und ein Zimmer.« Er schob eine weitere Münze beiseite. »Und dafür ein Bad und einen Platz im Stall für euer Pferd.«
»Ja«, sagte Koltak leise und versuchte, bescheiden zu klingen. »Das Pferd steht draußen und … ein Bad wäre mir sehr willkommen.«
»Sicherlich wollt Ihr Euer Mahl auf Eurem Zimmer zu Euch nehmen.«
Sicherlich hättest du mich lieber aus dem Weg. »Vielen Dank.«
»Ich zeige Euch Euer Zimmer.« Der Mann lief zum offenen Ende des Tresens. »Patrick! Kümmere dich um das Pferd des Herrn.«
Ein Junge, der dem Wirt ähnlich genug sah, um eine enge Verwandtschaft nahezulegen, trat nach vorne und warf Koltak einen kalten Blick zu. »Ich werde dafür sorgen, dass das arme Tier eine gute Portion Futter bekommt und ordentlich gepflegt wird.«
Als Koltak dem Wirt die Treppe nach oben folgte, hörte er einen Mann im Raum unter ihnen sagen: »Na, der hält was auf sich, was meint Ihr?«
»Da hast du recht«, antwortete ein anderer. »Und er hat kein gutes Herz. Man kann es in seinen Augen sehen.«
»Das stimmt wohl«, antwortete der erste. »Da denk ich mir, dass niemand ihn vermissen würde, wenn ihn ein Wasserpferd zu einem schnellen Ritt in den ewigen Schlaf mitnehmen würde.«
Dann öffnete der Wirt eine Tür und betrat den Raum, um eine Lampe anzuzünden. »Ich bringe Euch Euer Abendessen, sobald es zubereitet ist. Das Bad findet ihr, wenn ihr die andere Treppe hinuntergeht, zusammen mit dem Abtritt.«
Koltak stellte die Satteltaschen vor das Bett und wartete, bis der Mann das Zimmer verlassen hatte, bevor er sich in die Kissen sinken ließ.
Sie kannten keine Zauberer. Wussten sie von den Landschaften? Und wenn nicht, wie überlebten sie dann?
Sie hatten keinen Respekt und kannten keine Höflichkeit. Sie behandelten ihn wie einen gewöhnlichen Reisenden.
Er hatte sich nicht so verloren, so einsam gefühlt, seit Peter und er die Reise in die Stadt der Zauberer angetreten hatten, um als Lehrlinge aufgenommen zu werden. Aber damals hatte er seinen Bruder gehabt, auch wenn sie einander nicht besonders gemocht hatten. Jetzt war er fern von Zuhause, und der Status, der selbst den reichsten Adel darauf bedacht sein ließ, den Zauberern Respekt zu bezeigen, bedeutete hier niemandem etwas.
Und das war ein weiterer Stein, den er Sebastian um den Hals hängen würde, wenn es so weit war.
Den ganzen Weg zum Bordell zurück bereitete Sebastian sich auf Lynneas Reaktion vor, wie auch immer sie ausfallen mochte. Er bereitete sich darauf vor, allen Ekel, alle Abscheu zu akzeptieren, die sie ihm gegenüber verspüren mochte, nachdem sie mit angesehen hatte, wie er den Dämon getötet hatte. Er war auf jegliche Reaktion vorbereitet - außer darauf, dass sie ihre Arme um ihn schlang, sobald er ihr Zimmer betrat.
»Bist du in Ordnung?«, fragte sie und drückte ihn fest genug an sich, um seine Rippen anzuknacksen. »Du bist nicht verletzt?«
Er beschwerte sich nicht wegen seiner Rippen oder dem Gefühl, nicht richtig atmen zu können. Er hielt sich einfach nur an ihrer Wärme fest, an der Liebe in ihrem Herzen - weil er wusste, dass er sich nicht mehr lange daran festhalten können würde. Das war auch etwas, auf das er sich auf dem Weg zum Bordell vorbereitet hatte.
»Es geht mir gut«, murmelte er und schob sie endlich soweit zurück, dass er Luft holen konnte. »Wie geht es Teaser?«
Lynnea sah nach hinten zur Tür, die ins Badezimmer führte. »Er hat gesagt, er wolle alleine sein. Er hat mich nicht in seinem Zimmer sitzen lassen, und hier wollte er auch nicht bleiben. Ich glaube, er trinkt.«
Sebastian küsste sie sanft auf die Stirn und trat zur Seite. »Ich würde mir mehr Sorgen um ihn machen, wenn er nicht versuchen würde, sich zu betrinken.«
Lynnea zog die Brauen zusammen. »Möchtest du mir damit sagen, dass du auch vorhast, dich zu betrinken?«
»Ich denke ja.« Er schob sich zur Badezimmertür. »Ich rede wohl besser mit ihm.«
Da es Teaser nicht in den Sinn gekommen war, jemanden aus dieser Richtung auszuschließen, ging Sebastian einfach durch das Bad und öffnete die andere Tür. Er fand Teaser auf dem Boden sitzend, mit dem Rücken an die lange Seite des Bettes gelehnt, im Arm eine bereits zur Hälfte geleerte Whiskyflasche.
Er setzte sich neben seinen Freund auf den Boden, griff nach der Flasche, nahm einen großen Schluck und reichte sie wieder zurück.
»Das bin ich nicht«, sagte Teaser. »Das bin ich nicht.«
Sebastian lehnte den Kopf ans Bett und fühlte sich, als sei er in den letzten paar Stunden um zehn Jahre gealtert. »Doch, das bist du.«
Teaser sah ihn verletzt an. »Du glaubst, dass ich so bin? Du glaubst, ich trage eine Maske, die ich einfach abnehmen kann? Du glaubst...« Er hob eine Hand zur Stirn und krallte seine Fingernägel in die Haut, als könne er sie abziehen.
Sebastian ergriff Teasers Hand und nahm sie sanft von seinem Gesicht. »So sind wir, Teaser. Es steckt in uns. Du weißt, dass es so ist. So fühlt es sich an, wenn deine Macht sich entfaltet. Wir mäßigen uns, aber so fühlt es sich an.«
»Ich weiß«, flüsterte Teaser. »Ich wollte … Als er auf ihr war, hat es mich so hungrig gemacht, ich wollte … Und dann habe ich sein Gesicht gesehen. Mein Gesicht.«
»Er hat auch mein Gesicht eine Weile getragen.« Und niemals würde er die Angst vergessen, von der er ergriffen worden war, als die Kreatur Lynnea angesehen hatte.
Sie reichten die Whiskyflasche ein paar Mal hin und her.
»Dann war dieses Ding wirklich …«
»Ein Inkubus.« Sebastian seufzte. »Ein Reinblut. Ein wahrer Dämon.«
»Aber was sind wir dann?«
»Mischlinge.« Sebastian zwang sich, zu lächeln. »Das Ergebnis der Paarungen von Inkuben und Sukkuben mit Menschen, die Früchte getragen haben.«
Teaser starrte die Whiskyflasche an. »Also … bin ich zum Teil menschlich?«
»Sieht so aus.«
»Weißt du, warum ich mit dir befreundet sein wollte?«
Sebastian zuckte mit den Schultern. »Als ich in den Pfuhl kam, gab es nicht viele Inkuben und Sukkuben hier, und du und ich waren die Jüngsten. Wir mochten einander, und es hat Spaß gemacht, zusammen loszuziehen, also habe ich nicht darüber nachgedacht.«
»Ich wollte mit dir befreundet sein, weil du wusstest, wie man menschlich ist«, sagte Teaser leise. »Wir lernen, Menschen nachzuahmen, um so wenig aufzufallen, dass wir eine Weile an einem Ort bleiben und dort jagen können, aber du kanntest den Unterschied. Als wir das erste Mal bei Philo gegessen haben, hast du ›bitte‹ und ›danke‹ gesagt.«
Peinlich berührt veränderte Sebastian seine Haltung. »Na ja, meine Tante ist eine Verfechterin guten Benehmens.«
Teaser nickte. »Du wusstest all diese Dinge. Du wusstest, wie man mehr tun konnte, als jagen. Du wusstest, wie das Leben im Pfuhl Spaß machen konnte. Ich wollte diese Dinge auch wissen. Nicht, dass ich dich nicht gemocht hätte«, fügte er hinzu und ließ seinen Kopf zur Seite rollen, um Sebastian einen aufrichtigen Blick zuzuwerfen, »aber du warst mehr als jeder andere Inkubus, den ich bis dahin getroffen hatte. Und wenn Lee zu Besuch kam … habe ich gesehen, wie es für die Menschen sein muss, Freunde zu haben, herumzualbern, einfach nur Spaß zu haben.«
»Warst du einsam, bevor du in den Pfuhl gekommen bist?« Sebastian erwartete keine Antwort. Teaser sprach nie davon, wo er aufgewachsen war, wie es dort aussah, wie die Inkuben und Sukkuben dort lebten oder ob es sogar eine Landschaft gab, die ihnen etwas wie eine »Heimat« war.
»Lynnea hat mich umarmt«, sagte Teaser leise. »Ich bin noch nie zuvor nur um der Umarmung willen umarmt worden.«
Hätte es die Zeiten, in denen er bei Tante Nadia gelebt hatte, nicht gegeben, hätte er die Wärme und den Trost einer Umarmung auch nie kennen gelernt. Was für ein Mann wäre er ohne Nadia, Glorianna und Lee geworden?
»Ich muss dich irgendwann demnächst einmal mit zu meiner Tante nehmen.«
In Teasers Augen spiegelte sich eine Mischung aus Panik und Hoffnung. »Deine Tante? Aber ich bin … und sie ist … Wird sie nicht etwas dagegen haben?«
Jetzt konnte er ehrlich lächeln. »Tante Nadia hat eine Schwäche für harte Jungs. Sie wird dir Arbeit geben, und im Handumdrehen wirst du dich fühlen wie ein Mensch.«
Teaser lachte leise. Dann fielen ihm die Augen zu.
Sebastian stand auf, stellte die Whiskyflasche auf den Tisch, der neben dem Bett stand, und zog Teaser hoch, bis er beinahe aufrecht stand. »Geh ins Bett und schlaf dich aus. Du wirst morgen früh nicht besonders ausgeruht sein, wenn du auf dem Boden schläfst.«
Teaser schwankte leicht, als er seine Schuhe betrachtete. »Meine Füße sind ganz da unten. Wie haben sie das gemacht?«
»Es ist mir auch ein Rätsel.« Mit einem leichten Schubs stieß er Teaser auf sein Bett. Sebastian zog ihm die Schuhe aus, rollte ihn näher zur Mitte des Bettes und warf ihm eine Decke über.
Dann ging er zurück in sein eigenes Zimmer.
Er ließ sich Ausreden einfallen, um Lynnea nicht zu berühren. Er brauchte ein Bad. Er war müde. Als sie aus dem Badezimmer kam, tat er so, als würde er bereits schlafen.
Ich tue es für sie. Ich weiß jetzt, was in mir steckt. Weiß es wirklich. Ich kann nicht zulassen, dass meine Unreinheit ihr Leben verdunkelt.
Als sie sich an seinen Rücken schmiegte, drehte er sich nicht um, damit sie ihren Kopf auf seine Schulter legen konnte. Und als ihre Träume ihn einluden, blieb er ihnen fern - und fühlte sich so einsam wie nie zuvor.